Vor dem ersten großen Kracher gegen Graz verhandeln wir noch mit einigen Spielern, doch die lassen sich mit ihrer Zusage viel Zeit. Hoffen wir aufs beste, sonst muss ich im Ernstfall eine Bande aus Bewegungslegasthenikern aufstellen. Dann kommt auch noch Deli auf den Trichter mich um einen neuen Vertrag anzubetteln. Ich glaube es hakt! Keine 3 Haare auf der Brust aber Ansprüche stellen. Nach einer kleinen Unterredung mit dem Präsidenten stelle ich fest, dass Majestät bislang aus Liebe zum Spooocht hier spielte. Prompt ändere ich meinen Gesichtsausdruck von Knallhart auf Versöhnung um und lege ihm einen 3 Jahresvertrag für 6.000 € vor die Nase.
Am Abend stieg dann das erste Testspiel:
08.07.2005 Budafok - GAK 0:1 (0:1), 4.005 ZuschauerChancenverteilung: 4:15
Gegen die Österreicher gabs wie erwartet nix zu holen. Erstaunlich, dass wir so gut mitgehalten haben. Die Defensive stand felsenfest, nur nach vorn ging halt absolut nichts. Schlechte Nachricht am Rande: Zoltán Bárdos hat sich das Fußgelenk verstaucht, als er im tiefen Felsgestein unseres Stadions hängen blieb, und fällt voraussichtlich 1-2 Monate aus. Geht ja gleich gut los.
Nach dem Spiel kommt ein enttäuschter Deli zu mir und wirft das Vertragsangebot vor meine Füße. "Das ist Hohn, Trainer." Sagte es und verschwand in der Kabine. Naja, so schlecht war der Kontrakt nun auch nicht. Vielleicht lag es daran, dass er Stammspieler sein will. Doch hier lege ich mich weiß Gott nicht fest. Peter erscheint mir auch sehr talentiert zu sein - zumal er gegen den GAK glänzend hielt. Ich bessere nach und warte auf seine erneute Reaktion.
11.07.2005 - High Noon - 12 Uhr mittagsIch verspeise gerade die 3 Portion dieses göttlichen Szegediner Gulaschs als mein Mobiltelefon klingelt. Ich horche erstaunt auf. Ist es denn wahr? Ja, es ist wahr. Unsere leidige Suche nach Verstärkung war von Erfolg gekrönt. Bereits am Nachmittag kann ich die Jungs der wartenden Meute der Lokalpresse vorstellen. Gut, es ist nur ein Reporter da, aber man nimmt was man kriegen kann. Gleiches gilt auch für meine neuen Spieler.
Die weiteren Zugänge:Gergely Hirt,
, ML, 22 Jahre
Pál Lilik,
, VLZ / DM, 27 Jahre
László Komódi,
, OMZ, 34 Jahre
Besonders mit Komódi haben wir einen enorm guten Fang gemacht. Er ist zwar schon etwas in die Jahre gekommen, doch er hat bereits Erstligaerfahrung bei Fehérvár & Sopron, ist technisch sehr beschlagen, von göttlicher Kreativität umhüllt und wird uns von großem Nutzen sein. Bei dem jungen Hühnerhaufen braucht es dann auch den ein oder anderen erfahrenen Häuptling. Diese Rolle soll er einnehmen. Auch Lilik hat schon höherklassig gekickt. Eine zeitlang war er bei Rákospalotai EAC unter Vertrag. Dort wurde er nicht mehr gebraucht - hier hingegen empfangen wir ihn mit offenen Armen. An meine Brust, du Jüngling.
Am späten Nachmittag sucht mich Deli zum dritten Mal auf. Auch das nachgebesserte Angebot passt ihm nicht. Ich bessere noch einmal nach.
13.07.2005 Budafok - 1. FC Nürnberg 1:3 (1:3), 4.093 ZuschauerChancenverteilung: 4:20
Ein schönes Spiel an einem warmen Sommerabend. Der Club verausgabte sich in keinster Weise, wir hingegen hechelten wie räudige Hunde über den Platz. Schnell lagen wir zurück ehe Horváth in der 32. Minute den viel umjubelten Ehrentreffer erzielte. Respekt muss man auch vor den 52% Ballbesitz haben. Wir haben zwar nicht viel drauß gemacht, aber der Gegner war ja auch nicht irgendwer. Zufrieden zünde ich mir eine günstige Zigarre an und genieße den Abend. Der Präsident setzt sich zu mir und berichtet stolz über die fürstlichen Einnahmen der beiden Spiele. Ganze 80.000 € haben die Auftritte in die Kasse gespült. Daran könnte ich mich gewöhnen.
Am darauffolgenden Tag öffnet sich früh morgens die Tür zu meinem kleinen, unklimatisiertem Büro. Zoltán Deli steht in der Tür. "Nein, nicht schon wieder er ...". Doch sein Lächeln zeigt mir: wir haben es geschafft. Er hat den Knebelvertrag unterzeichnet. Weitere 3 Jahre gehört seine Seele dem Verein. Ich werde es ihm mit einem Einsatz in Armenien danken.
Gegen Nachmittag berufe ich die nächste Pressekonferenz ein. Es gibt weitere Neuzugänge zu vermelden.
Noch mehrAttila Kovács,
, DM, 30 Jahre
Szilárd Takács,
, TJ, 32 Jahre
Kovács sitzt zur Vorstellung bereits mit dicken Bandagen am Tisch. Er hatte sich beim Aufwärmen etwas verschätzt und die Gewichte seiner Hantel unkoordiniert durch den Raum gepfeffert. Dabei verdrehte er sich sein Handgelenk und fällt vorerst für ~ 2 Wochen aus. Beide werden uns aber - soviel ist sicher - in der anstrengenden und harten Saison weiterhelfen. Beide spielten schon höherklassig für diverse Profivereine und kommen jeweils auch auf ein paar Erstligaspiele. Nicht viel, aber besser als nichts. Verdammt, die Phrase sollte ich seltener einsetzen, aber hier bin ich zu oft dazu gezwungen. Sie drängt sich praktisch bei jeder Verpflichtung und bei jedem Ergebnis nur so auf.
Noch am Abend brechen wir auf gen Armenien. Die Tournee durch ein mir unbekanntes Land ruft. Im Flieger genießen wir den Luxus der westlichen Welt: Satellitenfernsehen. Wie das bloß funktioniert? Wer weiß. Jedenfalls läuft gerade der ungarische Supercup. Sopron spielt gegen Debrecen. Es ist ein ausgeglichenes Spiel, welches der Meister knapp mit 0:1 für sich entscheidet. Das war jedoch nur der erste Schritt. Im Rückspiel müssen sie nochmal da sein, wenn sie ihn tatsächlich gewinnen wollen.
Die anderthalb Wochen in Armenien vergingen wie im Flug. Der flüssige Stoff war preiswerter als ich dachte und so konsumierte ich ihn in rauen Mengen. Trinken für die Völkerverständigung, für den Weltfrieden, für das Vergessen. Auch der Präsi erweist sich als trinkfester Geselle und so becherten wir beide kräftig einen über den Durst - in diesem schönen, fremden Land, in dem der Sprit für die Seele wie Milch und Honig fließen. Aber irgendwie muss man sich ja auch von den Resulaten der Jungs ablenken. Die meisten Spiele verbrachte ich im Dämmerzustand auf der Bank. Nur wenige Details blieben an mir hängen. Die Spielberichte legte mir mein Co-Trainer auf der Weiterreise gen Aserbaidschan vor, als die Wirkung des 85%igen Selbstgebrannten langsam nachließ und zarte Strahlen der Klarheit meinen wolkenverhangenen Verstand durchdrangen. Auf meine Frage hin, wieviele Witze ich über Sender Jerewan gemacht habe, herrschte plötzlich betretenes Schweigen ...
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19.07.2005 Ararat Jerewan - Budafok 2:3 (2:1), 77 ZuschauerChancenverteilung: 12:10
Tore: 0:1 Komódi (27.), 2:2 Szentpéteri (65.), 2:3 Lakatos (90.)
23.07.2005 Lori Vanadzor - Budafok 0:2 (0:2), 91 ZuschauerChancenverteilung: 10:17
Tore: 0:1, 0:2 Szabó (9., 11.)
27.07.2005 Dynamo Jerewan - Budafok 0:2 (0:2), 69 ZuschauerChancenverteilung: 6:9
Tore: 0:1 Komódi (9.) 0:2 Takács (15.)
31.07.2005 Zwartnots Echmiadzin - Budafok 2:2 (2:2), 76 ZuschauerChancenverteilung: 3:11
Tore: 0:1, 2:2 Takács (13., 38.),
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Ja, das waren klangvolle Namen und in Aserbaidschan sollte es weitergehen. Weitere Topvereine hatten die Gelegenheit, gegen uns zu spielen. In der Zeitung las ich inzwischen, dass Debrecen den Supercup geholt hat. Ein 1:1 nach Verlängerung inklusive 2er Platzverweise und einer 30minütigen Unterbrechung waren das Resultat eines hitzigen Abends. Dabei ging es doch objektiv betrachtet um nix.
Die Reise durch Aserbaidschan wollen wir dann auch lieber flink bearbeiten. 4 Testspiele gegen mäßig bekannte Gegner standen auf dem Programm. Viel Zeit, mich um Land und Leute zu kümmern hatte ich nicht. Diesmal wollte ich mit klarem Blick die Spiele meiner Jungs beobachten und mir Gedanken über die Stammelf machen. Als Nebeneffekt kamen folgende erbaulichen Resultate dabei heraus.
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04.08.2005 FK Schamkir - Budafok 2:4 (0:1), 96 ZuschauerChancenverteilung: 7:14
Tore: 0:1, 0:2, 2:4 Szabó (29., 48., 90+4.), 0:3 Lakatos (59.)
08.08.2005 FK Baku - Budafok 2:2 (0:1), 50 ZuschauerChancenverteilung: 6:15
Tore: 0:1 Takács (6.) 1:2 Magosi (64.)
12.08.2005 MOIK Baku - Budafok 0:2 (0:2), 89 ZuschauerChancenverteilung: 3:9
Tore: 0:1 Kollát (33.), 0:2 Cornides (36.)
16.08.2005 FK Khazar - Budafok 1:1 (0:1), 844 Zuschauer - jawohl, 844 begeisterte Anhänger. Nein, dies ist kein Tippfehler Chancenverteilung: 9:8
Tore: 0:1 Takács (45.)
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Noch während unseres Aufenthalts in Aserbaidschan wurde der Pokal ausgelost. Unsere Truppe darf am 14.08.2005 - richtig, zwischen den Spielen gegen Baku und Khazar - nach Hause fliegen und gegen Salgótarján antreten, einer Amateurtruppe aus der gleichnamigen Stadt an der slowakischen Grenze. Grenzenlose Freude macht sich bei mir über den Spieltermin breit. Diese #&%!#^^<Öß vom Verband! Wenn ich die in die Finger kriege! Doch alles fluchen hilft uns nicht weiter. Wir müssen antreten.
Kurz entschlossen greife ich mir die 11 nächst besten Kicker meiner Mannschaft. Kurz vor Spielbeginn lese ich im Internet bei wetteundverliere.hu die Quoten fürs heutige Spiel. Die Fachpresse sieht uns bei 1,25. Für einen Sieg der Gäste zahlt man 10:1. Nicht schlecht.
14.08.2005 Budafok - Salgótarján 3:0 (1:0), 184 ZuschauerAufstellung: Deli - Orbán, Czipó, Csepregi - Kovács, Gyulai, Kollát (65. Hirt), Cornides (46. Méry), Komódi (K) - Takács (83. Siklósi), Szabó
Chancenverteilung: 19:6
Tore: 1:0 Szabó (37.), 2:0 Komódi (70.), 3:0 Siklósi (86.)
Meinung des Trainers: Totale Dominanz von der ersten bis zur letzten Minute. Die Gäste hatten nicht den Hauch einer Chance. Ein Angriff nach dem anderen rollte auf ihr Gehäuse zu, doch der starke Keeper hielt, was er halten konnte. Viel zu oft waren unsere Jungs aber auch zu schlampig im Abschluss. Bälle wurden übers Stadion oder in Richtung Eckfahne gejagt. Anscheinend muss das in solchen Spielkassen so sein, doch damit kann ich als Perfektionst nicht zufrieden sein. Harte, quälende Wochen werden auf die Spieler warten.
Man muss ihnen aber auch zu Gute halten, dass sie völlig ausgepumpt vom letzten Testspiel waren. An dieser Stelle nochmal herzlichen Gruß an die Organisatoren des Spielplans. Toll gemacht!
Nach dem Spiel umschmeichelt mich die Presse, auch mit Fragen zu Takács Debüt. Er hat sicherlich gut gespielt, aber auch keine Bäume ausgerissen. Dennoch lobe ich den Routinier vorsichtig optimistisch. Er selbst ist Profi genug um mit den Erwartungen umzugehen. Er verspricht mir, mit jeder Faser seines Körpers in den kommenden Spielen 100% zu geben. Entspannt lehne ich mich zurück und widme mich der Auslosung für die zweite Runde. Nach bangen Minuten sind wir endlich an der Reihe:
"Vecsési FC trifft auf ...*trommelwirbel* ... *diespannungsteigt* ... Budafoki LC "Hmm, nochmal Glück gehabt. Ein Zweitligist aus der Ost-Gruppe. Wiedermal übertrifft man sich beim Verband mit der Planug selbst. Am Samstag, den 20.08. ist ein Punktspiel gegen Soroksár angesetzt. Am Sonntag, den 21.08. haben wir das Pokalspiel. Erneut gehe ich, dem HB-Männchen ähnlich, vor Freude an die Decke und schnappe mir das Telefon. Mit meinen inzwischen gelernte 3 Brocken Basis-Ungarisch beschwere ich mich beim Verband über die Inkompetenz bei der Spielplanerstellung. Etwas verlegen teilt man mir in einem babylonischen Sprachgewirr mit, dass man sein bestes gibt um dies zu korrigieren. Am späten Abend erhalten wir die Nachricht, dass wir nun erst am kommenden Mittwoch zum Ligaspiel antreten müssen. Na bitte, warum nicht gleich so. Wenn man nicht alles selber macht ...
Der Sonntag nahte schnell und mit ihm die Anspannung. Zum ersten Mal ein richtiger Gegner. All meine künstliche Lockerheit war wie erloschen. Die Beine wurden schwer. Ich wollte nur noch weg. Doch zu spät. Ein Blick auf die Quoten erhellte mein Gesicht auch nicht wirklich. 2,75 auf die Gastgeber, 2,25 auf uns. Dieser Gegner wird kein Pappenstil. Doch ich vertraue den Jungs vom ersten Spiel.
21.08.2005 Vecsés - Budafok 2:0 (0:0), 171 ZuschauerAufstellung: Deli - Orbán, Czipó, Csepregi - Kovács (71. Lilik), Gyulai (71. Siklósi), Kollát, Cornides, Komódi (K) - Takács, Szabó
Chancenverteilung: 7:5
Tore: 1:0 Hungler (50. Elfmeter), 2:0 Lukács (51.)
Meinung des Trainers: Vergessen wirs! Hüllen wir geschickt den Mantel der Geschichte über dieses schwache Match. Sicher, wir sind nicht gekommen um den Gegner vom Platz zu fegen, aber etwas mehr Souveränität hätte ich schon erwartet. Stattdessen spielte man Hallenhalma und "Hans Guck in die Luft". In der zwoten Hälfte klappte alles für uns. Kovács verursachte einen Elfer den Hungler durch Delis Hosenträger verwandelte. Danach befand sich unsere Defensive in kollektiver Schockstarre. Ein riesige Lücke klaffte in der Strafraummitte. Lukács sagte danke und hämmerte den Ball ins rechte obere Eck, keine Chance für Deli. Die nächsten 40 Minuten brachten überhaupt nichts erbauliches mehr zustande. Weder hüben, noch drüben.
Was bleibt uns festzuhalten: Wir scheiden in Runde 2 völlig verdient aus dem Wettbewerb aus, die Mannschaft war phasenweise viel zu naiv, der Trainer berechtigterweise nervös und der Präsident vorerst vom Donner gerührt.
Demnächst:- 10 Testspiele, 2 Pokalspiele - eine erste Bilanz
- Wer sind die Glücklichen, die am Mittwoch zum ersten Spieltag antreten dürfen?
- Wo sind eigentlich meine Socken?