@KoniCutShot:
Danke Dir!
@FlutLicht1900:
Danke!
@Karagounis:
Da sagste was! Aber lies selbst.
Sommer 2026, Locarno, SchweizGERARDLocarno ist zurück in der Challenge League!
Es dauert eine Weile, bis wir wirklich realisiert haben, was das bedeutet.
Der Club, der zu Beginn dieses Jahrtausends vor allem Mißerfolge, krachende Niederlagen und Abstiege kannte, ist wieder Teil des Konzerts der "Großen" in der Schweiz.
Fast zumindest.
Natürlich ist die zweite schweizer Liga nicht das Ende der Fahnenstange und ebenso natürlich würde ein Fan von beispielsweise den Young Boys oder dem FC. St. Gallen bestenfalls lachen, wenn wir ihm erklären, dass Locarno jetzt wieder Teil der "Elite" ist - aber für einen Verein, der vor einer reichlichen halben Dekade in die 9. Liga abgestürzt war, ist das schon wirklich sensationell, was hier entstanden ist.
Und zwar unter meiner Mithilfe, wie ich mir ganz stolz denke.
Umso ärgerlicher, dass die Vereinsführung in Form von Präsi Pfistner weiterhin nicht bereit ist, mir auch nur ein Taschengeld zu zahlen.
Sportdirektor Maier verdient wenigstens 2000€ im Monat, für mich bleibt nur der allabendliche Gang durch Locarno und die Hoffnung, in den Mülleimern genügend Pfandflaschen zu finden... demütigend!
Ich gehe zwar immer maximal vermummt raus (Sonnenbrille, Basecap, Perücke etc), aber dennoch schwingt immer die Sorge mit, man könnte mich eventuell erkennen.
Das ist auf keinen Fall ein Zustand, den ich für die mittelfristige Zukunft als haltbar erachte!
Aber na gut, mal sehen, vielleicht hilft ja ein guter Start in die Challenge League - ich hab mir fest vorgenommen, im Herbst nochmal nachzufragen, wie es mit einer Gehaltserhö ... nee, wie es mit einem Gehalt aussieht. Man ja nur etwas erhöhen, was schon da ist.
Eingedenk unserer bitteren Erfahrungen in der allerersten Saison ist eines der ersten Dinge, die wir in jeder Saisonvorbereitung tun, der Blick auf die Registrierungs- und Kaderregeln der Liga.
Die bahnbrechendste Neuigkeit im Vergleich zur letzten Saison: wir müssen die Spieler tatsächlich diesmal registrieren und haben dafür nur 25 Plätze.
Das wird sportlich.
Positiv dagegen ist, dass wir in der Challenge League eine etwas einfacher zu unterschreitende "Nicht-Schweizer"-Obergrenze haben.
"Nicht mehr als 10 Nicht-EU-Spieler" wird uns so schnell sowieso nicht betreffen, da wir nur innerhalb der Schweiz scouten und die Legionäre, die bereits hier spielen, in 99,9% der Fälle ganz sicher nicht nach Locarno wechseln.
"12 Spieler im Kader bzw 11 Spieler im Spieltagskader müssen in der Schweiz ausgebildet sein" klingt wieder heftig - aber wir dürfen in der Liga 9 Ersatzspieler nominieren. Und das heißt, dass wir theoretisch 10 Legionäre im Kader haben dürfen. Das unterschreiten wir aktuell locker und selbst wenn wir für die drängendsten Kaderbaustellen keine hier ausgebildeten Spieler finden, sollte das kein riesiges Problem werden.
Der aktuelle Kader wird von der Presse übrigens als Abstiegskandaidat Nummer Eins angesehen, mit weitem Abstand hinter allen anderen Vereinen.
Das sehen wir intern gar nicht mal anders - aber das heißt ja nicht, dass wir deswegen die weiße Fahne hissen müssten.
Erstens wollen wir uns noch verstärken, vor allem im Sturm, auf der rechten Außenbahn und im defensiven Mittelfeld sind nach den diversen Abgängen deutliche Lücken spürbar.
Und zweitens sind Prognosen dazu da, um sie ad absurdum zu führen, hehe.
Dankenswerterweise wird die Liga uns durch den TV-Vertrag über 400.000€ zukommen lassen, so dass sich unser finanzieller Spielraum deutlich erweitert.
Wir haben allerdings nicht vor, mehr als ein Drittel dieser Einnahmen auszugeben, denn erstens waren wir am Ende der vorigen Saison schon ziemlich randgenäht mit den Finanzen und würden gern wieder ein Polster aufbauen - und zweitens sparen wir theoretisch ja auch darauf hin, den Verein auf komplett professionelle Füße zu stellen.
In der Challenge League ist das nämlich der Normalzustand - und die drei semi-professionellen Clubs - FC Baden, Etoile-Courge und wir - haben durch die fehlende tägliche Trainingsmöglichkeit natürlich signifikante Nachteile.
Die Umwandlung in einen professionellen Verein ist aber zugegebenermaßen Zukunftsmusik (auch wenn sie sich für mich super anhört - professionelle Vereine sind durch die Ligaregeln nämlich gezwungen, ihre Trainer nicht in Erdnüssen und Mietnachlässen, sondern mit einem richtigen Gehalt zu bezahlen...).
Die Gegenwart lautet - der FC Locarno ist der absolute Underdog.
Und daher werden wir auch mit einer Underdog-Taktik in die Saison gehen.
Diese Taktik ist dabei einerseits den Kräfteverhältnissen der Liga geschuldet, andererseits ist sie aber auch eine Folge unseres Kaders.
Unsere elf stärksten Spieler lassen etwas anderes als die Fortführung des aus den vergangenen Saisons bekannten 4222 nämlich gar nicht zu.
(Anmerkung: die folgenden Screenshots stammen alle aus dem Oktober, vor den Pflichtspielen wäre auf den Pizzarcharts ja gar nichts zu sehen gewesen...)
Im Tor wird auch weiterhin der Luxemburger Andre Barrela gesetzt sein.
In den "Kerntugenden" eines klassischen Keepers weist er durchaus Stärken auf - seine Luftraumbeherrschung und seine Reflexe sind wohl auch in der Challenge League mindestens guter Durchschnitt - mit anderen Dingen wie Kontereinleitung durch Abwürfe oder gar Spielaufbau durch präzise Pässe sollte man ihm allerdings besser nicht kommen, da versteht er nichtmal Bahnhof.
Dennoch unumstrittener Stamm, Rufener wird sein Backup.
Links in der Viererkette spielt einer der wenigen Locarnoiden, die wir guten Gewissens als "ligatauglich" beschreiben können.
Claudio Parlato ist defensiv gut, körperlich herausragend und offensiv durch seine Kopfballstärke sowie seine Geschwindigkeit immer wieder für ein Tor oder eine Vorlage gut.
Darf keinesfalls ausfallen, denn seine beiden Backups Berera und di Oliveira fallen deutlich ab.
Links in der Innenverteidigung stößt im Laufe der Vorbereitung ein neuer Spieler zu uns, der sich sofort den Stammplatz sichert.
Erik Wyssen ist nicht der allerschnellste, aber durch sein gutes Stellungsspiel, seine körperliche Präsenz (vor allem in der Luft!) und seine Nervenstärke jederzeit verläßlich.
Seine Lufthoheit soll uns auch bei offensiven Standardsituationen - die ja seit Jahren zu unseren Stärken zählen - den einen oder anderen Torerfolg sichern.
Wyssens Pendant auf der rechten Innenverteidigerposition ist Kapitän Pascal Hammer.
Der hatte seine Stammposition in der letzten Saison zwischenzeitlich an Nemanja Perovic verloren.
Dieser wollte jedoch im Sommer unbedingt wechseln, nachdem er erfahren hatte, dass seine Arbeitsgenehmigung am Vertragsende (Juli 2027) wohl nicht verlängert wird.
Mit Perovics Ablöse konnten wir Wyssen finanzieren und haben durch diesen Tausch unserer Meinung nach die Innenverteidigung sogar ein wenig verstärkt.
Hammer wiederum ist im Endeffekt eine defensiv etwas schwächere Version von Wyssen, was er jedoch durch klare Stärken im Spielaufbau und bessere Übersicht wettmacht.
Unsere Hoffnung ist, dass sich die Stärken der beiden ergänzen und sie ihre jeweiligen Schwächen gegenseitig ausbügeln werden.
Die übliche Erwartung von Trainern an ihren Kader halt.
Die Rechtsverteidigerposition wird bereits seit letzter Saison von Pierre Nguinda bekleidet.
Der ist defensiv deutlich schwächer als Parlato links, glänzt aber durch gute Flanken und ein herausragendes Arbeitsethos.
Da er Fabio Fehr auf dem Feld vor sich hat (dessen Stärken ja ebenfalls in der Offensive liegen), kommt es rechts darauf an, dass sowohl Xhemaili als auch Hammer die Vorstöße gut absichern.
Unsere Doppelsechs besteht selbstverständlich aus einem defensiven und einem offensiven Part. Yanick Guerchadi kommt dabei die absichernde Rolle zu - was in den letzten Saisons ganz gut geklappt hat, denn Guerchadi könnte auch in der Innenverteidigung auflaufen.
Das wäre wahrscheinlich auch die bessere Rolle für ihn, aber erstens kommt er dort an den Platzhirschen nicht vorbei und zweitens - und viel wichtiger - wir finden trotz aller Bemühungen keine bezahlbare Verstärkung für die Sechser-Position.
Die Jungs, die hinter Guerchadi in der Kaderhierarchie stehen (Kreienbühl und Holcbecher), sind gute Einwechseloptionen, aber entweder defensiv noch schwächer als er oder nicht konstant genug, um dauerhaft auf dem Platz zu stehen.
Für unseren Offensivsechser gilt sinngemäß das gleiche wie für Guerchadi neben ihm - wir brauchen eigentlich auch hier eine deutliche Verstärkung, weil wir ernsthafte Zweifel haben, dass Xhemaili den Herausforderungen der Challenge League gewachsen ist. Nur, woher nehmen und nicht stehlen?
Wenn wir defensivstarke zentrale Mittelfeldspieler finden würden, hätten wir womöglich sogar das Experiment gewagt, aus der Doppel-Sechs eine Doppel-Acht zu machen, aber auch da fehlen die verfügbaren Spieler.
Linke Außenbahn - das ist eine der beiden Paradepositionen in unserem Kader. Mit Morf, Klein, Dragusha sowie den (schlußendlich eher überflüssigen) Neuzugängen Monteiro und Dudlek finden sich hier gleich fünf ligataugliche Spieler, die glücklicherweise allesamt auch auf rechtsaußen als Fehr-Backup eingesetzt werden können.
Dennoch muß man festhalten, dass Sportdirektor Maier hier ein bißchen am Bedarf vorbeiverpflichtet hat.
Glücklicherweise waren nahezu alle Neuzugänge ablösefrei.
Die Nase vorn hat zu Saisonbeginn erstmal der Luxemburger Mirko Klein, der nun auch schon mehrere Jahre bei uns spielt.
Klein ist einer der schnellsten Spieler in unserem Kader, kann ordentlich flanken, ist immer für ein Kopfballtor nach Ecken gut und überhaupt körperlich in guter Verfassung für die Challenge League.
Dass er auch über deutliche Schwächen verfügt (zum Beispiel nichtexistentes Passspiel oder eine eher ... ausbaufähige Arbeitsauffassung), versteht sich von selbst - andernfalls wär er ja nicht bei uns.
Rechts außen spielt im Normalfall einer DER Unterschiedsspieler unseres Team - Fabio Fehr.
Ursprünglich mal als Backup für Izet Hajrovic verpflichtet, hat er diesem im letzten Jahr endgültig den Rang abgelaufen und sich nicht nur als Flügelspieler, sondern vor allem auch als Standardschütze durchgesetzt.
Wenn er nicht auf dem Platz steht, sind unsere Standards sofort eine Klasse schlechter, weil ihm einfach niemand in dieser Hinsicht das Wasser reichen kann.
Dazu ist er schnell, schlägt gute Flanken, seine Fernschüsse sind eine Waffe ... nur schade, dass er so verletzungsanfällig ist und mit Druck nicht gut umgehen kann.
Dennoch ist er unverzichtbar fgür unsere Startelf.
Igli Hasani wurde letzte Saison verpflichtet, um die von unserem Zielspieler Lekaj abgelegten Bälle zu verwerten, was er mehr oder minder erfolgreich tat.
Jetzt ist Lekaj weg und dessen Ersatz ist - mangels verfügbarer Kandidaten - kein neuer "Air Lekaj", also kein kopfballstarker Zielspieler, sondern selbst eher der Verwerter von Ablagen anderer Spieler.
Für Hasani bedeutet das: er rückt eine Position nach rechts auf dem Feld und wird vorrangig zum Vorlagengeber.
Das kann er zwar nur so semi, aber da die Suche nach Verstärkungen im Sturm eher mäßig erfolgreich war, muß das eben so klappen.
Man kann nur mit dem arbeiten, was man hat.
Und das System generell auf einen Stürmer umzustellen ist eine besch... Idee. Das wissen wir nach mehreren Versuchen der letzten Monate, dazu ist keiner unserer Spieler im Sturm stark genug.
(Zumal wir dann das Problem hätten, dass uns auch im offensiven und/oder zentralen Mittelfeld die entsprechenden Spieler fehlen würden.)
Hasani versucht also, unseren neuen Stoßstürmer mit Vorlagen zu füttern, soll aber auch selbst zu Abschlüssen kommen, denn das ist und bleibt das, was er eigentlich am besten kann.
Es dauert den ganzen Sommer und fast zwei ganze Monate der neuen Saison, dann haben wir es endlich geschafft, einen Ersatz für Lekaj zu verpflichten (der bei Neuchatel übrigens so gut wie keine Einsätze sieht - das hätten wir ihm aber auch vorher sagen können...).
Michael Omosanya kommt (mal wieder) aus Luxemburg von Differdingen, hat dort in der letzten Saison 19 Tore in 35 Pflichtspielen geschossen und soll bei uns idealerweise wenigstens die Hälfte dieser Quote erreichen.
In den klassischen Stürmerdisziplinen ist er grundsätzlich als (guter) Durchschnitt anzusehen, wirklich dramatische Offensivschwächen hat er nicht.
Seine beiden überzeugendsten Vorteile lauten allerdings "ist bereit, in Locarno zu spielen" und "paßt geradeso in unser Gehaltsbudget".
Zusammen mit Wyssen bildet er das neue Topgehalts-Duo.
Hoffen wir, dass er das Geld rechtfertigt.
Wie bauen wir diese Jungs nun in die hoffentlich erfolgreiche Taktik ein?
Ganz einfach - so.
Damit sind wir (hoffentlich) gut vorbereitet und stürzen uns nach zwei hoffnungsvoll stimmenden Testspielen in das Abenteuer "Challenge League".
Erstes Ligaspiel: auswärts beim FC Baden, einem der Abstiegskandidaten. Hier etwas zu holen, ist fast schon "Pflicht", falls es so etwas für uns überhaupt gibt in dieser Liga.
Erster Angriff, erste Ecke, erster Kopfball Parlato - erstes Challenge-League-Tor!
Nach nichtmal 2 Minuten führen wir.
Baden wirkt geschockt, kommt in der ersten Hälfte kaum zu zwingenden Aktionen, wird allerdings im Verlaufe dieser ersten 45 Minuten langsam offensiver.
Was uns zu zwei "Dankeschön-für-den-Platz!"-Kontern verhilft, die Klein und Hasani mustergültig verwerten.
3:0 zur Pause ist ... überraschend.
Und auch wenn wir in der zweiten Hälfte nicht mehr ganz so effektiv auftreten und uns sogar noch das 3:1 fangen - dieses erste Spiel ist ein Anfang, der uns Mut macht!
Dass wir im zweiten Spiel zuhause gegen Schaffhausen "nur" ein 1:1 erreichen (nachdem wir lange zurückgelegen haben), finden wir nicht schlimm, denn 4 Punkte nach 2 Spielen bedeuten Platz 4.
Nach dem letzten Juli-Spiel in Yverdon sieht die Sache dann schon ein bißchen anders aus, denn wir hätten hier eigentlich gewinnen müssen, scheitern aber an der fehlenden eigenen Cleverness und der überlegenen Effizienz der Gastgeber.
Obwohl wir es sind, die auf Konter spielen wollen, laufen wir gleich zwei mal in Konter der Gastgeber...
Ärgerliche Niederlage, aber Platz 5 ist natürlich dennoch ein herausragend guter Abschluß des ersten Monats in der Challenge League.
Der August beginnt mit zwei sehr schweren Spielen, in denen wir uns ehrlicherweise wenig ausrechnen.
Wir verlieren auch erwartungsgemäß mit 0:2 gegen Tabellenführer FC Thun und mit 2:3 bei Xamax Neuchatel - aber wir ärgern uns im Nachhinein regelrecht schwarz, denn wir waren in beiden Spielen mindestens gleichwertig.
Wie schon gegen Yverdon machen wir einfach die Chancen vorne nicht und spielen hinten mehrfach pro Partie "Leichtfuß & Co. KG".
Vermeidbare Niederlagen!
Zum Glück gehts jetzt im Pokal gegen einen Fünftligisten - der FC Südostschweiz wird uns hoffentlich als dankbarer Aufbaugegner dienen, damit die Jungs ein bißchen Selbstvertrauen zurückgewinnen können.
Und genauso kommts auch - wir verpassen das zweistellige Ergebnis zwar knapp, aber in allen anderen Belangen ist das äußerst überzeugend, was wir hier anbieten.
Das Endergebnis spiegelt die Leistung jedenfalls adäquat wieder.
"Pokal ist schön und gut, aber jetzt müssen auch in der Liga wieder Punkte her!", fordere ich von der Mannschaft.
Und in der Halbzeit des Heimspiels gegen Stade Lausanne-Ouchy setze ich hinzu: "... auch ein 0:2 kann man noch drehen, Jungs!"
Machen sie dann ganz brav auch. Aber das waren wieder etliche neue graue Haare.
Eine Woche später, beim direkten Konkurrenten Etoile-Carouge, kann ich dagegen ganz entspannt vom Spielfeldrand aus zuschauen, wie wir die Gastgeber Stück für Stück auseinandernehmen und am Ende mit einem klaren 4:0 wieder nach Hause fahren.
Zwei extrem wichtige Ligasiege beschließen also den August und hieven uns wieder auf Platz 5.
Der September könnte nicht viel schweiriger beginnen, denn wir müssen gegen die Grasshoppers ran.
Der Absteiger ist in bestechender Form - und dennoch hätten wir den Gästen ein Bein stellen können, wenn wir uns vor dem Tor einfach ein bißchen cleverer angestellt hätten.
So verlieren wir unglücklich mit 1:2 und müssen wieder mal auf den Pokaleffekt hoffen - wobei Breitenrain natürlich ein ganz anderes Kaliber ist als der Gegner in der Auftaktrunde.
Die führen die Promotion League gerade an, obwohl sie vor der Saison bestenfalls im Mittelfeld erwartet wurden.
"Gnadenlose Effizienz" heißt das Erfolgsgeheimnis - und auch wir finden kein Mittel dagegen.
Zwei Schüsse auf unser Tor, beide drin - und hinten machen sie den Laden dermaßen dicht, dass außer Wyssens Kopfball nach Fehr-Ecke nix geht.
Ausgeschieden!
Dammit.
Vor diesem Hintergrund ist es etwas verwunderlich, dass ausgerechnet am darauffolgenden Monatg gleich zwei durchaus namhafte Vereine aus dem Ausland bei mir vorstellig werden.
Almelo reizt mich dabei nur finanziell, aber die Bohemians aus Prag... das klingt doch irgendwie interessant.
Na egal, ich hab Vertrag hier - aber vielleicht kann ich bei Pfister ja nun endlich mal ein bißchen Gehalt rauskitzeln?
Eine irrige Annahme, wie sich heruasstellt.
"Hören Sie doch auf mit diesen Räuberpistolen, Lavayeux!", raunzt mich der Präsident an.
"Das ist doch ein viel zu durchsichtiges Manöver, das Sie da abziehen.
Als ob Ihnen nach ein paar Punkten in der Challenge League plötzlich irgendwelche Vereine den roten Teppich ausrollen würden, den Unsinn glauben Sie doch selbst nicht!"
Als ich ihm die E-Mails zeige, lacht er nur und behauptet gar, die hätte ich selbst geschrieben.
Angefressen beschließe ich, mich allein schon deswegen mit den Vereinen in Verbindung zu setzen, um Pfister dann aufs Brot schmieren zu können, dass ich sehr wohl jederzeit woanders hingehen könnte.
Also zwei Mails verfaßt und höflich fürs Interesse bedankt ... und nachgefragt, ob und wann die Damen und Herren denn für ein Gespräch Zeit hätten?
Mal sehen, was da als Antwort kommt...
Der Monat ist bis hierhin entschieden unerquicklich - also soll jetzt in Schaffhausen mal wieder was Zählbares her.
Kriegen wir aber nicht, denn auch wenn wir den raschen 0:2-Rückstand (nach 6 Minuten!) nach einer Stunde egalisiert haben, fangen wir uns in einer hektischen Schlußphase dann leider doch noch zwei Gegentore.
Dritte Niederlage im dritten Pflichtspiel des Monats.
Und der Grund wieder mal - mangelnde Cleverness offensiv, mangelnde Konzentration defensiv.
Im Kader grummelts inzwischen lautstark.
Parlato und Fehr wollen weg, weil der Kader zu schwach ist, Hammer hat ein Angebot aus Neuchatel und ist stinksauer, dass wir das ablehnen.
Und weil er Kapitän und Leitfigur ist, meckert der Rest der Mannschaft mit ihm.
Keine guten Voraussetzungen, um im letzten September-Spiel irgendwas zu holen.
Dabei müssten wir dringend gewinnen - denn wenn wir nicht mal zuhause den Tabellenvorletzten Aarau schlagen können, wen denn dann?
Tja, gute Frage - die Antwort lautet: "Keine Ahnung, aber gegen Aarau schon mal nicht."
Das 1:3 ist dabei zwar erneut unglücklich, aber dafür kann sich ja keiner was kaufen.
Die Tabelle wirkt nach dieser Talfahrt jedenfalls alles andere als aufbauend, so ganz langsam muß hier mal was positives passieren, ansonsten wird das ein echt ungemütliches Restherbst.
Das einzig Positive aktuell:
wir haben gleich das nächste Heimspiel gegen einen direkten Konkurrenten um den Klassenherhalt vor der Brust, denn der FC Baden kommt nach Locarno.
Und wir spielen wieder mal gut mit, kommen zu etlichen guten bis klaren Chancen, treffen Latte, Pfosten, Keeper...
... nur das Tor nicht.
Und als Baden in der 45. Minute, quasi mit dem Pausenpfiff, das 0:1 erzielt, ist uns eigentlich schon klar, dass das wieder nichts werden wird.
Dennoch rennen wir natürlich auch nach der Pause an - aber Baden macht die Tore.
Als Klein in der 80. Minute dann doch mal trifft, ist das nur noch Ergebniskosmetik.
1:3 - und das wie so oft in dieser Saison bei xG-Werten, die einem die Tränen in die Augen treiben: wir haben zum wiederholten Male einen doppelt so hohen Wert wie unser (siegreicher) Gegner!
Nicht zu fassen.
Als wir eine Woche später gegen den neuen Tabellenführer Yverdon glatt mit 0:3 untergehen und damit auch das dritte Heimspiel in Folge verlieren, gibts bei Spielschluß auch erstmals Pfiffe und gegen "Lava raus!"-Rufe.
Wer wills den Fans verdenken?
Denn erstens sind wir nach dieser Niederlage zum ersten Mal in dieser Saison Tabellenletzter und zweitens lauten die nächsten beiden Spielpaarungen "FC Thun (A)" und "Xamax Neuchatel (H)". Wir spielen also gegen den Zweit- und Drittplatzierten.
Normalerweise müßten wir Chancenverwertung trainieren, fünf Tage am Stück, von morgens bis abends - aber mach das mal als semi-professioneller Verein.
Darauf läßt sich kein Arbeitgeber ein...
Und dabei ist die Chancenverwertung wirklich DAS Manko. Keine Ahnung, wie viele Pfosten- und Lattentreffer wir in den letzten 3 Spielen hatten, aber unsere Hilflosigkeit vor dem Tor kostet uns einen Punkt nach dem anderen.
Wenig überraschend, dass Heracles Almelo sein Interesse an mir mit Verweis auf die aktuellen Ergebnisse zurückzieht.
Sehr überraschend dagegen, dass die Prager Bohemians nicht ebenfalls einen Rückzieher machen, sondern mir stattdessen eine Einladung für eine Videokonferenz schicken, um "abzuklären, inwiefern Sie geeignet sind, unseren Verein als Cheftreainer durch die restliche Saison zu führen."
Völlig perplex sage ich zu und nach einem anderthalbstündigen Gespräch (auf englisch, mein Tschechisch ist quasi nichtexistent) versprechen die Prager, sich "demnächst zu melden".
Und am nächsten Tag stehe ich natürlich wieder bei Pfister auf der Matte.
Und natürlich glaubt er mir wieder kein Wort.
Ich solle mal schön die Füße still halten, wenn ich nicht bald mal Ergebnisse liefere, hätte ich nicht nur keinen Job in der Tschechei, sondern auch keinen in Locarno mehr!
Kopfschüttelnd und mit ordentlich Wut im Bauch mach ich mich an die Vorbereitung für das Spiel in Thun.
Der Begriff "ausgleichende Gerechtigkeit" kommt uns in den Sinn, als wir nach Abpfiff des Spiels beim FC Thun ungläubig auf die Anzeigetafel schauen.
Wochenlang waren wir in nahezu jedem Spiel in dieser Liga gleichwertig, haben uns selbst ein ums andere Mal um den Erfolg gebracht, in dem wir wie die Slapstick Harmonists immer im letzten Moment einen Weg gefunden haben, ein Tor nicht zu erzielen und dafür ein schier unmögliches Gegentor zu kassieren.
Und heute - in einem Spiel, in dem wir in allen Belangen deutlich unterlegen waren und überhaupt nur 4 Schüsse auf des Gegners Tor abgegeben haben, während Barrela gleichzeitig im Minutentakt gefordert war .... da gewinnen wir auswärts in THUN (!!!) mit 4:2?!
Unglaublich.
Und falls irgendwer heute auf uns gewettet hat, ist er wohl schlagartig reich geworden.
Weil das noch nicht reicht an überraschenden Nachrichten, klingelt am gleichen Abend mein Telefon und Miroslav Drzmisek, der Sportdirektor der Bohemians Prag, teilt mir mit, dass er mir soeben einen unterschriftsreifen Vertragsvorschlag zugemailt habe. Falls ich Details daran ändern wolle oder Fragen habe, sei er morgen um 10:00 frei für eine zweite Videokonferenz. Andernfalls erwarte er innerhalb der nächsten 24 Stunden meine Unterschrift oder Absage.
Nachdem ich das verdaut habe - wofür es nötig war, sich zu setzen - lese ich mir den Vertrag durch.
Und kippe fast aus den Latschen, als ich die angebotenen Bedingungen sehe.
Dann rufe ich meinen Präsidenten an und teile ihm mit, dass ich vorhabe, zum 03.11.2026 nach Prag zu wechseln.
Woraufhin er ausnahmsweise mal nicht lacht, sondern mich nach zwei Sekunden des Schweigens anblafft, dass ich das vergessen könne, ich hätte schließlich Vertrag.
Nur gut, dass ich mich diesbezüglich kundig gemacht habe!
Es ist nämlich gar nicht so klar, wie bindend ein zeitlich befristeter Anstellungsvertrag ohne jegliche Zahlungen seitens des Anstellenden überhaupt ist.
Ich hole also tief Luft, damit ich das Folgende möglichst seriös und ruhig, ohne unnötiges Kichern, rüberbringen kann, und sage dann:
"Meine Rechtsschutzversicherung meint, das sei ein spannender Fall, den sie gern vor Gericht klären würden.
Würde natürlich bedeuten, dass der FC Locarno dann erstmal wochen-, vielleicht monatelang keinen Trainer hätte, dass außerdem Ihre Angewohnheit, Vereinsangestellte nicht zu bezahlen, öffentlich bekannt würde ... und dass, sollte ich diesen Rechtsstreit gewinnen, wofür die Chancen gar nicht so schlecht stehen, wie meine Versicherung meint ... dass ich dann selbstverständlich gezwungen wäre, Ihnen den Verdienstausfall in Rechnung zu stellen, den Sie ja zu verantworten haben, weil Sie mich rechtswidrig nicht haben wechseln lassen."
Daraufhin herrscht erneut Stille.
Eine Sekunde, zwei Sekunden, drei Sekunden.
Irgendwann räuspert sich Pfister und murmelt:
"Dann wechseln Sie halt in Gottes Namen, Sie undankbarer Knilch. Freigabe schick ich Ihnen per Mail und per Post."
"Vielen Dank!"
Und damit ist das Kapitel Locarno beendet.
Die Formalitäten dauern lange genug, dass ich offiziell noch im Amt bin, als die Mannschaft völlig sensationell auch Xamax Neuchatel besiegt (mit 4:3 nach 1:3 Rückstand!), aber diesen Sieg darf sich Sportdirektor Maier ans Revers heften - der jetzt auch hektisch nach einem neuen Trainer suchen darf.
Als ich meinem Lieblings-Datenanalysten Günter "Honni" Honegger davon erzähle, schaut er mich einen Moment wortlos an und fragt dann: "Brauchen die da vielleicht noch einen Datenanalysten? Ich würde echt gern auch mal Geld verdienen."
Pfister hat diese linke Masche also nicht nur mit mir abgezogen!
Ich verspreche Günter, dass ich mir alle Mühe geben werde, ihn "mitnehmen" zu können.
(Schon aus reinem Eigennutz - sein Programm versteh ich ohne ihn immer noch nur rudimentär!)
Und dann, nach 120 Spielen im Dienste des FC Locarno, geht es für mich nach Prag in die Fortuna Liga.
Yippieh!