Freitag, 24. Dezember 2004
Liebes Tagebuch,
sei bitte nicht böse auf mich, weil ich mich fast eineinhalb Jahre nicht mehr bei Dir gemeldet habe. Aber ich war viel unterwegs. Mal mit, mal ohne Uschi...
Was ich so erlebt habe, möchtest Du wissen? Nun ja, ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber ich versuche es einfach mal.
Nachdem im Juli 2003 Rudi Böllers revolutionäre Idee einer Superliga in die Hose ging, war ich ja aussen vor und habe dumm aus der Wäsche geguckt. Zum Frustabbau flogen Uschi und ich nach Australien, um einfach einmal abzuschalten und Verwandte zu besuchen. Doch der Fussball liess mich nicht los, und ich schaute zwischendurch einige Spiele der australischen Liga an und konnte dabei auch einige Kontakte knüpfen.
Da wir schon in Australien waren, lag es auch nahe, einen "Sprung" nach Neuseeland zu machen. Schönes Land, nette Leute, grässlicher Fussball.
Im Oktober packte uns das Heimweh und es ging zurück ins alte Europa. Zuerst nach Nürnberg, wo der Club wieder mal oben mitspielte, wenn auch nur in der zweiten Liga. Nach Fürth schaue ich nicht, ich habe auch meinen Stolz.
Jobmässig war nichts interessantes dabei, mir wurde nur der Co-Trainer-Posten bei Tom Tomsk angeboten. Ich wollte nicht, und Uschi erst recht nicht.
Also ging das Warten weiter. Alex Denton war wie vom Erdboden verschwunden, mit ihr verflüchtigten sich auch die Kontakte nach Südamerika.
Was blieb mir also übrig? Spiele anschauen und bei Vereinen hospitieren, um mir neue Entwicklungen anzusehen. So ging das die nächsten Monate weiter. Die Saison lief, Trainer kamen und gingen, aber meine Wenigkeit blieb immer noch aussen vor. Du siehst, liebes Tagebuch, das Leben meinte es zu der Zeit nicht gut mit mir. Zu allem Überfluss fing Uschi an, herumzuzicken und mir damit gewaltig auf die Nerven zu gehen. Ich wusste keinen Ausweg und "floh" für ein paar Wochen nach Kroatien. Das nahm sie mir richtig übel und zog wieder zu ihren Eltern.
Momentchen, ich hol mir meinen Glühwein...
Das schien mir überhaupt nichts auszumachen, im Gegenteil. Ich genoss das Leben mit meinen Kumpels, wir liessen es uns richtig gut gehen. Nur einer hatte was dagegen: Meine Leber. Aber nach kurzer Zeit gewöhnte sie sich auch an den neuen, alten Lebensstil. Der Fussball spielte nur eine Nebenrolle. Ich hatte andere Sachen im Kopf (und im Blut).
Doch je näher das Saisonende kam, desto grösser wurde die Sehnsucht nach dem Fussball. Trainer kamen und gingen weiterhin, es wurden Meisterschaften und Pokalsiege gefeiert, Abstiege wurden betrauert. Und was machte ich? Ich schaute mir das ganze Treiben weiterhin von aussen an.
Die EM in Portugal verfolgte ich nur im Fernsehen, schaute mir aber alles an, was im Fernsehen darüber lief.
Die Sommerpause kam und ging, Jobangebote kamen nicht.
Also, was jetzt? Ab ins Auto, und von Verein zu Verein fahren. Weiterbildung war wieder angesagt. Meine Route war: Nürnberg - München - Wien - Zürich - Ljubljana - Zagreb - Slavonski Brod - Moskau - Berlin - Stuttgart - Nürnberg.
Was habe ich gelernt? Die Franken sind eigen, die Bayern selbstbewusst, die Österreicher charmant, die Schweizer pedantisch, die Slowenen komisch, die Kroaten lebensfroh, die Russen trinkfest, die Berliner frech, die Schwaben sparsam.
Moment, mein Glühwein ist kalt. Ach egal, dann trink ich ihn eben so...
Seit gestern bin ich wieder zuhause. Und es erwartete mich eine grosse Überraschung: Uschi war wieder da. Sie hatte sich wieder beruhigt und erwartete mich in Nürnberg. Ich hab Augen gemacht... Doch damit hatte ich ein "Problem". Wo finde ich jezt einen Tag vor Heilig Abend ein passendes Geschenk?
Jetzt ist es Heilig Abend, 3.45 Uhr und ich habe immer noch nicht den blassesten Schimmer...
Kein Job? Stimmt
Kein Geld? Ich kann nicht klagen
Viel Spass? Der Spass ist vorbei wenn ich kein Weihnachtsgeschenk auftreibe...