Streit spitzt sich zu
US-Konservative wollen Weihnachten retten.
Von der stillen Weihnachtszeit ist in den USA heuer nicht viel zu bemerken, vielmehr ist ein heftiger Kampf um das christliche Fest der Freude entbrannt: Nachdem christliche Konservative jahrelang zähneknirschend zusahen, wie "Weihnachten" aus Rücksichtnahme auf Andersgläubige zu allgemeinen "Feiertagen" wurde, machten sie das Thema heuer erfolgreich zur Causa prima.
Immer mehr konservative Organisationen hefteten es sich auf die Fahne, Weihnachten endgültig vor der schleichenden Säkularisierung zu retten.
Klagen und Boykotte
So beharren sie unter Androhung von Klagen und Boykotten auf dem Gruß "Merry Christmas" ("Frohe Weihnachten"). Deren Gegner argumentieren indes, ein säkulares "Happy Holidays" sei der einzige unbedenkliche Gruß und schließe niemanden aus.
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Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war offenbar die heurige Grußkarte des höchsten Mannes im Staate: Präsident George W. Bush hatte sich darin für die Wortwahl "Holiday Season" entschieden - für konservative Christen ein Skandal.
Zu viel des Bösen
Dass auf der Karte des Präsidenten keine klassischen Weihnachtsmotive zu finden sind, sondern sich die Haustiere des Präsidenten im Schnee tummeln, wäre vielleicht noch zu verkraften gewesen.
Doch dass den 1,4 Millionen Empfängern kein "Merry Christmas" oder Gottes Segen gewünscht wurde, sondern "das Beste für Festtage voller Hoffnung und Glück", war zu viel des Bösen.
Schluss mit dem "Feiertagsbaum"
Auch die schon seit Jahren übliche Bezeichnung des geschmückten Baums auf dem Rasen vor dem Kapitol als "Holiday Tree" ("Feiertagsbaum") sorgte heuer für erbitterte Wortgefechte.
Der Holzfäller des besagten Baumes soll so empört über die Bezeichnung gewesen sein, dass er öffentlich bedauerte, den Baum nicht der Hackschnitzelmaschine überantwortet zu haben.
Ein führender republikanischer Parteigenosse erklärte den Baum schließlich zum "Christmas Tree" ("Weihnachtsbaum").
"Amoklauf der politischen Korrektheit"
Auf zahlreichen Websites werben religiöse Gruppen um Unterstützung für Petitionen an kommunale Einrichtungen, um die "Vertreibung von Christus" und den "Amoklauf der politischen Korrektheit zu stoppen".
Rund 85 Prozent der etwa 296 Millionen US-Bürger bezeichnen sich als Christen.
Unternehmen geben klein bei
Eine Armee von Anwälten wurde mobilisiert, für den Kampf um Weihnachten in die Schlacht zu ziehen. Vor allem der Handel ist den Weihnachtseiferern ein Dorn im Auge. Kaufhäuser geraten unter Beschuss, weil sie auf Plakaten nicht mehr "frohe Weihnachten" wünschen, sondern "frohe Feiertage".
Als dann noch ein Angestellter als Antwort auf ein Protestschreiben erklärte, Weihnachten habe ohnehin seinen Ursprung in "sibirischem Schamanismus", war der Sturm der Entrüstung so groß, dass sich das Unternehmen offiziell entschuldigte.
Auch andere Kaufhausketten lenkten angesichts von Boykottdrohungen ein und kehrten von "Happy Holidays" zu "Merry Christmas" zurück.
"Hanging of the Greens"
Eine Schule in Texas fand sich vor Gericht wieder, weil Lehrer die Schüler aufforderten, weiße Servietten zu einer Feier mitzubringen - statt in den traditionellen Weihnachtsfarben Rot und Grün.
In Maryland sorgte die Bezeichnung "Hanging of the Greens" (Aufhängen des Grüns) statt "Christmas Decoration" ("Weihnachtsdekoration") für Aufruhr.
In aller Munde
Öl ins Feuer gießen zudem noch konservative Talk-Show-Prominente, die die Säkularisierung von Weihnachten lautstark beklagten.
"Jedes Mal, wenn du 'Happy Holidays' sagst, bekommt ein Engel AIDS", scherzte dagegen der TV-Komiker Jon Stewart.
Bücherflut zum "Casus Belli"
Eine Reihe von Publikationen begleitet die Debatte: So macht Fox-News-Anchorman John Gibson mit seinem Buch "The War on Christmas: How the Liberal Plot to Ban the Sacred Christian Holiday is Worse than You Thought"("Der Krieg gegen Weihnachten: Wie der liberale Bann der heiligen christlichen Feiertage schlechter ist, als Sie glauben") derzeit von sich reden.
"Reines Ablenkungsmanöver"
Bill Press, seines Zeichens Autor von "How the Republicans stole Christmas" ("Wie die Republikaner Weihnachten stahlen") - der Titel nebenbei eine Paraphrase auf den US-Weihnachtsklassiker "How the Grinch stole Christmas" ("Wie der Spielverderber Weihnachten stahl") - sieht in der Debatte ein reines Ablenkungsmanöver:
"Je mehr man darüber spricht, ob man 'schöne Feiertage' oder 'frohe Weihnachten' sagt, desto weniger wird über Karl Rove, Folter, Tom DeLay, den Irak-Krieg oder andere heiße Eisen geredet."
naja wenn sie sonst keine Sorgen haben