Ich habe beides direkt miterlebt und kann Dir gerne von meinen Erfahrungen berichten:
ich musste durch eine berufliche Veränderung meines Vaters von der 130.000-Einwohner-Stadt Remscheid in das Eifeldorf Nettersheim umziehen, damals 2000 Einwohner. Ich gebe zu, daß ich nicht umziehen wollte und deshalb auch vieles mit Argwohn betrachtet habe. Dennoch bin ich ein Typ, der Situationen schnell als gegeben hinnimmt und versucht, das beste daraus zu machen. Ich will Dir jetzt auch nicht von den vielen Kleinigkeiten berichten, die mich dazu veranlast haben letzten Endes wieder zurück nach Remscheid zu gehen, aber es gibt einige grobe Unterschiede, die einem nicht gleich einfallen.
Bekannt und erwähnt wurde bereits: die kurze Wege in der Stadt. Das ist ein nicht zu überbietender Vorteil. In der Eifel hatte ich genau einen Supermarkt und einen Friseur, mehr nicht. Für alle anderen Einkäufe, musste ich gleich nach Euskirchen fahren, und das sind immerhin 35 km gewesen. Du darfst Dir dann aber nicht denken, daß Bus und Bahn nutzbar sind, denn Busse fuhren nur vier mal am Tag, die Bahn nur alle zwei Stunden und um 21:30 war Schluss. Ein Fahrt nach Köln etwa dauert grob eine Stunde. Abende in Köln wären folglich für mich gegen 20.00 Uhr vorbei gewesen, wenn ich auf das Auto hätte verzichten wollen. Diese Situation wird sich, eingedenk der Probleme des ÖPNV, deutschlandweit gleichen.
Ein weiteres Problem könnte sein: die Mentalität. Dorfbewohner neigen dazu, Zugereiste genau als solche zu betrachten. Stelle Dir vor: erst nach etwa zwei Jahren wurde ich auf der Straße gegrüßt, nachdem ich gegrüßt hatte! Ich wurde ignoriert, ja, nicht mal angesehen. Ich weiß aus Gesprächen, daß es fast allen so geht, die auf das Land ziehen. Sicher gibt es Unterschiede, aber bedenke, daß ich als Bergischer "nur" in die Eifel gezogen bin, als genaugenommen einem ähnlichen Menschenschlag. Du willst nach Bayern, das ist ein großer Schritt.
Für das Dorf spricht natürlich die wesentlich günstigere Wohnsituation. Die Mieten und Bauland sind oft wesentlich günstiger als in der Stadt. In der Eifel zahlte ich für 83 m2 etwa 400 ¤ Kaltmiete. Jedoch ist zu bedenken, daß solange Du nicht auch im Dorf arbeitest, Du längere Anfahrtwege in Kauf nehmen musst.
Nächste Punkt: die Ruhe. Das ist trügerisch. Sicher, Staus, Huperei etc. wirst Du im Dorf eher nicht antreffen. Dafür werden die Ruhezeiten auch nicht so genau genommen. Dörfische Gesellschaft ist oft landwirtschaftlich geprägt. Mir ist es gegangen, daß ich nie mit offenem Fenster frühstücken oder sonstwas machen konnte, weil die vielen Trekker tierisch laut sind. Feiern werden oftmals in voller Lautstärke rund um die Uhr gemacht, baut jemand ein Haus, sind Kreissägearbeiten ab 4.00 Uhr morgens die Regel. Man hat einfach eine andere Einstellung dazu.
Nächstes Problem, und nicht zu unterschätzen: der geistige Horizont. Das musste ich schmerzvoll erleiden. In meiner Jugend haben wir uns oft abends getroffen, ich hatte meine Gitarre dabei, wir haben gegrillt, wir sind ins Kino gegangen und dergleichen. Dörfer, die dafür lange Wege benötigen, werden doetwas nicht bieten. Entsprechend ist der Horizont seiner Einwohner manches mal arg beschränkt. Ich habe festgestellt, daß Diskussionen politischer Natur oder ähnliches schlicht nicht möglich sind. Das ist nicht überall so, ist aber zu bedenken.
Letzten Endes würde ich sagen: die Vorzüge eines Dorfes, nämlich die Abgeschiedenheit und vermeintliche Ruhe vor dem Alltag, die bieten Dir auch Stadtgebiete am Rand der Stadt, in der Du wohnst.
Ich kann gerne noch weitere Dinge schreiben, ich denke aber, Du hast einen ganz guten Eindruck von dem, was ich erlebt habe. Überlege es Dir also gut, was Du tust und suche Dir vor allem den Heimatort gut aus!