Davie Irons, der zweite Co-Trainer, kam noch am Abend aus seinem Urlaub auf den Hebriden zurück. Sein erster Gedanke galt dem Heimspiel und so fand er sich alsbald im Vereinsheim ein. "Na, viele Fische gefangen?", begrüßte ihn Billy Bentley. "Leidlich viele. Aber nun sag schon, wie haben wir gespielt?" - "Ist dein Autoradio kaputt? Mensch, halb Schottland hat von dieser Schlacht im Raydale Park berichtet!" - "Ja, es ist kaputt." - "Wie kann ein Autoradio kaputtgehen." - "Nicht das Radio, das Auto." - "Wie ist das denn passiert?" - "Naja, darüber darfst du gerne mal spekulieren." - "AH!", war es zu hören. Alex Benjamin schlurfte um die Ecke mit schmerzverzerrtem Gesicht. "Hey, du noch hier?", fragte Bentley. "Nein, wieder hier. Der Arzt ist schon weg und den Notarzt will ich damit nicht belasten." - "Was hast du denn?" - "Ich dachte, es sei nur Muskelkater gepaart mit Seitenstichen, aber mein gesamter Brustbereich tut weh." - "Na, dann leg dich erstmal hin. Darf Davie hier bleiben?" - "Der soll mal sehen, was ich habe. - Und, Davie, viele Fische gefangen?" Davie machte eine Geste des Ablehnens, konnte aber ein leichtes Kichern nicht unterdrücken. Bentley, der auch einen abgeschlossenen Doktortitel, aber kein Geld für eine Praxis hatte, begann den Stürmer zu untersuchen, während er versuchte, das Gespräch in Gang zu halten: "Davie, du wolltest wissen, wie wir gespielt haben? Hier vor dir hast du den Hattrick-Schützen des Spieles vor dir." - "Den fast-Hattrick-Schützen", berichtigte Alex, „das eine Tor wurde als Eigentor gewertet. "Ach, das ist doch Unsinn. Du hast das Tor geschossen." - "Könntet ihr vielleicht etwas der Reihe nach erzählen?", unterbrach Davie. "Ja, also begonnen hat es..." - "So, ich fahre jetzt in den Ort, um was zu futtern. Soll ich euch was mitbringen?", erkundigte sich Toby Paterson, der noch Geschäfte des Vereins abwickeln musste und somit auch noch da war. "So spät gibt es doch nix mehr!" - "Denkte, Chuck lässt seine Köchin doch an Spieltagen jetzt Überstunden machen." Freudig gaben die drei ihre Bestellungen auf.
Toby fuhr selbst diese kleine Strecke mit dem vereinseigenen Ford, den der Präsident vor 12 Jahren gespendet hatte und der schon 3 Verkehrsunfälle miterlebt hat - natürlich als schuldiges Fahrzeug. Nach 103 Sekunden stoppte sein Wagen vor dem kleinen Pub, der das Stadtbild mit seinem amerikanischen Flair und seiner Lage im Zentrum deutlich verschob. Drinnen war Chuck dabei, mit ein paar passiven Vereinsmitgliedern und Mark Dobie das Spiel eingehend zu analysieren. Die Tore wurden dabei fast noch mehr bejubelt, als beim eigentlichen Spiel. "Das war wirklich die Idee, Mr McKenzie", meinte Chuck, "dass Sie das Spiel auf Video haben aufzeichnen lassen." - "Das ist eigentlich nicht mein Verdienst. Ich habe nur eine Kamera dabei gehabt und der kleine Junge, der mich so nett durchs Stadion geführt hat, hat sie sich ausgeliehen und damit das ganze Spiel dokumentiert." - "Wie auch immer, so kann man... Oh, das war doch ein Foul! Auf jeden Fall haben wir so einen unwiderbringlichen Beweis von Gretnas Stärke direkt im heimischen Wohnzimmer. Oh, Mister Irons, Sie sind auch wieder da! Haben Sie denn viele Fische gefangen?" Davie verdrehte die Augen: "Nein, nur einen Motor im Schlamm. Aber das werde ich morgen beim Training an den Spielern schon wieder auslassen." Der gesamte Pub lachte. "Sie sind auch Trainer, Mister Irons?", fragte Craig McKenzie, den Davie bisher noch gar nicht wahrgenommen hatte. "Ja, Co-Trainer von Gretna, Davie Irons. Und wer sind Sie?" - "Craig McKenzie, neues Vereinsmitglied. Freut mich." Die beiden gaben sich die Hand und Davie fragte sogleich weiter: "Und als was?" - "Naja, als eine Art Berater und Talentsucher." - "Also hat Sie Konsti engagiert!" - "Ja, a..." - "Na, dann viel Spaß! Ich will Ihnen den Spaß nicht verderben, aber länger als drei Monate halten Sie es als "Privatanschaffung" unseres Managers hier nicht aus." - "Naja, wir werden sehen." - "Du, Chuck, ich habe hier noch ein paar Bestellungen der hungrigen Zurückgebliebenen aus dem Vereinsheim." - "So, ich muss dann auch mal los", meinte Craig, nahm seinen Mantel, verabschiedete sich und ging.
Er ging zu Fuß noch einen größeren durch den Ort. Er selbst war zwar gebürtiger Waliser, hatte sich aber gut mit den Schotten zurecht gefunden. Nur die Leute in Gretna waren scheinbar ein Volk für sich. Eine eigentümliche Gruppe in dieser Kleinstadt im südlichsten Westen der schottischen Halbinsel, ein paar Meilen von Carlisle entfernt. Der Ort an sich war ruhig, zumal die Zeit schon sehr weit fortgeschritten war. Aber wer gute Ohren hatte, konnte manchmal das Meer, aber auch vereinzelt die nahe Autobahn hören. Ein paar Möwenschreie, ein im Bahnhof haltender Zug. Idyllisch kam es Craig aber weiß Gott nicht vor. Doch er verschob des Nachdenken auf morgen. Plötzlich war Blaulicht zu sehen, bald darauf kam ein Krankenwagen um die Ecke, von rechts ein alter, schäbiger Ford. Scheinbar hatte dessen Fahrer den Krankenwagen nicht gesehen, sodass er kurz vor der Kreuzung einen riesigen Bogen fuhr und die Fahrt des Ford mit einem Klirren an einem Laternenmast endete. Die Fluche des Fahrers wurden von der Sirene des Krankenwagens übertönt, der scheinbar mit einer Frau auf dem Weg ins Krankenhaus war. Craig bog voller Kopfschütteln in die nächste Seitenstraße ab.
Davie hatte mehr Sorge, dass die Gemeinde wegen dem kaputten Laternenmasten Ärger machen würde, als der Präsident wegen dem Unfall und des Schadens am Auto. Schnell war er wieder am Vereinsheim und stieg die Treppen hinauf. Drinnen lag Alex immer noch auf der Liege, hatte einen starken Verband um den Brustkorb. "Ah, wenigstens bekomme ich jetzt was leckeres zu essen." - "Naja, lecker?", meinte Davie, "Chucks Köchin war nicht da, weil ihr zweiter Sohn eine Theateraufführung hatte." - "Ihr zweiter? Also nicht unser Harding, sondern dessen kleiner Bruder?" - "Ja. So musste Chuck selbst ran." - "Naja, dann schmeckt es eben etwas mehr nach Tabak. Bei meinem Rippenbruch macht das auch nichts mehr aus." - "Rippenbruch?" - "Ja", erwiderte Bentley, der mit einem Wägelchen aus dem Nebenraum kam, "Alex wird für einen Monat mindestens ausfallen. Darauf habe ich uns aber noch ein gutes Bier besorgt. Geht aufs Haus!"