Ich möchte hier gerne mal ein (altes) Thema von einer anderen Seite her diskutieren, was mich von Beginn meiner Footman-Zeit her interessiert.
Ich bin kein Hobbyinformatiker und ich möchte auch keinen Versuch starten, die Spielengine auf einer (programmier)-technischen Ebene nachvollziehen zu können. Es mögen sich Leute mit mehr Ahnung auf diesem Gebiet auch bitte auf ein rein praktisches und für den Spieler relevantes Niveau begeben.
Es ist mir auch ganz besonders wichtig, dass dieser Thread nicht in die Kategorie "Meckerei", "Früher waren Fussballmanager auch noch besser" oder "Ich bin Hobbypedant und muss immer aus allem eine Wissenschaft machen" rutscht.
Punkt 1: Der Ausgang von Standardsituationen als Ergebnis einer übergeordneten Spielverlaufsberechnung
In der letzten Zeit habe ich einige Diskussionen über die Standardsituationen verfolgt. In unterschiedlichen Threads zu jeweils Eckballaufstellungen und Freistosstaktiken kam man letztlich immer zu dem Konsens, dass die Auswahl eines einzelnen Spielers für eine bestimmte Aufgabe (Bsp.: Freistossschütze, langer Pfosten bei Ecke) nicht wichtig ist. Bei den Ecken gibt es mehr nach dem Zufallsprinzip oder dem Spielverlauf entsprechend sehr selten nur ein Tor - egal, wie ausgeklügelt die Eckballtaktik ist und egal wie toll sie in der 2D-Darstellung zu funktionieren scheint. An anderer Stelle wurde an Beispielen bewiesen, dass Torwarte mitunter bessere Freistossschützen sind als mancher Experte es aufgrund seiner Attribute (Weitschüsse, Freistösse, Abschluss, Nervenstärke, Flanken) sein sollte. Auch hier scheint es mehr ein Resultat der gesamten Spielbetrachtung zu sein, ob die Engine entscheidet, in der jeweiligen Standardsituation ein Tor zuzulassen. Spielerattribute finden scheinbar in einigen Situationen keine Beachtung.
Punkt 2: Vorberechnung und Situationsabhängige Berechnung von Spielsituationen
In der letzten Zeit vor dem vorletzten Patch gab es viele Diskussionen zu den Themen Comebacks und Sieg- bzw. Niederlagenserien. Viele Spieler waren verärgert, weil sie der Meinung waren, dass Spielergebnisse zum Teil vorherbestimmt sein und dass Taktik und Aufstellung zumindest in bestimmten Spielen keine Auswirkung haben. Hierzu habe ich von SI ein offizielles Statement gelesen, was vielen sicher schon bekannt ist:
Die Engine berechnet tatsächlich vor Spielbeginn das Spiel mit ALLEN Spielsituationen und Toren. Nur so "weiss" die Engine auch im Vornherein, wann sie bei "Highlights" z.B. eine kommende Torsituation zeigen soll. Man muss an dieser Stelle jedoch ganz klar zwischen Vorberechnung und Vorherbestimmung unterscheiden. Laut SI - und das werden alle langjährigen Anhänger des Footman eh nie bezweifelt haben - wird das vor Spielbeginn vorberechnete Ergebnis bei jeder Taktikänderung neu berechnet. Alles logisch, aber jetzt kommt der Punkt, den ich nicht verstehe:
An wieder anderer Stelle wurde von SI geschrieben (unter anderem in der London Times), dass 8 mal pro Sekunde die Spielsituation neu berechnet wird. Springen zwei Spieler zum Kopfball hoch, werden also die Kraft des Gegenspielers, die jeweiligen Sprungkräfte, etc. gegeneinander nach einem bestimmten Algorithmus ausgewürfelt (ähnlich den Kämpfen in einem Rollenspiel).
Es soll mich im Hinblick auf mein Nichtinteresse an Informatik gar nicht weiter interessieren, wann und was der FM jeweils berechnet, aber gewisse Zusammenhänge könnten dadurch extrem praxisrelevant für den Spieler werden:
Wenn der FM das Spiel zu irgendeinem Zeitpunkt vorberechnet, müsste er, weil er ja nicht situationsabhängig rechnen und gleichzeitig wissen könnte, wann u.a. ein Highlight zu zeigen ist, alle Aspekte der Taktik und Aufstellung beachten. Baue ich also eine "krumme" Taktik, bei der ich alles über die linke Seite laufen lasse, rechts lasse ich dafür ein paar Spieler der Güte "Deutsche Eiche" dichthalten, muss die Engine dann jede Spielsituation für jeden Spieler und seinen Gegenspieler vorberechnen und ein entsprechendes Abbild in Form von Torchancen und Spielzügen für die Highlights zusammenstellen. Wo bleibt da der Faktor Achtmal-pro-Sekunde? Ich stelle mr die Frage deshalb, weil mir das Ergebnis der Diskussionen zu den Standardsituationen zu denken gibt. Wenn diese Situationen - egal wie toll sie in der 2D-Sicht zu funktionieren scheinen - an anderer Stelle vorberechnet wurden, bedeutet das, dass eine besonders tolle Eckballaufstellung nicht zu mehr Toren führen wird, weil insgesamt ein 2:1 für die Partie vorgesehen ist. Und genau diese Theorie passt zu den vielen Erfahrungen, die von so ziemlich allen Spielern gemacht wurden:
- Kopfballschwache Verteidiger köpfen auch den besten Kopfballungeheuern unter den Stürmern fast alle Bälle weg.
- Schneckenverteidiger laufen auch einem Drogba oder einem Shevchenko die Bälle ab.
- Kreativspieler wie Ronaldinho oder Kaka spielen immer das gleiche Hit & Pass wie 08/15-Mittelfeldspieler.
u.s.w. u.s.w.
Immer mehr bekomme ich den Eindruck, dass es nicht die Einzelattribute sind, die die 2D-Darstellung beeinflussen. Manchmal denke ich sogar, dass es keinen Sinn macht, Spieler nach einzelnen Attributestärken aufzustellen (siehe Freistösse oder Ecken). Und wenn man vom Programm wieder mal einen so genannten "schwarzen Tag" verpasst bekommt und trotz genialer Taktik und Aufstellung den Gegner nach Belieben vorführt, wird ein super dämliches Tor der Art "Torwart spielt direkt den gegnerischen Stürmer an" dafür sorgen, dass ich 0:1 verliere.
Natürlich ist der FM sehr komplex und es ist auch nicht möglich, eine Spielsituation nur mit dem Vergleich zweier Kopfballstärken zu beurteilen und daraus ggf. den Schluss zu ziehen, der FM berechnet keine Einzelattribute. Dennoch mache ich mir Gedanken, ob es nicht Zeitverschwendung ist, eine Mannschaft nach ausgewählten Gesichtspunkten zusammenzustellen, wenn es offenbar viel übergeordnetere Aspekte sind, die für das Ergebnis wichtig sind.
Dazu ein Beispiel:
Ich habe die Diskussion über die Effektivität der Dreierkette hier mitverfolgt. Bei mir war es so, dass es egal ist, ob es im 2D-Spiel so aussieht als ob dadurch mehr oder weniger Angriffe des Gegners zugelassen werden. Dann schiesst der Gegner halt mehr an den Pfosten und sonst wo hin. Mir scheint es so als dürfe er vom Programm nur aufgrund dieses augenscheinlichen Vorteils im 2D-Spiel nicht gleichzeitig mehr Tore schiessen.
Zweites Beispiel:
Wenn ich früh hoch führe, aber dennoch genau so überlegen weiterspiele, fallen in der zweiten Halbzeit trotz weiterer hochkarätiger Chancen meist keine Tore mehr. Die Engine scheint entschieden zu haben, dass ein 5:0 oder 6:0 "übertrieben" sei und belässt es daher lieber bei einem 4:0 nach 40 Min.
In solchen Situationen fällt mir das so genannte Skripiting einer vorberechneten Ergebnislogik sehr negativ auf, weil einfach offensichtlich wird, dass es keine situationsabhängige Berechnung gibt und dass das, was wir in der 2D-Sicht sehen, wohlmöglich kein Produkt des Aufeinandertreffens von 22 verschiedenen Spielerattributen ist.
Falls ihr beim Lesen bis zum Ende durchgehalten habt, euch das Thema nicht zu abgefahren ist und ihr dies nicht als Anlass zu Meckerei oder sinnlosen Vergleichen mit Konkurrenzprodukten seht, würde ich gerne eure Erfahrungen zu diesem Thema teilen. Außerdem interessiert mich, wie man mit diesen Ergebnissen praxisrelevante Dinge an seiner Aufstellung beachten könnte:
Bsp.: Muss ich vielleicht UNBEDINGT etwas massiv ändern, wenn ich 3:0 hinten liege, damit die Engine genug "Raum" hat, das Ergebnis evtl. zu meinen Gunsten neu vorher zu berechnen? Dies mal als ganz plattes Beispiel.