@Marados:
Danke & ja, theoretisch wäre Gerard nahe am ganz großen Geld.
Aber ... naja, siehe unten.
@Bayernfahne:
Danke!
Und ja, der Aufstieg des FC Metz war schon kometenhaft. Ich würde übrigens nicht unterschreiben, dass Lava die Früchte nicht ernten kann. Immerhin ist er französischer Pokalsieger und ECL-Gewinner. (Und mal wieder Trainer des Jahres.) Das können nicht viele Trainer von sich behaupten.
(Und für mich als Spieler wars der erste Titel in einer Top-5-Liga und der erste internationale Titel seit dem FM 20. Beziehungsweise die ersten "großen Titel" ohne Gegenpressing.
)
Deine Vermutungen setzen wahrscheinlich alle voraus, dass Lava ein neues Traineramt übernimmt, oder?
@FlutLicht1900:
Naja, dann wärs ja keine Europatour mehr. Und mich als Spieler reizt das aktuell eher nicht, muß ich gestehen. :/
@knufschu:
Nö, das haben die schon richtig geschrieben und er hats auch so gesagt.
Aber wie Du unten siehst, ist die Story dennoch (noch nicht ganz) zuende.
Bei dem Sportdirektor hatte ich rein akustisch Theo Lingen oder die die Lehrer in der Feuerzangenbowle im Kop, nur eben komplett übertrieben.
Und danke!
*schaut knufschu interessiert beim Suchen zu und wartet gespannt auf Ergebnisse*
@Sonzee87:
Lavas Plan ist definitiv der ruhige Lebensabend, soviel weiß ich aus sicherer Quelle.
Interludium VI
Herbst 2048 bis Frühsommer 2049, Stratford-upon-Avon, Warwickshire, England
Als ich an die weiß gestrichene Holztür klopfe und einen Augenblick später die mir so vertraute Stimme höre, die "Momeeeent, bin gleich da!" ruft, fällt der leise Anflug des Zweifels, der mich bereits befallen hatte, sofort wieder von mir ab.
Nein, es war keine überstürzte Entscheidung, sondern genau der richtige Zeitpunkt für das Ende meiner Trainerkarriere.
Mit zwei Titeln in der Hand, die ich mir nicht hätte träumen lassen und mit einem Bankkonto, das prall genug gefüllt ist, um sich keine Gedanken über die Butter auf dem Brot machen zu müssen ... und immer noch jung genug, um vom Ruhestand auch etwas zu haben.
Die Tür öffnet sich und ich schließe Vicky in die Arme.
Sie erwidert den Kuss, den ich ihr gebe, aber irgendwas ist komisch.
Ihr Blick ist ... unsicher?
Nanü?
"Vicky, was ist denn los?"
"Schön, dass Du da bist - sag mal, stimmt, das, was da heute im Internet steht?"
"Was steht denn im Netz?"
"Na dass Du aufhörst?"
"Japp, ich bin jetzt offiziell Fussballrentner und wir haben endlich Zeit füreinander!"
Sie strahlt und ich bekomme zur Belohnung für die Neuigkeit gleich noch einen Kuß, dann runzelt sie wieder die Stirn.
"Das ist toll ... nur .... hm... "
Jetzt runzelt meine Stirn mit.
"Stimmt was nicht?"
"Das soll er dir lieber selbst sagen, bin mal gespannt."
"Wer soll mir was sagen?"
"Geh einfach ins Wohnzimmer. Ich komm gleich nach, die Lasagne muß aus dem Ofen."
Mit noch immer schwer gefalteter Stirn gehe ich also durch den kurzen Fluir ins Wohnzimmer und ...
"Hallo ... äh ... Gerard."
"Oh hallo .... öhm ... Lucas. Das ist ja ne Überraschung."
"Japp, für mich auch."
Die ersten Momente ziehen sich ordentlich in die Länge.
Ich hab Vickys Sohn Lucas seit keine Ahnung wie vielen Monaten nicht gesehen, weil entweder er in der Weltgeschichte umhergegondelt ist oder ich gerade mit einer Mannschaft auf Reisen war, wenn er mal auf einen Kurzbsuch bei seiner Mutter reingeschneit ist.
Keine Ahnung, wie ich mit dem Kerl umgehen soll, der ist mir völlig fremd, um ehrlich zu sein.
"Gut siehst Du aus", sage ich, während ich ihm, meine Unsicherheit überspielend, die Hand schüttele.
Und das ist nicht mal gelogen. Fast einsneunzig groß, kräftige Statur, kurze braune Locken, blaue Augen, Dreitagebart - und die Jeans-Hemd-Kombination, die er trägt, ist ganz definitiv nicht vom Wühltisch, soweit kenne selbst ich mich mit Mode aus.
"Yo, hi", antwortet er - wirkt bei dieser lässig hingerotzten Antwort aber ungefähr so authentisch wie eine schwäbische Hausfrau bei den Bayreuther Festspielen.
Wir schauen uns kurz in die Augen, dann müssen wir beide grinsen.
"Ist das peinlich", sag ich schließlich. "Da bin ich seit Jahren mit Deiner Mutter liiert und kenn Dich immer noch nicht."
"Geht mir doch genauso", antwortet mein Stiefsohn. "Nur dass ich nicht mit meiner Mutter liiert bin."
Humor hat er also, der Weltenbummler.
"Was machst Du hier? Ich dachte, Du bist in Südamerika?"
"Ja, war ich auch. Ach, ich war irgendwie überall inzwischen und bin an dem Punkt angelangt, wo ich das Hin- und Hergereise und Nebenbei-Gejobbe in irgendwelchen Ländern, wo ich nichtmal die Sprache spreche, echt nicht mehr brauche. Ich überlege, seßhaft zu werden und ein richtig bürgerliches Leben zu führen."
"Ui!", das ist alles war mir im ersten Moment dazu einfällt.
"Ja, ich war auch überrascht, als ich erkannt habe, wie es in mir aussieht, kannste glauben."
Wir lachen wieder, dann wird er wieder ernst.
"Nee, ohne Flax, meine Reisezeit ist vorbei. Ich bin jetzt 29, ich such mir jetzt 'n Job und dann werd ich ein ganz braves bürgerliches Leben führen."
Vicky ist wortlos hereingekommen, stellt uns zwei Tassen Kaffee hin, zwinkert mir zu und geht wieder.
Sie scheint sich zu freuen, dass ich endlich mal mit ihrem Sohn spreche.
Kann ich ihr nicht verdenken, geht mir genauso.
Ich nehme die Tasse in die Hand, stelle fest, dass der Kaffee noch ziemlich heiß ist, puste über den Rand und frage:
"Hast Du schon eine bestimmte Art Arbeit im Kopf?"
Ich nippe vorsichtig am Kaffee.
"Ja, Fussballtrainer."
Zwei Minuten später ist die Sauerei auf dem Tisch weggewischt und ich muß nur noch die Kaffeeflecken auf meiner Hose entfernen.
Während ich hingebungsvoll wische, frage ich, immer noch entgeistert:
"Wieso denn gerade Fussballtrainer? Und seit wann interessierst Du Dich für Fussball?"
"Naja, schon immer. Jetzt nicht so richtig fanmäßig, aber ich habs gern geguckt, wenns im Fernsehen lief. Und auf meinen Reisen hab ich auch hin und wieder mit Leuten gekickt, die ich irgendwo getroffen hab."
"Aha, und weil das ganz okay war und im Fernsehen so nett aussah, wie der Trainer da lässig im Anzug an der Seitenlinie stand und coole Gesichtsausdrücke drauf hatte, willst Du das jetzt auch machen, oder was?"
"Na, wenn Du es so sagst, klingt es natürlich ein bißchen komisch, aber grundsätzlich ... ja, scheint ein netter Beruf zu sein. Und wird ja auch anständig bezahlt, wie man an Dir sieht."
"Da täusch Dich mal nicht, die übergroße Mehrheit der Trainer lebt genauso von der Hand in den Mund - oder hat noch einen "richtigen" Job, um den Fussballtrainer zu finanzieren - wie die allermeisten Spieler.
Nur die obersten paar Promille des ganzen Zirkus' werden durch den und mit dem Fussball reich."
"Naja, ich hab ja vor, genau zu diesen obersten paar zu gehören."
"HAH! Also Selbstbewußtsein hast Du, das muss ich Dir lassen. - Wie hast Du Dir das denn nun konkret vorgestellt?"
"Ach, ich hab mich jetzt erstmal beim Trainerlehrgang angemeldet - by the way: kannst Du mir tausend Pfund borgen? Kriegst Du auch wieder, versprochen."
Ich fass es nicht.
Da spreche ich zum ersten Mal seit fast einem Jahr mit meinem Stiefsohn und der hat nichts besseres zu tun, als mich anzupumpen!
"Wie willst Du das denn zurückzahlen, so ohne Job?"
"Ich hab doch n Job! Bin seit Freitag nachmittag Kassierer im Supermarktunten an der Straße. Nur vorübergehend, bis ich was besseres finde. Damit kann ich zumindest erstmal meine Auslagen decken. Aber ich krieg halt erst in drei Wochen Geld ..."
Ich bin etwas perplex.
"Hätte nicht gedacht, dass Du Dir als erstes einen Job suchst!"
"Das war immer das erste bei meinen Reisen. Irgendwo ankommen und erstmal gucken, wo ich arbeiten kann, um den Aufenthalt zu finanzieren. Betteln war nie meins."
'Immerhin', denke ich und bin fast ein bißchen beeindruckt.
"Na gut, nehmen wir an, ich streck Dir das Geld vor. Wie gehts dann weiter?"
"Ich mach den Lehrgang und dann geh ich mal die Clubs hier in der Nähe abklappern, ob jemand einen Trainer sucht. Die Gegend hier ist ja das perfekte Pflaster für sowas. Eine solche Dichte von Clubs findest Du sonst wohl nirgends auf der Welt."
Da hat der Filius allerdings recht. Von großen Namen wie Birmingham City, Aston Villa bis hin zu Winzvereinen wie dem Stratford Town FC...
England, und insbesondere die Region im Nordwesten England - also ganz grob die Gegend zwischen Blackpool, Manchester, Leeds und Birmingham - ist einfach DAS Fussballmekka. Seit fast zweihundert Jahren nun.
Sheffield FC - 1857.
Llanmynech FC (angeblich) - 1858. (Den Verein kennt allerdings wirklich keine Sau. Und ob der 1858 nachweislich erwähnte Verein wirklich der gleiche ist wie der, der in den 1870ern dann erwähnt wird, ist unklar. Egal, ich schweife ab.)
Notts County - 1862.
Stoke City - 1863.
Sheffield Wednesday - 1867.
Und und und.
Hier in Nordwestengland stolpert man öfter über einen Fussballverein als man "huch, schon weider einer!" sagen kann. Deswegen hat die Ligenpyramide wohl auch mehr Stufen als irgendwo sonst auf der Welt.
Irgendeine der lokalen Ligen bildet angeblich die 23. Stufe. DREIUNDZWANZIG!
Ich schüttele den Kopf und kehre ins Gespräch zurück.
"Na gut und dann?"
"Arbeite ich mich hoch. Kann so schwer ja nicht sein. Ich meine, hey - Du hast nie groß selbst gspielt, hast in Österreich und Luxemburg angefangen und hast trotzdem ganz gut Erfolg gehabt..."
("Ganz gut"?! Was soll das denn heißen???)
"...da werd ich es wohl auch zu was bringen, wenn ich mir Mühe gebe."
*seufz*
"Deine Mutter meinte, Du wolltest noch etwas von mir? Oder ging es da nur um das Geld?"
"Nein nein, ich wollte fragen, ob Du .... äh ... naja, ob Du mit mir vor der Prüfung lernst und mir vielleicht am Anfang dann den einen oder anderen Tip geben kannst? Und vieleicht kannst Du mich ja dann auch bei einem Verein empfehlen?"
Ich nicke beim ersten Teil, etwas überrumpelt.
"Na klar, ich helf Dir beim Lernen, kein Problem. - Aber mein Name bleibt bitte außen vor. Ich möchte meine Ruhe haben. Wenn irgendein Reporter spitzkriegt, dass ich hier rumsitze, haben wir regelmäßig die Presse vor der Tür, das will ich auf keinen Fall! Ich bin raus aus der Tretmühle."
Der Gesichtsausdruck meines angeheirateten Sprößlings sagt "Presse?! Als ob, Du Wichtigtuer!", sein Mund dagegen spricht: "Sicher doch, Gerard."
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Die Wochen und Monate verfliegen nur so.
Vicky hat - neuerdings im Home Office ... - genug zu tun, Präsentationen zu erarbeiten und (Online)-Meetings mit möglichen Sponsoren für diese Lesung oder jenes Theaterstück durchzuführen, Lucas stellt sich überraschenderweise gar nicht mal so dämlich an beim Lehrgang - und ich?
Ich vermeide tunlichst, dass irgendwer in Stratford meine Physiognomie mit dem Namen "Lavayeux" in Verbindung bringt.
Hab mir sogar den Bart abrasiert und lasse die Haare jetzt wie ein mehrere Jahrzehnte zuspätgekommener Pilzkopf bis über die Ohren wachsen.
Wenn ich mich vorstellen soll, mach ich das mit dem Namen "Goossens" - rein technisch gesehen ist das nicht mal eine (volle) Lüge, denn seit unserer Heirat führen wir beide den Doppelnamen "Lavayeux-Goossens", auch wenn der uns im Allgemeinen zu sperrig war, um ihn im täglichen Leben zu führen.
Meist lief es darauf hinaus, dass Vicky weiterhin Frau Goossens war und ich Herr Lavayeux. Und nun halt Herr Goossens, wat solls.
Wahrscheinlich müßte ich den ganzen Aufwand aber gar nicht treiben - denn wie sich herausstellt, ist das Interesse für Gerard Lavayeux nach ein paar Wochen selbst im Metz kaum noch vorhanden, wie mir das Bataillon berichtet.
Die Jungs sind mit unserer Erlaubnis kostenfrei im Landhaus wohnengeblieben und halten Gut und Grundstück im Gegenzug in Schuß.
Bisher sind sie tatsächlich auch noch nicht gekündigt worden und weiterhin als Jugendscouts tätig.
"Der Wind hat sich allerdings deutlich gedreht in Metz", meint Raoul eines Abends am Telefon.
"Rate mal, wie hoch die Transferausgaben allein im Wintertransferfenster waren? -83 Millionen Euro. DREIUNDACHTZIG! - Die Mannschaft würdest Du nicht wiedererkennen, da spielen keine zehn Leute mehr, die bei Deinem Rücktritt in der Herren- oder Jugendmannschaft waren."
Damit sagt er mir nichts neues, denn selbstverständlich hab ich ab und an geschaut, was der FC Metz so treibt.
Abstiegskampf treibt er - nach Ausgaben auf Rekordhoch.
"Das hätten sie besser haben können. Und billiger."
"Ja, das Gegrummel hier in der Region ist auch deutlich zu hören. Man müsse auch einen Toptrainer verpflichten, heißt es in der Presse. - Dein Name ist aber leider nicht gefallen."
"Ist mir ganz recht, ich will sowieso nicht wieder Trainer sein!"
"Du hast das echt ernst gemeint, was?"
Raoul klingt überrascht.
"Ja, habe ich. Ich genieße meinen Ruhestand in vollen Zügen."
"Haha, dann genieß mal, hast Du Dir ja auch verdient."
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Im Frühsommer - nach einer schier endlosen Serie von Tagen, in denen Lucas und ich immer und immer wieder die gleichen Theoriedinge durchgegangen sind - hält der Filius dann endlich, mit 30 Jahren, seinen ersten Abschluß in den Händen.
Den kleinsten Trainerschein, den man in England machen kann.
Für alle weiteren Scheine muß er jetzt praktische Erfahrung sammeln, damit er zum Lehrgang zugelassen wird.
Und das heißt - ab in die Spur und Vereine abklappern.
Viel Hoffnung mach ich ihm nicht - gerade in England gibts ja Heerscharen an früheren Amateuren und Halbprofis, die irgendwie eine Einnahmequelle nach dem Karriereende brauchen oft außer Fussball einfach nichts können.
Umso überraschter bin ich, als er nach drei Tagen freudestrahlend nach Hause kommt und mit einem Vertrag wedelt.
"Ich bin Trainer!"
"Klasse," sage ich. "Und wo?"
"Rocester F.C.!"
Ich schaue wahrscheinlich sehr fragend, deshalb setzt er, mit etwas weniger Euphorie, hinzu:
"North West Counties League, mit dem Auto etwa hundertfünfzig Kilometer nördlich von hier."
Mein Fragezeichen scheint nicht verschwunden zu sein, deshalb ergänzt er, nun schon in ziemlich neutralem Tonfall:
"Zehnte Liga. Jaja, und ohne Gehalt."
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"Ich will nicht, was soll der Unsinn?! Mir gefällt es hier!"
Mein Gezeter hat exakt null Einfluß, Vicky und Lucas sind sich einig und haben es beschlossen, da bin ich offensichtlich machtlos.
Der Entschluß steht - wir ziehen um.
Lucas kann sich ohne Einkommen keine Wohnung leisten, einen Job kann er nicht annehmen, weil er ja jetzt Trainer ist und seine Frau Mama (von schlechtem Gewissen geplagt oder was weiß ich warum) sieht die einzige Möglichkeit darin, ihn vor Ort zu unterstützen.
Sie arbeitet eh von zuhause aus, ich arbeite "ja sowieso gar nicht mehr", wie Frau Goossens mit erstaunlich spitzer Zunge kundtut ... und Ende der Diskussion.
Also packen wir innerhalb der nächsten Tage unsere Sachen, verlassen unser wunderhübsches gemietetes Cottage am Stadtrand von Stratford-upon-Avon und ziehen in ein Tausend-Seelen-Nest etwa mittig zwischen Stoke-on-Trent und Derby.
Toll.
Immerhin sieht die neue Behausung, die wir auftun, ebenfalls ganz wohnlich aus:
Schöner großer Garten mit ebenso schönen alten Bäumen inklusive.
Und genau dort setze ich mich nach der Ankunft erstmal auf eine Bank, hole das Tablet heraus und schau mir mal an, was für einen Dorfverein mein Stiefsohn ab Juli zu trainieren vorgeben wird.