Tut mir leid, aber - ja, das siehst Du zu eng
Ich selbst bin Jahrgang 70, also nur unbedeutend jünger. Und auch ich habe mit dem C64 begonnen. Natürlich gibt es viel Einheitsbrei, natürlich gibt es die Grafikblender und die schlechten Geschichten. Aber es gibt auch immer noch die Innovationen; im Moment mehr denn je. Wir werden überschwemmt mit Indiespielen, die großartige Ideen, neue Spielkonzepte bringen und eben nicht nur auf Grafik bauen. Wir haben Hardcorestrategiespiele, die monatelang fesseln. Wir haben wahnsinnig gute Sportspiele, Rennsimulationen. Wir haben tolle Geschichten und Spiele, die den Spieler packen. Man muss sie aber natürlich auch finden.
Wir sind aber auch anspruchsvoller geworden. Auf dem Amiga hatte ich ein Fußballspiel. "Emlyn Hughes International Soccer". Ich habe Stunde um Stunde damit zugebracht, obwohl man in seinen Aktionen stark eingeschränkt war, man hatte ja nur einen (oder zwei???) Feuertasten. Wir haben heute Rennsimulationen wie die Race-Serie oder rfactor, wir haben von Codemaster die F1-Serie. Letztere mag keinen Vollsimulationsanspruch haben, aber verglichen mit den Rennspielen vor Jahren ist das doch der Hammer. Und jetzt bitte nicht mit GP4 kommen. Das war zwar auch großartig, aber trotzdem nicht alles Gold, was glänzt. Und die F1 Mods für rfactor sind bisweilen gigantisch gut.
Bei neuen Spielen regen wir uns über Kleinigkeiten auf, über die man früher kein Wort verloren hätte. Ein Bards tale gilt als frühes meisterwerk des RPG-Genres, aber setz' das heute mal einem RPG-Spieler vor. Der wird sich die Augen reiben und das Spiel in den Müll werfen.
Von Ego-Shootern, wie wir sie heute haben, habe ich geträumt, wenn ich "Law Of The West" spielte. Von Adventures mit Sprachausgabe und ohne Parser. Von Fußballmanagern wie dem FM, mit nicht vorberechneten Szenen und all dem Drumherum, während ich auf dem C64 meinen Football Manager spielte.
Strategiespiele wie die HOI-Serie, War in the Pacific/East und ähnliche können für Monate unterhalten, Adventures wie die von Daedalic, die Geheimakte-Reihe erzählen gute geschichten, Dear Esther könnte man als interaktiven Roman verkaufen.
Natürlich wird viel Einheitsbrei produziert, weil er sich verkauft. Es wird aber eben nicht NUR Einheitsbrei verkauft, man muss auch ein bißchen offen sein. Kickstarter ebnet diversen Projekte Wege (ich selbst bin z.B. bei Project C.A.R.S. dabei), Steam gibt mit "Greenlight" kleinen Entwicklern eine Chance und Indie Programme kommen aus jedem Loch gekrochen.
Klar gibt es nicht mehr die Spiele wie früher. Heute hat man Always-On-Kopierschutz, Accountbindung, usw.
Man hat aber auch eine stärkere Anbindung an die Community, Multiplayerspiele, von denen wir zu Zeiten eines Nullmodems geträumt haben, und eine Vielfältigkeit, die man einfach auch sehen muss.
Und wir haben im Großen und Ganzen einen verklärten Blick auf die Vergangenheit, in der jedes Spiel innovativ und interessant war. Und viiiel mehr Möglichkeiten bot als heute. Da brauche ich nur an "Hanse" zurückzudenken. Da hatte man Möglichkeiten...
Ich finde es auch schade, dass es kein Eishockey für den PC mehr gibt. Aber ich habe jetzt schon nicht mehr die Zeit, all das zu spielen, was mich wirklich interessiert. Ich arbeite mich immer noch durch das 400-Seiten Handbuch von War in the East, das ganz bestimmt keine tolle Grafik hat, mich aber schon jetzt gepackt hat.