01.08
Ich kam gerade aus dem Mailänder Bahnhof hinaus und trug meine zwei Koffer zu einem Taxi. Kurzer Blick auf die AS-Roma Uhr (Geschenk zum 5jährigen Arbeitsjubiläum) verriet mir, dass es 07:56 Uhr war. Hmmm, noch 19 Minuten bis zum Vorstellungsgespräch. Vielleicht sollte ich mich vorstellen, ich war jahrelang ein AS Roma-Scout für den Bereich Brasilien. Ich habe einen guten Ruf in der Branche würde ich mal so sagen.
Aber zurück zu Mailand. Ich bin hier um mich beim AC Milan als Scout für Europa zu bewerben. Es ist nun mal so, dass ich nach über sieben Jahren Brasilien Europa sehr vermisse und die Roma hat mir erklärt, dass sie mich nur in Südamerika gebrauchen können, mich aber gehen lassen wollen, falls ich eine bessere Stelle finde. Mal sehen, wer das Vorstellungsgespräch führt. Vielleicht treffe ich ja
Ancelotti. Das Gepäck im Kofferraum verstaunt und auf den Rücksitz gestiegen, gab ich dem Taxifahrer die Adresse. <<Via Filippo Turati 3, per favore.>>, sagte ich im gleichen Augenblick als ich das Interwappen neben dem Lenkrad bemerke. <<Ups.>> Trotz eines guten Trickgelds musste ich die Koffer selber aus dem Kofferraum nehmen. Mir war es egal, da ich sowieso schon verdammt aufgeregt war.
Eine Sekretärin wies mich, ohne mir richtig zuzuhören, in den obersten Stock. Ich folgte ihren Anweisungen und kam kurze Zeit später an. Ich sagte, der nächsten Sekretärin, dass man mich hier hergeschickt hatte und ich mich bewerben wollte. Sollte es sich als Fehler erweisen, dass ich nicht erwähnt habe für welche Stelle, die Bewerbung ist? Auf einem Stuhl wartend richtet ich mir noch die Krawatte zu recht. Schöner Raum. Die Tür des Nachbarzimmers öffnete sich und zu meinem erstaunen kam Alberto
Zaccheroni fluchend raus. <<Da gehe ich doch lieber zu Inter, als hier für diesen Lohn zuarbeiten.>> Zurückblickend ist es komisch, dass er das einpaar Wochen später auch getan hat. Komisch, dass sich
Zaccheroni auch geworben hat. Mir lag die Frage auf der Zunge, ob er wirklich so tief gefallen sei.
BILD Was macht Zaccheroni hier? Einpaar Minuten später stand die Sekretärin vor mir und bat mich ihr zu
Signore Berlusconi zu folgen. Das <Signore Berlusconi> ist mir erst aufgefallen, als ich schon in seinem Büro stand, ihn ansah wie er auf dem Schreibtisch gerade etwas schrieb und hinter mir die Tür wieder geschlossen wurde.
Berlusconi: <<Wollen Sie sich nicht vielleicht setzen?>> Ich setzte mich sofort auf den Sessel. Einbisschen zu hektisch vielleicht. <<Gehts ihnen nicht gut.>>
Ich: <<Schon ok, danke.>> Mir wurde heiß und ich konnte mich kaum davon zurück zuhalten mir die Krawatte vom Körper zu reißen.
Berlusconi: <<Ich stelle ihnen auch zwei Fragen. Mal sehen, ob sie besser antworten als Herr Zaccheroni. Wo sehen Sie Milan am 26.05?>>
Mir war sofort klar, was er mit diesem Datum meint. <<Im Championsleaguefinale.>>
Berlusconi: <<Sehr schön. Sie haben also große Ziele. Herr
Zaccheroni hat mir vorher mitgeteilt, dass er schon mit dem Halbfinale glücklich wäre?>>
Ich gebe ehrlich zu, dass ich keinen Zusammenhang verstand, aber ich habe ja auch kaum atmen können. <<Wie viel wollen Sie jährlich?>>
Ich: <<100 000 Euro?>>, fragte ich bescheiden.
Berlusconi lachte. <<Sie sind eingestellt. Pressekonferenz ist um halb elf. Kaufen sie sich bis dahin einen neuen Anzug, der ist schon total verschwitz. Heute Abend regeln wir den Rest des Vertrages.>>
Ich fragte ihn, warum er eine Pressekonferenz macht und er antwortete mir, dass man das immer bei neuen Trainern macht. Anschließend verabschiedete er mich und sagte, dass ich in zwei Stunden wieder hier sein sollte. <<Und kaufen sie sich eine neue Uhr, sie sind hier nicht in Rom.>>