@Internisti:
Im Augenblick ist es doch so: da werden Länder wie Indien oder China zitiert als "Vorbilder", nur weil sie ein rasantes Wachstum aufzuzeigen haben.Wie die Verhältnisse in der eigentlichen Bevölkerung sind, dass es in Indien schreiende Armut gibt, Schule Geld kostet und die Regierung dort trotzdem Sozialabbau betreibt, dass das Wirtschaftswachstum in China teil auf Kosten von Menschenrechten und -würde angetrieben wird, davon höre ich in Politik- und Wirtschaftskreisen keinen Ton.
Letztens stand in der Süddeutschen ein Artikel über die China-Euphorie des Westens. Da wurde auf verschiedene blinde Flecken hingewiesen.
a) jedes Jahrzehnt hat sein China. Nur spricht nachher niemand davon, wenn es schief gegangen ist (siehe Japan in den 80ern)
b) nach westlichen Kriterien ist das chinesische Bankensystem bankrott
c) das Bruttosozialprodukt Cinas bewegt sich auf dem Niveau von Deutschland und Japan zusammen - und zwar auf dem Stand von 1950!

insofern sind die Wachstumszahlen nur logisch: wenn man sich von einem niedrigen Niveau aus bewegt, wächst man auch mal schneller.
Anzumerken wäre noch dass die autoritären herrschaftsformen in China und anderen Ländern ziemlich "supoptimal" sind, wenn es um Gefahren wie Epidemien geht. Da wird monatelang alles vertuscht, bis es vielleicht zu spät ist, um sich zu schützen.
Das Problem bei deutschen Managern scheint mir darin zu liegen, dass die zwar vielleicht ein Unternehmen führen können, aber von gesellschaftlichen Zusammenhängen, die letztlich auch ihre Unternehmen beeinflussen, herzlich wenig Ahnung haben. Die sehen nur den Profit, aber nicht die Bedingungen, die diesen Profit ermöglichen - zum Beispiel Demokratie und Menschenrechte. Sie halten das eher für einen Luxus, den man bei Bedarf abschaffen kann. Dass aber gerade die Länder, die die Ideale einer demokratischen Gesellschaft vorangebracht haben, auch wirtschftlich immer ganz vorne waren (als Resultat der damit verbundenen Innovationsstimmung), sehen Manager oft traurigerweise nicht.
Interessant finde ich in dem Zusammenhang, dass selbst so ein Superkapitalist wie George Soros jetzt Unmengen Geld dafür ausgibt, dass George Bush nicht wieder gewählt wird. Aber da ist er wohl einer der wenigen, die wissen, welchem System sie ihren Reichtum verdanken. Der weiß nämlich, dass er in Russland beispielsweise (wo Demokratie faktisch gar nicht existiert) jederzeit verhaftet werden würde, sobald er dem Präsidenten nicht gefällt.