@Dan Druff
Es ehrt mich, von einem ausgezeichneten Storyschreiber so früh schon ein Lob zu bekommen, dabei ging es noch gar nicht (richtig) los...
Ich habe nie nach Köln gepasst, aber es hat mich schwer getroffen, dass es in solch einem Desaster endet. Ich hoffe, dass sich meine Reputation in Budapest wieder erholen kann, du bist immer herzlich auf der VIP-Lounge des "Üllői Út - Stadion" willkommen!
@joladze
Auch dir herzlichen Dank für dieses Lob.
Ich bin mir sicher, dass du auch eine tolle Story schreiben könntest, probier es doch einfach mal aus, probieren geht über studieren
22. Juni 2006
Liebes Tagebuch,
endlich bin ich am Ziel angelangt, alle Schwierigkeiten der letzten Monate sind wie weggeblasen, jetzt regieren nur noch Motivation und Ehrgeiz in meinem Herzen! Anders würde es auch sicherlich nicht funktionieren, denn ich werde in den nächsten Tagen die bisher größte Herausforderung meiner Karriere angehen. Sportlich wie finanziell steht der Verein unter einem enormen Druck. In den Medien werde ich auch von allen Seiten beschossen, Hohn und Spott zieren die Blätterwelt über Ferencvaros und über mich. Ich habe aufgrund der finanziellen Situation auf viel Geld verzichtet, um ein Zeichen zu setzen und vielleicht die Spieler dazu animieren, bei den nächsten Vertragsverhandlungen auch auf ein wenig Geld zu verzichten. Hier wird sich niemand eine goldene Nase verdienen können, wir müssen schnellstmöglich auf einen finanziell grünen Zweig kommen.
Das Konto ist tief in den roten Zahlen für ungarische Verhältnisse, ganze 2,5 Millionen € müssen wir aufbringen, um aus den roten Zahlen zu kommen. Zum Glück haben wir sonst keinerlei Verbindlichkeiten, die wir noch in Raten zurückzahlen müssten. Ich brauche auch nicht weiter zu erwähnen, dass ich kein Geld zur Verpflichtung neuer Spieler bekomme, im Gegenteil: Wir müssen Spieler abgeben bzw. die Gehälter eindämmen, denn unser Gehaltsbudget ist mit 458.000 € schon überzogen. Es ist also klar, dass keine großen Verpflichtungen drin sind, ich werde versuchen müssen, die Jugend zu fördern und gleichzeitig zu fordern, um sie an den ungarischen Spitzenfußball heranzuführen.
Vor dem Gespräch mit dem Ferencvaros-Präsidium nutzte ich dann noch die Chance, mir das Vereinsgelände anzusehen. Das Stadion bietet 18100 Zuschauern Platz und ist komplett mit Sitzplätzen ausgestattet. Das Trainingsgelände ist auch noch "gut", aber die Trainingseinrichtungen der Jugend sind eher durchschnittlich, obwohl ein Jugendinternat vorhanden ist. Wenn wir wieder etwas Geld haben, muss hier dringend etwas getan werden, denn nur mit einer passenden Infrastruktur können große Erfolge langfristig eingefahren werden.
Um wieder in die Nähe dieser Erfolge zu kommen, müssen wir in der 2. Division Ost spielen. Wir sind - meiner Meinung nach zurecht - DER Aufstiegskandidat für diese Saison, alles andere als Platz 1 wäre für alle eine herbe Enttäuschung. Zwei Monate werden wir Zeit haben, um uns intensiv auf die Saison vorzubereiten. Wir werden auch im ungarischen Pokal antreten, in dem ich mir auch einiges vorgenommen habe. Wer weiß, wie weit wir da kommen werden, der Pokal hat seine eigenen Gesetze, und bis auf wenige Ausnahmen brauchen wir uns vor keiner Mannschaft in Ungarn zu verstecken.
Ob ich noch Spieler dazuholen werde, kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich werde mich mit meinem Assistenten Florian Alberti Ifj. zusammensetzen, um den Kader zu analysieren, erst danach weiß ich, ob noch Verstärkungen vonnöten sind. Gleichzeitig muss ich sagen, dass wir uns möglicherweise von einigen Spielern trennen werden, Spieler zu verkaufen ist immer noch die einfachste Lösung, um an Geld zu kommen... bis dahin werden wir in der Jugendarbeit den Hebel ansetzen und einige vielversprechenden Jugendspieler "hochziehen", um sie langsam aufzubauen.
Das soll es für's Erste sein. Ich bin gespannt auf meine Zeit in Budapest, die hoffentlich erfolgreicher und länger sein wird als die in Köln. Ich werde nächste Woche in Budapest eine kleine Wohnung beziehen, um vor Ort zu sein. Auch wenn wir hier "nur" in Ungarn sind, die im europäischen Fußball nur eine zweitklassige Rolle spielen, verspüre ich einen unglaublichen Druck, ich muss diese Aufgabe meistern können, der Verein hat es einfach verdient, wieder für positive Schlagzeilen zu sorgen.