Nachdem meine Frau und ich ja eigentlich am 21.12. gehen wollten, dann aber Corona hatten, konnten wir heute endlich
Avatar - The Way of Water ansehen (3D-Fassung). Endlich wieder Kino, endlich wieder spektakel auf der großen Leinwand. Lange war es her. Erwartet haben wir einen bildgewaltigen Blockbuster mit simpler, aber unterhaltsamer Story. Diese Erwartungen wurden erfüllt und gleichzeitig gebrochen. Die Angst, enttäuscht zu werden, hat sich aber nicht erfüllt.
3. Januar 2023, 11 Uhr, in einem fast leeren Kinosaal geht der Vorhang auf und nach ein paar unspannenden Trailern geht es richtig los. Eine Kamerafahrt über nebelverhangene Regenwälder als Remineszenz an die Eröffnung des Vorgängers. Tolle Panoramen von Schauplätzen, die man im ersten Teil kennengelernt hat. Man ist sofort wieder auf Pandora. James Cameron schafft es einfach, einen mit seinen Bildern emotional einzufangen und mit auf eine Reise zu nehmen. Die Welt, die er erschaffen hat, ist der Star des Films. So lebensecht, so vielfältig, so wunderschön. Technisch erstrahlt das im Vergleich zum Avatar von 2009 nochmal in einer ganz anderen Brillianz. Das 3D-Bild ist gestochen scharf, die Bewegungen flüssig, die Farben knackig. Bei den Nahaufnahmen der Na'vi erkennt man nun einzelne Haare, etwa auf dem Bauch. Auch die Lichtstimmung ist großartig eingesetzt. Und all das beginnt schon direkt mit den ersten Szenen, aber ein echter Wow-Effekt, wo auch das 3D erst so richtig zum Tragen kommt, beginnt mit dem Eintauchen der Kinder in die Unterwasserwelt. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, wie geil das aussah.
Inhaltlich hat der Film allerdings durchaus Schwächen, aber auch einige Stärken. Klar, eine großartig komplexe Story habe ich nicht erwartet und ist für die Art von Film auch überhaupt nicht nötig. "Mach es simpel, aber mach das gut", hat Cameron sich wohl gedacht. Das ist nicht zu 100% gelungen. Die große Stärke in der Erzählung ist auch gleichzeitig die große Schwäche: die Familie. Im Kern dreht sich die Geschichte um ihr Schicksal. Es dauert aber, nicht zuletzt aufgrund ihrer Anzahl, einige Zeit, bis einem die Charaktere ans Herz wachsen. Bis dahin bleiben sie austauschbare Fremde. Dadurch, dass es so viele Charaktere gibt, wird aber auch nur 1-2 davon richtig Tiefe gegeben (Lo'ak und mit Abstrichen Kiri). Aus einigen Szenen hätte man mehr machen können (z. B. das Gespräch von Jake und Kiri über ihre "Abnormalität"). Überhaupt führt auch der große Cast dazu, dass einige zwischendurch fast komplett abtauchen. Neytiri bleibt größtenteils unsichtbar und im Mittelteil ist Jake fast nur in seiner meckernden Vaterrolle zu sehen. Trotzdem funktioniert es im Ganzen: Es ist eine glaubwürdige Familie, zu der man über den Film eine Verbindung aufbaut. Deswegen funktioniert auch das Drama im großen Finale (knackige Action!) gut. Ob Neteyam wirklich sterben musste? Ich bin der Meinung, Charaktere sollten nur sterben, wenn es erzählerisch Sinn ergibt, und nicht nur wegen des Dramas. James Cameron drückt hier ein paar vorhersehbare Knöpfe (wie auch überhaupt die Story sehr vorhersehbar war), die aber - obwohl es mir bewusst war - bei mir auch funktioniert haben. Und auch wenn es dem Film erzählerisch gut getan hat, sich nur auf die Familie zu konzentrieren und nicht das ganz große Fass der Weltenrettung aufzumachen, wurde die Entwicklung von Pandora im Gesamten ein wenig beiläufig abgehandelt. Der Mensch fräst sich in den Planeten und es wird ein bisschen Guerillakrieg geführt. Arg dünn. Ich hoffe, da kommt in Teil 3 wieder mehr. Apropos Teil 3: Ernsthaft, der Konflikt zwischen Jake und Quaritch, wird ein drittes Mal aufgewärmt? Schmeckt beim Essen nicht gut und beim Film auch nicht. Naja... Und über die Logiklücken in der Story sehe ich mal hinweg, weil sonst der Film nicht funktioniert hätte: Warum befiehlt die Generälin, weiter Jagd auf Jake zu machen, wenn er sich versteckt und keine Angriffe mehr anführt? Warum so viele Ressourcen dafür aufwenden und riskieren? Was wenig subtil, aber mal wieder eindrucksvoll umgesetzt wurde, waren die ökologischen Botschaften. Die Jagd auf die "Wale" war beispielsweise absolut zum Magenumdrehen.
Ich freue mich jedenfalls auf Teil 3 von dem ich hoffe, dass er das Niveau der Vorgänger halten kann.
Fazit: Wer Lust hat, in eine fremde Welt entführt zu werden, tolle, nein, spektakuläre Bilder auf der Kinoleinwand zu sehen und sich emotional mitreißen lassen möchte, der sollte den Film nicht verpassen. Und es ist auch mal wieder ein Film, bei dem sich 3D lohnt. James Cameron erzählt mit seinen Avatar-Filmen vielleicht keine großartigen Geschichten, aber er setzt sie einmalig in Szene. Bilder, die man nicht vergisst, Momente, die in Erinnerung bleiben und eine Welt, in die man immer und immer wieder neu eintauchen möchte, auf die man so schnell wie möglich zurückkehren möchte. Trotz aller erzählerischen und strukturellen Schwächen ein toller Film.
8/10