Einleitung
Der 21. Dezember 2023 wird als einer der schwärzesten Tage in die Geschichte des 1. FC Köln eingehen. Nach der zweitschlechtesten Hinrunde der Vereinsgeschichte wird Cheftrainer Steffen Baumgart freigestellt. Nur wenige Stunden später die nächste Hiobsbotschaft: Das CAS bestätigt die im März 2023 von der FIFA verhängte Transfersperre als Strafe für Unregelmäßigkeiten bei der Verpflichtung des Jugendspielers Jaka Cuber-Potocnik im Januar 2022. Das bedeutet: Weder im Januar 2024 für den Abstiegskampf noch im Sommer 2024 darf der 1. FC Köln seinen eh schon nur bedingt bundesligatauglichen Kader verstärken. Es folgte eine der armseligsten Pressekonferenzen, die der deutsche Fußball je gesehen hat.
Was Präsident Dr. Werner Wolf, Sport-Geschäftsführer Christian Keller und Finanz-Chef Dr. Phillipp Türoff dort zum Besten gaben, war nicht weniger als ein Schlag ins Gesicht eines jeden FC-Fan. Keine Schuldeingeständnisse, keine Selbstkritik, keine Konsequenzen: "Es ist, wie es ist", zitierte der Präsident das Kölsche Grundgesetz zur aktuellen Situation, so unpassend wie es nur sein konnte. Die 60 Minuten bestanden aus nicht viel mehr als Floskeln, das Beschwören einer Wagenburgmentalität und anderen die Schuld in die Schuhe schieben. Wäre die Situation nicht so ernst, man hätte lachen müssen.
Und so kommt es, wie es kommen musste: Unter dem neuen Trainer Timo Schultz spielt der EffZeh zwar eine etwas verbesserte Rückrunde, am Ende reicht es aber nicht. So muss das Bundesliga-Gründungsmitglied und -Premierenmeister, zum insgesamt siebten Mal den Gang in die Zweitklassigkeit angehen. Doch während es in der Vergangenheit dreimal direkt und dreimal im zweiten Jahr wieder hoch ging, scheint dieses Mal fraglich, ob dieser große Traditionsverein vom Rhein den siebten Abstieg der Vereinsgeschichte überhaupt überleben kann.
Und Timo Schultz? Macht das einzig Richtige und verlässt den Sauhaufen, solange es noch geht. Im Mai 2024 steht der FC abgestiegen und ohne Trainer da, mit einem ganzen Haufen von Spielern, die Ausstiegsklauseln für den Abstiegsfall besitzen und ohne Möglichkeit, den Kader umzustrukturieren. Eine ernst gemeinte Frage: Welcher Idiot von Trainer tut sich das an? Und wieso kann ich nicht Nein sagen?[/size]
Willkommen am Geißbockheim
Zwei Wochen ist der Abpfiff des 34. Spieltags der Saison 2023/2024 nun her, und noch immer konnte der 1. FC Köln keinen neuen Trainer präsentieren. Die in den Medien kolportieren Namen, darunter die üblichen Verdächtigen Bruno Labbadia, André Breitenreiter und Tayfun Korkut, haben alle abgesagt, dieses Himmelfahrtskommando zu übernehmen.
Ich sitze an einem Mittwochmorgen Anfang Juni mit meiner Verlobten Maria am Frühstückstisch, als mein Handy klingelt. "Hi Lukas, hier ist der Ose", werde ich begrüßt. Mit Ose ist Christian Osebold gemeint, ein alter Freund von mir. Wir kennen uns aus gemeinsamer Zeit bei Fortuna Köln. Ich durfte während meines Trainerlehrgangs bei der Kölner Fortuna zu Drittligazeiten bei Uwe Koschinat hospitieren, Ose war damals Physiotherapeut in der Südstadt. Wir verstanden uns gut, der Kontakt ist später jedoch etwas eingeschlafen. Mittlerweile arbeitet Ose beim 1. FC Köln.
"Hallo Ose! Schön von dir zu hören. Wie geht es dir?" beginne ich das Telefonat. Ein paar Minuten betreiben wir Smalltalk, ich sehe wie Maria die Augen verdreht. Jeden Anruf direkt anzunehmen ist eine Eigenschaft von mir, die sie schön häufiger genervt hat.
Irgendwann stellt Ose klar, weswegen er anruft. "Du Lukas, hier brennt der Baum." Ja, das glaube ich wohl. Nächste Woche soll das Training starten, und noch immer konnte der FC keinen Trainer präsentieren. "Ich erzähle dir das im Vertrauen, es geht um Vereinsinterna... Dem Christian hat eben wohl auch der letzte Kandidat abgesagt. Wir haben keinen Trainer, und nichtmal irgendwelche B-, C- oder D-Lösungen mehr. Es ist noch nicht veröffentlicht, aber Christian wird auch zurücktreten. Es gab eben ein Meeting mit allen Mitarbeitern, bei dem er das mitgeteilt hat."
So ganz langsam ahne ich, worauf das hier hinausläuft.
"Aber du hast ja eine Lizenz..." führt Ose weiter aus. "Wenn du es dir vorstellen könntest, würde ich dich dem Präsidium vorschlagen."
Ich bin sprachlos. Klar, ich habe die Lizenz, aber bis auf ein paar Assistenztrainerposten in der Regional- und Oberliga habe ich bisher mein Geld als Spielanalyst für eine Fachzeitschrift verdient. Ich war nur einmal Cheftrainer, das war die U17 eines Oberligisten, mehr Erfahrung habe ich nicht.
"Ose", beginne ich, "ich hab doch noch nie..." Er unterbricht mich sofort. "Du hast unter Uwe Koschinat gelernt, und ich verbürge mich für ihn!" Ich schweige kurz. "Einverstanden", kommt nach einigen Sekunden. "Du kannst meine Akte an den Vorstand weiterleiten."
Nach dem Telefonat erzähle ich Maria davon. Sie zeigt mir den Vogel. "Alles gut, Schatz" sage ich. "Die werden sich eh nicht bei mir melden. Wenn die keinen besseren finden als mich, ist das schon ein Armutszeugnis für den Verein."
Zwei Stunden später ist Zeugnisausgabe, Präsident Werner Wolf ruft mich an und bittet mich in sein Büro am Geißbockheim.
Ose scheint wirklich in höchsten Tönen von mir gesprochen zu haben, anders ist es nicht zu erklären, wie offenkundig sich Werner Wolf bemüht, mich zu überzeugen. Von einer "einmaligen Chance" schwadroniert er, wir könnten gemeinsam "etwas historisches" erreichen und die Transfersperre nutzen, ein "kölsches Bilbao" aufzubauen. ich höre nur mit einem Ohr zu, innerlich habe ich mich schon entschieden: Ich mache es!
Klar, es ist ein Himmelfahrtskommando. Wenn ich hier scheiter, könnte meine Karriere als Trainer vorbei sein. Aber wenn ich es nicht versuche, hat sie gar nicht erst angefangen. Und noch dazu wird die Stelle gut bezahlt, ich könnte Maria ihre Traumhochzeit bieten, von der sie schon immer träumt. Also lasse ich Werner Wolf weiter vor sich hin erzählen, während ich mir vorstelle, wie Maria in einem weißen Kleid den Gang eines Schlosses entlangläuft, der Organist spielt die Champions League Hymne, Lukas Podolski ist mein Trauzeuge... All sowas eben.
Es ist fast 21 Uhr, als ich mit dem unterschriebenen Vertrag in der Tasche das Geißbockheim verlasse.
Als ich wenige Tage später die Spieler kennenlerne, merke ich, wie schwierig es sein wird. Richtig Bock scheint kaum jemand zu haben, viele Spieler haben Ausstiegsklauseln und finden sich bereits in Verhandlungen mit neuen Vereinen. Es wird einige Wochen dauern, bis der Kader halbwegs steht.
Etwas positiver sieht mich der EXPRESS. Klar, ich bin gebürtiger Kölner, das kann dieses Boulevard-Blatt nur gut finden. In einem ersten Interview spreche ich von meinen Visionen, dass es kurzfristig darum geht nicht durchgereicht zu werden, um dann in den kommenden Jahren wieder anzugreifen. Wolfs Idee vom "kölschen Bilbao" scheint die Runde gemacht zu haben, so fragt mich der Reporter, wann wir den FC denn wieder in einem Pokalendspiel sehen, wo doch Athletic Bilbao spanischer Vize-Rekordpokalsieger ist. Ich breche das Interview ab.
Der KaderZunächst einmal ein kurzer Blick auf die Transfers in diesem Sommer. Bis auf Leihrückkehrer und hochgezogene Jugendspieler (dazu später mehr) gibt es keine Neuzugänge. Auf der Abgangsseite hat sich dafür jedoch umso mehr getan. Nahezu alle bisherigen Stammspieler haben ihre Ausstiegsklauseln gezogen und den Verein verlassen. Marvin Schwäbe wird Champions League in Stuttgart spielen, Sturm-Talent Justin Diehl folgt ihm. Auch Dejo Ljubicic und Linton Maine haben einen neuen Verein in der Bundesliga gefunden und laufen fortan für Bremen resp. Union Berlin auf.
Für Eric Martel geht es auf die Insel zu West Ham, Linksverteidiger Leart Pacarade wechselt überraschend zu Nottingham Forrest. Sein Abgang tut besonders weh, er war als Stammspieler für die 2. Liga eingeplant. Kapitän Florian Kainz spielt nun in Frankreich bei RC Lens, Abwehrkante Jeff Chabot ist zurück in der Serie A bei Udinese Calcio. Sein Innenverteidigerkollege Timo Hübers wechselt überraschend nach Belgien zu Club Brugge, spielt dort aber immerhin Conference League. Sargis Adamyan hatte keine Ausstiegsklausel, ich bin aber froh ihn losgeworden zu sein. Außerdem hat Benno Schmitz den Verein ablösefrei verlassen, sein Ziel steht noch nicht fest.
Anmerkung: Eigentlich war Rasmus Carstensen als Teil des Kaders eingeplant. In der Realität darf der FC geliehene Spieler weiter beschäftigen, im FM scheint dies nicht möglich zu sein. Daher habe ich ihn für ein halbes Jahr verliehen.
Im Tor sind wir wahrscheinlich mit am besten aufgestellt. Neue Nummer 1 nach dem Abgang von Marvin Schwäbe wird Jonas Urbig, der in den vergangenen beiden Jahren in Regensburg und Fürth bereits auf Leihbasis in der 2. Bundesliga gespielt hat. Er gilt als eines der größten Torhütertalente Deutschlands.
Auf der Bank wird Philipp Pentke Platz nehmen, der zu meiner Freude seinen auslaufenden Vertrag um ein Jahr verlängert hat. Matthias Köbbing, genannt Köbbes, ist als Trainingstorhüter und "Gute-Laune-Bär" eingeplant, parallel ist er als U19-Torwarttrainer beschäftigt. Sollte es hart auf hart kommen, wird Jonas Nickisch von der U21 hochgezogen, ansonsten soll er in der Regionalliga Spielpraxis sammeln.
Die Abwehr bereitet mir Bauchschmerzen, da die komplette Stamm-Viererkette des vergangenen Jahres nicht mehr am Geißbockheim weilt. Die Innenverteidigung scheint mit Luca Kilian, Dominque Heintz und dem aus Kaiserslautern zurückgekehrten Nikola Soldo sowie den Talenten Elias Bakatukanda und Rijad Smajic zwar ordentlich besetzt, auf der rechten Seite jedoch haben wir gar keinen Spieler von Zweitligaformat. Benno Schmitz hat seinen Vertrag nicht verlängert, Rasmus Carstensen ist gesperrt und Pierre Nadjombe, ein Talent aus der 2. Mannschaft, wollte sich lieber dem Ligakonkurrenten aus Magdeburg anschließen. Es ist wirklich beeindruckend, wie dieser Verein in schöner Regelmäßigkeit seine Top-Talente vergrault. Mit Tidiane Touré und Justin von der Hitz, letzterer immerhin U17-Weltmeister, haben wir zwar zwei junge Spieler mit Potenzial, aber beide sind eigentlich noch nicht weit genug.
Auf der linken Seite haben wir mit Noah Katterbach einen ehemaligen Fritz-Walter-Medaillen-Gewinner, der unter Steffen Baumgart keine Rolle spielte und nun neu angreifen soll, sowie das Talent Max Finkgräfe.
Im zentralen Mittelfeld finden sich einige Spieler, die eine gute Rolle in der 2. Bundesliga einnehmen können. Überraschend wieder Teil des Profikaders ist Marco Höger. 2023 wechselte er aus Mannheim zurück ans Geißbockheim, ursprünglich eingeplant für die 2. Mannschaft. Doch angesichts des sehr jungen Mittelfeldes soll er zumindest im Training wieder Teil der Mannschaft sein. Außerdem kann er auch rechts hinten verteidigen.
Jacob Christensen soll als defensiver Sechser gesetzt sein, hinter ihm haben wir mit Fayssal Harchaoui das nächste große Talent und den nächsten U17-Weltmeister. Er ist noch nicht ganz bereit für die Liga, wird aber zu Einsatzzeit kommen.
Mathias Olesen und Denis Huseinbasic sollen die kreativen Akzente aus dem Mittelfeld heraus setzen. Beide haben unter Steffen Baumgart in der Bundesliga debütiert und daher die entsprechende Wettkampfhärte vorzuweisen. Vor allem Huseinbasic besticht zusätzlich durch seine Torgefahr.
In der Offensive sind wir eindeutig am unausgewogensten besetzt. Richtige Flügelspieler haben wir gar nicht im Kader, mit Aunahme von Marvin Obuz vielleicht. Jan Thielmann sehe ich persönlich auch mehr im Zentrum, oder zumindest als inversen Außenspieler.
Kreativer Kopf der Mannschaft soll - sofern er mal fit bleibt - unser neuer Kapitän Mark Uth sein.
Die überraschendste Personalie ist wahrscheinlich, dass Davie Selke geblieben ist. Auch er hatte zwar eine Ausstiegsklausel, konnte sich jedoch mit den Interessenten (u.a. Freiburg) nicht einigen. Er hat wahrscheinlich alle Voraussetzungen, ein dominanter Stürmer in der 2. Bundesliga zu sein.
Hinter Selke gibt es einige Kandidaten, die um seinen Platz streiten. Steffen Tigges konnte seine Qualitäten bisher nicht nachweisen, Florian Dietz hat aktuell die Nase vorne.
Spielen wir mit zwei Stürmern, könnte ein mobilerer Typ neben Selke auflaufen. Tim Lemperle war in der vergangenen Saison nach Fürth ausgeliehen und hat einen Entwicklungsschritt gemacht, gleiches gilt für Maxi Schmid bei Roda Kerkrade.
Mit Damion Downs haben wir ein vielversprechendes Talent in der Hinterhand. Dazu kommt Jaka Cuber-Potocnik, der Mann, dessen Transfer uns die Transfersperre eingebrockt hat. Eigentlich sollte er Teil der Mannschaft sein, er verletzte sich jedoch und kann daher in der Vorbereitung nicht mittrainieren.
Fazit: Wir gehen mit einer Mannschaft in die Saison, die auf einigen Positionen gut genug besetzt ist, um nicht in den Abstiegskampf hineingezogen zu werden. Für mehr sollte es aber auch nicht reichen, da der Kader sehr unausgewogen ist.
Eine Doppelspitze würde sich anbieten, aber für ein flaches 4-4-2 haben wir nicht die Flügelspieler und für eine enge Raute zu wenig zentrale Mittelfeldspieler. Eine Fünferkette erscheint zu riskant mit nur drei Innenverteidigern auf Zweitliganiveau, und von der rechten Schiene will ich gar nicht erst anfangen. In der Vorbereitung wird auf jeden Fall einiges ausprobiert werden müssen.