Also wenn man das liest fragt man sich schon:
Am Rande der Legalität
München - Am Samstag ließ die Meldung aufhorchen, dass Chelsea London den Nigerianer John Obi Mikel für 23,3 Millionen Euro verpflichtet hat.
Auf Augenhöhe mit den Großen: John Obi Mikel (l.) neben Didier Drogba
Mit der Vertragsunterzeichnung fand das Wettfeilschen um das Supertalent endlich ein Ende, dass als Paradebeispiel dafür dienen kann, inwieweit sich das Fußballgeschäft auch abseits von Wettskandalen und Schwarzgeldaffären am Rande der Legalität bewegt.
Morddrohungen, eine angebliche Entführung und Betrugsvorwürfe inklusive.
"Wunderkind" Mikel
Der 19 Jahre alte Mikel gilt als eines der größten Talente im Weltfußball. Im vergangenen Jahr wurde er hinter Argentiniens Lionel Messi zum zweitbesten Spieler der U-20-WM gewählt.
Bei den Afrikameisterschaften der Senioren im Februar diesen Jahres war der 1,60-Meter kleine Mittelfeldspieler die größte Entdeckung des Turniers.
Von seinem Potenzial überzeugt, wollten ihn der FC Chelsea und Manchester United bereits 2003 verpflichten, aber da Mikel noch minderjährig war, platzte ein Transfer aufgrund der britischen Gesetzeslage.
Zwischen allen Stühlen
Von da an wurde es kompliziert: Um Mikel dennoch an sich zu binden, lotste ManU den Teen zum "Parken" zum FC Lyn Oslo. In Norwegen sind die Einreisebestimmungen weniger rigide.
Gleichzeitig soll jedoch der FC Chelsea rund 300.000 Euro für die Ausbildung von Mikel und drei weiteren jungen Nigerianern an die norwegische Fußballschule TNG überwiesen haben.
Vertrag ohne Berater
Die unklare Vertragslage ist so lange unaufgedeckt geblieben, bis Mikel im April 2005 seine Volljährigkeit erlangte.
Bereits im Vorfeld begann Lyn-Sportdirektor Morgan Andersen, mit Manchester und Chelsea um die Ablösesumme für das Talent zu feilschen.
Letztlich gewannen die "Red Devils". Sieben Tage nach seinem 18. Geburtstag unterschrieb Mikel, in Abwesendheit eines Elternteils oder eines Beraters, bei Manchester. Sein Kommentar: "Ich bin überglücklich, zu United zu wechseln."
Weil der Kontrakt erst im Januar 2006 greifen sollte, kehrte Mikel zu Lyn zurück.
Tatort Fußball
Dort fing die Transfersaga erst richtig an: Nach einigen Tagen in Oslo berichtete Mikel von mysteriösen Telfonanrufen, in denen er Morddrohungen erhalten haben soll. Der Verein reagierte und stellte einen Bodyguard ab.
Am 11. Mai 2005 verschwand Mikel, ohne Wissen des Vereins, spurlos. Sportdirektor Andersen schaltete die Polizei wegen des Verdachts der Entführung ein. ManU-Assistenztrainer Carlos Queiroz unterstellte, dass Mikel von Chelsea "gekidnappt" worden sei.
Flucht nach London
Wie sich zwei Tage später herausstellen sollte, war Mikel mit seinem Berater John Shittu nach London geflohen.
Dort ging Mikel in die Medien und erklärte: "Ich wurde dazu gezwungen, den Vertrag mit Manchester zu unterzeichnen." Es ist sogar die Rede davon, dass Andersen Unterschriften gefälscht haben soll, um den lukrativen Deal mit United zustande zu bringen.
Mikel betonte, dass ein Transfer zu Manchester nicht mehr in Frage kommt und er zu Chelsea wechseln möchte.
Die Fifa schaltet sich ein
Einen Monat später trumpfte Mikel trotz der Querelen bei der U-20-WM groß auf und wurde Vizeweltmeister. Im Anschluss weigerte er sich jedoch, zu Lyn Oslo zurückzukehren. Erst ein Machtwort der Fifa im September 2005 bewegte ihn zur Rückkehr.
"Die Vereine und Berater nutzen eiskalt die Naivität der jungen Spieler aus und verkaufen sie in die Sklaverei". wetterte Verbandspräsident Sepp Blatter.
Ohne Spielpraxis zum Starensemble
In diesem Jahr stand Mikel nur für die "Super Eagles" bei den Afrikameisterschaften auf dem Platz, wo er auch ohne Wettkampfpraxis zum besten Jungspieler des Turniers gewählt wurde.
Trotz der Zwangspause haben die Verantwortlichen von Chelsea genug Vertrauen in Mikel, um 23,3 Millionen Euro zu investieren. Und dass, obwohl er noch keine einzige Minute in einer der großen Ligen auf dem Platz stand.
Die Parteien einigten sich darauf, dass Manchester United von der Ablösesumme für die Abtretung aller Rechte 17,5 Millionen erhält, Lyn muss sich mit 5,8 Millionen "begnügen".
Frommer Wunsch
Noch vor einigen Wochen sagte Mikel verzweifelt: "Ich wünsche mir, dass die Vereine realisieren, dass es um meine Karriere geht. Ich möchte einfach, dass die Leute die Dinge um mich herum endlich regeln und nicht immer an das Geld denken."
Nach der Odyssee in den letzten zwölf Monaten müsste er eigentlich wissen, dass das nur ein frommer Wunsch sein kann.
Quelle:
www.sport1.de