Das machen Spiele wie Hitman (vor allem das neuste) und Splinter Cell auch. Dabei sind das wiederum keine Rollenspiele im eigentlichen Sinne.
Die Begriff des Freiheitsgrads trifft es ganz gut. Ich würde sagen, dass er vorhanden sein muss und wie die Tiefe des Charaktersystems auf einer Skala existiert.
Ein paar Hitman-Teile werden gerne zum "Genre" bzw. zur Spielphilosophie gezählt. Von Splinter Cell kenne ich etwas nur die paar ersten, die waren mir zu linear und hatten mich nie gereizt. "Thief" spielte ich nicht (nur), weil das ein Schleichspiel ist. Sondern weil seine Levels mitunter wunderbare Sandboxen waren, weil Entwickler Looking Glass sich mit der sehr minimalen HUD, der Egoperspektive, den Bewegungsmöchkeiten und dem 3D-Sound "Virtual Reality" von Softwareseite her näherte -- der Sound ist übrigens noch heute besser als in vielen modernen Spielen, weil man wirklichizu jeder Zeit ausmachen kann, was um einen rum passiert. Arkane greifen als eines der wenigen STudios explizit vieles von damals auf. https://www.pcgames.de/Prey-2017-Spiel-57339/Specials/immersive-sim-Kommentar-Kolumne-Mittendrin-statt-nur-dabei-Pro-und-Contra-Ego-Perspektive-1229843/Splinter Cell ist einfach ein Stealth-ACtiongame. Man denke bei der Sandbox an die legendäre Bank aus Teil 2, wo es schon mehrere Möglichkeiten zum Einstieg gibt (wurde übrigens im Dishonored-Standalone Death Of The Outside ziemlich gewürdigt).
Jup. Gut. Splinter Cell geht in die Richtung. Aber stimme ich zu. So frei wie die freisten Hitmans oder Thief ist es freilich nicht.
Mir sind Freiheitsgrade zum Beispiel ziemlich egal. Im Gegenteil, ich finde es sogar gut eher eingeschränkt zu sein
So scheint es der Mehrheit auch zu gehen. Weder Thief, noch System Shock 2 noch Deus Ex waren je wirkliche Blockbusterspiele, trotz ihres heute legendären Rufs (und auch moderne AAA-Ableger sind sehr selten Kassenmagneten). Wie Raf Colantonio von WolfEye in einem Interview sagte:
I think a lot of people are fine with—happy, actually, maybe they feel safer—playing in games that are more channeled, that are more in a canyon, a very controlled experience, very prescribed," he said. "And then there's a cinematic that tells them a bit of story and they feel good about it, and then it keeps going and they kill a few more monsters, and then it stops again with another cinematic. I don't get that.
Würde nicht sagen, dass das bei mir der Grund ist. Die von dir angesprochenen Spiele habe ich alle gespielt. Thief, Disohonored, System Shock oder Deus Ex. Wobei ich System Shock aus der Betrachtung rausnehmen würde, weil ich zu jung war, es ist zu lange her und ich hab es nicht mehr im Kopf. Ich würde nicht sagen, dass ich Freiheitsgrade als negativ empfinde, wegen der Freiheit. Die genannten Spiele, oder auch Hitman und Splintercell, verbindet auch noch, dass es in allen (außer vielleicht System Shock) viel um Heimlichkeit und Schleichen geht. Eine Mechanik, die ich nicht mag. Zum einen, einfach so, zum anderen auch, weil ich sie oft für lachhaft unrealistisch halte, dass ich im Halbschatten in der äußeren peripheren Sicht eines Wachmanns stehen kann, ohne das er mich sieht, weil sein Sichtradius ein fest definierter Kegel ist. Gerade in Hitman, Deus Ex und Dishonored habe ich abstruße Momente erlebt, die ich eben nicht immersiv fand. Aber, auch wenn ich das jetzt ausführlich beschrieben habe - ich finde Schleichen um Ziele in Spielen zu erreichen auch einfach wirklich nicht toll. Unabhängig von dem genannten.
Was übrig bleibt an Freiheit, an Sandboxen und an all dem ist für mich meistens Schwammigkeit. Freiheit und Realismus sind eine große Heausforderung bei der Spielentwicklung und dabei passieren Fehler. Ich mag Skyrim unter anderem nicht, weil es eine Sandbox mit gewissen Freiheitsgraden ist. Weil NPCs in Wänden stecken bleiben, nachdem eine Zufallsaktion ausgelöst wurde die schief ging. Weil ich zwar überall hinlaufen darf, aber dadurch eine spannende Geschichte mit Höhepunkten verloren geht. Weil Encounter oft so gebaut werden muss, dass sie alles Löungswege die der Charakter können könnte, erlauben und dadurch nichts mehr so richtig knallt erläuchtend ist.
Probleme die Witcher 3 zum Teil auch hat: "Oh, Ciri zu finden ist das wichtigste für ich auf der ganzen Welt. Was? Der armen Frau wurde ihre Pfanne gestohlen? Na da helfe ich doch sofort." Witcher 3 macht es durch seine Story, die eventuell nicht super viele, aber doch sehr bedeutende Handlungszweige hat wieder gut. Sowas fehlt Syrim zum Beispiel komplett.
Weil sind wir mal ehrlich: Es geht um den Freiheitsgrad eines P&P, der erreicht werden soll. Damit ging das Gespräch los. Der ist aber nur im besten Fall so frei wie man es im Kopf sich denken kann. Auf der anderen Seite des Tischs sitzt ein Spielleiter, der eine endliche Zeit in die Erschaffung eines Szenarios gesteckt hat und eine Vision einer Geschichte vor Augen hat, die er in einer ebenso endlichen Spielzeit am Tisch durchbekommen möchte. Wie fluid, wie sandboxartig er es gemacht hat, auf wieviele Ideen von den Spielern er eingeht und wie frei diese Welt tatsächlich ist, ist stark von seiner Qualität abhängig. Machen wir es kurz: Viele Kaufabenteuer für Systeme wie Shadowrun, DSA oder Pathfinder sind so eindimensional wie ein Call of Duty Level.
Ich hab in meiner P&P Karriere sicher mit über 30 verschiedenen Spielleitern gespielt und auch einige Male selbst diese Rolle übernommen. Dabei habe ich alles von "so frei, dass man den Plot nicht gefunden hat" bis "1A Railroading ohne Ausbruchchance oder Ermöglichung von Kreativität erlebt". Beides kann gut und schlecht sein. Die Extreme sind meistens immer schlecht.
Oft entsteht der größte Freiheitsgrad dadurch, dass der Spielleiter auf abgefahrene Ideen seiner Spieler eingeht und es einfach möglich macht, um den Spielern einen Erfolg zu geben und für ihre Aktivität am Spieltisch zu belohnen. Eventuell schummelt er dafür sogar etwas und passt die erstellte Welt ad hoc an, damit sie zur Idee der Spieler passt und für einen besonders coolen Moment sorgt der alle am Spieltisch begeistert. Die spontane Kreativität am Spieltisch ist ja keine Einbahnstraße. Das kann ein Spieleentwickler nicht. Er kann sich höchstens im vorhinein Mühe geben. Aber den Anspruch selbst sehe ich schon als schwammig an.
Und zu guter letzt: Ich bin, wie wir alle, ein relativ erfahrener Spieler der in fast alle Genre einmal eingetaucht ist. Über die Jahre hat sich eine gewisse systematische Herangehensweise gebildet. Zum Beispiel spiele ich immer den Bogenschützen oder den Kampfmagier in Fantasyszenarien. Nachdem ich das mal gemerkt habe, versuche ich seitdem aktiv daraus auszubrechen im Namen der Vielfalt - aber Bogenschützen oder Kampfmagier sind halt cool.
Was ich damit meine ist, dass ich oft einem Pfad folge, der mir im vorhinein schon klar ist, weil es das ist, was ich in Spielen gerne erlebe. Ich benötige oft keine Freiheit, wenn das Spiel mir genau diesen Pfad gibt und darin gut ist. Wenn ich in einem Spiel die Wahl habe gut oder böse zu sein bin ich immer gut. Wenn ich die Wahl habe zwischen Kämpfen, Schleichen/Täuschen, Nutzung der Spielwelt oder Charisma nutze ich immer Kämpfen oder Charima, wenn ich das Kampfsystem nicht mag. 1996 gab es mal ein Paper
(https://www.thegamer.com/bartle-four-gamer-types-socializer-explorer-achiever-killer/) zu Spielertypen. Ich kann soviel sagen: Ich bin defintiv kein Explorer. Das heißt, dass mich nicht mal dort die Spiele mit ihrer Freiheit abholen. Abgesehen davon habe ich noch nie ein Spiel zwei mal gespielt, um beim zweiten mal etwas komplett neues zu probieren und etwas anderes zu erleben.
Das alles führt dazu, dass ich lieber ein konzentriertes Spiel auf meinem Pfad habe, anstatt ein aufgebortes Spiel in dem von allem etwas steckt. Und deswegen ist mir Freiheit nicht so wichtig, auch wenn sie mir deswegen nicht egal ist.
Mir sind Freiheitsgrade zum Beispiel ziemlich egal. Im Gegenteil, ich finde es sogar gut eher eingeschränkt zu sein
So scheint es der Mehrheit auch zu gehen. Weder Thief, noch System Shock 2 noch Deus Ex waren je wirkliche Blockbusterspiele, trotz ihres heute legendären Rufs (und auch moderne AAA-Ableger sind sehr selten Kassenmagneten). Wie Raf Colantonio von WolfEye in einem Interview sagte:
I think a lot of people are fine with—happy, actually, maybe they feel safer—playing in games that are more channeled, that are more in a canyon, a very controlled experience, very prescribed," he said. "And then there's a cinematic that tells them a bit of story and they feel good about it, and then it keeps going and they kill a few more monsters, and then it stops again with another cinematic. I don't get that.
Aber das ist doch ironischerweise auch super eindimensional gedacht. Ein Spiel wird ja nicht besser oder schlechter, je nachdem wie hoch der Freiheitsgrad ist. Die Frage ist doch, ob es insgesamt stimmig ist und das Setting ankommt. Ich würde beispielsweise behaupten, dass die Elder Scrolls-Spiele dir einen sehr hohen Freiheitsgrad in deiner Spielweise erlauben (haben dafür andere Schwächen), im Grunde bekommst du da eine riesige Sandbox. Bekanntermaßen ist das sehr erfolgreich. Ebenso wie die Rockstar Games - die es allerdings mit Cinematics komplett übertreiben. In beiden Fällen bietet dir die Open World Sandbox (die ein Witcher 3 - da isser wieder - nicht hat) die Freiheit, zu tun, worauf du Lust hast. Oder, ganz anderes Beispiel: Die Sims. Das ist sicherlich eine andere Art von Freiheit, als in den von dir genannten Spielen, die ich selbst nie gespielt habe. Finde trotzdem, dass das sehr schöne Beispiele für erfolgreiche Spiele mit hohem Freiheitsgrad sind.
Davon abgesehen überrascht es doch auch nicht, dass die Masse (vermeintlich) weniger Freiheit und mehr Linearität gut findet. Wir machen uns im Alltag über alles mögliche Gedanken, haben in Job, Beziehung usw. ständig Entscheidungen zu treffen. Dass man das abends beim Zocken dann nicht oder nur eingeschränkt möchte, ist nur menschlich. Auch hier ist es doch einfach schön, dass eine solche Vielfalt existiert und man sich aussuchen kann, worauf man Bock hat. Da hilft eine elitäre Einstellung gegenüber dem durchschnittlichen casual gamer nicht weiter.
Unterschreibe ich so. Freiheit kommt in vielen Kleidern. Kann gut sein, nötig sogar (Sims würde ohne wahrscheinlich nicht funktionieren), oder eben nicht.
Ein astreiner Schlauch-Egoshooter braucht nicht viel Freiheit. Bzw, in dem Genre ist Freiheit erreicht, wenn das Schlauchlevel fünf Vorstoßmöglichkeiten statt drei bietet. Man könnte jetzt sagen, dass es ja auch Open World-Egoshooter gibt. Die bieten mehr Freiheit. Stimmt. Aber ich hab davon schon etliche gespielt und die schaffen, bis auf instanzierte Gebiete mit fest gecodedten Bossen oder Spezielencountern nicht die Intensität von Schläuchen, in denen ein Entwickler Meter für Meter entscheiden kann, was der Spieler erlebt und das Spielgeschen feingranular orchestrieren kann. In Open Worlds kümmert er sich stattdessen darum, dass man jederzeit von jeder Seite angreifen kann und dabei überhaupt etwas passiert. Farcry 1 ist für ich das deutlich intensiverer Erlebnis als Farcry 2, obwohl Farcry 1 selbst nicht der Primus der Schlauch-Egoshooter ist.
So sehe ich das im RPG manchmal auch. Auch, wenn es dort genrespezifisch sowieo schon mehr Handlungsspielräume gibt. Zum Beispiel kann man ganz oft die Waffe auch wegstecken.
Das mit der Belastung in der Freizeit ist auch ein guter Punkt. Das hat mal ein Freund von mir genauso geschildert. Filme, Bücher und Serien sein ihm Abends oft zu einschläfernd und passiv. Aber so ein Witcher 3, wo er genau so eine tolle Geschichte erzählt bekommt, aber noch etwas zum daddeln hat, dass ist genau das richtige für ihn. Und ich bin mir auch recht sicher, dass genau hier der Erfolg dieser Spiele liegt. Sie verbinden das Erfolgskonzept von Film und Serie und unterbuttern es mit Interaktivität und Entscheidungsspielräumen.