Das fände ich z. B. wesentlich problematischer als so, wie es nun tatsächlich gelaufen ist. Die Entscheidung, ob man ein Team das unter Druck steht von einem Kamerateam begleiten lässt, ist vor dem Turnier gefallen. Allen, die in dieser Entscheidung ein Mitspracherecht hatten, muss klar gewesen sein, dass die WM sportlich eventuell enttäuschend verlaufen kann. Dass das jetzt ausgerechnet mit Flicks Entlassung zusammenlief, kann man bemängeln. Da hätte der DFB vielleicht den Start verschieben können o. Ä., wenn man wusste, dass Flick in der Kritik steht, aber in diesem Fall: mit welcher Begründung? Letzten Endes ist es unglücklich gelaufen, es tut mir für Hansi Flick sehr leid, aber die Doku dann einfach nicht auszustrahlen geht am Kern einer Dokumentation vorbei. Wenn man ein seichtes Feelgood-Marketingprodukt haben will, soll man einen Image Film drehen und keine Dokumentation. Die sollte alles zeigen, auch wenn es wehtut. Und ich bin mir sicher, dass es seitens des DFB ein Vetorecht für einzelne Szenen gegeben hat, die sie einfach nicht drin haben wollten. Insofern ist das eher eine mutige Entscheidung des DFB, diese Serie auszustrahlen und die ich begrüße. Mit mutigen Entscheidungen hat man es ja sonst nicht so beim Deutschen Fußballbund.
So gesehen hast du schon recht, wenn man filmt sollte man das auch ausstrahlen. Die Verantwortlichen müssen aber bei der Zustimmung schon sehr sicher gewesen sein,dass es besser wird als beim letzten mal. Im nachhinein war es aber auch keine normale WM mit der ganzen Diskussion um das Gastgeberland, ich weiß auch gar nicht mehr wie genau die Stimmung oder Erwartungshaltung vor dem Turnier war.
Yo, da bin ich wiederum bei dir. Eine solche Produktion ausgerechnet vor DIESEM Turnier zu bewilligen zeugt entweder von überbordendem Optimismus oder einer massiven Fehleinschätzung der Situation. Vermutlich ein bisschen von beidem. Die Motive dahinter vermute ich aber eben in der Kontroverse um Katar mitsamt dem allgemein negativen Bild der Nationalelf, das seit einigen Jahren in der deutschen Fußball- und Medienlandschaft vorherrscht. Mit einem ehrlichen, ungeschminkten Einblick wollte man vielleicht ein Stück weit die massive Kritik durch Sympathie auf der zwischenmenschlichen Ebene kaschieren. Hat wohl nicht so ganz funktioniert.
Strategisch wäre das aber durchaus ein kluger Zug, wenn Deutschland wenigstens ein, zwei Runden weiter gekommen wäre. Weil ich davon ausgehe, dass dann nicht unbedingt signifikant mehr Menschen den Fernseher eingeschaltet hätten, wäre eine Nachbereitung, die eine sympathische Truppe zeigt und über mehrere Runden begleitet wohl durchaus ein Faktor bei der Publikumsakquise für die Heim-EM.
Ehrlicherweise muss ich aber sagen, dass mich seit der Flick-Entlassung die Deutsche Nationalmannschaft erstmals wieder so stark interessiert wie seit 2010 nicht mehr. Ist schon komisch, sobald jemand als Underdog auftritt, verschieben sich die Sympathien ganz leicht zu dessen Gunsten. Darum bin ich auch Bayernfan.