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Autor Thema: [FM 20 bis 24] Lavayeuxs Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers  (Gelesen 73166 mal)

Noergelgnom

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Letztes Saisonviertel 2040 -

"Zuerst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu." (Jürgen Wegmann, bekannte Dortmunder Kobra)


Letztes Saisonviertel also. Genaugenommen acht Spiele. Ich habe im Gespräch mit Kurzmesser nicht gelogen - realistisch betrachtet sind unsere Ausichten auf Platz 2 bestenfalls minimal.Bestenfalls.Was ich dem Journalisten nicht gesagt habe - und was ich auch meinen Spielern nicht allzu offensiv unter die Nase reibe, um sie nicht unnötig unter Druck zu setzen - ich glaube, wir könnten es dennoch schaffen. Frei nach dem wunderbaren "Scheibenwelt"-Zitat "Es ist eine Chance von eins zu einer Million. Aber es könnte klappen."
Damit es klappt, brauchen wir aber am besten acht Siege aus den verbleibenden acht Partien.Das zuerst anstehende Heimspiel gegen Schaffhausen (29. Spieltag) ist da eigentlich noch unter die einfacheren zu rechnen - sofern man in unserer Situation überhaupt von "einfach" sprechen mag.
Schaffhausen, gerade einen einzigen Punkt hinter uns, schielt ja selbst noch mit einem halboffenen Auge gen Relegationsplatz ... und erweist sich als harter, ekliger Gegner.Im Endeffekt eine Nuss, die unsere Spieler heute nicht knacken können. Unsere wenigen Chancen versemmeln wir und hinten gibt es ein einziges, allerdings folgenschweres Mißverständnis der Sorte "Nimm Du ihn, ich hab ihn sicher" zwischen Kapitän Sibanda und Vize Aegerter.Ergebnis - 0:1.





Schaffhausen zieht also an uns vorbei und wir sind nur noch Fünfter. Zudem gewinnt Brühl und ist jetzt 8 Punkte vor uns. Wars das schon mit der Minimalchance?[/left]
Wenn wir gegen Kriens nicht gewinnen, bestimmt!

Aber die Jungs zeigen mal wieder ihr entschlossenes "wir gewinnen das"-Gesicht auf dem Platz und gehen folgerichtig mit einem 2:0-Sieg in die Kabine.





Blöderweise gewinnt Brühl aber auch, Schaffhausen dagegen verliert in Luzern und wir schieben uns wieder vor sie.Gleiche Tabellenkonstellation also wie vor dem Schaffhausenspiel, nur 2 von 8 Partien haben wir schon aufgebraucht.Wenn was gehen soll, helfen jetzt aber wirklich nur noch Siege!
Wir reisen nach Nyonnais, strampeln uns heftig ab, tüten einen schwer umkämpften 2:1-Sieg ein ... und sind jetzt immerhin 5 Punkte vor Schaffhausen, denen im Saisonendspurt langsam die Puste auszugehen scheint.

Brühl dagegen atmet "locker durch die Hose", wie es Sibanda halb grummelnd, halb anerkenned ausdrückt.Noch fünf Spiele, Abstand immer noch 5 Punkte.

Aber jetzt kommt die Chance, ihn definitiv zu verringern - wir fahren sie nämlich besuchen. Nur 2300 Zuschauer wollen das Duell sehen - aber das ist uns egal. Beziehungsweise eigentlich nicht - so sind die dreihundert, die aus Winterthur mitgereist sind, nämlich besser zu hören, wenn sie uns anfeuern.Und es funktioniert!Bülent Can (21.) und Kai Gärtner (70.) bringen uns zweimal in Führung, Fehr (56.) kann nur einmal ausgleichen.Reicht! Auswärtssieg, Abstand auf 2 Punkte verringert!

Allerdings nützt dieser exakt gar nichts, wenn wir jetzt nicht auch das nächste Auswärtsspiel gewinnen. Brühl hat nämlich ein Heimspiel gegen den neuen Tabellenletzten aus Wil, der völlig von der Rolle scheint und die letzten 4 Spiele allesamt verloren hat.Seufz - es ist nur bedingt hilfreich, dass wir ausgerechnet jetzt eines der beiden schwierigsten Auswärtsspiele der Saison haben - in Luzern nämlich.Die können heute mit einem Sieg auch noch den Aufstieg endgültig klarmachen...

17.000 Zuschauer sehen eines der wahrscheinlich besten Spiele der gesamten Saison.Beide Mannschaften spielen hochkonzentriert, die Gäste (also wir) erwischen dabei den besseren Start. Bereits nach 10 Minuten hält Mejri den Fuß in eine flache Gärtner-Hereingabe und bringt uns damit in Führung.
Leider hat Luzern in Gestalt von Felix Holzer einen gnadenlos effektiven Stürmer in ihren Reihen. Der braucht nichtmal eine richtige Chance für ein Tor. 1:1 in der 19. Minute.
Danach sind beide Abwehrreihen noch kompakter - wir gönnen den Gastgebern bis weit nach der Halbzeitpause keine weitere echte Torchance, haben selbst aber mehrere davon. Die beiden größten (die mehrere Fans und auch mich ein Büschel Haare kosten, als sie vergeben werden) hat der sonst so zuverlässige Can auf dem Fuß, scheitert aber kurz vor und kurz nach der Pause allein vor dem gegnerischen Keeper an seinen Nerven und trifft beide Male die Latte (!).

In der 56. Minute kann Kai Gärtner das Elend dann nicht mehr mit ansehen und statt bei einem weiteren Angriff über rechts den sich in der Mitte wieder freilaufenden Can zum dritten Mal anzuspielen, murmelt er den Ball durch die Beine des komplett überraschten Keepers zur erneuten Führung ins Tor.
Leider hält auch diese Führung wieder nicht lange.
Mit ihrer zweiten echten Gelegenheit im Spiel gleicht Sven Weber per Freistoß erneut für Luzern aus.Danach haben wir zwar noch zwei gefährliche Kopfbälle zu verzeichnen, scheitern aber wieder am Torhüter - diesmal ist es nicht mehr der inzwischen ausgewechselte Can, sondern der für ihn auf dem Feld stehende Martinez, der den Keeper nicht überwinden kann.Unentschieden in Luzern also und wenigstens ein Punkt?

Mitnichten - denn die Luzerner erspielen an diesem Tag noch eine dritte Torgelegenheit. Und wieder klingelt es, weil Kägi per Flachschuß ins rechte Eck den FC Luzern endgültig zum Aufstieg schießt, das Stadion in ein Tollhaus verwandelt ... und die Spieler des FC Winterthur in elf kleine Häufchen Elend.Kann ich nur zu gut verstehen, denn wir waren über das gesamte Spiel hinweg die aktivere, bessere, gefährlichere Mannschaft. Nicht Luzern hat uns heute besiegt, sondern wir uns selbst - denn wir hätten hier fünf Tore schießen MÜSSEN.





Während ich noch versuche, die Jungs wieder aufzurichten, kommt Pilati plötzlich lachend auf den Platz gerannt und schwenkt ein Smartphone."Brühl hat verloren!"Und es stimmt. Auch wenn wir es erst gar nicht glauben wollen, ist Brühl zuhause gegen den Tabellenletzten FC Wil ausgerutscht.Wir sind also immer noch nur 2 Punkte hinter ihnen.Alles noch drin!

Folgewoche. Besagter FC Wil hat nach dem Auswärtsspiel bei Brühl nun die nächste harte Auswärtspartie - bei uns nämlich.Wir sind gewarnt. In Brühl reichte Wil ein blitzsauberer Konter zum Sieg, einen solchen wollen wir ihnen natürlich nicht ermöglichen.Also - "defensiv sicher stehen" heißt die oberste Direktive.
Leider sorgt das dafür, dass wir offensiv so gar keine Lösungen finden und beim müden 0:0 zwei wichtige Punkte verlieren.


Und Brühl?Als wir deren Ergebnis erfahren, könnten wir uns erst recht in den Hintern beißen. Die kommen nämlich in Schaffhausen auch nicht über ein 0:0 hinaus.
Heißt: hätten wir nur ein mickriges Tor geschossen, wären wir jetzt aufgrund der besseren Tordifferenz Zweiter.
Mist, verdammter.

Aber es sind ja immer noch zwei Spiele übrig.
Zuerst: Lugano. Heimspiel. Gegen die haben wir in dieser Saison durchwachsene Ergebnisse abgeliefert, wird mal wieder Zeit für ein Erfolgserlebnis.
Aber die Mannschaft kriecht nach der langen Saison langsam auf dem Zahnfleisch. Faure und Can fallen aus, das wird nicht einfach.
Das Spiel ist dann auch äußerst zerfahren, viele kleine Fouls lassen über weite Strecken des Spiels keinerlei Spielfluß aufkommen.

Gärtner ist es wieder mal, der mit einer feinen Einzelleistung für unsere Führung sorgt (27.).
Danach passiert lange lange gar nichts vor den Toren - bis zu Beginn der Schlußviertelstunde urplötzlich Zender frei vor Aegerter auftaucht und diesem per technisch herausragendem Lupfer nicht den Hauch einer Chance läßt.

1:1. Falls Brühl sein Spiel gewinnt, wars das, dann sind sie 4 Punkte weg und unerreichbar.

Die Jungs wollen, sie wollen unbedingt, das merkt jeder im Stadion.
Die 5500 peitschen ihre Farben nochmal nach vorn - auch wenn die Nachspielzeit schon angebrochen ist, scheinen die Zuschauer noch an uns zu glauben.
Der junge Martinez faßt sich ein Herz und zieht aus 19 , 20 Metern ab - der Keeper hat ihn mit den Fingerspitzen!

Ecke, vielleicht die letzte im Spiel.
Gärtner wird sie in Abwesenheit von Faure hereinbringen - hoch segelt der Ball über die Kopfe der versammelten Spieler im Strafraum ....und er segelt und segelt ... bis er sich ganz hinten, am zweiten Pfosten, exakt im richtigen Moment exakt weit genug herabsenkt, damit Mejri ihn per Kopf unter die Latte nicken kann.
"Das gibt es nicht, das gibt es nicht!", jubeln wir auf der Bank und als Sekunden später der Schlußpfiff ertönt, sind wir um einen weiteren Last-Minute-Sieg "des Willens" reicher.





Leider hat Brühl auch gewonnen und damit ergibt sich vor dem letzten Spiel folgendes Bild:





Luzern ist natürlich längst aufgestiegen. Unten sind auch alle Entscheidungen durch - der FC Will hat den sauren Apfel des Abstiegs in der Hand.
Es bleibt nur noch eins zu klären: wer darf in der Relegation gegen den FC Zürich ran?
Der SC Brühl St.Gallen?
Oder vielleicht doch der FC Winterthur, der vor 23 Spielen noch Tabellenletzter war, mit 5 Punkten Rückstand auf das rettende Ufer?

Wir spielen jedenfalls bei Xamax Neuchatel, die in der ersten Saisonhälfte ärgster Verfolger von Luzern waren und sich lange auf dem zweiten Rang gehalten haben.
Und Brühl?Tja, Brühl .... damit sie sicher in die Playoffs kommen, müssen sie ihr letztes Auswärtsspiel der Saison gewinnen. Und zwar in ... Luzern!
Bei dieser Konstellation rechnen wir uns realistische Chancen aus, sie auf den allerletzten Drücker vielleicht doch noch zu überholen, einfach weil Luzern eine absolute Heimmacht ist in dieser Spielzeit. 12 Siege, 3 Unentschieden und nur 2 Niederlagen stehen bisher zu Buche.

Als der letzte Spieltag herangekomen ist und wir eigentlich bereits langsam Richtung Spielertunnel müßten, hol ich die Mannschaft nochmal zusammen.
"Jungs, ich möchte vor diesem hoffentlich noch nicht letzten Spiel dieser Saison eins loswerden: ich bin bockstolz, dass ich euch trainieren darf. Egal, was heute am Ende rauskommt, Playoffs oder nicht, ihr seid der helle Wahnsinn, jeder Einzelne von euch. Ich hätte nie gedacht, dass wir diese Saison als Aufstiegskandidat beenden. Und trotzdem habt ihr es geschafft. Ihr habt so viele Spiele unter massivem Druck gestanden und so viele Spiele mit einer letzten Willensanstrengung doch noch umgebogen. Ihr schlagt heute auch Neuchatel, das weiß ich. Konzentriert euch nur darauf! Alles andere liegt eh nicht in unserer Hand.Und jetzt geht raus und fegt sie aus ihrem Stadion!"

Wir müssen heute ohne Mejri auskommen, für den Martinez in der Startelf steht. Und auch Faure ist noch nicht fit, für ihn haben wir aus der Jugend den Viertelisländer Gudmundsson hochgezogen.
Und wie der Fussballgott es manchmal so fügt, wird exakt jener Gudmundsson zu unserem Matchwinner, indem er nach Gärtners Führungstor noch zwei weitere Treffer nachlegt.
Auch wenn die Statistiken das danach nicht so richtig widerspiegeln, war das eine bockstarke, eines Saisonabschlusses würdige Leistung.







Damit haben wir aus den acht "Spielen der Wahrheit" immerhin 16 von 24 Punkten geholt, was zwar ein bißchen wenig ist für eine Aufholjagd unter Zeitdruck, aber vielleicht .... vielleicht ... vielleicht hat es ja dennoch gereicht?Alles hängt jetzt von Luzern und Brühl ab.Wie ist dieses Spiel ausgegangen?




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« Letzte Änderung: 13.Februar 2023, 20:00:10 von Achtelprofi »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

Bayernfahne

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Weißt du was? Schwamm drüber, Glückwunsch zum Klassenerhalt, denn genau darum ging es hier und das habt ihr aber mal mit Bravour gemeistert! Auch wenn der Punktverlust gegen Wil jetzt vielleicht besonders bitter schmeckt, denk daran, dass ihr nicht die vollen 36 Saisonspiele gemeinsam für den Aufstieg Zeit hattet. Das kommt nächstes Jahr und dann vielleicht sogar ohne die lästige Relegation!
Das wäre dann auch meine Frage für die Pressekonferenz zum Saisonabschluss: Was sind nach dieser beeindruckenden Spielzeit die Ziele für nächstes Jahr und auf welcher Position gibt es im Kader noch Verbesserungsbedarf?

Kai Gärtner scheint mir aber ne ziemlich heftige Nummer auf der rechten Außenbahn zu sein, hoffentlich kannst du den im Verein halten. Generell bleiben Mannschaft und Teamgefüge hoffentlich weitestgehend erhalten, sind ja doch einige (Can, Faure, Aegerter, Mejri, Sibanda) gute Kicker dabei, die eventuell Begehrlichkeiten wecken könnten...
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...und der Teufel schickt uns einen Kuss, wir haben von alledem gewusst!

shortknife

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Aha….. Nürnberg 2025…….Winterthur 2040… in 15 Jahren bin also ein unterbezahlter Schreiberling bei einer kleinen Abendzeitung. Uff….. dabei wollte ich doch mal die Bundesliga und die Championsleague gewinnen. Okay denn DFB-Pokal wäre auch noch auf der Wunschliste gewesen. Was ging da wohl schief? Gescheitert mit Nürnberg? Werde ich doch tatsächlich mit Teufeln und Trompete aus dem Klub gejagt, man-o-man hätte ich doch nur das Gehaltsbudget eingehalten…..hoffentlich ist das nur ein böser Tra…..
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Schweizer, Trainer einer Juniorenmannschaft, ehemaliger U-16 Nationalspieler der Schweiz.

Bayernfahne

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Aha….. Nürnberg 2025…….Winterthur 2040… in 15 Jahren bin also ein unterbezahlter Schreiberling bei einer kleinen Abendzeitung. Uff….. dabei wollte ich doch mal die Bundesliga und die Championsleague gewinnen. Okay denn DFB-Pokal wäre auch noch auf der Wunschliste gewesen. Was ging da wohl schief? Gescheitert mit Nürnberg? Werde ich doch tatsächlich mit Teufeln und Trompete aus dem Klub gejagt, man-o-man hätte ich doch nur das Gehaltsbudget eingehalten…..hoffentlich ist das nur ein böser Tra…..

 ;D ;D ;D Nice one!
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shortknife

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Heiliger Schwede… ???.was du da aus dem FC Winterthur gemacht hast….Respekt. Du bist ja ein richtiger «Feuerwehrmann» Coach. Jeder Abstiegskandidat wäre froh, wenn er dich als Trainer verpflichten könnte.

Aber wenn ich das jetzt ein wenig nüchtern betrachte, muss ich sage, eigentlich unmöglich…. ;)und ich meine jetzt, aus Sicht der Realität. Nicht das ich jetzt deine Trainerfähigkeit in Frage stelle ;), das käme mir nie in den Sinn. Aber wie kann eine Mannschaft, die in 12 Spielen 8 Punkte gesammelt hat, Abstiegskandidat Nummer eins ist, anschliessend aus 24 Spielen 49 Punkte holen. Entweder war da vorher die Putzfrau am Werke, also nichts gegen Putzfrauen, die machen auch ihren Job, oder das Game macht einfach aus einen Trainerwechsel einen Extrem-Bonus, anders ist das sehr schwer zu verstehen.
Ich habe auch schon ein paar Saves gespielt und auch schon Abstiegskandidaten übernommen, ich bin noch nie mit so einer Mannschaft abgestiegen.   

Das merke ich auch bei meinem Save mit Nürnberg. Manchmal hängt das ganze der Realität ein wenig hinterher. Wie du gelesen hast, stehen wir kurz vor dem Aufstieg, eigentlich mit dieser Mannschaft von der Qualität her, unmöglich.

Bin ja mal gespannt, wie es hier weitergeht. Alles andere als ein Aufstieg nächste Saison wäre ja eine Enttäuschung, oder ;D?
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4Ramos

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Überragende Saison, da kann man nur den Hut ziehen, der Trainerwechsel hat gefruchtet und du hast den Schwung anschließend mitgenommen. Aber jetzt wird es interessant, wenn du deine erste Vorbereitung hast ob es so weiter geht oder ob die Mannschaft einen Knacks bekommen hat durch den Nichtaufstieg bzw. die knapp verpasste Relegation.

Heiliger Schwede… ???.was du da aus dem FC Winterthur gemacht hast….Respekt. Du bist ja ein richtiger «Feuerwehrmann» Coach. Jeder Abstiegskandidat wäre froh, wenn er dich als Trainer verpflichten könnte.

Aber wenn ich das jetzt ein wenig nüchtern betrachte, muss ich sage, eigentlich unmöglich…. ;)und ich meine jetzt, aus Sicht der Realität. Nicht das ich jetzt deine Trainerfähigkeit in Frage stelle ;), das käme mir nie in den Sinn. Aber wie kann eine Mannschaft, die in 12 Spielen 8 Punkte gesammelt hat, Abstiegskandidat Nummer eins ist, anschliessend aus 24 Spielen 49 Punkte holen. Entweder war da vorher die Putzfrau am Werke, also nichts gegen Putzfrauen, die machen auch ihren Job, oder das Game macht einfach aus einen Trainerwechsel einen Extrem-Bonus, anders ist das sehr schwer zu verstehen.
Ich habe auch schon ein paar Saves gespielt und auch schon Abstiegskandidaten übernommen, ich bin noch nie mit so einer Mannschaft abgestiegen.   

Das merke ich auch bei meinem Save mit Nürnberg. Manchmal hängt das ganze der Realität ein wenig hinterher. Wie du gelesen hast, stehen wir kurz vor dem Aufstieg, eigentlich mit dieser Mannschaft von der Qualität her, unmöglich.

Bin ja mal gespannt, wie es hier weitergeht. Alles andere als ein Aufstieg nächste Saison wäre ja eine Enttäuschung, oder ;D?


Findest du? Bei mir wurde bei Valencia im FM Baraja neuer Trainer und in echt ist wer neuer Valencia Trainer? ;D Und ich finde immer Trainerwechsel haben teilweise einen Vorteil vor allem zu Beginn, aber der stellt sich oft dann wieder ein. Natürlich manche Trainer passen perfekt zu einer Mannschaft und der Erfolg bleibt weiterhin bestehen, aber so ist es wahrscheinlich auch bei Achtelprofi :)
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Noergelgnom

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Radio Lavayeux

"Da gehe ich mit Ihnen ganz chloroform." (Helmut Schön, Hobby-Chemiker)


"Ding-a-ding-a-dingeling-adong-ding-DONNNNG! --- Radio Thurbo, das schnellste Programm Winterthurs! Immer topaktuell auf den Punkt informiert! --- Radio ThuuuuurbooooooOOOO!

Ja, herzlich willkommen, liebe Zuhörer! Hier ist Radio Thurbo, mein Name ist Florian Goldblech und die Sendung, die Sie jetzt hören, heeeißt ... richtig! 'Verlängerung! - Der Ballspieltalk!'
Wie gewohnt, werden wir in den kommenden dreißig Minuten auch heute wieder mit einer bekannten Persönlichkeit Winterthurs über Aktuelles, Aufregenswertes und Aberwitziges aus dem Ballsport sprechen.
Unseren heutigen Gast brauche ich wahrscheinlich überhaupt nicht mehr großartig vorzustellen. Ich freu mich sehr, dass er Zeit für uns gefunden hat. Herzlich Willkommen Gerard Lavayeux!"


"Guten Abend, Herr Goldblech."

"Ja, wie gerade erwähnt, Sie sind im Eiltempo zu einem Prominenten in der Stadt geworden. Vor einem Jahr war das noch anders, da kannte den Namen Gerard Lavayeux - mit allem Respekt - noch kein Mensch in Winterthur. Und als der FC Winti Sie im Oktober als neuen Trainer präsentierte, war die Reaktion der Öffentlichkeit ja auch eher verhalten. Aber Sie haben sich mit akribischer, erfolgreicher Arbeit einen Namen in Winterthur gemacht. - Verspüren Sie Genugtuung, es Ihren Kritikern gezeigt zu haben?"

"Nein, ganz sicher nicht. Ich verspüre eine tiefe Befriedigung, dass es uns - der Mannschaft, den Vereinsmitarbeitern und nicht zuletzt den Fans - vergönnt ist, auch weiterhin hochklassigen Fussball in Winterthur zu erleben.  Und es macht mich stolz, meinen Teil dazu beigetragen zu haben, dass das so ist. Aber das wars dann auch. Für solch unnütze Gedanken wie "Denen hab ichs aber gezeigt!" hab ich weder Zeit noch Anlaß."

" 'Fans' ist ein schönes Stichwort, Herr Lavayeux! Liebe Zuhörer, wie gewohnt haben wir auf unserer Webseite www.Radiothurbo.ch/verlaengerung ein Kontaktformular eingerichtet, mit dessen Hilfe Sie Fragen an unseren Gast richten können. Nutzen Sie das bitte zahlreich - sonst muß ICH nämlich alle Fragen stellen und ich bin ein sehr unkreativer Mensch, haha.
Eine Frage habe ich aber doch - wie haben Sie das zurückliegende Dreivierteljahr erlebt? War es eher Streß oder eher Freude, eher Belastung oder eher Erfüllung, wo würden Sie es für sich persönlich einordnen?"


"Erfüllung, ganz definitiv. Natürlich gab es auch all die anderen Dinge, die Sie gerade angesprochen haben - aber vor allem war die Arbeit in diesem wunderbaren Verein, mit dieser Gruppe von talentierten, motivierten Menschen eine sehr schöne Erfahrung. Eine Erfahrung, die ich unbedingt noch ausbauen und fortführen möchte."

"Mhmmm, das klingt gut ... ah, ich sehe gerade, wir haben die erste Frage aus dem Chat!
Der User ... äh ... "Bayernfahne98" schreibt: 'bravouröse Saisonleistung, besonders, wenn man bedenkt, dass Lavayeux nur zwei Drittel der Saison zur Verfügung hatte und Winti auf dem letzten Platz liegend übernahm! Was sind nach dieser Saison die Ziele für die nächste Spielzeit und wo im Kader sieht der Trainer Verbesserungsbedarf?' - Spannende Frage, Herr Lavayeux, oder?"


"In der Tat. Zunächst mal: danke für die lobenden Worte, ich finde auch, dass die Jungs das bravourös gemeistert haben. - Zu den beiden Fragen. Erstens, über ein mögliches Saisonziel haben wir uns vereinsintern noch nicht verständigt. Da noch nicht abzusehen ist, wer genau mit uns in der Challenge League spielt, da die Relegation zwischen dem FC Zürich und dem SC Brühl ja noch aussteht, warten wir damit auch noch etwas ab. Das gleiche gilt übrigens auch für den zweiten Teil der Frage. Verbesserungspotential gibt es immer in einer Fussballmannschaft. Das ist auch überhaupt nicht respektlos gegenüber den Spielern gemeint, die jetzt im Club sind. Beispiel: wir haben aktuell  auf der linken Seite ausschließlich Faure als erfahrenen, Challenge-League-erprobten Spieler. Dahinter kommen zwei Jugendspieler, die eigentlich noch nicht in die Startelf gehören, die wir aber diese Saison dennoch ein paar mal auf den Platz schicken mußten. Sie haben ihre Sache auch gut gemacht, aber die Situation ist für mich als Trainer natürlich dennoch nicht ideal."

"Was wäre denn ideal für Sie?"

"Ideal wäre, wenn ich auf jeder Position zwei absolut gleichwertige Optionen hätte, die sich im Training für Spielzeit zerreißen müssen. Mein Glück hier in Winterthur ist, dass die Spieler genügend Eigenmotivation besitzen, um auch ohne drohenden Bankplatz Leistung zu bringen. Aber wir haben halt einige Positionen, auf denen hinter dem unangefochtenen Stammspieler kein wenigstens im Ansatz gleichwertiger Ersatz vorhanden ist. Hängt aber natürlich auch damit zusammen, dass wir zwar finanziell gut dastehen, dieses Polster aber auch erhalten wollen und müssen. Und daher können wir ohne Abgänge mit nennenswerter Ablöse keine potentiellen Stammspieler als Zugänge präsentieren.
Die Transferperiode wird auf diese Planung möglicherweise noch Einfluss haben, auch wenn wir niemanden abgeben wollen ..."


"Erneut: gutes Sichwort! Der Zuhörer "bavarian_flag" fragt, ob "die fantastischen Leistungen von Spielern wie Can, Gärtner, Faure, Aegerter, Mejri oder Sibanda bereits andere Vereine auf den Plan gerufen haben?'
Also - gibt es über das verbriefte Interesse an Stephane Faure hinaus bereits weitere Anfragen für Winterthur-Spieler?"


"Lassen Sie mich zuerst ein paar Sätze zu Stephane Faure verlieren, wenns recht ist. Erstens: Stephane ist ein extrem wichtiger Spieler von Winterthur und soweit es mich betrifft, bleibt er das auch in der nächsten Saison. Zweitens: die Aktion des Beraters, über ein Boulevardmedium Druck auf uns aufbauen zu wollen, indem er seinen Schützling öffentlichkeitswirksam bei anderen Vereinen anbot, ist indiskutabel, höchst unprofessionell und wird von uns nicht geduldet. Jeder Spieler und jeder Spielerberater weiß, dass er jederzeit zu Michael Kälin kommen und mit ihm über finanzielle Dinge oder gegebenenfalls auch über Wechselabsichten sprechen kann. INTERN. Solche Dinge haben nichts, aber auch nichts in der Offentlichkeit zu suchen. Stephane - der diese Aktion nicht beauftragt hat und nicht einmal etwas davon wußte, wie ich betonen möchte - hat sich inzwischen von diesem Berater getrennt und wir werden mit diesem Berater auch keinerlei Geschäfte mehr machen.

So, und nun zur Frage des Zuhörers: aktuell gibt es für keinen der genannten Spieler - und im übrigen auch für keinen anderen Stammspieler des FC Winterthur - ernsthafte Anfragen. Da wir keine wirtschaftlichen Zwänge verspüren, sehen wir auch keine Notwendigkeit, etwaige zukünftige Anfragen positiv zu bescheiden."


"Holla, das war deutlich! - Ah, es geht sofort weiter mit den Fragen.... ach, das ist ja lustig, diese Frage wollte ich Ihnen sowieso im Laufe der Sendung noch stellen. Der Zuhörer "Stephan S." möchte nämlich wissen, wie es eigentlich dazu kam, dass Sie von Steven Shortknife interviewt wurden - dem bekannten und äußerst erfolgreichen Fussballtrainer, den die Deutschen manchmal auch mit seiner eingedeutschten Namensversion "Stefan Kurzmesser" ansprechen?"

"Haha, das war eine lustige Geschichte! Steven und ich kennen uns von einem Trainingslager in Österreich, in dem wir damals zeitgleich weilten - er  mit dem 1. FC Nürnberg, ich noch als Trainer von FOLA Esch. Wir hatten durch eine organisatorische Panne beide zeitgleich den gleichen Trainingsplatz gebucht bekommen. Und ehe sich das ganze in ein echtes Drama ausweiten konnte - der Veranstalter war schon ganz aufgelöst vor Verlegenheit und völlig überfordert - hat Shortknife den scherzhaften Vorschlag gemacht, dass die beiden Trainer ja ein Elfmeterschiessen jeweils gegen den Stammtorhüter der anderen Mannschaft veranstalten könnten. Jeder fünf Versuche, abwechselnd, halt wie bei einem richtigen Elfmeterschießen. Und der Gewinner erhält mit seinem Team den Platz für den Tag, der Verlierer verpflichtet sich, den Gewinner irgendwann mal zu interviewen und das Interview einer Lokalzeitung gratis zur Verfügung zu stellen.
Beide Mannschaften waren Feuer und Flamme - es ist für Spieler ja immer schön, wenn sie zur Abwechslung mal dabei zuschauen können, wie sich ihr Trainer blamiert.
Ich bin heute noch überzeugt, dass Nürnbergs Torhüter alles dafür getan hat, dass ich gewinne, vielleicht, weil er seinen Trainer mal als Reporter erleben wollte, keine Ahnung, haha. Jedenfalls hab ich das "Elfmeterschießen" hauchdünn mit 4:3 gewonnen, den Platz damit gewonnen, mit Shortknife noch ein paar Minuten nett geplauscht. Ein sehr sympathischer Zeitgenosse übrigens und mindestens genauso positiv fussballbekloppt wie ich inzwischen! Dann haben wir das Training begonnen und die Nürnberger sind zu einem Ausweichplatz gefahren.
Und nach ein paar Tagen hatte ich die ganze Geschichte vergessen.

Bis vor ein paar Wochen plötzlich mein Telefon klingelt, ein Herr Wölkli von der Winterthurer Abendzeitung ist dran und fragt mich, ob ich wohl in den nächsten 48 Stunden ein paar Minuten Zeit erübrigen könnte für ein Interview?
Klar hab ich zugesagt - die Abendzeitung hat sich bei mir in diesem einen Jahr sehr schnell sehr beliebt gemacht, denn obwohl sie wirklich kein großes finanzstarkes Blatt sind, haben ihre Artikel stets Hand und Fuß und die Interviews mit Spielern (oder auch mir) und die Berichte über den Verein sind auch immer lesenswert.
Ja, der Reporter war dann Steven Shortknife, der mich grinsend mit den Worten empfing: "Hast gedacht, ich hätte die Wette vergessen, oder?"
Er war geschäftlich in Zürich und hat, da er wußte, dass ich hier arbeite, über die Abendzeitung seine Wettschulden eingelöst.
Mehr steckt da eigentlich nicht dahinter. Aber schmunzeln muße ich schon."


"Haha, das ist ja wirklich witzig! - Uuuund wir haben schon die nächste Frage! Der Zuhörer "Messerchen" .... also die Pseudonyme sind aber echt ulkig heute! ... also der Zuhörer "Messerchen" schreibt: "Bockstarke Saison, eigentlich schon surreal stark! Wie bitte schafft man es, einen komplett am Boden liegenden Verein - Winti hatte 8!!! Punkte nach 12 Spielen! - fast noch in die Playoffs zu führen? Auch noch ohne einen einzigen Transfer?! Was immer Lavayeux den Jungs ins Müsli mixt - ich will es auch haben. Scherz! Ernstgemeinte Frage: wie haben Sie das geschafft?!" ... Die Frage ist gut, das müssen Sie zugeben, Herr Lavayeux. Es hat wohl selten einen raketenhafteren Aufstieg innerhalb von zwei Dritteln einer Saison gegeben als den Ihrer Mannschaft in der abgelaufenen Spielzeit."

"Das Saisonergebnis ist herausragend gut, auch wenn wir natürlich maßlos enttäuscht waren, dass statt uns nun Brühl in die Aufstiegsplayoffs durfte.
Aber das wäre des Guten vielleicht auch ein bißchen zuviel gewesen. Zumal - und das werde ich nicht müde zu betonen - wir viele Partien nur mit viel Spielglück und einem unglaublichen Torhüter gewonnen haben. Nicht falsch verstehen: alle Spieler des FC Winterthur sind nach dieser Saison für mich ganz persönlich Helden, aber Stefan Aegerter hat in meinen Augen völlig zurecht die Fanwahl zum "Spieler des Jahres" gewonnen. Was er zwischen den Pfosten geleistet hat, war oft genug selbst dann nicht zu glauben, wenn man selbst Augenzeuge war. Für mich ist die Mannschaft - jeder Einzelne! - der Grund, warum wir ganz souverän das ursprüngliche Saisonziel "obere Tabellenhälfte" trotz Katastrophenstarts noch erreicht haben. Aber Aegerter ist der Grund, warum wir sogar noch ganz oben angeklopft haben.
Ein weiterer Punkt ist dabei allerdings auch noch wichtig. Ich bitte das Folgende nicht als Schmähung meines Vorgängers zu verstehen. Ich war nicht in seiner Situation, ich habe die ersten 10 Saisonspiele nicht selbst miterlebt, sondern nur im Nachhinein aus Schilderungen Anderer erfahren.
Ich weiß also weder, warum er bestimmte Entscheidungen so und nicht anders getroffen hat noch weiß ich, wie ICH an seiner Stelle entschieden hätte.
Für mich ist und bleibt es jedoch unbegreiflich, wie man in einem 442 alle 4 Außenpositionen - also genau die Positionen, die das 442 in der Breitengebung so flexibel und gefährlich machen - komplett mit inversen, also nach innen orientierten Spielern besetzen und damit die Flügel offensiv wie defensiv komplett aufgeben kann. In jedem Spiel!
Wenn ich eine taktische Änderung benennen sollte, die den Aufschwung maßgeblich begünstigt hat, dann war es Massimo Pilatis Vorschlag, diesen - pardon! - Unsinn aufzugeben."


"Apropos Pilati - stimmen die Gerüchte um ihn?"

"Ja, leider. Mir fehlen ehrlich gesagt die Worte, um mein Bedauern angemessen auszudrücken, aber Massimo wird uns zum Saisonende verlassen und sich dem Trainerstab des FC Basel anzuschließen. Er wird uns und insbesondere mir wirklich unermeßlich fehlen. Ohne ihn hätte ich nicht den Hauch einer Chance gehabt, die Mannschaft so schnell und so erfolgreich aus der Talsohle zu holen. Und ich habe in diesem viel zu kurzen Dreivierteljahr wirklich eine Menge von ihm gelernt. Und das ist noch schwer untertrieben.
Die Jungs sind genauso geschockt wie ich. Natürlich können wir es absolut verstehen - er verbessert sich in vielerlei Hinsicht. Aber ich hätte wirklich, wirklich gern weiterhin mit ihm zusammengearbeitet. Massimo, von hier aus auch nochmal in aller Öffentlichkeit: diese unfaßbare Saison ist nicht zuletzt auch Deine Leistung. Und ich wünsche mir sehr, dass wir irgendwann doch nochmal zusammen irgendwo arbeiten können. Es war mir ein absolutes Vergnügen!"


"Da ist wohl eine Männerfreundschaft entstanden . . . unsere Zeit neigt sich langsam schon wieder dem Ende entgegen, aber für eine Frage reicht es noch. Der User "ForSergio" schreibt: 'Letzte Saison haben Sie bestimmt auch vom Trainerwechseleffekt und der dann aufkommenden Euphorie profitiert. Sowas baut ja auch Momentum auf, wie Sie selbst mehrfach gesagt haben. - Fürchten Sie, dass nach dem denkbar knapp verpaßten Relegationsplatz und dem Abgang von Pilati nun ein Knacks kommen und der FC Winterthur wieder abstürzen könnte?"

"Das ist eine gute Frage, ForSergio. Nein, befürchte ich nicht. Klar kann es sein, dass wir vielleicht nicht gleich erneut um den Aufstieg mitspielen, da spielen so viele Faktoren eine Rolle, dass man das vorher schlecht abschätzen kann. Man darf ja auch nicht vergessen, dass in der kommenden Saison der schweizer Rekordmeister in der ChallengeLeague spielen wird. Das werden sehr knackige Duelle. Also: Voraussagen sind schwierig, aber ich bin überzeugt, dass wir - sofern die Mannschaft wirklich so zusammenbleibt - eine gute Rolle in der Liga und auch im Pokal spielen können."

"Ein schönes Schlußwort! Und damit sind wir leider schon am Ende der Sendung angekommen. Ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen, liebe Zuhörer, für die guten Fragen - und natürlich vor allem bei Ihnen, Herr Lavayeux, dass Sie uns Ihre Zeit geopfert haben. Wir werden alle die Daumen drücken für eine weitere erfolgreiche Saison des FC Winterthur!"

"Ding-a-ding-a-dingeling-adong-ding-DONNNNG! --- Radio Thurbo, das schnellste Programm Winterthurs! Immer topaktuell auf den Punkt informiert! --- Radio ThuuuuurbooooooOOOO! - Und jetzt: die schnellste Werbung der Stadt, nur vier Spots und es geht weiter mit den Nachrichten ......"
« Letzte Änderung: 15.Februar 2023, 18:38:45 von Achtelprofi »
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 ;D ;D ;D ;D geiler Radiosender...... 8) ;) ;) ;) ;)...aber diese Winterthurer sind einfach hinter dem Mond.... kein DAB ::).....jetzt wollte ich doch Musik hören, ja und die schnellsten... ??? das halte ich für ein Gerücht...
Was die wohl bringen, Schweizer Jodler, Alphorn, Sound vom Heidi...
Ich werde mich revanchieren  :)
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Schweizer, Trainer einer Juniorenmannschaft, ehemaliger U-16 Nationalspieler der Schweiz.

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Saisonstart 2040/41

"Das wird alles von den Medien hochsterilisiert." (Bruno Labbadia, Lateinexperte)




« Letzte Änderung: 17.Februar 2023, 17:21:56 von Achtelprofi »
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“Goodness is about what you do. Not who you pray to.” (Terry Pratchett)

Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

Noergelgnom

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Herbst 2040

"Wenn ich heute fünf Talente einbaue und mehrere Spiele hintereinander verliere, dann lassen die Leute an den Blumen, die sie mir zuwerfen, plötzlich die Töpfe dran."
(Otto Rehagel, Florist wider Willen)


Der reißerische Artikel im "Winterthurer Stammtisch", einem selbsternannten "investigativen Recherchemagazin", kommt zur absoluten Unzeit - nämlich am Tag vor dem Trainingsauftakt. Dementsprechend gerät der Sport bei unserer Saisonauftakt-Pressekonferenz komplett zur Nebensache.
Die anwesenden Journalisten wollen allesamt nur zwei Dinge wissen:

(1) Stimmt es, dass der FC Winterthur mit Karacho Richtung Pleite donnert?
(2) Werden wir überhaupt eine wettbewerbsfähige Mannschaft auf den Rasen schicken können oder sollen es jetzt die Jugendspieler richten?

Unser anwesender Präsident - wir ahnten ja, was auf uns zukommt und sind deswegen in "voller Mannstärke" angetreten, Präsident, Vizepräsident, Schatzmeister, Sportdirektor ... und irgendwo am Rande auch der Trainer - gibt sich wirklich alle Mühe, die Spekulationen einzudämmen und ein bißchen Transparenz in die Situation zu bekommen.

"Ja, es ist korrekt, dass wir zur Zeit zuviel an Gehältern für die Lizenzspielerabteilung ausgeben. Das liegt daran, dass die beiden Entscheider in diesem Bereich ein bißchen ... großzügig waren. Großzügiger als angemessen gewesen wäre."


Er schaut dabei weder Kälin noch mich an, aber ich spüre, wie mir die Röte über die Wangen kriecht.
Und der Präsident hat blöderweise auch noch völlig recht!

Es gibt - so hat unsere Bilanz am Ende der Vorsaison ergeben - eine Verquickung von zwei Tendenzen stattgefunden, die in Kombinatin für ein massives Loch im Vereinssäckel sorgen.
Erstens: Kälin hat einige Leistungsträger holen (oder auch halten) wollen, die normalerweise gegangen (oder eben gar nicht erst nach Winterthur gewechselt) wären. dafür hat er diesen Jungs saftige Gehaltssteigerungen entweder jedes Jahr oder halt - da stimmt dann auch der Artikel im "Stammtisch" - nach einer bestimmten Anzahl Pflichtspielen in die Verträge geschrieben.

Das sorgt dafür, dass mehr als die Hälfte der Stammelf inzwischen nicht mehr um die 65.000€ verdient, sondern 100.000€, 120.000€ oder sogar noch mehr.

Was es aber noch viel schlimmer macht, ist das "Zweitens". Und da komme leider ich ins Spiel.
Ich hatte mir in der letzten Saison ausbedungen, die Kaderverantwortung für die Jugend zu haben - ich wußte ja, wie ich spielen lassen will, ich wußte auch, welche Art von Spielern ich sowohl im sportlichen als auch im charakterlichen Sinne in der Mannschaft haben will.
Einen hauptamtlichen Jugendabteilungsleiter hatten wir sowieso nicht, das paßte also auch ganz gut. Kälin war, so mein Eindruck, insgeheim ganz froh, nicht auch noch die Verantwortung für diesen Bereich an der Backe zu haben.
Was wir allerdings haben, ist eine extrem fähige Scoutingabteilung, die meine breitgefaßten Vorgaben ("muß als in der Schweiz ausgebildet gelten, unter 19 sein und vor allem durch eine professionelle Einstellung zum Fussball auffallen") in dutzende und aberdutzende Vorschläge für Spielerverpflichtungen umsetzte.
Alles prima Jungs, alle talentiert, alle mit der richtigen Einstellung, alles Spieler, bei denen ich regelrecht schon in jungem Alter sehen konnte, wie herausragend die mal spielen würden.

Ergebnis: ich habe in der abgelaufenen Saison viel zu viele Spieler für die Jugend verpflichtet. Jeder einzelne verdient natürlich für sich genommen gar nicht mal so viel, die meisten um die 10,000€ .... aber wir hatten zu Spitzenzeit fast dreißig Jugendspieler in der U21...

Der Wutausbruch unseres Vorstands war wahrscheinlich noch in den Nebenstraßen zu hören, als uns bei der Jahresbilanz klar wurde, dass wir in der vor uns liegenden Saison wahrscheinlich um die zwei Millionen Euro Verlust machen würden - bei anderthalb Millionen auf dem Konto!

Ich unterdrücke ein Seufzen und höre dem Präsidenten weiter bei seinen Ausführungen zu. Ich weiß ja, was kommt, die Journalisten werden aber gleich eifrig kritzeln, da bin ich mir sicher.

"... und daher haben wir uns nach reiflicher Überlegung entschlossen, folgende Massnahmen zu treffen.
Erstens - wir verzichten darauf, die beiden Hauptverantwortlichen freizustellen. Einen Grund für eine außerordentliche Kündigung sehen wir nicht gegeben, da die finanziellen Verluste nicht in böswilliger Absicht oder zur persönlichen Bereicherung angehäuft wurden, sondern im besten Glauben, den Verein damit voranzubringen. Ab sofort werden Herr Kälin und Herr Lavayeux alle Ausgaben im Voraus mit dem Schatzmeister und mit mir persönlich abstimmen.

Zweitens - wir werden uns möglicherweise von einer gewissen Anzahl Spielern trennen müssen. Wichtig ist uns dabei jedoch folgendes: jeder Spieler, der einer Reduzierung seiner Bezüge auf ein vom Verein verkraftbares Maß zustimmt, ist herzlich eingeladen, weiter bei uns zu spielen. Vom sportlichen Gesichtspunkt aus gesehen möchten wir jeden einzelnen am liebsten behalten. Sie alle sind verantwortlich dafür, dass wir überhaupt noch in der Challenge League spielen. Wir wissen, was die Jungs für den Verein geleistet haben!
Wer einer Gehaltskürzung nicht zustimmen kann oder will, bekommt von uns die Wechselfreigabe und darf bei einem wirtschaftlich vertretbaren Angebot den Verein verlassen.

Drittens - wir stellen zum 01.07.2040 mit Konstantin Indermühle einen Hauptverantwortlichen für den Bereich "Jugendarbeit" ein. Herrn Indermühle werden wir in einer gesonderten Pressekonferenz vorstellen, er hat es durch Turbulenzen im Luftraum über Zürich leider nicht geschafft, rechtzeitig hier zu sein.
Falls Ihnen der Name vertraut vorkommen sollte - Herr Indermühle hat in den letzten zehn Jahren bei verschiedenen europäischen Spitzenvereinen in der Jugendentwicklung gearbeitet, unter anderem bei Ajax Amsterdam. Wir versprechen uns von diesem Neuzugang eine verbesserte Struktur, Kommunikation und Entwicklung in dem Bereich, den er ab 01.07. verantwortet.

Viertens - wir haben aus früheren Transfers noch verschiedene Klauseln zur Weiterverkaufsbeteilung offenstehend, wir werden mit den entsprechenden Käufervereinen in Verhandlungen eintreten, inwieweit sie uns diese Klauseln abkaufen möchten.

Fünftens - Ziel ist es, die Ausgaben des Vereins bis zum Ende der Wintertransferperiode um sechshunderttausend Euro zu senken. Mit dieser Einsparung wären wir wieder im sicheren Fahrwasser, finanziell gesehen.

Sechstens - das Saisonziel wird angepaßt. Wir hatten ursprünglich als Zielsetzung, um den Playoffplatz mitzuspielen. Da uns absehbar jedoch einige Leistungsträger verlassen werden, lautet unser offizielles Ziel für die Saison 2040/41 nunmehr 'obere Tabellenhälfte'.

Falls Sie Fragen zu diesem Themenbereich haben, bitte ich diese als schriftliche Anfrage an den Verein zu formulieren, wir werden die finanzielle Situation und die soeben skizzierten Entscheidungen hier und heute nicht weiter kommentieren."


Mit dieser Aussage sorgt der Präsident dafür, dass die Pressekonferenz relativ kurz danach beendet werden kann - denn natürlich interessiert das Sportliche heute keinen der Anwesenden.

Und nicht nur heute - die schweizer Zeitungen sind in den folgenden Tagen und Wochen voll von Artikeln zur "Misswirtschaft in Winterthur". Und nicht nur Kälin bekommt die volle Breitseite der Kritik ab - nein, auch ich bekomme reichlich "auf die Fresse", ums salopp zu formulieren.

In jedem Interview versucht der Reporter mindestens ein mal, mir einen Kommentar zu diesem Thema zu entlocken - ich bin ehrlich gesagt heilfroh, dass ich dann immer ganz professionell auf die Vorgabe des Vereins verweisen und mich in Schweigen hüllen kann.

Auf dem Platz und in der Kabine - beim Training mit den Jungs also - geht das natürlich nicht ganz so einfach. Mein Ansehen ist zwar nicht direkt im Keller, abereinige der Spieler betrachten mich doch mit andren Augen, das ist deutlich. Inbesondere natürlich diejenigen, die jetzt auf Gehalt verzichten sollen.
Am schlimmsten ist es bei unserem Eigengewächs und Star Bülent Can. In den ersten Tagen nach Trainingsstart redet er kaum mit mir - bis ich ihn irgendwann mal zu einem Vier-Augen-Gespräch zerre und ihm gestatte, einfach mal "unter Männern" Klartext mit seinem sportlichen Chef zu reden.
Dabei wird mir klar, dass er weniger sauer als vielmehr enttäuscht ist, weil er mich für schlauer gehalten hätte als das Geld ohne großes Nachdenken so "aus dem Fenster zu werfen".
Interessanterweise hält er sein eigenes Gehalt allerdings kein Stück für überzogen - nur die ganzen "Mitäufer" und "Jungspunde" hätten "noch nicht so viel kriegen sollen".
Dazu sage ich an der Stelle dann nichts und schaue ihn nur ironisch an.

Nach diesem Gespräch - und einigen weiteren, weniger dramatischen, mit anderen Spielern - wird es stimmungstechnisch langsam (!) besser und wir können uns nach ein paar Wochen endlich auf die Saison konzentrieren, die ja bereits läuft.
Hatte ich das nicht erwähnt?

Die Challenge League, in der dieses Jahr der Aufsteiger FC Tuggen und der Absteiger Grasshoppers Zürich (!) neu dabei sind, ist eine nach Meinung aller Experten kaum vorhersagbare Liga in diesem Jahr.
Eigentlich gibt es nur eine Handvoll gefühlte Aufsteiger und daneben einen Rest, der ebenso gefühlt schon fast aus der Liga abgestiegen ist, bevor diese überhaupt begonen hat.
Der zweite Überflieger der letzten Saison (neben uns), der SC Brühl, hat im Aufstiegsplayoff knapp den Kürzeren gegen den FC Zürich gezogen und wird im Aufstiegsrennen erwartet.
Die Grasshoppers sowieso.
Der FC Aarau und Xamax Neuchatel haben massiv in ihre Mannschaften investiert, unter anderem diverse Ü-30-Stars aus der Raifeissen Super League verpflichtet - und werden beide natürlich ebenfalls oben erwartet.
Alle anderen sieht man im erweiteren Kreis der Abstiegskandidaten.

Also außer Winterthur. Da sind die Meinungen sehr gespalten, der allgemeine Tenor ist allerdings, dass man eigentlich erst nach dem Wintertransferfenster sagen könne, wohin es geht. Grund: es weiß ja noch gar keiner, wer im Winter von der Mannschaft überhaupt noch da ist.

Nun, ich weiß zumindest, wer dann definitiv nicht mehr da sein wird.
Die Spieler Altenfeld (FC Ingolstadt), Lescure (AIK Solna), Martinez (SC Kriens), Zabala (FC Millwall), Cesareo (Darmstadt98), Mosti (Charleroi) und Bullo (Ascoli) unterzeichnen im Laufe des Herbstes (und damit glücklicherweise erst nach Schließung des Sommertransferfensters) nach und nach Verträge bei finanzkräftigeren Vereinen und werden uns (neben freiwerdenden Gehältern in etwa der Höhe, die der Präsident verlangt hat) auch noch deutlich mehr als eine Million Euro Ablöse bescheren.
Ungefähr nochmal genausoviel erwirtschaftet Kälin durch das Verkaufen von Klauseln.

Bei Bülent Can dagegen wissen wir auch Ende Dezember noch nicht, ob er wechselt, ob er vielleicht doch noch einer Halbierung seiner Bezüge zustimmt oder ob er möglicherweise einfach nur auf Zeit spielt, um keine Entscheidung treffen zu müssen.

Dass dieses ganze Chaos die Mannschaft ständig (und damit natürlich auch in den Pflichtspielen) belastet und ablenkt, kann man sich sicher vorstellen.

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« Letzte Änderung: 18.Februar 2023, 11:54:50 von Achtelprofi »
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Bayernfahne

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Eieiei, Herr Lavayeux! Das hatten wir doch so ähnlich schon einmal bei FOLA!  :o Gut, dass die Mannschaft das scheinbar mit sportlich guten Leistungen kompensiert, selbst der direkte Aufstiegsplatz ist noch in Reichweite. Was schätzt du denn, wie viel Personalrochade im Winter noch notwendig sein wird? Klang jetzt erstmal so, als sei das Gröbste überstanden?
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...und der Teufel schickt uns einen Kuss, wir haben von alledem gewusst!

Noergelgnom

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Herbst 2040

"Für uns wäre es besser gewesen, wenn wir heute gewonnen hätten."
(Erich Ribbeck, Logiker)


Neben all den Dingen, die meine zweite Saison in Winterthur überschatten, spielen wir selbstverständlich auch Fussball.
Wie schon erwähnt, sind gut ein halbes Dutzend Profis nur noch auf Abruf hier - sobald das Transferfenster öffnet, werden sie teilweise riesige Lücken hinterlassen.
Vor allem die Abgänge von Altenfeld hinten links, Lescure und Mosti in der Mittelfeldzentrale sowie Zabala in der Abwehr werden uns wirklich zu schaffen machen.
Positiv: wir wissen von den meisten dieser Abgänge schon Monate im Voraus, können uns also ohne großen Zeitdruck um Ersatz kümmern.
Negativ: die klamme Vereinskasse (bzw eher die sehr restriktiven Vorgaben des Vorstandes, der Kälin und mir nicht nochmal unbesehen trauen will) machen die Suche nach Verstärkungen zu einer Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen.

Im Endeffekt sind unsere "Verstärkungen" allzuoft schlußendlich Jugendspieler, die wir bereits seit Monaten in der U21 haben.

Aber zurück zur Liga.
Das Tohuwabohu im Umfeld belastet unseren Ligastart wirklich stark - wie sich herausstellt, sind unsere Spieler in den ersten Wochen selten mit hundert Prozent Fokus auf dem Platz.
Und in einer dermaßen engen Liga wie der Challenge League kann das wirklich schnell wirklich böse ins Auge gehen...

Los gehts mit einem Auswärtsspiel bei ... ach gugge! Schaffhausen. Auswärtsderby zum Saisonauftakt.
Die einzigen, die heiß wie Frittenfett auf dieses Spiel warten, sind dann aber die beiden Fanlager.
Während auf den Rängen nämlich der Teufel los ist, herrscht auf dem Rasen eine Art schläfriger Nichtangriffspakt.
Ergebnis: ein 0:0 der extrem müden Sorte.

Naja, Ausrutscher passieren.
Dann holen wir den ersten Sieg halt beim ersten Heimspiel ... ach, wir haben schon wieder eine Auswärtspartie? Wo denn?
Sch....! Bei den Grasshoppers.
Die sind bei allen Buchmachern der turmhohe Favorit auf den Aufstieg, wenn man sich den Kader so anschaut, weiß man auch gleich, warum. Die Hälfte des Kaders besteht aus Nationalspielern. Zwar meist aus kleineren Nationen, aber dennoch ....
Wir laufen in unserem gewohnten 442 auf, mit dem wirdie gegnerischen Angriffe hoffentlich in Schach halten kö .... ich hab den Gedanken auf der Trainerbank noch nicht zuende gedacht, da liegen wir bereits hinten.
Wir antworten mit wütenden Angriffen ... nee, eigentlich Angriffsversuchen, die an der Gastgeberabwehr allerdings regelrecht abprallen.  Und als Sibanda dann ein einziges Mal ein paar Meter zu weit aufrückt, schnappt die Konterfalle zu: Grasshoppers-Stürmer Scherzinger läuft plötzlich allein über das halbe Feld auf Aegerter zu. Oft genug hat uns der Keeper in solchen Situationen schon vor einem Gegentor bewahrt - diesmal ist er aber machtlos. 0:2.
Unser Flügelflitzer Faure schiebt jetzt schon Frust ... und senst seinen Gegenspieler drei Minuten später einfach mal aus vollem Lauf um, ohne jede Chance auf den Ball. Klare Sache: rot.
Gegen zehn Gästespieler haben die Zürcher jetzt natürlich viel Platz ... und als sich am Ende dieser total gebrauchten ersten halben Stunde auch noch Rechtsverteidiger Quartuccio durch ein heftiges Foul verletzt und gegen einen unserer Jungspunde, einen 18jährigen Schlaks namens Tiziano Schlauri, ausgetauscht werden muß, befürchte ich das allerschlimmste. Wir haben nach der roten Karte auf ein 4401 umgestellt, mit zwei sehr engstehenden Flügelspielern im Mittelfeld.
Das bewährt sich überraschend gut und wir können die Grasshopper bis zur Pause davon abhalten, weitere Tore zu erzielen.

Und nach der Pause kommen wir tatsächlich sogar zu eigenen Gelegenheiten - eine davon kann der nunmehr alleinige Stürmer Can zum Anschluß nutzen.
Mehr will uns heute allerdings nicht mehr gelingen und so stehen wir nach zwei Spielen mit einem mickrigen Punkt auf Platz neun der Tabelle, knapp vor Aufsteiger Tuggen, denen nichtmal ein einziger Punkt vergönnt war bisher - und auch kein Tor, nebenbei gesagt.





Drittes Saisonspiel, zum ersten Mal zuhause. Gegner ist diesmal Kriens. Wir stellen auf ein 41311 um, was auch Wirkung zeigt, zumindest beim Ballbesitz. Aber obwohl wir das Gästetor neunzig Minuten lang regelrecht belagern und am Ende ungeheuerliche 28 Torschüsse abgegeben haben, steht als Ergebnis wieder nur ein 0:0 auf der Anzeigetafel.
Zwei Punkte ausd drei Spielen, Platz 8.
Jetzt haben wir offiziell Krise.

In Brühl beim SC muss jetzt ein Sieg her. Die sollten leichte Beute sein, sind nach den verlorenen Playoffs auch noch nicht wieder richtig in Tritt gekommen ist und haben nur einen Punkt auf dem Habenkonto.
Aber wie das so ist mit leichter Beute ... mitunter schleppt sie sich halt doch davon.
Wir spielen erneut nur unentschieden. Immerhin gelingt uns im vierten Spiel der zweite Saisontreffer, yippieh.

Na gut, jetzt aber!
Fünfter Anlauf, zweites Heimspiel - gegen Xamax Neuchatel, gegen die wir in der vergangenen Saison auch nicht immer sonderlich souverän waren .... aber am Ende dieses Tages steht tatsächlich der erste Dreier der neuen Saison. Und die Gäste können noch von Glück reden, dass sie nur 1:3 verlieren. Das hätte auch locker ein 1:6 sein können.

Mit dem guten Gefühl, endlich auf dem richtigen Weg zu sein, fahren wir zum Erstrundenpokalspiel nach Basel. Zum Glück nicht zum FC, sondern zu den Black Stars, einem unterklassigen Verein. Die sind unserem neugewonnenen Selbstbewußtsein zu keinem Moment des Spiels gewachsen. Mejri sorgt mit zwei Toren in den ersten 6 Minuten dafür, dass der Zug Richtung zweite Runde für uns sehr schnell Fahrt aufnimmt.
Am Ende steht für den Tunesier ein Dreierpack zu buche und für Winterthur der nie gefährdete Einzug in die nächste Pokalrunde.

Haben wir jetzt also endlich die Erfolgsspur gefunden?
Scheint so - bis zum Spiel in Aarau jedenfals.
Da verfallen wir nämlich wieder in alte Ineffektivitätsmuster und fahren nur dank eines extrem starken Rückhalts namens Stefan Aegerter, der schon wieder einen Elfmeter hält, wenigstens mit einem Punkt nach Hause.
Dreimal 0:0 in 6 Ligaspielen. Kannste keinem erzählen!

Gegen Nyonnais, das neue Schlusslicht, stehen wir also schon wieder unter Druck. Die haben bisher exakt einen Punkt geholt (selbst Tuggen hat inzwischen vier!) und wirken bisher wie eine Mannschaft, die unbedingt absteigen möchte.
Wir werden den Teufel tun, ihnen das auszureden - stattdessen schenken wir ihnen drei Tore ein und schicken sie mit null Punkten nach Hause zurück.
Die Umstellung auf ein ziemlich klassisches 4411 zahlt sich in diesem Spiel auf jeden Fall für uns aus.

Und weil das so gut lief, besiegen wir Tuggen im darauffolgenden, nunmehr achten, Saisonspiel auch gleich noch. Auch wieder im 4411, in dem Can den Schattenstürmer hinter Sturmzentrum Mejri gibt. In dieser Konstellation harmonieren die beiden deutlich besser als nebeneinander.

Dann ist auch schon Mitte September und wir treten in Kriens zum Zweitrundenspiel im Pokal an. Beide Mannschaften zeichnen sich durch sehr stabile Abwehrreihen aus und als uns Mejri nach einer Stunde mit einem herrlichen Flachschuß vom Strafraumeck in Führung bringt, rechne ich daher damit, dass wir in einer halben Stunde als Sieger nach Hause fahren.
Stattdessen liegt das längste Spiel meiner bisherigen Trainerkarriere zum Großteil noch vor mir - ich weiß es nur noch nicht.

Nur vier Minuten nach unserer Führung gleicht Kriens aus und da danach keiner mehr volles Risiko geht, landen beide Mannschaften in der Verlängerung.
Dort sind die Gastgeber, die irgendwie die zweite Luft kriegen, plötzlich die eindeutig dominante Mannschaft. Aegerter bewahrt uns mehrfach vor einem Rückstand. Höhepunkt seiner Glanzleistung: ein gehaltener Elfmeter in der 109. Minute. Der Typ ist unglaublich!
Wir wären nie im Leben nochmal zurückgekommen, wenn wir in Rückstand geraten wären.
So jedoch geht es ins Elfmeterschießen.

Der erste Gastgeberschütze scheitert gleich mal an Aegerter. Blöderweise ist Mosti, unser erster Schütze,  extrem stolz darauf, dass er ganz genau weiß, wo bei einem Tor der Außenpfosten ist. Der gegnerische Torwart glaubt ihm das nicht, also schreitet Mosti zum Beweis - und setzt die Kugel ... genau. An den Außenpfosten.
Danach treffen alle. Also wirklich alle. Auf beiden Seiten. Bis auf die Torhüter - die verschießen beide.
Und dann geht es wieder von vorn los.
Als erstes verschießt der Krienser.
Dann ist Mosti wieder dran. Der muß ja jetzt nichts mehr beweisen, also murmelt er die Pille einfach ins Netz.
Diesmal halt vom Innenpfosten.
Mein Herz, ey!

Nach gefühlt drei Stunden sind wir endlich, endlich in der dritten Pokalrunde.
Und ich bin gefühlt neunzig Jahre alt.





Zum Glück können wir eine Woche regenerieren und trainieren, bevor wir zum 9. Saisonspiel nach Lugano müssen.
So sind wir ausgeruht und motiviert. Zur Verwirrung stellen wir wieder auf 442 um, weil wir die Gastgeber in einer engen Formation erwarten und das mit sehr breitem 442 ausnutzen wollen.
Geht auf wie ein Hefeteig. Wir gewinnen locker 2:0.

Zum 10. Ligaspieltag empfangen wir dann den Ligakrösus, die Grasshoppers, in unserem Tempel namens "Schützenwiese". Sechseinhalbtausend Zuschauer werden Zeugen, wie wir uns für die Auswärtsniederlage rächen - das 2:1 klingt deutlich knapper als das Spiel war.

Un damit stehen wir nach zehn Spielen auf Platz 3, knapp hinter Aarau auf dem Relegationsplatz.
Den holprigen Saisonstart haben wir hoffentlich hinter uns gelassen - ab sofort heißt die Devise "so viele Punkte wie möglich holen, damit wir nach dem Abgang der halben Stammelf nicht doch noch absteigen".
Oder so ähnlich.







« Letzte Änderung: 18.Februar 2023, 22:38:30 von Achtelprofi »
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Herbst 2040, Teil 2

"Wenn wir alle schlagen, könen wir es schaffen."
(Horst Hrubesch, Motivationsguru)


Ungefähr ab dem zehnten Spieltag haben wir dann endlich unsere Stammformation gefunden.
Wir beginnen zwar bei weitem nicht jedes Spiel mit dieser Aufstellung und taktischen Marschroute, aber doch die meisten.
Und bei den Partien, in denen wir anders starten, kommen wir innerhalb des Spieles oft genug zu dem Schluß, dass die folgende Taktik doch besser wäre.

Unsere Grundordnung ist ein sehr langweilig-klassisches 4411 - wenn ich meinem neuen Co-Trainer Lorenzo Beltrame glauben kann, ist das seit Jahrzehnten weltweit verbreitet und einfach nur eine dezent defensivere Variante des totgenudelten 4231, das spätestens seit der WM 2018 und dem indiskutablen Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft (die als Titelverteidiger in der Vorrunde an Mexiko, Schweden und Südkorea scheiterten, wie er mir grinsend erzählt) vielen als ineffektiv gilt.

Ob langweilig oder nicht - uns paßt diese Grundordnung jedenfalls sehr gut, weil sie uns gegen die meisten Gegner eine gehörige Portion defensive Sicherheit verleiht.





In dieser Grundordnung gibt es im Herbst 2040 eine unwidersprochene Stammelf - Wechsel in der Startformation gibt es in diesen Wochen eigentlich nur, wenn ein Spieler wegen Sperren, Verletzungen oder Überbelastung ausfällt.
Und so laufen wir also auf:





Im Tor selbstverständlich unsere Lebensversicherung Stefan Aegerter.
Der ist für unsere Ansprüche fast schon ein "Rundum-Sorglos-Paket". Kaum nennenswerte Schwächen (auch wenn seine Ballannahme bei Rückpässen mitunter zu wünschen übrig läßt) und aufgrund seiner herausragenden Sprungkraft und Reflexe in Verbindung mit einem ebenso beeindruckenden Stellungsspiel trotz eigentlich zu geringer Körpergröße einfach ein großartiger Rückhalt. Dass er "nebenbei" auch noch - das in Verbindung mit Kapitän Sibanda - die Abwehr organisieren kann wie kaum ein anderer Keeper auf diesem Level, macht die ganz Sache noch besser.
Ach ja, Elfmeterkiller!

In zwei, drei Jahren wird ihm möglicherweise unser Jugendjuwel Zago den Platz streitig machen (der ist aktuell Stammtorwart der U21), aber Stand heute ist Aegerter unwidersprochen und ohne echte Konkurrenz Stammtorwart. Seine höchst professionelle Einstellung ist dann nur noch die Sahne auf der Torte.





Die Viererkette in der Abwehr ist zwar nicht ganz so unwidersprochen Stamm, aber dennoch gesetzt.

Auf rechts spielt unser Halbitaliener Quartuccio, der zwar einige deutliche Schwächen hat (Antritt, Passspiel, Flanken), dafür aber defensiv zuverlässig ist und über eine wahre Pferdelunge verfügt. Solange er das Flanken läßt und sich auf seine Defensivaufgaben konzentriert, führt kein Weg an ihm vorbei.

Daneben läuft als rechter Innenverteidiger der Kosovare Beqiri auf. Nahezu zwei Meter groß, aggressiv, konzentriert, herausragende Sprungkraft und Balance, dazu gutes Stellungsspiel, gute Ballannahme und sehr gute Entscheidungsfindung. Zabala klopft zwar an die Tür zu dieser Position, aber der wird uns ja verlassen. Und da ich bei gleichwertigen Spielern insgeheim denjenigen bevorzuge, der uns erhalten bleibt, findet sich Zabala häufiger auf der Bank wieder. Hat auch den angenehmen Nebeneffekt, dass die Gehaltserhöhungsklausel bei ihm nicht greift.

Links neben Beqiri spielt unser Rekordmann David Sibanda. Der aus Simbabwe stammende Innenverteidiger ist bereits seit sieben Jahren im Verein, war stets gesetzt und ist dadurch inzwischen Rekordspieler des Clubs mit mehr als 170 Pflichtspieleinsätzen. Etwas kleiner als Beqiri, verläßt er sich weniger auf körperliche Vorzüge, sondern lebt hauptsächlich davon, dass er stets am richtigen Platz steht und dort dann auch die richtige Entscheidung trifft. Dazu ist er derjenige, an dem sich unsere im Durchschnitt blutjunge Truppe aufrichten kann, wenns mal nicht läuft. Ein Kämpfer und Anführer, wie er im Buche steht - und der schlagende Beweis dafür, dass es nicht immer die herausragendsten Skills und Attribute braucht, um erfolgreich zu sein. Der unbändige Wille, es zu schaffen, kann viel bewirken. Mir wird jetzt schon ein bißchen flau im Magen, wenn ich dran denke, dass er aufgrund seines Alters irgendwann demnächst ersetzt werden muß. "Demnächst" heißt zum Glück aber wahrscheinlich noch nicht "nächste Saison"...

Links außen als Vierter in der Kette schließlich Mirko Altenfeld. Der Deutsche kam vor der letzten Saison aus Mainz, wo er sich in der U21 nicht durchsetzen konnte, wie mir Pilati damals erzählte.
Im Direktvergleich mit Quartuccio rechts ist er eindeutig der schlechtere Außenverteidiger - denn während er mit einem deutlich besseren Antritt glänzt, sind nahezu alle anderen wichtigen Fähigkeiten weniger ausgeprägt als beim Italiener. Mangels echter Alternativen ist er dennoch gesetzt, in der Jugend haben wir allerdings zwei Spieler, die bereits sporadisch zu Einsätzen in der Ersten kommen und ihn nach seinem Abgang im Winter wahrscheinlich nahezu gleichwertig ersetzen können, indem sie sich seine Spielzeiten teilen.





Im Mittelfeld haben wir eine zweite Viererkette - einfach ein probates Mittel, wenn man den Gegner nicht dominieren kann, ihn aber dennoch vom eigenen Tor fernhalten möchte.
Auf der rechten Seite spielt - als einziger inverser Spieler, der aus der Taktik meines Vorgängers übriggeblieben ist - Kai Gärtner. Ein absolutes Phänomen, denn als ich ihn im Training das erste mal spielen sah, war ich alles andere als überzeugt.
Unglaublich schnell, ja - aber alles andere war "eher Durchschnitt", so mein erster Eindruck. Aber Kai hat mich sehr schnell eines besseren belehrt. Auch schon seit 2035 im Vetrein, ist er nicht nur einer unserer torgefährlichsten Spieler der letzten Saison, sondern vor allem der beste Assist-und-pre-Assist-Geber der Mannschaft. Er hat einfach ein Auge dafür, den entscheidenden Pass auf Faure, Lescure, Can oder Mejri zu spielen, die dann entweder selbst in günstiger Schußposition stehen oder ihrerseits den Assist spielen können.
Auf dem Papier mag es stärkere Optionen für die Flügelposition rechts in unserem Mittelfeld geben, aber auf dem Feld ist er schlicht nicht wegzudenken. Übrigens ist Gärtner auch einer derjenigen, die sofort, ohne langes Nachdenken, einen angepaßten Vertrag akzeptiert haben, um dem Verein finanziell zu helfen.
Ich mag loyale Spieler...

Im zentralen Mittelfeld spielen wir mit einer nominellen Doppel-Acht, wobei Mosti eher ein Sechs-/Acht-Hybrid ist. Er übernimmt vorrangig die Absicherung seines offensiver denkenden Partners Lescure. Was Mosti aber so extrem wertvoll macht, ist die Tatsache, dass er neben den Defensivfähigkeiten auch noch über eine überdurchschnittliche Technik, gepaart mit einem klasse Passspiel, verfügt. Wir haben ihn daher auch schon mal als defensiven Spielmacher getestet.

Rechts neben Mosti spielt mit Lescure unsere "Fernkampfwaffe", salopp gesagt. Der ist auch schon seit Jahren im Club, liebt Doppel- und "tödliche" Pässe und ist zudem aufgrund seiner guten Technik auch ein sehr gefährlicher Fernschütze, wie schon diverse Gegner leidvoll erfahren mußten, die zwar den Strafraum erfolgreich verriegelten, dank eines Tores von ihm aber dennoch als Verlierer vom Platz gingen.

Im Januar werden Lescure und Mosti uns verlassen und wir werden daher das zentrale Mittelfeld komplett neu aufstellen müssen.
Ich bin mir noch nicht so recht im Klaren darüber, wie wir das anstellen wollen.
Möglicherweise brauchen wir tatsächlich doch noch externe Zugänge, auch wenn Ernst und Matthey schon ganz gute Ansätze zeigen.

Auf der linken Außenbahn ist Stephane Faure schlicht ohne Konkurrenz.
Wenn man ihm eine echte Schwäche nachsagen kann, dann ist es seine Unbeherrschtheit. Solange er seine Aggressionen aber im griff hat, ist er der Schrecken der gegnerischen Außenverteidiger und ein sehr wichtiger Baustein unserer Offensive.





Im offensiven Mittelfeld spielt DER Star unserer Truppe. Ich war eigentlich überzeugt davn, dass Bülent Can schon seit frühester Kindheit im Club ist, aber wie sich herausgestellt hat, haben wir ihn erst vor zwei Jahren verpflichtet. Sei es wie es sei - Can ist schlicht herausragend und genaugenommen sowohl zu gut für den Club als auch deutlich unterbezahlt.
Körperlich rundum topfit, zeigt er auch eine mentale Stärke, die bei einem Spieler seines Alters in einer zweiten Liga ihresgleichen sucht. Herausragend dabei sein Mut, unter allen Umständen zum Erfolg kommen zu wollen, auch wenns vielleicht wehtut, seine Nervenstärke und seine unglaubliche Fähigkeit, sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung häufig an genau der richtigen Stelle zu stehen.
Wäre er zusätzlich noch pass- und abschlusstark, würde wir hier über einen zukünftigen Nationalmannschaftsstar sprechen. So aber ist er einfach "nur" das Herz unseres Offensivspiels und wird - wenn er denn wirklich noch geht - mit ziemlicher Sicherheit Rekordabgang des Clubs.





Bleibt noch unsere Sturmspitze Tarek Mejri. Auch er ist - wie Sibanda - schon seit 2034 im Club, war meist Stammspieler und ist dem Kapitän daher bei der Zahl der Einsätze relativ dicht auf den Fersen. Mejri ist nicht unbedingt der beste denkbare Mittelstürmer - gerade Paß- und Nervenstärke sowie Balance gehen ihm ein wenig ab - aber er zeichnet sich durch Willen und Einsatzbereitschaft aus ... und ist einer der drei schnellsten Spieler im Club. Das alleine macht ihn schon sehr wertvoll, dass er beim Sprint dann sogar noch den einen oder anderen Trick auspacken kann, macht es noch besser.
Alles in allem ist er unser bester Torschütze und ist definitiv gesetzt, egal ob allein oder in einem Doppelsturm.


Weil wir es gerade angesprochen haben - im Laufe des (Früh-)Herbstes zurren wir die Abgänge mehrerer Spieler fest, die durch die Ablösen, vor allem aber durch das sinkende Gehaltsvolumen unsere Finanzen (hoffentlich) sanieren werden.





Martinez zählt nicht in diese Riege - er muß gehen, weil er einfach nicht das erhoffte Niveau hat. Ich hatte ihn letzte Saison aus der Jugend hochgezogen, er hat die in ihn gesetzten Erwartungen jedoch viel zu selten erfüllen können.
Cesareo dagegen ist theoretisch ein formidabler Backup für Gärtner, verdient dafür mit über 90.000€ aber deutlich zuviel. Als Darmstadt uns ein marktwertgerechtes Angebot machen, zögern wir daher nicht lange. Als Backup für Gärtner haben wir zum einen Faure (der seinerseits dann von zwei Jugendspielern vertreten werden könnte) und zum anderen Frick aus der U21 (der genauso schnell ist wie Gärtner, ansonsten aber noch viel zu lernen hat).

Anfang Oktober erhalten wir dann einen unerwarteten Geldregen in Millionenhöhe, als mit Sulejmani einer unserer ehemaligen Spieler den Verein wechselt. Kälin hatte uns bei dessen Abgang - wie so oft - eine Weiterverkaufsbeteiligung gesichert.
Das Geld kommt uns wie gerufen, jetzt wissen wir, dass wir im schlimmsten Fall auch mit Cans erhöhtem Gehalt nicht in finanzielle Schieflage geraten - zumindest diese Saison nicht. Der gröbste Druck, ihn unbedingt zu verkaufen, ist damit weg.





Übrigens: im Herbst des Jahres werden tatsächlich auch langsam größere Vereine bei mir vorstellig und fragen wegen meiner Bereitschaft an, ihr Traineramt zu übernehmen.
Es sind große, klangvolle Namen dabei - aber mich reizt davon gar nichts, jedenfalls nicht jetzt. Ich habe das Gefühl, hier in Winterthur gerade die Überholspur gefunden zu haben, so vieles geht auf einmal vorwärts. Ich will hier ganz definitiv noch nicht weg.
Und so sage ich allen Interessenten höflich ab, natürlich nicht ohne ihnen mitzuteilen, wie ungeheuer schmeichelhaft ihr Interesse ist und dass ich unter anderen Umständen bestimmt und dass wir in der Zukunft doch auf jeden Fall ... blablablablubb.











Ich konzentriere mich stattdessen darauf, den Winterthurer "Lauf" aufrechtzuerhalten. Platz 3 ist ja schön und gut, aber ingeheim (also im ganz kleinen Kreis aus Mannschaft, Beltrame und mir) sind wir fest entschlossen, den zweiten Platz nicht wieder knapp zu verpassen. Auch die designierten Abgänge ziehen mit - logisch, sonst wären sie auch auf der Bank.

Es klappt natürlich nicht in jedem Spiel, als Sieger vom Platz zu gehen. Das wär auch arg verwunderlich, wir werden - und zwar schon VOR den Abgängen der halben Stammelf - auf Platz sechs, maximal Platz fünf erwartet.
Und die Niederlagen gegen Abstiegskandidat Tuggen und vor allem zuhause gegen Schaffhausen tun schon echt weh.
Aber - und das finde ich herausragend, wenn man alle Umstände in betracht zieht - wir erreichen in den zehn noch zu spielenden Partien bis zur Winterpause einen Punkteschnitt von exakt 2,0!

Glanzstücke sind dabei natürlich die erneute Rache an Schaffhausen, die wir auswärts durch einen späten Doppelschlag von Mejri besiegen, und natürlich der erneute Sieg gegen Aufstiegskandidat Nummer eins, Grasshoppers Zürich.

Can und Mejri tragen sich jeweils sechs mal in die Torschützenliste ein und zeigen nachdrücklich, dass man sich jederzeit auf sie verlassen kann.
Und im letzten Spiel vor der Winterpause - eben beim Sieg über Zürich - taucht unter den Torschützen zum ersten mal ein junger Belgier namens Wesley Mortier auf, der auch gleich mal den entscheidenden Treffer markiert.

Mortier ist erst seit kurzem bei uns, und das auch nur, weil er sich mit seinem Jugendverein Olsa Brakel nicht auf einen neuen Vertrag einigen konnte.
Als mir unsere Scouts im November Videos dieses Spielers zeigen, klappt mir der Unterkiefer runter, so schnell ist der. Jetzt schon.

Dazu ist er ein dribbelstarker, trickreicher, abschluß- und nervenstarker Spieler... alles in allem der erste Spieler im Verein, der Kai Gärtner oder Tarek Mejri ihre Stammplätze wirklich streitig machen könnte.
Dass wir diesen Spieler ablösefrei und für ein vergleichsweise niedriges Gehalt zum Verein locken können, grenzt an ein Wunder.







Zurück zur Lage in der Liga. Mit zwei Punkten pro Spiel klopft man definitiv oben an, klar.
Wir klopfen allerdings nicht, wir treten gleich die ganze verdammte Tür ein.
Und stehen zu Beginn der Winterpause auf einem Platz, der uns die Freudentränen ins Gesicht treibt.
Dass wir die Tabellenführung am 20. Spieltag ausgerechnet durch einen Sieg gegen Zürich übernehmen, die wir damit auf Platz zwei verdrängen, macht das Ganze noch unglaublicher.





Ganz nebenbei haben wir auch wieder die vierte Runde des Pokals erreicht und damit die Vereinsvorgabe in diesem Bereich erfüllt.

Aber - und das hätten wir eigentlich ahnen müssen - wo Licht ist, gibt es auch immer Schatten.
Direkt mit Beginn der Wintertransferperiode erhalten wir die Nachricht, dass es noch einen weiteren Abgang geben wird.

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« Letzte Änderung: 19.Februar 2023, 12:32:06 von Achtelprofi »
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Für mich gibt es nach dem Abgang von Can nur eine Lösung: Azevedo!  :D

Aber mal im Ernst, sehr starke Hinserie. Selbstverschuldet auf finanzieller Ebene ziemlich turbulent, aber sportlich über jeden Zweifel erhaben. Ob es ohne Can reichen wird vor dem GCZ zu bleiben ist natürlich nur schwer zu beurteilen, aber ganz ehrlich, ich hatte schon befürchtet, es hätte Aegerter getroffen. Solange der Hexer zwischen den Pfosten steht, landet ihr vor Schaffhausen und Aarau, da lege ich mich fest.

Achja und frag mal bitte bei Kai Gärtner an, ob er mir ein signiertes Trikot zukommen lassen kann.  ;)
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Frühjahr 2041

"Wenn man keine Tore macht, ist es ganz schwer, ein Spiel zu gewinnen."
(Reinhold Fanz)


Als die Winterpause dann endlich vorbei ist und wir uns mit ein paar Freundschaftsspielen und dem Sieg im Thurbo-Cup (erinnert sich wer an mein Interview beim Radio?) wieder in Ligaform zu bringen versuchen, hat sich das Gesicht der Mannschaft deutlich verändert.





Der "Stammtisch", dieses unterirdische Boulevardblatt, titelt nach dem ersten öffentlichen Training "Kinderclique Sonnenschein!".
Und sie haben ja einerseits nicht ganz unrecht. Das Durchschnittsalter des Teams ist auf 22,8 Jahre gesunken. Wir haben gerade noch 7 Spieler im Kader, die älter als 21 Jahre sind.
Aber andererseits - was soll man denn tun als finanziell gehandicapter Provinzverein, der sich gestandene Spieler nur dann leisten kann, wenn diese nicht mehr auf Geld angewiesen sind?
nach dem Beinahe-Debakel zu Beginn der Saison haben wir beschlossen... nein falsch. Unser Vorstand hat beschlossen, dass wir eine Gehaltsobergrenze einzuhalten haben, die für jeden Spieler gilt - unabhängig von der Person. Diese Obergrenze liegt bei 75.000€ pro Jahr und Spieler.

Jeder Vertrag, der ein höheres Gehalt beinhalten soll, muß einzeln vom Vorstand genehmigt werden.
Wir schaffen es sogar, eine solche Ausnahme zwei mal durchzudrücken.
Zum einen bei Abwehrriese Beqiri und zum anderen bei Can-Ersatz Salaun, über den wir eher zufällig stolpern, weil die Winterthurer "Abendzeitung" ein Interview mit dem gerade vereinslosen Mittelfeldstrategen abdruckt (!).
Er erweist sich aus dem Stand als die gewünschte Verbesserung, nötigt uns allerdings eine taktische Änderung auf, in dem aus unserer Doppel-Acht eine Doppel-Sechs wird und wir demzufolge nicht mehr im 4411 spielen, sondern im 42211.
Aber das sind taktische Feinheiten, die dem durchschnittlichen Fussballzuschauer natürlich völlig latte sind, es sei denn, er ist Fan vom FC Winti.
UNSERE Fans sind nämlich alle keline Trainerfüchse und wenn ich mal den Fehler mache, mich nach unseren Spielen in den Foren herumzutreiben, komm ich mitunter aus dem Grinsen nicht raus.
Da werden hochgradig erregte Diskussionen darüber geführt, ob Salaun nun ein "Segundo Volante" ist (den Ausdruck les ich tatsächlich zuerst auf fussballundtaktik.at und muss es googlen!) oder ein "abkippender Offensivsechser" oder gar ein "freies Strategieradikal mit offensiver Grundausrichtung, aber deutlich defensiverem Aufgabenbündel als Bülent Can vor ihm".

Aha.
Für uns im Verein ist Salan einfach nur der Paßgeber und Freistoßschütze im defensivem Mittelfeld, der in der Verteidigung gerne mal ganz ordentlich hinlangt.

Aber Salaun ist bei weitem nicht der einzige Neue im Team. Wir haben ja seit meinem Antsantritt reichlich gescoutet und fast zwanzig Talente verpflichtet. Und auch die Jugendcoaches haben ordentlich zu tun (und Zuwachs!) bekommen.
Das zahlt sich bei unserer Suche nach Ersatzspielern für das abgewanderte halbe Dutzend Stammspieler aus.





Gudmundsson (ST), Valencia (LV), Lechevalier (LV), Barbot (OM), Schlauri (RV), Antunes (LM, RM), Matthey (IV, DM, ZM), Pigoni (LM) - die Liste der Neuzugänge aus unserer eigenen Talentschmiede ist lang.
Dass bis auf Lechevalier keiner dieser Spieler vor meinem Amtsantritt schon in besagter Talentschmide war, dass wir also offen gestanden die halbe Schweiz leergekauft haben, verschweigen wir dabei mal lieber.
Und "leergekauft" klingt auch netter als die relität im Endeffekt war.
Die meisten dieser Spieler waren entweder ablösefrei zu haben oder haben uns ein vergleichsweises Taschengeld von wenigen tausend Euro gekostet. Und selbst das hätten wir uns in vielen Fällen sparen können, dann wären aber automatisch Weiterverkaufsklauseln in die Verträge geschrieben worden. Und DAS ist ja wohl immer noch unsere Masche!

Im Endeffekt sind Salaun und Iseni die einzigen beiden Winterzugänge, die nicht bereits in der U21 unter Vertrag waren.
Während Salaun (zusammen mit Jugendspieler Barbot, der nominell die Position im offensivem Mittelfeld übernimmt) als Can-Ersatz gedacht ist, soll Iseni das Vakuum füllen, dass der Wechsel von Manuele Mosti hinterlassen hat.
Es stellt sich allerdings recht schnell heraus, dass er da in Gestalt von Noah Matthey harte Konkurrenz bekommt.

Der wiederum ist sogar ein echtes Winterthurer Eigengewächs und kommt vom ersten Tag an super mit Spielern wie Aegerter oder Mortier zurecht.
Und das wundert kaum, wenn man sich anschaut, wie ernst diese Spieler ihren Beruf nehmen und wie professionell sie an diesen herangehen.
Matthey schlägt in die gleiche Kerbe und entwickelt sich dadurch mit rasenden Schritten zu einem Stammspieler der ersten Mannschaft.


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Solche Jugendspieler könnte ich definitiv öfter gebrauchen, soviel steht mal fest.
Und die Jungs, die dieses Jahr in die U21 hochbefördert werden, sehen so schlecht auch nicht aus - auch wenn wir im Endeffekt die Hälfte wegen schwerer Talent- oder Charaktermängel doch wegschicken müssen.

(Die grün hinterlegten schaffens nicht in den Kader, die obere Hälfte darf bleiben. Ausschlusskriterium: Determination mindestens 10.)


Tja, und wie schlägt sich dieser neuformierte Kader nun?
Wir starten ja punktgleich mit den Grasshoppers in die Rückrunde, nur drei Punkte vor Schaffhausen und fünf Punkte vor Aarau. Für Spannung ist also gesorgt.

Als allererstes empfangen wir zuhause die krienser. Die versuchen mit einer sehr destruktiven Spielweise ein Unentschieden zu ergattern, gehen dummerweise auch noch in Führung und igeln sich dann erst recht hinten ein.
Aber Gärtner (25.) und Mejri (31.) reißen sie mit einem Doppelschlag aus jeglichen Punktträumen.
Der Rest ist Verwaltungsmodus und - besonders im zentralen Mitttelfeld - Einspielzeit für Salaun, Iseni und nach der 60. Minute auch Matthey.

Weils so schön war, dürfen wir gleich nochmal zuhause ran - diesmal gegen Neuchatel.
Die haben erst recht keine Chance, schießen ganze drei mal erfolglos aufs Tor und fangen sich im gegensatz zwei Treffer durch Faure (Elfmeter in der 20.) und wieder mal Gärtner zu Beginn der 2. Halbzeit.
Läuft!

Sieht die Mannschaft auch so, gibt im nächsten Spiel - wir gastieren in Brühl - nicht 100% und es heißt wiedermal 0:0.
Unschön. Aber die Grasshoppers und Schaffhausen haben sich auch nicht mit Ruhm bekleckert und jeweils nur unentschieden gespielt - wir bleiben wegen des besseren Torverhältnis' Erster.

Danach heißt es zur Abwechslung mal nicht "Ligaspiel!", sondern "Pokalviertelfinale!"
Wir haben das auf dem Papier leichteste Los gezogen - denn während außer uns fast nur noch Erstligisten und die Grasshoppers im Topf waren, haben wir ein Heimspiel gegen den einzigen Gegner auf Augenhöhe bekommen: Erzrivale Schaffhausen.
Und wenn die Jungs das Spiel von Anfang an ernstgenommen hätten ... *seufz* ... haben sie aber nicht. Dummerweise bringt uns Salaun sogar noch in Führung, trotz sehr wackliger Anfangsviertelstunde.
Danach sind die Spieler endgültig nicht mehr richtig bei der Sache - und als sie sich Mitte der zweiten Halbzeit innerhalb von 180 Sekunden zwei Gegentore fangen, können sie den Schalter auch nicht mehr umlegen.
Da gehen sie hin, die möglichen Wahnsinnseinnahmen im Pokal.
Denn Schaffhausen wird in der nächsten Runde auswärts dem Zuschauerkrösus FC Basel zugelost, der seine Heimspiele auch schon mal vor 50.000 oder mehr Menschen austrägt. Möchte nicht wissen, wieviel Geld uns da durch die Lappen gegangen ist!





Der Februar endet also eher unbefriedigend, aber noch ist wenigstens in der Liga alles gut. Und auf genau die können wir uns ja jetzt konzentrieren.

Unser nächster Ligagegner heißt FC Aarau und hat inzwischen schon sieben Punkte Rückstand auf uns - wenn wir heute gewinnen, können wir die Adlerträger also quasi schonmal als Konkurrenten ausschließen.
Entsprechend konzentriert gehen die Spieler zu werke, die Taktik haben wir auch ein bißchen angepaßt, versuchen es mal mit einem 433 - mit Mejri in der Mitte, Gudmundsson links und Mortier rechts.
Die Taktik ist zwar holprig, aber für Aarau reichts. Matchwinner ist mal wieder Mejri.

Als nächstes kommt Nyonnais an die Schützenwiese. Das tabellenschlußlicht agiert mit sehr engem Zentrum und Doppelsechs, wir wollen da mit aller Gewalt durch und setzen auf den Doppelsturm Mejri/Mortier und dahinter barbot, der einen guten Fernschuß hat.
Klappt, das 3:0 wird zwar erst spät deutlich, ist aber nie in Gefahr.

Nächstes Heimspiel - gegen Schaffhausen. Die werden langsam zu sowas wie unserem Angstgegner, nach dem Pokalaus haben wir mit ihnen auf jeden Fall noch eine Rechnung offen ...
... die aber auch diesmal wieder unbeglichen bleibt. Wir finden kein Durchkommen und müssen uns bei Aegerter bedanken, dass wir nicht schon wieder zuhause gegen den Rivalen verlieren.
0:0.


So eng, wie die Tabellenspitze beieinander ist und so konstant, wie Zürich und Schaffhausen punkten, sind wir jetzt in Lugano zum Siegen verdammt.
Wir stellen wieder auf das 433 um, mit dem wir Anfang des Monats gegen Aarau gewonnen haben - aber diesmal stehen wir damit auf verlorenem Posten.
Luganos Führung kann Mejri in der Nachspielzeit der ersten Hälfte noch kontern.
Nach der erneuten Fürhung der Hausherren in der 71. haben wir dann aber keine weitere Antwort mehr parat.
Dammit!

Zum Monatsabschlussgehts nun zuhause gegen den Vorletzten Tuggen.
Wir basteln wieder an der Taktik herum, gehen schließlich mit einem abgewandelten 4411 ins Spiel, in dem der rechts Flügelspieler Gärtner weit vorgeschoben agiert, der linke Faure dagegen fast schon einen zweiten Wingback gibt.
Funktioniert 80 Minuten lang klasse, wir führen komfortabel 3:0.
Dann handelt sich Faure mal wieder eine rote Karte ein. Seine sch... beidbeinigen Grätschen!

Zu zehnt geht das große Zittern los, weil Tuggen plötzlich nicht nur Ober-, sondern auch Zielwasser hat.
Binnen 3 Minuten kommen die Gäste auf 3:2 heran und als der Schiri in der 91. Minute nach Foul von Beqiri im eigenen Strafraum auf Elfmeter entscheidet, bleibt wohl nicht nur mir fast das Herz stehen.
Nur einer bleibt wieder mal komplett cool.
Stefan Aegerter fixiert den Schützen, bleibt bis zum letzten Sekundenbruchteil stehen ... und hält das Ding!
Was würden wir nur ohne diesen Keeper tun?
Der Torhüter wird noch eine halbe Stunde nach dem Schlußpfiff von den Fans mit Sprechchören gefeiert.





Damit sind wir schon im April - und der beginnt mit einem womöglich vorentscheidenden Spitzenspiel an der "Schützenwiese": FC Winterthur gegen Grasshoppers Zürich.
Wir stellen nochmals Kleinigkeiten an der asymmetrischen Taktik um - Faure rückt wieder auf die angestammte LM-Position, Gärtner bleibt aber auf der offensiven Rechtsaußenposition.
Ergebnis: ein 2:0, das deutlicher klingt als es war. Gärtner kommt gegen den Linksverteidiger der Gäste gar nicht zum Zug, erst die Hereinnahme von Mejri und der gleichzeitige Wechsel vor Mortier von der Sturmspitze auf die rechtsaußen-Position Mitte der zweiten Hälfte bringt die Entscheidung zu unseren Gunsten.

Aber keine Zeit zum Feiern, es geht jetzt Schlag auf Schlag.
30. Spieltag, Auswärtsspiel bei Kriens. Die sind inzwischen im Niemandsland der Tabelle versandet. Nach unten 18 Punkte Vorsprung, nach oben 16 Punkte Rückstand - die können völlig befreit aufspielen und nebenbei schonmal für die nächste Zweitligasaison planen.
Schöne Abwechslung zum Abstiegskampf letztes Jahr.
Und so befreit, wie sich das anhört, so spielen sie dnn auch.
Kriens läßt uns über die gesamten neunzig Minuten nicht zur Entfaltung kommen, auch meine Wechsel und Umstellungen bringen diesmal gar nichts.
Stattdessen fangen wir uns in der 83. Minute einen Konter, den Frauenfeld im Tor nicht entschärgen kann.
Moment, wer?
Frauenfeld, unser Ersatzkeeper - denn Stefan Aegerter, Mister Zuverlässig-und-niemals-krank, hat sich einen Muskelfaserriß zugezogen und fällt ausgerechnet jetzt mindestens 4 Wochen aus.

Aber - und das ist die positive Nachricht - noch sind wir auf Kurs!




Noch sechs Spiele.
3 Punkte Vorsprung auf Zürich.
4 auf Schaffhausen.

Es ist nicht die perfekte Ausgangsposition, aber gut ist sie auf jeden Fall.
Die Spannung ist fast mit Händen zu greifen - wird der FC Wintherthur zum ersten Mal seit der Saison 1984/85 wieder erstklassig spielen?

Nun, dazu müssen erstmal die beiden restlichen Aprilspiele erfolgreich bestritten werden. Drei Punkte Vorsprung auf den Verfolger sind trügerisch - eine Niederlage und es kann schon anders aussehen!

Für das nun folgende Heimspiel gegen Brühl stellen wir mal wieder die Taktik um - auf ein 433, mit Gudmundsson links und Mortier rechts sowie Mejri in der Mitte, wie gehabt.
Das goldene Tor des Nachmittags schießt allerdings unser "Quoten-Franzose" Stephane Faure.

Grasshoppers: 3:0 in Nyonnais.
Schaffhausen: 1:0 gegen Lugano.
Tabellenspitze also unverändert.

Letztes Aprilspiel: auswärts in Neuchatel. Wir stellen auf unser asymmetrisches 4411 mit offensivem Rechtsaußen um, diesmal von beginn an mit Mortier auf dieser Position und mit Mejri im Sturm.
Ergebnis: 0:0, nahezu ohne Torchance. Unerklärlich!

Grasshoppers 3:0 gegen Schaffhausen.
Noch ein Punkt Vorsprung auf Zürich, fünf auf Schaffhausen.




Noch vier Spiele.
Zuerst auswärts beim Tabellenneunten Tuggen. Dem Aufsteiger sitz Nyonnais im Nacken. Fast die gesamte Saison über betrug der Abstand zwischen den beiden Teams nie weniger als 7 Punkte, jetzt holt der von ein paar Wochen scheinbar schon abgestiegene Tabellenletzte Punkt für Punkt auf.
Tuggen kämpft also plötzlich wieder ums Überleben.
Wir erwischen einen Sahnestart, Mejri erzielt nach 14 Sekunden (!) das 1:0. Danach belagert Tuggen 84 Minuten lang unseren Strafraum, wir haben kaum Luft zum Atmen. Frauenfeld vertritt Aegerter zwar phänomenal gut, aber gegen den satten Schuß von der Strafraumkante in der 86. Minute ist auch er machtlos.
1:1, wieder 2 Punkte verloren.
Und die Grasshoppers?
0:0 in Lugano! Puh!
Schaffhausen hat allerdings gewonnen (2:1 gegen Kriens) und ist wieder auf 3 Punkte dran.

34. Spieltag.
Wieder mal gegen Aarau. Für die gilt sinngemäß das gleiche wie für Kriens.
Da geht nach oben und nach unten nichts mehr.
Wir beschließen, aus einer massierten Abwehr heraus das eine Tor zum Erfolg erzielen zu wollen und laufen im 4222 auf.
Und das geht aber mal episch nach hinten los.
0:2, hätte auch locker ein 0:4 sein können.

Grasshoppers? 5:1 gegen Tuggen.
Wir sind mit 2 Punkten Rückstand plötzlich und zum ersten Mal in diesem Kalenderjahr Zweiter.
Und Schaffhausen holt wenigstens einen Punkt, 0:0 in Brühl.
Damit sind sie auf zwei Punkte heran.

35. Spieltag.
Völlig neue Situation.
Wir müssen plötzlich auf einen Ausrutscher von Zürich hoffen und sind gleichzeitig selbst im Siegzwang.
Wenns richtig blöd läuft, rutschen wir auf den letzten Saisonmetern sogar noch auf den dritten Platz runter!
Wir müssen, müssen, MÜSSEN jetzt beim Tabellenletzten Nyonnais gewinnen.
Die sind allerdings inzwischen auf einen einzigen mickrigen Punkt an Tuggen herangerobbt und spielen am letzten Spieltag noch in Tuggen.
Die brauchen also jeden einzelnen Punkt dringendst selbst.
Und sie melden unsere Stürmer (erst Mejri, in der zweiten Hälfte dann Mortier) komplett ab - allerdings hat dadurch Faure mehr Räume, die er wiedlich nutzt. Erst rauscht ein harter Fernschuß von ihm zum 1:0 ins Netz, dann verwandelt er einen an ihm verursachten Elfmeter selbst zum 2:0. Den Endstand stellt dann Innenverteidiger Beqiri per Kopf im Anschluß an eine Ecke her.

Die Grasshoppers?
3:1 gegen Kriens, weiterhin 2 Punkte (und 2 Tore in der Tordifferenz) Vorsprung.
Schaffhausen?
1:1 gegen Neuchatel, auch gegen 10 Gäste schaffen sie es nicht, ihre frühe Führung über die Zeit zu bringen.
Damit haben sie nun 4 Punkte Rückstand auf uns und damit steht eins fest:
wir beenden die Saison mindestens auf dem Relegationsplatz und vor allem vor dem Rivalen aus Schaffhausen.
Ätsch!

Die Schadenfreude will heute aber nicht so recht schmecken, zu bitter ist das Gefühl, eine große Chance in den letzten Wochen aus der Hand gegeben zu haben.
Klar, es ist noch ein Spiel - aber die Grasshoppers müssen nach Neuchatel, für die es um rein gar nichts mehr geht.
Wer glaubt schon, dass die dort Punkte liegen lassen?

Ich linse schon mal vorsichtig auf die Super-League-Tabelle ... wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird der FC Sion der Gegner in der Relegation.
Die haben letzte Saison noch den 4. Platz geholt ....
... Relegationsduelle gewinnt ja sowieso in den allerallermeisten Fällen der höherklassige Verein.

Naja, das eigentliche Saisonziel ("obere Hälfte") haben wir bravourös erreicht und selbst unser heimliches (Platz 2) ist uns nicht mehr zu nehmen.
Vielleicht sollte man auch einfach mal mit dem zufrieden sein, was man hat.

Wir bereiten uns natürlich dennoch gewissenhaft auf das letzte Saisonspiel zuhause gegen Lugano vor, aber im Hinterkopf spukt dennoch schon Sion herum.


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P.S.: Die Schreibfehler korrigier ich später. In 4 Stunden klingelt der Wecker. :D
« Letzte Änderung: 20.Februar 2023, 01:13:54 von Achtelprofi »
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Junge, Junge, Junge, was für ein Saisonfinale! Ich sollte eigentlich auch schon im Bett liegen, aber war so dumm, nochmal hier draufzuklicken. Wie bei einem guten Buch konnte ich es dann nicht mehr aus der Hand legen. Kompliment vor allem für die Konferenz am letzten Spieltag und dass du da auch den Abstiegskampf mit thematisiert hast! Ich mochte auch den kurzen Gruß an Lancelotti und finde es allgemein sehr cool, wie im Storyschreiberforum momentan wieder mehr los ist und sich die Leute gegenseitig unterstützen und die Daumen drücken!  :)

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Kurze Antwort noch auf deinen Eingangsspoiler: natürlich ist mir als treuem Leser Regel #15 wohlbekannt. Okay, war sie nicht, ich musste nachgucken  :D Aber tatsächlich hatte ich das "Mitnehmen" so verstanden, dass du keine Spieler direkt bei deinem Vereinswechsel mitnimmst. Wenn du schon ein paar Jahre irgendwo anders unter Vertrag stehst, wäre das ja kein Mitnehmen in dem Sinne mehr, aber dann weiß ich jetzt über deine Auslegung Bescheid. Schade drum, mit Weber UND Aegerter wärt ihr bei jedem Elfmeterschießen turmhoher Favorit.  ;D
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Lancelot

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Müller-Lüdenscheid stand noch an der Bierbude, er musste sich den schaalen Geschmack den dieser Aufstieg in seinem Mund verursacht hatte herunterspülen. Immerhin war es nicht der erste Platz den dieser Prinz von Ballähr belegt hatte mit seiner Gurkentruppe. Man hatte ihn extra eingeflogen um als Co-Kommentator die Partie zu beäugen. Er nahm sich vor das so schnell nicht wieder zu tun, das war doch kein Fußball den der Kerl hier spielen ließ. Er beschloß sich noch ein weiteres Bier zu genehmigen, man reichte ihm den randvollen Becher, die schenkten hier noch in Plastik aus, da wurde er von hinten angerempelt. Er dreht sich um um zu schauen wer ihn da..., doch er sah nur einen Haufen feiernder Fans, kein Wunder derjenige war ja längst an ihm vorüber, also schaute er auch in die andere Richtung und traute seinen Augen nicht, da gingen zwei Fleischklöpse die er nur zu gut kannte, sollten die? Erst jetzt bemerkte er das er den Plastikbecher zwar noch in der Hand hielt, das Bier jedoch hatte sich über seinen nagelneuen Anzug ergossen den er extra für die Fernsehübertragung gekauft hatte. Besonders die Hose sah aus, als wenn.... er musste hier ganz schnell weg.



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Muffi

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Echt schön zu lesen, wie sich deine Story (ich meine vor allem deine Art zu schreiben) entwickelt hat, das ist hier ganz großes Kino! Nach der doch kleinen Enttäuschung der letzten Saison, nun also der Aufstieg, klasse! Die besten Glückwünsche aus Soria!
Jetzt bin ich natürlich gespannt, wie sich Winti gegen die Großkaliber aus Bern und Basel schlagen wird. Gibt es denn jetzt vielleicht ein wenig Budget, um das Team punktuell zu verstärken? Und wie wird die taktische Ausrichtung im Oberhaus ausschauen? Fragen über Fragen ...  :)
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Sommerpause 2041

"Bei manchen Spielern fehlt etwas, deshalb spielen sie auch bei mir und nicht in Barcelona" (Aleksandar Ristic)


Wir sind also tatsächlich aufgestiegen.
Surreal - das ist das Wort, das mir dazu als erstes in den Sinn kommt.
Beim Gedanken an die nächste Saison kommen mir dann schon zwei Worte in den Sinn - "nahezu unmöglich".
Der Klassenerhalt natürlich, auf den bezieht sich meine Assoziation.

Wobei... ob das unmöglich, nahezu unmöglich, echt schwer oder einfach nur ein bißchen herausfordernd ist, spielt ja eigentlich keine Rolle.
Wir haben uns für die neue Saison für die Teilnahme an der Super League qualifiziert und halb Winterthur erwartet von uns, dass wir die Stadt verdammt nochmal stolz machen.
(So jedenfalls der Tenor in den einschlägigen Online-Kommentarspalten.)
Die andere Hälfte von Winterthur würde sich für den FC wahrscheinlich nur dann interessieren, wenn wir im Stadion Schneekanonen aufstellen und die Spieler ab sofort auf Skiern spielen...

Aber wurscht, wir gehen jedenfalls an die Arbeit namens "Saisonvorbereitung", kaum dass wir den Kater von der möglicherweise ein klitzekleines bißchen aus dem Ruder gelaufenen Aufstiegsfeier überwunden haben.

Und da führt der erste Weg natürlich ins Büro des Vorstands - wir wollen ja wissen, wie die Budgets für Gehälter, Transfers und Scouting aussehen.
Es erwartet uns eine erste kleine Enttäuschung: es gibt nämlich keine Erhöhung. Oder jedenfalls keine wirklich relevante. Das Transferbudget steigt von 1,5 auf 1,75 Millionen Euro, das wars aber auch schon.
Super. Hilft kein Stück, wenn man nur etwa diese Summe auf dem Konto hat und nicht verläßlich abschätzen kann, wie die Ausgaben ausfallen werden und ob am Ende der Saison tendenziell eher mehr oder weniger als diese Summe auf dem Konto sein wird.
Abgesehen davon haben wir aber sowieso nicht vor, groß auf dem Transfermarkt tätig zu werden.
Wenn überhaupt, dann holen wir ein, zwei Talente, um die U21 nach den ganzen Abgängen in die erste Mannschaft wieder aufzufüllen. Aber selbst das ist eigentlich nicht zwingend notwendig, weil wir immer noch einen U21-Kader haben, der größer ist als der Profikader.

Wir waren - das hatte ich ja schon erwähnt - sehr eifrig an der Talentverpflichtungsfront in der abgelaufenen Saison, das sieht man dem Jugendkader halt an.





Der Kader der U21 hat, auch nachdem wir zur neuen Saison noch Zago (TW) und den Waliser Bamford (IV, RV, DM, ZM) hochziehen, noch das eine oder andere Toptalent (für unsere Verhältnisse jedenfalls) zu bieten.
Zwei der gößten Talente, nämlich Sturmhoffnung Gudmundsson und Offensivallrounder Orban, verleihen wir zum Challenge-League-Aufsteiger FC Chiasso.
Gudmundsson wird in der geplanten Taktik wahrscheinlich kaum auf Spielzeit kommen dieses Jahr  und Orban hat das Problem, dass Barbot momentan einfach (noch) deutlich besser ist.
In Chiasso werden beide absehbar Stammspieler sein - und das ist in ihrem Alter einfach extrem wichtig.
Wenn sich beide so entwickeln wie erhofft, werden die Karten in der Saison darauf dann neu gemischt.

Wobei ... wenn Mortier weiter so von allen Seiten gebauchpinselt wird, werden wir zumindest die Ausleihe von Gudmundsson vielleicht sogar noch bereuen.
Spätestens nach seinem landesweit im TV übertragenen Sahneauftritt gegen Sion hagelt es nämlich nicht nur Lob, sondern auch Angebote für den Jungspund.
Und der ist inzwischen überzeugt, eigentlich zu gut für Winterthur zu sein - jedenfalls deutlich besser als der Rest des Kaders fühlt er sich ganz offensichtlich.
Das ist nämlich die Begündung, weshalb er seinen - zum Glück noch bis 2044 laufenden - Vertrag nicht verlängern will.
"Nicht, wenn außer mir nur solche Graupen im Club spielen!", lautet seine Antwort auf meine Frage, ob er sich eine Verlängerung vorstellen könne.
Als ich ihm anbiete, das dem Rest der Truppe 1:1 so mitzuteilen, sieht er für einen Moment sehr erschrocken aus - erkennt dann aber, dass ich einfach nur eine ironische Spitze angebracht habe, um ihm seine Arroganz zu verdeutlichen.

Wir einigen uns schlußendlich darauf, dass wir versuchen, den Kader deutlich zu verstärken und danach nochmal über eine Verlängerung sprechen.
Unter uns gesagt hab ich mit dem Thema aber direkt nach diesem Gespräch abgeschlossen.
Im Winter, allerspätestens aber im nächsten Winter, wird Wesley Mortier uns schon wieder verlassen, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Und ich werde mir bis dahin alle Mühe geben, ihn bis zu diesem Zeitpunkt soweit nach vorn zu schubsen in seiner Entwicklung, dass wir die erste Millionenablöse in der Geschichte des FC Winterthur kassieren können.

Abgesehen von solcherlei Kaderfragen basteln Beltrame und ich aber natürlich auch schon früh an der Taktik für das Abenteuer "Super League".
Die Buchmacher erwarten (vor allem) uns und (auch) die Grasshoppers als direkte Widerabsteiger. Außer uns beiden wird eigentlich kein anderer Verein genannt.





Wir sind aber fest entschlossen, die "Ich bin fest davon überzugt, dass Winterthur keine zehn Punkte holt"-Fritzen mal so richtig doof aus der Wäsche gucken zu lassen.
Als die Mannschaft nach der Sommerpause zum ersten Mal wieder zusammenkommt, schlagen wir als internes Saisonziel Platz 8 vor - was die Mannschaft einstimmig annimmt.
Nach außen werden wir Platz 9 kommunizieren - was jetzt nicht der riesige Unterschied ist - außer auf psychologischer Ebene. Wir sagen damit nämlich "nur" den Grasshoppers den Kampf an, nicht aber dem Rest der Liga.
Platz acht würde bedeuten, dass sich Mannschaften wie Vaduz, Lausanne Sports oder auch der FC Thun fragen müßten, wenn von ihnen wir wohl hinter uns zu lassen gedenken.
Sowas kann in direkten Duellen ein, zwei Prozent mehr herauskitzeln - was es zumindest zu Beginn tunlichst zu vermeiden gilt.
Die Saison wird sehr sehr SEHR schwierig, da sind wir uns alle im klaren.
Und wenn ein bißchen Psychologie dabei hilft, dass sie einfacher (oder zumindest nicht noch schwerer) wird, dann nutzen wir eben auch Psychologie.

Übrigens nicht nur nach außen, sondern auch im Vereinsinneren.
Auf der ersten Mannschaftssitzung - und natürlich VOR der oben erwähnten Abstimmung - lassen wir eine kleine Bombe platzen.

"Jungs," wende ich mich direkt zu Beginn der Sitzung ans Team, "ich nehme an, ihr wundert euch, warum hier keinerlei unbekannte Gesichter zwischen euch sitzen."
Vereinzeltes zustimmendes Nicken.

"Ich fragt euch vielleicht, ob wir bisher einfach kein Glück hatten, irgendwen vom Himmelfahrtskommando FC Winterthur zu überzeugen."
Wieder nicken einige.

"Vielleicht seid ihr überzeugt davon, dass wir so uninteressant und unsexy sind, dass eh keiner hierher wechseln wird ... und dass es auch egal ist, weil wir doch sowieso absteigen. Wir haben ja nicht die geringste Chance. Jede Zeitung schreibt das, jeder Fernsehexperte überbietet seinen Vorgänger in Superlativen, wenn es darum geht, wie schlecht wir eigentlich genau sind.""
Die ersten schauen entweder mich oder sich gegenseitig ein bißchen unsicher und verwirrt an. Was ist denn das für eine Ansprache? Ich kann die Gedanken förmlich rattern hören hinter diversen Spielerstirnen. Schmeißt der Lavayeux etwa schon vor dem ersten Training die Flinte ins Korn?

Keeper Aegerter und Kapitän Sibanda schmunzeln ein bißchen in ihre Bärte, die ahnen womöglich schon, wohin der Hase hier läuft.
Mortier dagegen schaut fast schon ärgerlich, der platzt gleich, wie es aussieht.
Okay, dann mal nicht übertreiben, wird Zeit, das hier aufzulösen.

"Wißt ihr, warum hier nur bekannte Gesichter sitzen?"
Kopfschütteln.

"Ganz einfach Jungs - weil wir, Lorenzo und ich und all die anderen Trainer, gar niemanden anders hier haben wollen als euch! Was wir in dieser Saison brauchen, ist ganz sicher kein halbes Dutzend Neuzugänge, die nicht die geringste Ahnung haben, was für eine sackschwere Aufgabe und was für eine überragende Leistung dieser Aufstieg war und die einfach mal bei einem Schweizer Erstligisten spielen wollen. Wir brauchen niemanden, der nicht unbedingt genau jetzt genau hier sein will. Was wir dagegen ganz definitiv brauchen, sind Jungs, auf deren Einsatz und Motivation wir uns hundertprozentig verlassen können.
Was wir hier brauchen, sind Kämpfernaturen, die ganz genau wissen, wieviel Vertrauen ihre Trainer in sie haben, die genau wissen, wie man etwas scheinbar Unmögliches doch noch schafft, wie man hochfavorisierte Gegner niederkämpft ... und die alles dafür tun, damit der FC Winterthur diese ganzen Schwätzer Lügen straft, für die wir eigentlich jetzt schon abgestiegen sind! Ihr habt es einfach verdient, in diesem Kader zu stehen. Ihr habt dafür gesorgt, dass wir überhaupt in dieser Liga antreten können. Und deswegen habt ihr - alle miteinander - auch diese Bühne verdient, auf der wir gemeinsam den Verein bestmöglich präsentieren werden!"

Ja, das ist eine extrem pathetische Ansprache - aber sie verfehlt ihr Ziel nicht. Es wird ein bißchen laut in der Kabine, als die Spieler auf verschiedenste Art ihre Zustimmung ausdrücken.

Kapitän Sibanda ist es schließlich, der - nachdem sich der Tumult ein bißchen gelegt hat - das Wort ergreift.
"Trainer, ich denke, ich spreche für uns alle, wenn ich sage: Danke! Diesen Vertrauensbeweis werden Sie nicht bereuen! Wir werden jedes Spiel so angehen, als wäre es die letzte Chance."
Er dreht sich zu seinen Mitspielern um.
"Hab ich recht?!"

Und da isser wieder, der Tumult....


~~~~~~


Wir gehen also mit folgendem Kader in die Saison:





(Sollte es nötig sein, sind wir durch die Befreiung von U21-Spielern von der Kaderregistrierungspflicht in der Lage, den gesamten U21-Kader im Notfall für die Erste nutzen zu können.)


Als Taktik werden wir Erprobtes weiterverwenden - es gibt wenig Grund, ausgerechnet jetzt das Kontern sein zu lassen, wo wir vom Underdog (der wir in der Challenge League in vielen Spielen waren) zum extremen Underdog in nahezu allen Spielen werden.


Das 4411 wird also auch in der neuen Saison der Standard sein, wenn eine Partie angepfiffen wird.




Im Laufe einer Partie können wir aber auch schnell zu einer noch etwas offensiveren, konterlastigeren Variante wechseln:





Und alles andere müssen wir eh im Einzelfall sehen.
Fest steht allerdings auch:

Aus den ersten beiden Partien - auswärts bei Mitaufsteiger Grasshoppers und zuhause gegen den Vorjahresachten Vaduz - sollten besser ein paar Punkte mitgenommen werden, denn gegen Kaliber wie St. Gallen, Servette Genf, FC Basel oder Young Boys Bern werden wir bestenfalls vielleicht mal ein Unentschieden abstauben können. Für die unvermeidlichen Niederlagenserien, die uns da erwarten, sollten wir vorher möglichst ein paar Punkte hamstern, damit wir wenigstens nicht als Tabellenletzter aus diesen schweren Spielen gehen.
« Letzte Änderung: 20.Februar 2023, 21:19:17 von Achtelprofi »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

Lancelot

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Was war das denn? Eigentlich wollte ich dich zitieren mit:
Ein fülliger, gut wenn auch altmodisch gekleideter und das zufriedene Grinsen eines erfolgreichen Menschen zur Schau tragende Mann um die 50 erscheint im Türrahmen.

Was heißt "erscheint" - er füllt ihn aus ... und zwar ziemlich vollständig.



« Letzte Änderung: 21.Februar 2023, 13:07:30 von Lancelot »
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