Was gibt es den am Mindestlohn auszusetzen ?
Da die Einführung des Mindestlohns vor der Wahl, aufgrund der schlechten Aussichten für die SPD als unwahrscheinlich galt, haben sich viele Personen und Organisationen für selbigen ausgesprochen. Hinter dem Projekt standen in erster Linie auch die Gewerkschaften, welche bekanntlich für (in ihren Augen) faire Löhne für ihre Mitglieder kämpfen. Der Niedriglohnsektor wurde verteufelt und es wurden faire Löhne und somit mehr Geld für Menschen mit niedrigem Einkommen gefordert. Auch wurde postuliert, dass durch eine bessere Entlohnung die Sozialkassen entlastet werden, auch die Wirtschaft sollte profitieren, da durch höhere Entlohnung auch die Kaufkraft mitsteigt. Die Medien hielten sich zu diesem Zeitpunkt mit Kritik auch vornehm zurück.
Nach der Wahl zeichnete sich nun aber die große Koalition ab und überraschenderweise auch, dass der Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro nun doch eingeführt werden sollte. In den Medien und von Wirtschaftswissenschaftlern kommt nun Kritik auf und wer kämpft nun auch gegen den Mindestlohn? Wer möchte den Mindestlohn so unverbindlich wie möglich halten?
Die GewerkschaftenDie befürchten nun nämlich, dass der Staat ihnen ihre Existenzgrundlage entzieht. In Tarifverträgen geht es natürlich mehr als nur um die Entlohnung, doch werden mir wohl die meisten zustimmen, dass die Entlohnung wohl ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Punkt in einem Tarifvertrag ist. Wird nun allerdings ein Mindestlohn in einer solchen Höhe (8,50 Euro) eingeführt (immerhin fast ein Viertel aller Arbeitsplätze im Osten wären betroffen!!!), dann könnten sich viele Arbeitnehmer fragen, welchen Vorteil denn nun eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft für sie hat (viele Gewerkschaften leiden sowieso schon unter schwindenden Mitgliedschaftszahlen). Desweiteren würde es für die Gewerkschaften auch schwieriger höhere Löhne durchzusetzen, wenn der Staat beispielsweise aufgrund guter Konjukturzahlen den Mindestlohn um 2% anheben sollte. Wie argumentiert man dann gegenüber dem Arbeitgeber, dass die eigenen Beschäftigten eine Lohnerhöhung um 4% verdient haben?
Jetzt befürchten die Gewerkschaften, dass ihnen ihre Felle davon schwimmen, aber vor den Wahlen hat man populistische Parolen rausposaunt und auf die Arbeitgeber eingedrescht.
Der Teil hatte nun nicht wirklich etwas mit deiner Frage zu tun, aber ich dachte, dass ich mal mit einem Witz in das Thema einsteige ^^
Das Hauptargument für einen gesetzlichen Mindestlohn ist, dass jeder Mensch in Deutschland von seiner Tätigkeit leben können soll. In einer Zeit des konjunkturellen Aufschwungs ist es widersinnig, dass ein arbeitendes Mitglied unserer Gesellschaft Mittel beim Staat beantragen muss, um die Grundsicherung zu erhalten, welche auch jemand erhält, der keiner Beschäftigung nachgeht. Es geht also (in erster Linie) darum, dass die sogenannten "Aufstocker" nicht mehr vom Staat abhängig sind und besser gestellt werden als Menschen, die eben nicht arbeiten.
Kann der Mindestlohn hier etwas ausrichten?Kaum!
Zurzeit gibt es etwa 1,3 Millionen Aufstocker in Deutschland. Hiervon entfallen 600 000 Beschäftigungsverhältnisse auf Jobs mit 450 Euro Basis. Was passiert nun also, wenn diese Personen einen höheren Lohn erhalten? Sie müssen schlichtweg weniger arbeiten als zuvor um auf diesen Betrag zu gelangen, was natürlich angenehm ist, doch dadurch bleibt der Betrag den sie am Monatsende mit nach Hause nehmen natürlich gleich. Genauso wie die Höhe der staatlichen Beihilfe. Und das unter der Prämisse, dass ihr Arbeitgeber bereit ist den Arbeitnehmer zu diesen Bezügen weiter zu beschäftigen.
Analog hierzu gilt dieselbe Logik für Teilzeitkräfte, welche vom Staat bezuschusst werden. Desweiteren ist auch bei Vollzeitkräften zu beachten, dass sich hier die Grundsicherung auch nach der Familiengröße richtet. Bei einer vierköpfigen Familie beträgt die Grundsicherung etwa 1800 Euro. In einer Familie mit Alleinverdiener ist auch mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro dieser Wert wohl nicht zu erreichen und das monatliche Einkommen bleibt konstant. Profitieren könnten unter dem Strich wohl hauptsächlich Singles in Vollzeitbeschäftigung, welche immerhin einen Anteil von 6% der Aufstocker ausmachen.
Somit gilt es also als unwahrscheinlich, dass breite Bevölkerungsmassen nun von diesem neuen Mindestlohn profitieren werden. Nun könnte man aber damit argumentieren, dass wenn die Unternehmen höhere Löhne zahlen muss, der Staat Beträge in gleicher Höhe an die Aufstocker einsparen kann. Dieses Geld wäre frei für Bildung, Infrastruktur,... welches somit der ganzen Gesellschaft gutkommen würde.
Aber der Mindestlohn vernichtet BeschäftigungsverhältnisseWie im Text bereits erwähnt, wären von der Einführung des Mindestlohns 25% aller Beschäftigungsverhältnisse in Ostdeutschland betroffen (natürlich unterschiedlich stark). Zum Vergleich: Als der Mindestlohn 1999 in Großbritannien eingeführt wurde, betraf er damals nur knapp 5 % der Arbeitnehmer. In konjunkturell schwierigen Zeiten wurden Mindestlohnerhöhungen ausgesetzt und für junge Arbeitnehmer wurde der Mindestlohn niedriger angesetzt, um die Arbeitsmarkteintrittshürde für diese Gruppe niedrig anzusetzen. Der Mindestlohn ist hier als flexibel anzusehen.
In Deutschland dagegen soll der Mindestlohn dagegen für jeden gelten (sogar Azubis). Es ist anzunehmen, dass auf diese Weise eine größere Zahl an Arbeitsstellen vernichtet werden könnte, da es für den Unternehmer einfach nicht lohnt, wenn die Produktivität des Arbeitnehmers niedriger als seine Grenzkosten sind. Ich bin durchaus ein Befürworter des Mindestlohnes nach britischem Vorbild mit einer schrittweisen Einführung und gleichzeitiger Beobachtung der Beschäftigungsverhältnisse, um die Bezahlung auf ein angemessenes Niveau zu heben, doch dieser völlig willkürliche Wert von 8,50 Euro erachte ich als zu hoch und für unsere Wirtschaftskraft als zu gefährlich. Der Mindestlohn wird nun verbindlich zum 01.01.2017 eingeführt, zumindest laut Koalitionspapier. Wieso nicht dieses Zeit sinnvoll nutzen? Es sollten Studien durchgeführt werden (vor allem mit Hinblick auf die Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse in Ostdeutschland) und dann über eine schrittweise Einführung nachgedacht werden.
Einen Mindestlohn welcher 5 % der Beschäftigungsverhältnisse betrifft zum 01.01.2015, dann eine Erhöhung zum 01.01.2016 auf beispielsweise 8 %,...
Diese Werte sind natürlich auch total willkürlich, doch hätte man so die Gelegenheit die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten und würde trotzdem mittelfristig die Durchschnittslöhne ansteigen lassen.
Von dieser 8,50 Euro Mindestlohn Hau-Ruck-Aktion halte ich nichts! Letztes Beispiel aus der Vergangenheit:
Als der Mindestlohn für Dachdecker durch einen Tarifvertrag auf das Vergütungsniveau des Westens angehoben wurde, hat dies 50% der Arbeitnehmer ihren Job gekostet. Reaktionen des Arbeitsmarktes in dieser Größenordnung erwarte ich natürlich nicht, doch zeigt es doch was passiert, wenn der Lohn plötzlich und unflexibel auf einen willkürlichen Wert angehoben wird.
Anmerkung: Über Tippfehler und merkwürdige Formulierungen bitte großzügig hinwegsehen, die Uni ruft und es bleibt keine Zeit zum Korrekturlesen. Werde den Text gebebenfalls heute Abend editieren.