Chaos in Südafrika
Hilferuf der FIFA
Deutschland will im Notfall nicht als Ausrichter für die Fußball-WM 2010 einspringen, aber deutsches Wissen ist in Südafrika gefragter, als bisher bekannt war. Horst R. Schmidt, Vize des Organisationskomitees der WM 2006, soll den Gastgebern der ersten afrikanischen Weltmeisterschaft auf Bitten der FIFA verstärkt unter die Arme greifen. Nach Angaben des Sport-Informationsdienstes (sid) kam es am vergangenen Samstag zu einem Gespräch zwischen dem Weltverband, dem südafrikanischen Organisationskomitee und Schmidt.
Den Begriff "Krisengipfel" lehnt der berufsbedingt zurückhaltende DFB-Generalsekretär Schmidt ab. Offiziell ging es um die Weitergabe von Informationen. Faktisch darum, dass Schmidt eine viel stärkere Rolle in der Frage der Organisation der nächsten WM wahrnehmen soll als ursprünglich vorgesehen.
"Ich werde auf alle Fälle bis Ende des Jahres 2007 Generalsekretär des DFB bleiben. Alles andere ist ein fließender Prozess, der mit dem DFB abgestimmt werden muss", sagte Schmidt dem sid. Die "Süddeutsche Zeitung" spekulierte am Mittwoch schon mit einem eigenen Büro und einem eigenen Stab für Schmidt in Johannesburg, was dieser als "falsche Interpretation der Gespräche" zurückwies.
Mit dem Hilferuf an das deutsche OK bestätigt FIFA-Präsident Joseph S. Blatter indirekt Berichte des sid, der schon gleich nach der WM auf Unstimmigkeiten zwischen schönen Plänen und der Realität in Südafrika hingewiesen hatte. Diese Berichte wurden seinerzeit von der FIFA offiziell dementiert. Jetzt moniert Blatter, in Südafrika weder Schaufel noch Spitzhacke zu sehen.
"Ich werde mich nicht in die kulturellen Eigenheiten eines Volkes und die spezifischen Gegebenheiten eines Landes einmischen. Ich nehme die Fakten zur Kenntnis - und dann wird versucht, darauf eine möglichst perfekte Organisation aufzubauen", sagte Schmidt. Heißt im Klartext: Schmidt wird sich nicht in die Verantwortung für Stadienbau (fünf existieren nur auf dem Reißbrett, fünf müssen grundsaniert werden) oder nicht vorhandene Autobahnen und Eisenbahnlinien nehmen lassen. Wenn, dann gibt er Organisationstipps aufgrund der Gegebenheiten.
Der Perfektionist hat seit 1974 an der Organisation jeder WM mitgewirkt. Deshalb versucht er, auch jetzt seine Rolle herunterzuspielen: "Es ist doch normal, dass Wissen weitergegeben wird."
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet von Vorbehalten aus dem südafrikanischen OK, wonach die Deutschen den Afrikanern nur ihre vier Jahre alten Computer verkaufen möchten. Schmidt dazu: "Von solchen Vorbehalten war in unseren Gesprächen keine Rede. Dass wir als deutsches OK verpflichtet sind, unsere Installationen nachfolgenden Veranstaltern von sportlichen Großereignissen anzubieten, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass darunter auch Südafrika war, will ich nicht ausschließen, im Gegenteil: Es wäre ein Fehler gewesen, wenn nicht."
Quelle: N-TV.de