[Der Autor warnt vor Ironie, Zynismus und diversen anderen Niederträchtigkeiten, welche sich aber aus Gründen der selbsttherapeutischen Funktion dieses Beitrages nicht vermeiden ließen!]
Über drei Jahre war es jetzt her, dass ich meine Heimatstadt verlassen hatte, um in Südkorea mein Glück zu versuchen. Als Trainer der Anyang LG Cheetahs hatte ich dabei jedoch kaum zwei Tage durchgehalten. Zu verwirrend war dieser Moloch Seoul, zu groß mein Respekt vor einer Kultur, deren grundlegendsten Züge ich niemals für mich hätte beanspruchen, geschweige denn verstehen können.
Ich nahm mir daraufhin eine lange Auszeit, in welcher ich in den beiden ältesten Städten Deutschlands über den Sinn des Lebens und die Aufgabe eines Teammanagers nachgegrübelt habe. Dabei habe ich ein Sommermärchen erlebt und diversen Märchenerzählern gelauscht. Ich sah den Stern der Eintracht verglühen und die Italiener in ihrem Land Betrogene betrügen. Wie so häufig in der Beschäftigung mit mir, war ich dabei älter aber leider nicht weiser geworden. Schlimmer noch, ich musste aus der Ferne den Niedergang meiner geliebten Blauen mit ansehen, was mich nachhaltig verwirrte. Nicht nur, dass der bärbeißige Assauer seinen Abgang vom kleinen Olaf diktiert bekam, nein, darüber hinaus entpuppte sich die komplette Mannschaft als ein einziger Hort von Abkassierern, die kein Herz am rechten Fleck zu haben schienen, sondern nur ein schwarzes Loch, dass es ihnen ermöglichte eine ganze Re(li)gion ausbluten zu lassen um ihnen mit Spott im Gesicht den Glauben an den Erfolg der Arbeit zu nehmen. Diese Mannschaft hatte keine Seele mehr.
Da war ein kleiner Brasilianer, der sich nach einem amerikanischen Präsidenten nannte, und so aufreizend lässig und fallsüchtig spielte, dass man ihm beinahe das Schicksal seines Namensvetters wünschen konnte, der Ritter von der traurigen Gestalt, der bei all seinen Sturmläufen leider allzu oft auf dem Hosenboden landete oder ein weiterer Brasilianer, der kein Brasilianer sein konnte, weil er nicht in der Lage war, einen Gegner auszuspielen, geschweige denn auch nur für eine Sekunde Überraschung in sein Spiel zu integrieren fähig war – und deshalb wohl vor dem Sommermärchen in der deutschen Nationalmannschaft gespielt hatte.
Da war die Stille-Post-Affäre und das Ausscheiden aus den beiden Pokalen – ein Schlag ins Gesicht eines jeden Malochers von Oberhausen bis kurz vor Lüdenscheid und die Gewissheit, dass selbst mit 100 Millionen Euro dieser Verein dem Niedergang entgegenstrebte. Niemals würden Müller, Thon und Co auch nur eine gescheite Entscheidung auf dem Transfermarkt auf die Reihe bekommen, niemals würde Gasprom auch nur einen Cent seiner Millionen wiedersehen – und über Buer lag die Ahnung von einer Zukunft, die in torlosen verregneten Montag-Abend-Spiele und nostalgischen Erinnerungen bestand.
Obwohl mir als auslandserfahrenem Trainer auch die Möglichkeit offen stand, den immergrinsenden Mirko von seinen Qualen zu befreien, entschloss ich mich aus Gründen der Ohnmacht gegen ein so kompetenzloses Management und ein dermaßen armseliges Team und für einen viel heimtückischeren Plan:
Da ich Fortuna in Gelsenkirchen nicht zu einem Tanz bitten wollte ging ich auf ein viel größeres Wagnis ein, eine geradezu atemberaubende Niederträchtigkeit, wie sie davor und danach wohl kaum wieder erdacht werden würde:
Ich plante, die Armee der schwarz-gelben Zombies mit ins Verderben reißen – ohne dass diese ahnungslosen Tölpel auch nur den Hauch einer Ahnung haben würden.
Mein Ziel stand fest: Annahme des unbedachten Angebotes von Watzke, Pieper und Co um damit dem Verein in einer Saison den größtmöglichen Schaden zuzufügen – ohne dass jemals einem Borussen auch nur der Hauch einer Ahnung kommen würde, dass man sich den Kuckuck ins eigene Nest geholt hatte und ich vor Ablauf der Saison gefeuert würde! Zwar musste ich dabei vorsichtig vorgehen, um das blaue Gift langsam wirken zu lassen – aber es würde wirken!!
Genüsslich lehnte ich mich zurück, als ich auf dem Weg nach Dortmund war und malte mir aus, wie ich Geld für sinnlose Transfers ausgeben, mich mit Spielern anlegen und die Südkurve in fassungsloses Entsetzen versetzen würde. War das in dem anderen Auto nicht ein ziemlich traurig dreinblickender Bert, dacht ich, als mein Wagen auf dem Vereinsgelände vorfuhr – und ein höhnisches Grinsen verzog mein Gesicht zu einer widerlichen Fratze – das Unternehmen Judas konnte beginnen.