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Autor Thema: Unwort des Jahres: Tätervolk  (Gelesen 6008 mal)

AlanShearer

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #20 am: 22.Januar 2004, 19:19:42 »

Zitat
Und der Abschluss der rede könnte von Joseph Goebbels stammen. Ich zitiere:

"Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben also gesehen, daß der Vorwurf an die Deutschen schlechthin, "Tätervolk" zu sein, an der Sache vorbeigeht und unberechtigt ist. Wir sollten uns in Zukunft gemeinsam gegen diesen Vorwurf wehren. Unser Leitspruch sei: Gerechtigkeit für Deutschland, Gerechtigkeit für Deutsche.


Was hat das mit Goebbels oder Nationalismus zu tun?



Ich fühle mich nicht als Täter und muss meine Großväter auch nicht verteidigen, was immer sie getan haben mögen.


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"Are you trying to tell me there's a bigger club than Everton? " - Bill Kenwright when asked if Wayne Rooney might eventually join a 'bigger club'.

Colin

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #21 am: 22.Januar 2004, 22:10:07 »

Zitat
Ich fühle mich nicht als Täter und muss meine Großväter auch nicht verteidigen, was immer sie getan haben mögen.


Genau aus diesem Grunde wird sich die Diskussionen meiner Ansicht nach immer im Kreise drehen. Viele Leute fühlen sich eben persönlich angegriffen, wenn man dafür plädiert, als Deutsche die eigene Vergangenheit nicht zu verharmlosen oder zu vergessen. Es geht aber gar nicht darum, jemandem Schuld zu geben, sondern darum, dass sich so etwas nicht wiederholt- und deshalb ist es wichtig, sich immer wieder an die Geschichte zu erinnern.
Was mir zum Thema Nationalstolz oft auffällt ist Folgendes: Oft lese ich gerade von Leuten, die stolz darauf sind, Deutsche zu sein, dass "wir doch gar nix mit den Taten der Deutschen im 2. Weltkrieg zu tun haben". Wenn man aber doch so wenig mit anderen Deutschen zu tun hat (was ich durchaus gedanklich nachvollziehen kann), dann würde mich mal interessieren, wieso man andererseits stolz auf etwas sein kann, was ebenfalls andere- zufällig auch in diesem Lande geborene- Leute leisten. Aber diese Diskussion würde vielleicht wirklich an dieser Stelle zu weit führen. ;)
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Terri19

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #22 am: 22.Januar 2004, 23:57:22 »

Ich würde gerne einfach mal meine Meinug äussern zu den letzten 3 bis 4 Postings, was jetzt weniger mit dem Wort Tätervolk zu tun hat!
Ganz klar ich bin stolz ein Deutscher zu sein, was ja nicht gleich heisst das ich rechtsradikale Ansichten habe (die ich auch ganz bestimmt nicht habe)! Ich bin auch stolz darauf wie meine Vorfahren unser Land im 2.Weltkrieg verteidigt haben (da das nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun hat)und wie uns die anderen Länder danach wieder geholfen haben unser Land wieder auszubauen . Aber ich finde es einfach erbärmlich wenn uns das alles heute noch nachgetragen wird. Es ist einfach passiert und daran können wir nichts mehr und die Leute die damals gelebt haben etwas ändern. Besonders die Amerikaner müssen nicht so scheinheilig tun. Wer hat den zig Millionen Menschen seines eigenen Volkes umgebracht? Das trage wir denen auch nicht jedes mal nach. Es ist einfach passiert. Es war nicht die aktuelle Generation beteiligt, sondern eine ganz andere. Irgendwann muss doch einfach mal Schluss damit sein. Wir wollen die Schuld ja auch nicht von uns weisen und die Augen einfach zu machen vordem was passiert ist. Aber uns wirft man das noch in 100 Jahren vor und das kotzt mich einfach an. Es ist doch schon beschämend wenn man in anderen Ländern sagt das man Deutscher sei, weil sich einige Menschen ihren Teil denken und es einem direkt peinlich ist. Bei der aktuellen Generation ist grösstenteil nicht mehr so, aber bei vielen älteren Leuten steckt dieser Gedanke immer noch dahinter. Ich weiss nicht ob irgend jemand von euch den Bericht über Dachau gesehen oder gelesen hat? Das war doch schon lächerlich was einige Menschen über Dachau denken. Aber ganz schlimm finde ich das wir noch nicht mal unsere Meinung zu Israel und unseren jüdischen Mitbürgern äussern dürfen. Es ist ja keine Kritik am Jüdischen Volk, sondern ganz speziell am jeweiligen Menschen oder zu dem jeweiligen Ereignis. Aber sich jedesmal anhören zu müssen, dass man ein Nazi sein finde ich doch schon behämmert. Ich bin der Meinung, dass man irgendwann mal damit aufhören sollte uns immer noch Vorwürfe zu machen und uns einfach mal in Ruhe zu lassen, da wir uns das nicht gerne anhören. Danke das ihr euch die Zeit genommen habt, dass zu lesen.

Markus
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Henningway

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #23 am: 23.Januar 2004, 10:37:32 »

Ich versuche mir kurz zu halten. Eigentlich hat Colin mit seinem Posting bereits die ganze Quintessenz genannt, so, wie ich es auch schon in einigen Postings gesagt hatte:
"Wer die Vergangenheit vergisst, ist verdammt, sie zu wiederholen."
Aus diesem Grund müssen wir uns immer und immer wieder an das erinnern, was vor einem halben Jahrhundert geschehen ist. Es ist ein Teil unserer Geschichte. Für uns alle ist es eher ein unglücklicher Zufall, daß es unser Volk getroffen hat, aber so ist es nun mal. Das bedeutet nicht, daß ich vor Völkern zu Kreuze kriechen muss oder um Gnade bitten. Aber niemals dürfen wir vergessen oder "einen Schlussstrich ziehen", denn das würde bedeuten: gut, lassen wir das. Nein, es gehört zu uns wie die Dichter und Denker und die Weltmeisterschaften und und und... die vergessen wir ja auch nicht. Darüberhinaus stammen die meisten User hier wohl aus der dritten Nachkriegsgeneration, also jener Generation, die die Auswirkungen des Krieges nicht mehr direkt erlebt hat. Für eine solche Generation ist es immer schwierig, nachzuvollziehen, was die Eltern und vor allem Großeltern erzählen. Es ist aber vor allem unsere Ausgabe, nicht zu vergessen und unseren Kindern mitzuteilen, woher sie stammen - um sicher zu gehen, daß es sich nicht wiederholt.
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Alter_Schwede

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #24 am: 23.Januar 2004, 13:13:09 »

Zitat

Ich komme zum Schluß und sage: Mit Gott in eine gute Zukunft für Europa! Mit Gott in eine gute Zukunft besonders für unser deutsches Vaterland!"


Der Teil hat wirklich einen faden Beigeschmack in Hohmanns Rede!

So dann werd ich auch noch meine Meinung spamen  ;)

Ich persönlich ordne mich links ein und bin trotzdem auf das stolz was Deutschland alles geschafft hat!
Da wären als aktuelle Beispiele: der Widerstand gegen den Irakkrieg oder die Weidervereinigung. Welche ja zum Ende des kalten Krieges geführt hat...
Aber bevor ich zu weit abschweife, den vorgeschlagenen Schlussstrich von Luftpumpe finde ich persönlich gut weil Vorwürfe an die jetzigen Generationen ja zu nichts führen...

Wir waren es ja nicht!

Aber was nicht passieren darf, und da hast du Hennig völlig Recht, ist vergessen.
Es ist wichtig das man an die Fehler die damals gemacht worden (Rassenhass, Diktatur, usw...) erinnert damit heutige und spätere Generationen nicht dieselben Fehler machen.

Aber genauso darf man nicht vergessen was Deutschland in der Vergangenheit erleiden mußte, da findet man auch genügend Beispiele die sich nicht wiederholen dürfen (Vernichtungsfeldzug im Osten [auf beiden Seiten!]Vertreibung, Teilung des Landes).
Letzlich liegt es an uns (und jedem selbst) wie wir (er) mit der Vergangenheit umgeht.

Möchte den interessierten noch ein Buch ans Herz legen:
Willy Peter Reese mit "Mir selber seltsam fremd"
Ein, wie ich finde, sehr gutes Buch über die Erlebnisse eines Soldaten an der Ostfront.
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Benny

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #25 am: 23.Januar 2004, 13:45:01 »

Komisch finde ich halt nur, das z.bsp. Italien wo ja auch ein faschistisches Regime herrschte und was mit Deutschland alliert war und am Weltkrieg auch militärisch teilnahm bis heute keinerlei Bedürfnis besteht die eigene Vergangenheit nicht zu vergessen bzw. dieses Thema nicht annähernd so stark behandelt wird wie in Deutschland....

Mir fallen da spontan zwei Beispiele ein:

1. Berlusconi, der vor 10 Jahren als Kanditat der Forza Italia einer den neofaschisten Italiens nahestehenden Partei als Ministerpräsident antrat und mit der neofaschistischen Lega Nord von Umberto Bossi ein Bündnis plante....

2. Lazio Rom

Das die Anhänger Lazios schon seit langem unverhohlen mit ausländer-bzw. antisemitsichen Gesängen , Parolen und auch Symbolen öffentlich im Stadion auftreten und bekanntermassen faschistoid unterwandert sind ist ja mittlerweile schon fast jedem bekannt und hat ja auch schon die UEFA und den nationalen Fussballverband auf den Plan gerufen.
Dass der bekanntermassen Lazio Spieler Sinisa Mihaijlovic in einem CL Spiel Patrick Viera von Arsenal einen Zitat.. 'Scheiss Nigger..' nannte, den er wortwörtlich '...fertig machen...' wollte wissen bestimmt schon weniger.
Was bestimmt noch weniger Leute wissen...
Als der Ajax Spieler Aaron Winter 1992 von Holland zu Lazio wechselte beschmierten Lazio Fans Wände am Stadion mit Sprüchen wie '.... Winter hau ab! Wir wollen keine Juden... '. Dieser Vorfall ist sicherlich den allerwenigsten bekannt.
Dieser Vorfall war dem deutschen Fernsehen im Videotext damals ganze 2-3 Zeilen wert. In gängigen bzw. anerkannten Fussballfachmagazinen oder auch in der allgemeinen Öffentlichkeit wurde dieser Vorfall völlig ausgeklammert, wurde nicht ein Wort drüber geschrieben.
Ich mag gar nicht daran denken, was los wäre wenn solche Sprüche hier bei mir in Berlin am Olympiastadion stehen würden oder wenn das Mihajlovic Zitat in der CL von Mario Basler oder Stefan Effenberg kämen. Sowas würde sicherlich Wellen bis in die Politik schlagen vielleicht sogar dilomatische Verstimmungen hervorrufen.
Was mich nur wundert ist, dass antisemitische oder rassistische Auswüchse wenn sie im Ausland passieren prinzipiell bagatellisiert bzw. ganz verschwiegen werden und es so den Anschein bekommt der Antsemitismus bzw. Rassismus sei eine ausnahmslos deutsche 'Erfindung' aus der Nazizeit.

« Letzte Änderung: 23.Januar 2004, 14:10:45 von Benny »
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Sigua sigua el baile al compas del tambori que esta noche los cogemos a los putos de Madrid.

Alter_Schwede

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #26 am: 23.Januar 2004, 14:11:01 »

@ Benny

Von dem Vorfall mit Winter wußte ich durch hören sagen aber gelesen/gehört/gesehen hab ichs nirgendswo...

Zu dem Thema das man in Italien nicht so empfindlich reagiert wie hier bei uns:

Ich denke das liegt daran das wir damals die Alleinschuld am Krieg vertraglich zugeschoben bekamen (verbessert mich wenn ich falsch liege) und der Völkermord den das dritte Reich
praktizierte wohl die Greultaten der anderen überschattet.

Aber es gibt ja auch andere Beispiele: Nimm nur mal Pearl Habor, die Amerikaner (ok sind ne Sache für sich) thematisieren das heute immernoch sehr stark.
Und in Austria gab es ja den großen Aufschrei als Haider so viele Stimmen bekamm...

Aber du hast Recht über die Greultaten (Sklaverei, Atombomben, Deportationen, Unterdrückung, Rassenkonflikte etc...) anderer Epochen und Länder wird hier (in Deutschland) nie oder nur selten berichtet. Es könnte ja letzlich daran liegen das man in Deutschland eben keine Steine werfen will, wenn man selbst im Glashaus sitzt.
Und andere Nationen "verstecken" sich vielleicht hinter den Taten der Deutschen damals und wollen eben vor ihrer Haustür nicht kehren...

Nur läßt sich für mich die Zeitverarbeitung anderer Länder schwer einschätzen da ich diese zu wenig kenne...

Da könnten vielleicht die Österreicher hier im Forum was zu sagen wie bei ihnen mit dem Thema umgegangen wird...
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Henningway

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #27 am: 23.Januar 2004, 14:38:12 »

Wenn es um das Berichten geht, dann steht nicht das Volksinteresse im Vordergrund, sondern die Quote.
Es gibt durchaus zahlreiche Dokumentationen über Länder und deren Geschichte, aber sie laufen eben nicht zur Prime Time oder tauchen als Untertitel von Geschichtsmagazinen wie History auf. Wer die Zeitung "Damals" kennt, weiß, daß im hinteren Teil immer eine einmonatige Fernsehvorschau über Geschichtsthemen zu finden ist. Ein Überblick genügt: das dritte Reich und seine globale Zeitgeschichte wird dort ziemlich stark bearbeitet, aber auch Indianer in den USA und Eingeborene im kolonialisierten Afrika und Asien etc.

Daß Pearl Harbour den Amis soviele Erwähnungen wert ist, ist doch reine Selbstbeweihräucherung: dort wurde nicht nur erstmals ihr Land angegriffen, sie erlitten auch eine empfindliche Niederlage und gewannen dennoch den Pazifikkrieg. Reiner Pathos. Daß in den USA in der Zeit nach Pearl Harbour asiatische Mitbürger wie Kriegsverbrecher behandelt wurden, wird dort nicht wirklich erwähnt...
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Alter_Schwede

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #28 am: 23.Januar 2004, 14:42:05 »

Darüber hab ich neulich nen Film gesehen, "Schnee der auf Zedern fällt", und muß zugeben das ich nicht wußte das auch dort die Leute in Lager kamen und wie Schwerverbecher behandelt wurden...
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AlanShearer

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #29 am: 23.Januar 2004, 15:58:51 »

Tja es werden gerne Tatsachen verdränkt und vergessen und viele sehen in den 30ziger und 40zigern immer nur das böse Deutschland(ohne jetzt das verschönern zu wollen). Das Stalin´s "Sozialismus" bespielsweise mehr Todesopfer gefordert hat wird verschwiegen, oder auch das Amerikaner und Briten ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht haben (wie meine Heimatstadt).
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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #30 am: 23.Januar 2004, 17:00:32 »

Die Geschichte wird von Siegern geschrieben...
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mancity

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Re: Unwort des Jahres: Tätervolk
« Antwort #31 am: 25.Januar 2004, 11:37:27 »

... und die Sieger unterliegen psychologisch gesehen wie alle menschen einer selektiven Wahrnehmung. Man will eben nur das sehen, das die eigenen Klischees bestätigt.
So schafft es eben eine antisemitische Gewalttat, wenn sie zum Beispiel in Frankreich passiert, nie in die CNN-Nachrichten, während dieselbe Tat, geschähe sie in Deutschland, eine Medienhysterie zur Folge hätte, weil es dem Naziklischee entspräche, das man von Deutschland hat.
Wir sollten uns darüber aber auch nicht groß aufregen, weil wir selber diese Klischees ja auch gegenüber anderen Kulturen haben.
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