Zehntausende erweisen dem Piraten die letzte Ehre
Zahlreiche Menschen begleiteten Marco Pantani auf seinem letzten Weg
München - Ein schier endloser Trauerzug zog durch Cesenatico. Der kleine Ort glich einem Meer aus Fahnen und Blumen, die Stille war greifbar, als sich Fans, Freunde und Familie vom "Piraten" verabschiedeten.
Atemlose Stille, als ein letzter Brief des Verstorbenen, den er an seine Familie gerichtet hatte, verlesen wurde. Diese letzten Worte scheinen die Vermutungen über einen Selbstmord des am Samstag verstorbenen 34-Jährigen zu bestätigen.
In dem Schreiben, das offensichtlich im Hotelzimmer von Rimini gefunden wurde, heißt es unter anderem: "Vier Jahre lang habe ich die Gerichtssäle Italiens kennengelernt und das Vertrauen in die Justiz verloren. Man hat schwer in mein Privatleben eingegriffen, ich habe für den Radsport einen hohen Preis gezahlt und keine Freude mehr."
Der Abschiedsbrief
Der Brief wurde am Mittwoch während der Trauerfeier in der Kirche San Giacomo Apostoli von Cesenatico durch Manuela Ronchi verlesen, der Managerin italienischen Radstars.
Während Zehntausende Trauergäste Abschied vom Tour- und Girosieger 1998 nahmen, hat die Jagd auf die Drogen-Mafia in Italien begonnen. Der Verdacht, dass sein Tod auf überhöhten Kokainkonsum zurückzuführen ist, erhärtet sich immer mehr. Die Staatsanwaltschaft Rimini bestätigte die Aufnahme von Ermittlungen in der Szene.
Kokain im Zimmer
Die Behörden schließen nicht länger aus, dass Pantani kurz vor seinem Tod neben Anti-Depressiva und anderen Medikamenten auch Kokain eingenommen hat. Die Mischung könnte die Ursache des Hirn- und Lungenödems sein, an dem der "König der Berge" gestorben sei, hieß es aus Ermittlerkreisen.
Man sei auf Reste von weißem Pulver im Hotelzimmer gestoßen: "Unsere Leute waren sofort sicher, dass es sich um Kokain handelt", sagte ein Polizeibeamter der Zeitung La Stampa. Man warte nun auf die Ergebnisse der chemischen Analysen nach der Obduktion.
Ein endloser Trauerzug aus Freunden, Fans und sportlicher Prominenz hatte den "Piraten" auf seinem letzten Weg zum Friedhof seiner Heimatstadt begleitet.
"Der Mensch zählt mehr als der Sportler"
Der Bischof von Cesena, Antonio Lanfranchi, der das Begräbnis zelebrierte, rief die Welt des Sports auf, über die Tragödie nachzudenken: "Der Mensch zählt mehr als der Radsportler. Auch in einem Star schlägt das Herz eines jungen Mannes mit seinen Ängsten und Schwächen. Möge er seine wichtigste Etappe gewinnen - den Einzug ins Paradies."
Viele tausend Menschen hatten sich mit gelben Fahnen, Blumen und Postern um die Kirche San Giacomo Apostoli gedrängt, in der Pantani auch getauft worden war.
Medien ausgesperrt
Viele waren auch aus dem Ausland angereist. In das Gotteshaus selbst hatten nur 200 Angehörige der Familie, an der Spitze die Eltern Paolo und Tonina, sowie ausgewählte Freunde Zutritt, darunter Skistar Alberto Tomba, Ex-Fußballnationaltrainer Azeglio Vicini und Radstars wie Francesco Moser, Gianni Bugno und Stefano Garzelli.
Die Medien blieben bis auf den Reporter der Lokalzeitung ausgesperrt. Die Feier wurde aber von einem regionalen Fernsehsender auf eine Großleinwand am Marktplatz übertragen. Am Nachmittag blieben alle Behörden und Geschäfte geschlossen.
20.000 Euro abgehoben
Unterdessen sucht die Staatsanwaltschaft die Dealer, die dem Tour- und Girosieger von 1998 den möglicherweise tödlichen Stoff beschafften.
Pantani soll in den letzten Tagen mit einer Kreditkarte 20.000 Euro von seinem Konto abgehoben haben. Als seine Leiche am Samstag "Le Rose" in Rimini entdeckt wurde, habe man jedoch nur noch wenig Bargeld im Zimmer gefunden.
Einige Freunde wollen wegen seiner Drogensucht sogar selbst Kontakt mit den Dealern aufgenommen und sie aufgefordert haben, Pantani in Ruhe zu lassen.