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Autor Thema: [FM 20 bis 24] Lavayeuxs Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers  (Gelesen 78946 mal)

Noergelgnom

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Wo bitte gehts hier nach Wembley? II

 

Herbst 2049 bis Frühjahr 2050, Rocester, East Staffordshire, England

"Gerard?"
"Mhmm?"
Wir sitzen hinterm Haus, im Garten, wie so oft in den letzten Monaten.
Ist zwar jetzt, Ende November, ein deutlich frostigeres Vergnügen als noch im August, aber wir haben daraus eine schöne Tradition gemacht - zu schön, um uns von solchen Nebensächlichkeiten wie Temperaturen oder Luftfeuchte davon abhalten zu lassen.
Lucas nimmt noch einen Schluck aus seiner Flasche, bevor er nachdenklich spricht.

"Wie hast Du das eigentlich ausgehalten, ständig Deine besten Spieler zu verlieren? Ich meine, soweit ich das verstanden habe, war es ja selbst in Metz fast schon Usus, oder?"
"Usus nicht gerade - aber ja: auch in Metz haben wir regelmäßig den einen oder anderen Abgang gehabt, den ich lieber vermieden hätte. Und um Deine Frage zu beantworten... der Schlüssel zu einem vernünftigen Umgang mit dieser Situation ist die Erkenntnis, dass Du einen kleinen Club trainierst und dass das die Suche nach einem Ersatz deutlich vereinfacht."
Der Trainer des Rocester F.C., der sein Bier gerade wieder ansetzen wollte, stockt mitten in der Bewegung.
"Das ist doch Unsinn! Wenn überhaupt, wird es dadurch schwerer!"
"Nein, es wird einfacher. Denk mal drüber nach: Wenn einer der Topclubs dieses Planeten - Real, Bayern oder City - einen Stammspieler verliert und einen gleichwertigen Ersatz sucht, wie groß ist deren Auswahlpool dann? Und jetzt vergleich das mal mit Rocester und überlege, wieviele Spieler es allein in Staffordshire gibt, die in etwa auf Navarros und Thackers Niveau sind. Es ist einfacher, Du mußt lediglich dafür sorgen, dass Du diese Spieler auch erkennst, wenn Du sie siehst."

Clint Navarro und Craig Thacken - Torwart und Stoßstürmer - sind die neuesten beiden in einer stetig länger werdenden Riege von Stammspielern, die wir an zahlungskräftigere oder einfach in einer höheren Liga spielende Vereine verlieren, ohne dass wir auch nur das geringste dagegen tun könnten.
Thacker wechselt zum ersten Dezember zu Daisy Hill, die eine Liga über uns im Abstiegskampf stecken, und Navarro purzelt sogar gleich zwei Sprossen auf der Leiter hoch und läuft künftig für Hyde United auf. (Oder sitzt auf der Bank, so das wahrscheinlichere Szenario.)
Sie sind die Stammspieler acht und neun, die uns seit Beginn der Saison verlassen - und man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass sie noch lange nicht die letzten sein werden.
Erfolgreiche Clubs ziehen die Scouts an wie das Licht die Motten - und als Tabellenführer der Liga sind wir nunmal per definitionem ein erfolgreicher Club. Wenn auch natürlich im lokalen Maßstab, versteht sich.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass unsere Tabellenführung mit einer ordentlichen Portion Glück in einigen Spielen zu tun hatte (Whytenshawe und Clitheroe wissen wahrscheinlich immer noch nicht, wie sie es geschafft haben, gegen uns zu verlieren), dass der Spielplan unser Freund ist und dass die Konkurrenten um den Platz an der Sonne noch inkonstanter spielen als wir.
Aber all das ist nicht ungewöhnlich, wenn man ein Amateurteam trainiert, es ist sogar zu erwarten.
Die Spieler sind oft genug bessere Freizeitfussballer - obwohl man selbst hier, in der zehnten Liga, den einen oder anderen antrifft, der bis vor ein paar Jahren als Halb- oder gar Vollprofi seine Brötchen verdient hat.
Bei uns wäre das zum Beispiel der 35jährige Innenverteidiger Andrew Wyatt, der in Reading Championship gespielt und bis vor drei Jahren immerhin noch bei Notts County in der SkyBet Two gekickt hat.
Und natürlich der gleichaltrige neue Stammkeeper John Read. Ausgebildet bei Brighton and Hove Albion, hat er bis vor zwei Jahren beim Guiseley AFC in der Vanarama North gespielt und unglaubliche 402 Spiele dort bestritten!

Solche alten Haudegen bilden in vielen Mannschaften den absoluten Kern, um den sich Amateure, hoffnungsvolle Jugendspieler, Glücksritter in Sachen Fussball und Freizeitkicker scharen und zu denen sie aufschauen.
Manch einer spielt noch mit über vierzig in der zehnten Liga oder darunter, beim inzwischen fünfzehnten Verein der Karriere und immer mit dem Blick dafür, wo er in der nächsten Halbserie vielleicht noch ein paar Pfund mehr verdienen kann.

Wyatt und Read werden seit ihrer Ankunft im Wochentakt mit anderen Vereinen in Verbindung gebracht - sind aber im Gegensatz zu einer Handvoll anderer Spieler noch da und machen auch keinerlei Anstalten, die Sachen zu packen.
Wyatt hat sogar vor drei Wochen ein Angebot vom Histon F.C. abgelehnt, die ihn als Spielertrainer wollten.
Schon erstaunlich, Histon spielt nämlich achte Liga und hätte ihm sicherlich mehr als die lächerlichen 25 Pfund pro Spiel zahlen können, die er bei uns bekommt.
Andererseits ist er hier ein "Star" und kann ganz entspannt kicken, ohne sich allzusehr im Training quälen zu müssen, das ist ja vielleicht auch was wert.

Lucas reißt mich aus meinen Gedanken.
"Ja, so gesehen - also mit der größeren Auswahl - hast Du schon recht. Aber wie soll ich denn eine Bindung zu den Spielern aufbauen, wenn die Hälfte noch keine drei Monate da und die andere Hälfte in Gedanken schon wieder weg ist?"
"Das, mein lieber Lucas, ist die große Kunst. Lebe und trainiere für den Moment. Vergiß die Gedanken an nächste Saison - oder auch nur an die Rückrunde. Vertrau darauf, dass auch in drei, vier oder zwölf Monaten noch genügend Spieler beim Rocester F.C. spielen werden, um eine konkurrenzfähige Mannschaft samt Ersatzbank aufstellen zu können und konzentrier Dich aufs nächste Spiel. - Das ist übrigens nicht nur ein allgemeiner, sondern ein ganz konkreter Ratschlag. Unser nächster Gegner heißt Maine Road - und die haben an den letzten beiden Spieltagen insgesamt vier Punkte geholt, indem sie jeweils auswärts, bei Northwich Victoria gewonnen und in Winsford unentschieden gespielt haben. Die sind gefährlich."

Lucas nickt, dann setzt er die Bierflasche an und trinkt aus.
"Dann an die Arbeit."
"An die Arbeit, richtig."


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« Letzte Änderung: 03.Februar 2024, 21:45:34 von Noergelgnom »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

FlutLicht1900

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 Nach Wembley sieht das noch nicht aus. Da liegt noch ein hartes Stück Arbeit vor Euch. Also Tee in die Kanne und los geht's.
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Noergelgnom

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Wo bitte gehts hier nach Wembley? III

 

Herbst 2049 bis Frühjahr 2050, Rocester, East Staffordshire, England


The Derby Evening Standard, Ausgabe vom 05.12.2049, Seite 15 - Lokalsport

Zitat
Cup Run jäh gestoppt - Bromsgrove Sporting beendet Rocesters F.A.-Vase-Siegeszug

Die nächste Sensation ist ausgeblieben - Bromsgrove Sporting, Tabellenführer der North West Premier League, hat dem Rocester F.C. im F.A.-Vase-Drittrunden-Heimspiel deutlich die Grenzen aufgezeigt.
Deutlicher als es das Endergebnis von "nur" 3:1 aussagt.
Die Gäste hatten über die komplette Spielzeit alle Hände voll zu tun, um den Gastgeber vom Tor wegzuhalten - und waren mehrfach auf gütige Mithilfe von Pfosten und Latte angewiesen, um am Ende mit einer vergleichsweise knappen Niederlage davonzukommen.
Gästecoach Goossens meinte nach dem Spiel lapidar: "Man hat den Klassenunterschied heute leider gesehen. Wir waren nicht in der Lage, den Druck der Gastgeber über die gesamte Spielzeit gesehen wegzuverteidigen. Die Niederlage ist ärgerlich, aber kein Beinbruch. Wir werden daraus lernen und es im nächsten Jahr hoffentlich besser machen."

Die Vase-Saison der Mannschaft aus East Staffordshire kann dennoch mit Fug und Recht als großer Erfolg bezeichnet werden.
Schließlich war Bromsgrove Sporting bereits der vierte höherklassige Verein, mit dem Rocester die Klingen kreuzte.
Und aus den drei vorherigen Begegnungen - die allerdings auch alle im Hillsfield, Rocesters Heimstadion, stattfanden - war der Club als Sieger hervorgegangen.
Rocester wird sich dennoch wahrscheinlich ärgern, wären sie doch nur noch zwei Runden von einem neuen Rekordergebnis in der F.A. Vase entfernt gewesen.
Die optimistischeren unter ihren Fans träumten vielleicht sogar schon von einem Einzug ins Halbfinale und damit zwei Spielen im berühmten Londoner Wembleystadion.

Nun ist also die Konzentration auf den Ligaalltag angesagt.
Und natürlich kann man sich in Rocester auch schon das neue Jahr freuen, wenn mit einem Heimsieg im Ligaduell gegen die Ellsmere Rangers der Einzug ins Viertelfinale des North West Counties League Cup gelingen soll.


Die Mannschaft ist nach dem Spiel nachvollziehbarerweise enttäuscht, aber Lucas schafft es ziemlich schnell, sie wieder aufzurichten und auf das nächste Ligaspiel gegen Maine Road einzuschwören.
Was den Motivationsanteil des Trainerjobs angeht, hat er sich sehr schnell "eingefuchst" und beweist ein ums andere Mal, dass er ganz entgegen seiner mir gegenüber geäußerten Unsicherheit echtes Talent als Motivator und Teambuilder hat.

Und so ist es denn auch unsere Mannschaft, die drei Tage nach dem Pokalaus wieder Grund zum Jubeln hat. Bei Favoritenschreck Maine Road erspielen sie sich einen ebenso deutlichen wie verdienten Sieg und ersticken jegliche Zweifel daran, ob sie nach dem Rückschlag die Konzentration und Motivation hochhalten können, im Keim.
Mehr noch - als die Liga in die fünftägige "Weihnachtspause" geht, beträgt der Vorsprung auf den Zweitplatzierten Northwich Victoria bereits fünf Punkte.


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Wie in England üblich, rollt gleich am ersten Januar wieder der Ball - und Rocester eilt im dichtgedrängtesten Ligamonat (sieben Spiele in vier Wochen) von Erfolg zu Erfolg.
Mittelklasseteam Cheadle Heath kann uns einen Punkt abringen, ansonsten gibt es für unsere Gegner eine Enttäuschung nach der anderen.
Zu den Garanten für diese Erfolgsserie gehören dabei zwei Neuzugänge: Jadon Nicholas-French und Joseph Thomas bilden als Ersatz für die im Laufe des Herbstes abgewanderten Fitzsimons und Thacker das neue Sturmduo und harmonieren von Tag eins an nahezu perfekt.
Nicholas-French erzielt gleich in seinen ersten vier Spielen fünf Tore (bevor ihn eine Verletzung kurzzeitig außer Gefecht setzt), Thomas glänzt mit sechs Vorlagen und drei Toren.
Muss sich für die Konkurrenten echt kacke anfühlen, aber wir finden es super.


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Noergelgnom

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Wo bitte gehts hier nach Wembley? IV

 

Herbst 2049 bis Frühjahr 2050, Rocester, East Staffordshire, England


Als der Februar zuende geht, ist aus der zu Saisonbeginn noch sensationellen Tabellenführung des Dorfclubs Rocester F.C. eine Nachricht geworden, die den meisten Fussballinteressierten außerhalb des besagten Dorfes nur noch ein Achselzucken entlockt.
"Joa, die haben halt ein paar abgehalfterte Ex-Stars in der Mannschaft und spielen einen ziemlich destruktiven Stiefel. Diese Kombination ist halt diese Saison erfolgreich. Die werden jetzt wahrscheinlich direkt aufsteigen, dann die Hälfte der Mannschaft an besser zhalende Clubs verlieren, sang- und klanglos aus der North West Counties Premier wieder absteigen ... und übernächste Saison dann in die Second Divion durchgereicht werden. Hat schon dutzende solcher Geschichten gegeben, ist nix besonderes."

Mit solchen und ähnlichen "Expertenmeinungen" versuchen die Fans aus den Nachbardörfern, deren Vereine noch immer nur unsere Rücklichter sehen, ihre Enttäuschung einermaßen "cool" zu verpacken.
Ist ja auch legitim.

UNSERE Fans dagegen sind inzwischen entschieden euphorisch. Das Stadion sieht in dieser Saison mehrfach neue Rekordbesucherzahlen - mit dem Höhepunkt beim Heimspektakel gegen Winsford United, als sage und schreibe 143 Zuschauer (und damit fast 15% der Dorfbevölkerung) die 4:1-Demontage des zu diesem Zeitpunkt zweitplatzierten Gastes bejubeln.
Matchwinner auch in diesem Spiel: Vernon Nicholas-French, diesmal allerdings "nur" mit einem Dreierpack.
Seinen eigenen Saisonrekord stellt er einige Wochen zuvor auf, als er beim 5:2 in Wytheshawe einen lupenreinen Viererpack erzielt, inklusive Hattricks innerhalb von 13 Minuten!
Kein Wunder, dass der Knipser selbst Siebtligisten auf den Plan ruft, die ihn beobachten.
Ein offizielles Angebot ist bisher nicht eingegangen, aber das kann nur noch eine Frage der Zeit sein.
Neun Tore in fünf Spielen allein im Februar - der Stürmer entscheidet so manches unserer Spiele im Alleingang.
Und nicht zuletzt dank ihm sind wir Ende Februar noch immer klarer Tabellenführer.
Wenn Winsford und Northwich Victoria nicht genauso erfolgreich durch die Liga pflügen würden, wäre die Frage nach dem Meister wohl längst entschieden.
So jedoch muß die Antwort auf diese Frage wohl noch ein paar Wochen warten.


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Acht Spiele später ist die Frage dann allerdings keine Frage mehr.
Wir geben im März und April nur noch zweimal Punkte ab und gewinnen die anderen sechs Spiele, wodurch sich unser Vorsprung auf den schlußendlichen Zweitplatzierten Northwich Victoria sogar noch ein wenig erhöht.
Die Meisterschaft ist rückblickend eine überraschend klare Sache ...


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Und wie haben wir uns im "unwichtigen" North West Counties League Cup geschlagen?


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Zum Saisonende sieht unser Kader völlig anders aus als im letzten Herbst - aber entgegen aller Erwartungen haben wir das flapsig formulierte Ziel "stärker werden durch Abgänge" tatsächlich erreicht.
Sofern uns keiner verläßt (was natürlich utopisch ist), brauchen wir uns mit dieser Mannschaft mit Sicherheit auch eine Liga höher nicht zu verstecken.




Ein letztes Schmankerl gibts dann noch von Kartenverkäufer und "Schatzmeister" Jack zu vermelden:
in der abgelaufenen Ligasaison haben wir das mit Abstand beste Zuschauerergebnis aller Zeiten erreicht!


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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

Agariel

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Gerüchten zufolge hat der plötzliche Anstieg der Zuschauerzahlen mit einer merkwürdigen Schar von Belgischen Fans zu tun, die einige Wochen nach dem Trainerwechsel in dem kleinen Örtchen angekommen sind und seitdem nahezu jedes Spiel verfolgen.

Und während ein gewisser Monsieur Thiery irgendwo im fernen Metz ratlos über der Spesenabrechnung seiner Scoutingabteilung sitzt und sich fragt welche Juwelen wohl in Rocester zu finden seien, dass nahezu die komplette Abteilung dort regelmäßig zu Spielbeobachtungen hinreist, rätseln die Fans von Rocester was wohl die merkwürdig klingenden Fangesänge dieser Belgier für eine Bedeutung haben. Glücklicherweise halten bislang alle "Lavayeux" für einen belgischen Begriff, dessen Bedeutung sie einfach nicht kennen.
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knufschu

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Nur noch acht Aufstiege bis zur Premier League, da heißt es dranbleiben. Was Rocester jetzt fehlt ist der fast schon sprichwörtliche örtliche (Bau-)Unternehmer, der den Club mit einer Finanzspritze durch die unteren Ligen peitscht.

Oh, ich rieche förmlich die Spur von Michael Frauens Günstling, einem windigen Bauunternehmer aus Südniedersachsen, der bald seinen langen gierigen Geldsack-Arm in die vom EU-Austritt gebeutelte britische Volkswirtschaft steckt, nur um dort mal tief herumzurühren und sich an aufstrebenden Sportvereinen und genau so geldgeeilen Vereinsbossen zu bereichern.
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Noergelgnom

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"Werden Sie reich in fünf einfachen Schritten!"
(Der Rocester F.C. und der F.A. Cup 2050/2051)

 

Spätsommer 2050, Rocester, East Staffordshire, England


"Doch, wenn ichs Dir doch sage! Schau, da drüben stehen sie! Oder willst Du mir etwa erzählen, das sind sie nicht?"
Ich habs nicht glauben wollen, aber als meine Augen der Richtung folgen, die Lucas mit dem ausgestreckten Arm anzeigt, gibt es keinen Zweifel: das ist eindeutig das "Bataillon de Metz", was da laut grölend und eine bunte Phantasiefahne schwenkend an der Gegengerade steht.
Und zwar ziemlich vollzählig, wie es auf den ersten Blick scheint.
Ich fass es nicht, was machen die denn hier? Haben die nix zu tun oder was?!
Gut, der positive Aspekt ist natürlich, dass das Stadion gleich noch ein bißchen voller und lebendiger wirkt ... aber dass die Jungs mal eben etliche hundert Kilometer Reise auf sich nehmen und übern Kanal reisen, muss irgendeinen tieferen Grund haben als einfach nur "Wir wollen mal wieder ein Fussballspiel sehen."
Ich zücke mein Smartphone und schreibe eine Nachricht in die Whatsapp-Gruppe "FroLitoM" (From Liege to Metz):
"Willkommen in der englischen Pampa, habt einen guten Zeitpunkt für euren Besuch gewählt. Wir wollen heute in die zweite Qualifikationsrunde des F.A. Cup. - Was macht ihr eigentlich hier? Grüße, Gerard. P.S.: Falls jemand fragt: mein Name ist Gerard Goossens, danke!"

Innerhalb weniger Minuten explodiert die Gruppe regelrecht:
Zitat
"Äh ... was meinst Du?"
"Wir sind in Metz, Spiele beobachten, wieso?"
"Leute, er kann uns -sehen-! Guckt mal auf die Trainerbank."
"Oh f*ck, stimmt."
"Mist! - Okay, lasst uns einfach sagen, wir sind auf der Durchreise, okay?"
"Er kann auch lesen, was Du schreibst. Schlaumeier."
"Gerard, ignorier die einfach mal. Wir wollten nur mal gucken, was ihr hier so treibt."
"Ja und wir haben dem Reporter auch nichts verraten, Ehrenwort!"
"Naja, fast nichts. Aber das sollten wir ihm so besser nicht sagen, hihi."
"Psssssst!"
"Herrgottnochmal: ER. KANN. DAS. LESEN!"
"Mist."

"Na dann reden wir doch am besten nach dem Spiel bei einem Bier darüber.", schreibe ich zurück.
Ich mache mir zwar ein wenig Gedanken darüber, was die Knalltüten dem Reporter erzählt haben könnten (welchem Reporter eigentlich?!), aber das kann, ja muss warten.
Denn jetzt gehts erstmal um die Wurst - beziehungsweise um jede Menge Geld.
Wieso?
Dazu muß ich ein bißchen ausholen.

Der Aufstieg hat - neben allerlei Lobhudeleien der Dörfler und sogar einer Drei-Zeilen-Meldung im "Derby Observer" - vor allem den großen Vorteil, dass wir in der neuen Saison unter anderem im F.A. Cup antreten dürfen.
Unter anderem.



In den beiden "großen" Wettbewerben erwartet man genaugenommen gar nichts von uns - sofern wir uns nicht abschlachten lassen, reicht das dem Vorstand schon.
Im Midland League Cup dagegen sollen wir ins Viertelfinale vorstoßen - eigentlich nur folgerichtig, erwarten die Vereinsoberen von uns doch eine einstellige Ligaplatzierung in der Midland League.
Häh? Midland League?
Ja, wir waren auch ein bißchen erstaunt, aber in der neuen Zusammensetzung der North West Counties League war durch einen Abstieg "von oben" ein Team zuviel und wir waren der südlichste Verein, wodurch wir in eben jene Midland League - und damit auch in den entsprechenden Cup - gerutscht sind.

Zurück zum F.A. Cup.
Eigentlich wollten wir das Augenmerk ausschließlich auf die Liga richten - aber nachdem wir unseren ersten Gegner zugelost bekamen (den New Mills AFC) und dessen Stadion innerhalb weniger Tage nahezu ausverkauft war, dämmerte uns langsam, dass die landesweiten Cups allein schon durch die Zuschauereinnahmen eine Top-Einnahmequelle darstellen könnten.
Bei New Mills gewannen wir erstaunlich souverän mit 3:0 und zum Lohn durften wir nun gegen den Prescot Cables F.C. aus der Northern Premier League Division One West spielen - einen Achtligisten mit Ambitionen auf den Aufstieg.
Anders gesagt: die über 800 Zuschauer, die zu dieser Partie ins Hillsfield strömten, stellten nicht nur einen neuen Einnahmerekord für den Rocester F.C. dar - nein, sie konnten auch Zeuge eines historischen Ereignisses werden: ein Sieg gegen einen Achtligisten war dem Verein noch nicht allzuoft vergönnt in seiner Geschichte.


Unsere Jungs begannen sehr nervös - der "Lohn": nach nur acht Minuten liefen wir nach einem heftigen Whitehouse-Schnitzer und daraus resultierendem Gegentor bereits einem Rückstand hinterher. Neuzugang Kai Lowe konnte zwar nach einer halben Stunde ausgleichen, fast im Gegenzug fiel allerdings die erneute Gästeführung, weil sich diesmal Wyatt und Donelon nicht einig waren, wer zum Ball geht.
Erst in der zweiten Halbzeit bekam der Rocester F.C. das Spiel halbwegs in den Griff - und mit der Einwechslung von Stürmer Gareth Whitehouse kam die endgültige Wende zu unseren Gunsten.
Donelon per Kopfball nach Ecke und Nicholas-French per Fernschuß stellten schließlich den umjubelten Endstand von 3:2 her, der uns nicht nur in die erste Qualirunde des F.A. Cups brachte, sondern auch insgesamt 12.000 Pfund in die Kasse spülte.

In den beiden folgenden Runden hatten wir unverschämtes Losglück, indem wir nacheinander gegen Konkurrenten aus der eigenen Liga gelost wurden. Nicht nur das, wir hatten sogar zweimal Heimrecht. Und darüberhinaus waren beide Teams denkbar beschissen in die Saison gestartet und noch auf der Suche nach der eigenen Form.
So reichten uns zwei halbwegs vernünftige Leistungen, um nachgerade sensationell in die dritte Quali-Runde einzuziehen - die Runde, in der die Vereine der Vanarama National League North and South (also die beiden sechsten Ligen) in den Pokalwettbewerb einsteigen.

Und als die Paarungen feststanden, machten wir zwar nicht direkt einen Luftsprung, aber ein breites Grinsen hatten wir wohl alle im Gesicht. Heimspiel! Gegen einen Non-League-"Giganten"!
Der Chester F.C. ist ein großer Name in den Non-League-Wettbewerben Englands, also den Wettbewerben unterhalb der vier professionellen Football League-Ebenen.
Und er hat eine große, reisefreudige Fangemeinde.
Was wiederum bedeutet, dass unser Stadion zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte ausverkauft ist - 1200 Menschen wollen dieses Spiel sehen und sorgen für einen neuen Zuschauer- und Einnahmenrekord. Diesmal fließen sagenhafte 16.000 Pfund in unsere Kasse!

Und wenn wir heute gewinnen sollten, kämen allein an Preisgeld 4000 Pfund dazu - plus die Aussicht auf ein weiteres lukratives Spiel mit noch mehr Einnahmen.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Neunzig Minuten später ist der Traum leider ausgeträumt.
Die Gäste lassen uns nicht den Hauch einer Chance und gewinnen in unserem Wohnzimmer völlig verdient mit 4:0.
Wir können auch im dritten Anlauf die Hürde "dritte Quali-Runde des F.A. Cups" nicht überwinden - und wie 1997/98 (Bromsgrove Rovers) und 2006/07 (Kettering Town) ist es erneut ein Sechstligist, der unseren Traum beendet.

Nach der ersten Enttäuschung überwiegt dann aber doch der Stolz. Erst im fünften Spiel gescheitert, insgesamt mehr als 30.000 Pfund eingenommen - womit der komplette Gehaltsetat bereits gedeckt ist - und durchaus Werbung für den Verein gemacht.
Gut, vielleicht nicht gerade heute, aber in den Partien vorher.




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Damit gilt die Konzentration in den Folgewochen erstmal komplett der Liga, weil wir in die anderen Pokalwerttbewerbe erst später einsteigen.
Apropos "Liga" - ich bin über einen Infoschnipsel gestolpert, der mich kopfschüttelnd zurückließ.
Die neunte englische Liga ist in etwa auf dem qualitativen Niveau der luxemburgischen Ehrenpromotion.
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, wie weit mein Heimatland den Topligen Europas hinterherhechelt - hier isser.



In der Liga werden wir übrigens zum erweiterten Kreis der Aufstiegsanwärter gerechnet - kein Wunder, haben wir den Aufstiegskader doch weitgehend zusammenhalten und durch Neuzugänge wie Lowe oder Sowinski sogar punktuell verstärken können.
Infolge unserer fabelhaften Cupleistungen ist die Zahl der Anfragen für unsere Schlüsselspieler allerdings sprunghaft angestiegen, kann also sein, dass wir demnächst doch einige Abgänge zu verzeichnen haben ...




So, und jetzt nehm ich mir mal die Belgier zur Brust! Hab auch Vicky geschrieben, die möchte "ihre Jungs" ja bestimmt auch mal wieder in echt sehen.
Immer nur schreiben und Skype-Videokonferenzen geht einem ja irgendwann nur noch auf den Senkel...
« Letzte Änderung: 05.Februar 2024, 20:38:12 von Noergelgnom »
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Elemotion

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Wahnsinn was ich in den letzten 3 Wochen verpasst habe. Lavayeux hat alles richtig gemacht, denn man soll bekanntlich gehen, wenn es am schönsten ist. 2 große Titel waren definitiv ein krönender Abschluss dieser langen Reise.

Den Storyteil mit dem Sohn in Spe finde ich richtig gelungen und bin gespannt wie es da weiter geht. Ich hoffe der Sohn bleibt dem Verein lange treu und schafft das unmögliche, einem Aufstieg in die Premier League in 12-15 Jahren
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Bayernfahne

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Da muss ich Elemotion leider widersprechen, ich hoffe Goossens Junior wird ein ähnlicher Wandervogel wie Lava vor ihm. Durchaus mit längeren Amtszeiten, aber 15 Jahre in ein- und demselben Dorf? Das macht man zwischen Kindergarten und Abitur, aber danach nie wieder  :D Alles in allem sind das aber ziemlich starke Leistungen! Sofern der Pokalrun nicht den Ausverkauf heraufbeschworen hat, sollte mindestens eine solide Platzierung im oberen Mittelfeld möglich sein. Eventuell sogar mehr... Und wenn wider Erwarten alle Stammspieler gehalten werden sollten, sehe ich sogar einen Durchmarsch als realistisch an! Echt ein Trainerfuchs, dieser Lavay-äh... Goossens.  :D
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...und der Teufel schickt uns einen Kuss, wir haben von alledem gewusst!

Noergelgnom

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"Konstanz? Ja, kenne ich - ist eine Stadt in Deutschland. Warum fragen Sie?"
(Der Rocester F.C. und die Midland Premier League 2050/2051)

 

Spätsommer 2050 bis Spätfrühling 2051, Rocester, East Staffordshire, England


"So Jungs, jetz ma Butter bei de Fische - was soll dieser Gruppenausflug? Warum kommt ihr im Pulk in ein englisches Winzdorf?"
"Na wir wollten Dich sehen, Vicky. Du fehlst an allen Ecken und Enden. Es macht in Metz sowieso gerade wenig Spaß, aber ohne Dich machts eigentlich gar keinen! ... Äh ... da bist Du natürlich mitgemeint, Gerard!"
"Und euer Vorgesetzter hat euch erlaubt, über den Kanal zu düsen, ja?"
Die Mienen wandeln sich sich in Blitzesschnelle von "schön, hier zu sein!" in "oh Gott, diese Frage haben wir befürchtet".
Shorty ist es schließlich, der halblaut murmelt: "Naja, wenn Du so fragst ..."
Vicky schaut von einem zum anderen - hat was von Mutti, die ihre ungezogenen Rangen mustert.
"Und was, wenn ihr deswegen euren Job verliert? Hm?"

Es dauert wieder eine Sekunde, bis der erste antwortet.
Aber als Karri schließlich "Mir doch egal, ist eh nur noch zum Kotzen da!" rausplatzt - da wirkt es, als habe er eine Schleuse geöffnet.
Plötzlich reden alle durcheinander.
"Die spinnen total beim FC Metz!"
"Der Thiery geht lieber mit der Chefsekretärin 'essen' als dass er mal nach der Jugend fragt."
"Die ha'm inzwischen fast zweihundert Millionen Euro an Transfersummen für die Erste ausgegeben - und die Jugendbudgets sind auf die Hälfte zusammengekürzt worden!"
"Fühlt sich irgendwie an wie die ersten Abwärtstendenzen in Lüttich damals."
"Ja, ganz genau, Du sagst es! So fings doch dort auch an, erinnert ihr euch?"
"Und ob! Aber diesmal sind wir Vereinsangestellte, damit sind wir ja quasi mitschuldig!"
"WAAAAS? Never! Ich mach mir doch mit dem Dreck nicht die Hände schmutzig! Ich bin Jugendscout, kein Abbruchverantwortlicher!"
"Wenn wenigstens ein Plan erkennbar wäre, wohin die mit dem Club wollen und was mit dem famosen Jugendkonzept werden soll.
Aber die Chefetage will vor allem Gewinne aus dem Verein ziehen, hat aber keine Ahnung vom Sport - und Thiery, der Ahnung haben müßte, interessiert sich nur für die Möpse und den Arsch seiner Sekretärin! Und wir kriegen kaum noch Spesen bezahlt - und müssen uns gleichzeitig rechtfertigen, warum wir kaum noch neue Talente entdecken."
"Hah! Wir entdecken ja schon noch welche - aber welcher Vater will schon seinen Filius zu einem Verein wechseln lassen, der keine Jugendstrategie hat?"
"Ich hab echt die Schnauze voll von dem Verein, ehrlich jetzt!"
"Da biste nicht alleine!"
"Am besten kündigen wir, bevor uns noch alles um die Ohren fliegt!"

An dieser Stelle schafft es Vicky glücklicherweise, einzuhaken und eine weitere Stimmungs- (und Handlungs-?)Eskalation zu verhindern.
"Puh, das klingt aber echt kacke."
"Und ob!"
"Aber ihr solltet Schnellschüsse vermeiden, ganz ernsthaft. - Lasst uns mal in Ruhe drüber reden, was ihr machen könnt. Und zwar ohne, dass ihr euch in irgendeine Sackgasse manövriert, in die ihr vielleicht gar nicht wollt, okay?"

Es dauert einen Moment, aber schlußendlich nickt die ganze Bande.
Vicky hat ja schließlich auch recht.
Selbst wenn die Verhältnisse in Lothringen so furchtbar sind wie die Jungs es gerade empfinden - arbeitslos ist ja keine Alternative!
Dem Bayer bleibt es vorenthalten, die unvermeidliche Frage zu stellen:
"Braucht ihr hier nicht ein paar fähige Scouts?"

Vicky lacht womöglich noch lauter als ich, als wir das hören.
"Erstens bin ich hier nur der Co-Trainer. Und zweitens: brauchen sicherlich. Aber ihr würdet mit der gleichen Bezahlung vorliebnehmen müssen wie Lucas und ich, ...."
Weiter komme ich nicht, denn ich werde sofort unterbrochen.
"Kein Problem!", schallt es zurück.
"Laßt mich erstmal zuende sprechen, okay? - Die Bezahlung hier nennt sich 'ehrenamtlich'. Wir spielen in der neunten Liga, hier verdient niemand irgendetwas Substantielles. Außer den Spielern, die eine kleine Auflaufprämie bekommen, gibt es hier bestenfalls einen Zuschuß zu den Spritkosten für die Auswärtsfahrten."

Die Gesichter werden lang.
"Dein Ernst, Gerard?! Und dafür bist Du aus Metz weg?!"
Die Fassungslosigkeit im Raum ist mit Händen zu greifen.
"Nein, ich bin nicht -dafür- aus Metz weg. Ich bin aus Metz weg, weil ich die Faxen dicke davon hatte, wie es da lief und weil man mir kaum eine andere Wahl gelassen hat.
Im Gegensatz zu euch habe ich allerdings vorher gut genug verdient, dass ich mir das auch leisten konnte. Ich bin nicht darauf angewiesen, nochmal irgendwo als bezahlter Trainer zu arbeiten."

"Dir ist bewußt, dass das ein klitzekleines bißchen von oben herab klingt, ja?", fragt Garry.
"Ja, weiß ich - aber es ist dennoch die Wahrheit.", antworte ich. Ich konnte es mir leisten, eine spontane, unüberlegte und trotz allem nicht sonderlich schlaue Entscheidung zu treffen."
"Wieso nicht sonderlich schlau?", will Sonni wissen. "Ich denke, Du wolltest da unbedingt weg?"
"Richtig - aber wenn ich drei Sekunden nachgedacht hätte, hätte ich einen Weg gefunden, das so zu erledigen, dass ich mir nicht die Abfindung versaue..."
Elmo rollt mit den Augen. "Du hast also ernsthaft selbst gekündigt? Ich dachte, das wär nur die offizielle Geschichte gewesen, damit der Verein dabei besser aussieht."
Ich zucke die Schultern. "War doof, ja. - Aber genau deshalb ist es ja so wichtig, dass ihr nicht genauso doof handelt. - Ich kann Vicky nur beipflichten. Ihr bleibt mal schön auf der Metzer Gehaltsliste. Solche Aktionen wie heute find ich persönlich zwar wirklich herzerwärmend - und ich find es auch echt toll, euch alle mal wieder live zu sehen - aber übertreibt das bitte nicht und passt auf eure Jobs auf, ja?"

Muffi nickt stellvertretend für die anderen. "Jaja, Du hast ja recht. IHR habt ja recht. Wir halten die Füße still und werfen die Brocken in Metz erst hin, wenn wir was anderes sicher haben. Deal?"
"Deal."
Dossi grinst plötzlich. "Aber wenn Du plötzlich n Angebot aus Sheffield bekommst und Dir bezahlte Scouts leisten kannst, denkst Du an uns, ja?"
Mein Gesichtsausdruck muß wohl meine Verwirrung überdeutlich widerspiegeln, denn Fluti klappt der Unterkiefer runter.
"Du weißt es nicht?!"
"Was sollte ich denn wissen? Und wieso ausgerechnet Sheffield?"
Jetzt schütteln sie alle die Köpfe über soviel Ignoranz.
"Da wohnt der Kerl gleich um die Ecke und kriegt das nichtmal mit... Wahnsinn ... ich glaub der Lava wird alt ... jaja, hat ja auch schon graue Haare, der Bengel ...."
"Was ist denn nun?!"
"Na Wednesday, Mann!"
"Wie, 'Wednesday'?"
"Sheffield Wednesday!!! Sag mal, sitzt Du auf Deiner Leitung oder was?!"
"Die sind in die SkyBetTwo abgestiegen und spielen zum ersten Mal in ihrer gesamten Geschichte viertklassig. Wie hast Du es geschafft, das zu ignorieren?! Noch dazu, wo Du den Verein doch immer zu Deinen Lieblingsclubs gezählt hast! War wohl nur'n Lippenbekenntnis, was?"
Ich spüre, wie ich rot werde.
"Nein, natürlich nicht. ... Äh ... Ich hab einfach überhaupt nicht auf den Profifussball hier in England geachtet. Oder überhaupt auf den Profifussball. Metz guck ich noch ab und zu, aber das hat mehr mit euch und mit meiner Schadenfreude zu tun als mit echtem Interesse. Und FOLA natürlich - aber da siehts ja weiterhin durchwachsen bis gut aus und es gibt keine großen Aufreger ..."
"Du wirst echt alt."
Der Bayer schüttelt den Kopf. "Dann verrate ich Dir wohl lieber mal, dass Wednesday wegen der überbordenden Schulden sogar mit einem 12-Punkte-Abzug in die Saison geht und der direkte Wiederaufstieg trotz des eigentlich starken Kaders eher schwierig werden wird. Die Presse geht sogar davon aus, dass es jetzt einen totalen Ausverkauf der Mannschaft geben könnte..."

Ich bin völlig konsterniert, das zu hören.
Denn klar, ich hab mich mit dem Fussballkosmos außerhalb Rocesters im letzten Jahr kaum bis nicht beschäftigt.
Aber dass einer meiner absoluten Lieblingsclubs so sang- und klanglos in der vierten Liga verschwindet ... das geht mir ja nun doch nahe.
Die Jungs wiederum sind fassungslos, wie weit weg ich von dem stets gut informierten und fussballerisch vielseitig interessierten Mann bin, den sie noch vor einem reichlichen Jahr in Metz kannten.
"Am besten ist, wir schicken Dir ab sofort einmal wöchentlich eine News-Mail, damit Du den Anschluss nicht ganz verpaßt, hm? Ist ja besorgniserregend!"


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Der Rest des Abends geht mit (natürlich!) etlichen Scherzen auf meine Kosten, dem Austausch von größeren und kleineren Neuigkeiten sowie einem gemeinschaftlichen Auf-die-Schulter-Klopfen für Lucas dahin.
Letzterer ist erst deutlich nach uns zuhause, weil er "noch das Spiel nachbereiten und das Training für die nächsten Tage besprechen" mußte.
"Nimm Dir mal ein Beispiel an Deinem Sohn, der hat noch Biß!" ist noch einer der harmloseren Sprüche in meine Richtung.
Knurrend erkenne ich an, dass ich wohl wirklich ein bißchen eingerostet bin, hier im Niemandsland.
Aber hey - ich bin im Ruhestand!
Kein Mensch kann erwarten, dass ich mich da über alles und jeden noch genauso akribisch auf dem Laufenden halte wie früher.
Oder?
ODER?!


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Dass Lucas "Biß hat", wie man mir an jenem Abend erklärte, das hab ich allerdings auch selbst schon gesehen.
Er kniet sich voller Eifer in die Arbeit und es scheint ihn einen feuchten Sch... zu interessieren, dass er nichtmal anständig dafür bezahlt wird.
Und auch mit dem ständig wechselnden Kader (schon vor der Saison verlassen uns gleich drei Spieler wieder, die wir erst Ende Juni als Ersatz für drei andere geholt hatten, die den Verein zum Saisonende verließen ... "Drehtür Trainingsgelände", wie wahr!) scheint er sich langsam zu arrangieren.

Die Taktik ist und bleibt vergleichsweise unkompliziert und einfach.
Muss sie auch - wir haben ja wie gerade erwähnt gar nicht die Möglichkeit, uns mit irgendeinem Kader einzuspielen.
In manchem Spiel stehen drei Leute in der Startelf, die eine Woche vorher noch nichtmal im Verein waren, dazu zwei andere, die direkt nach dem Spiel abgeworben werden.
Es ist ein Irrenhaus, ehrlich gesagt.

Und dass wir unter diesem Umständen überhaupt sowas wie Spielkultur auf dem Rasen sehen, grenzt an ein Wunder und zeigt sehr deutlich, dass Lucas ein Händchen für den Beruf hat, den er sich da ausgesucht hat.

Die Zuschauer, die im letzten Jahr relativ zahlreich ins Hillsfield gepilgert sind (immer im Vergleich mit der Einwohnerzahl des Ortes, versteht sich), kommen glücklicherweise offenbar alle wieder und bringen noch den einen oder anderen Kumpel (oder eine Kumpeline) mit - und das trotz der gestiegenen Ticketpreise.
Ein Stehplatz kostet inzwischen 6,50!

Ist allerdings auch nötig, denn unsere Ausgaben steigen in schier schwindelerregende Höhen.
Oder besser: sie WÜRDEN es, wenn wir nicht wieder und wieder einen Riegel vorschöben.
Die Spieler, die wir letzte Saison von einem Engagement in Rocester überzeugen konnten, verlangten Auflaufprämien von 20, auch mal 30 oder 40 Pfund.
Und jetzt?
Irre, absolut irre!
Den Vogel schießt ein gar nicht mal so übler Goalie ab, der nach einer langen Karriere in der Championship und zuletzt der SkyBet One mit nun 38 nochmal unterklassig ein bissl kicken will.
Der Kerl verlangt doch glatt 280 Pfund. ZWEIHUNDERTUNDACHTZIG Pfund!!!
Dafür können wir fast die gesamte Stammelf des Vorjahres auf den Platz schicken.
Der Bengel krigt natürlich keine 280 Pfund, sondern nur eine Wegbeschreibung.
Und zwar die zur Tür.
Wir sind doch nicht die Wohlfahrt, ey.

Es dauert zwar quälende Wochen, aber pünktlich zum Ligastart haben wir dann doch einen ganz ordentlichen Kader zusammen, mit dem wir uns gute Chancen ausrechnen, vielleicht sogar um einen einstelligen Platz mitzuspielen.
Mit dem Abstieg werden wir jedenfalls, so der feste Vorsatz, nichts zu tun haben.
Und wenn alles glatt läuft - also wenn alles perfekt ineinandergreift - könnten wir vielleicht, nur vielleicht, sogar in Richtung Playoffplätze schielen.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Zwei Monate später, der September ist gerade zuende gegangen, reiben nicht nur wir uns ein bißchen verwundert die Augen.
Nein, unsere Fans, die gegnerischen Fans, die Lokalpresse - sie reiben alle fleißig mit.
Denn was sich im FA Cup leise angedeutet hat, setzt sich in der Liga überdeutlich fort.

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Wir sind ganz offensichtlich nicht einfach nur halbwegs konkurrenzfähig in dieser neunten Liga, nein, wir gehören schon nach wenigen Spielen zu den offiziell so benamsten Playoffaspiranten.
Gut, das ist jetzt wenig verwunderlich - der Tabellenführer gehört eigentlich automatisch in diese Gruppe - aber es hört sich dennoch reichlich skurril an.
Als Aufsteiger direkt wieder Aufstiegsmitfavorit zu sein, müssen die Jungs erstmal verdauen.
Und manche müssen nebenbei noch ganz andere Dinge verdauen.
Vernon Nicholas-French zum Beispiel, unser Vorjahres-Goalgetter, findet sich plötzlich in den allermeisten Fällen auf der Tribüne wieder.
Liegt allerdings daran, dass er erst verletzt ist und dann plötzlich mit etlichen Siebtligisten in Verbindung gebracht wird, woraufhin wir sicherheitshalber schonmal nach Ersatz suchen.
Als wir dann dreifach Ersatz in Form eines äußerst kopfballstarken Kai Lowe, eines (für die neunte Liga) pfeilschnellen Regan Taaffe sowie des wiedererstarkten Gareth Whitehouse im Kader haben, eröffnet uns Vernon, dass er eigentlich doch nicht gehen will.
Blöd nur, dass die anderen drei inzwischen auf einem derart guten Niveau spielen und scoren, dass wir keine Veranlassung sehen, sie wieder auf die Bank zu verbannen.

Zumal sich der Trend auch in den kommenden Monaten mal so überhaupt gar nicht ändert.
Es bleibt dabei - ein Spiel wird angepfiffen. Dann wird ein bißchen rumgekickt, manchmal geraten die Jungs vom Rocester F.C. durch irgendeine Eselei sogar in Rückstand.
Dann fällt ihnen plötzlich kollektiv auf, dass das Spiel ja schon angefangen hat.
Manchmal merken sie es zugegebenermaßen auch erst dann, wenn Lucas am Spielfeldrand mit gefühlt 120 Dezibel über den Rasen brüllt, dass sie auch sehr gern ab Montag mit Medizinbällen zum Waldlauf antreten können, wenn sie jetzt nicht endlich mal ans Laufen kommen.
Wie dem auch sei, sie bestehen plötzlich darauf, mitzuspielen ... und wenn das Spiel dann abgepfiffen wird, hat der Rocester F.C. gewonnen.
Auch wenn das - wie gegen Kidsgrove - manchmal äußerst glücklich zustandekommt, weil wir in der 96. Minute noch einen Elfmeter verwandeln...

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Der Dezember dagegen fängt mit einer Niederlage in Wolverhampton ganz und gar nicht schön an.
Wolverhampton?
Joa, und zwar die Casuals. Die spielen nur leider ganz und gar nicht "casual", sondern eher  "extremely determined" und schicken uns mit einem 1:0 nach Hause, das viel knapper klingt, als es war.
Auch wenn wir direkt danach zwei überzeugende Siege gegen Darlaston und die Paget Rangers feiern können, markiert dieses Auswärtsspiel in Wolverhampton, im Nachhinein betrachtet, doch ziemlich eindeutig den Beginn der weniger schönen Saisonhälfte.
Bis dahin war alles eitel Sonnenschein, unsere Fans stellten sich schon mal langsam (aber sicher) auf den Durchmarsch ein ...
tja, möglicherweise war das ein bißchen früh.

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Denn wenn wir den Beginn des Dezembers schon für unschön gehalten hatten ... was war dann der Januar?!
Vier sieglose Spiele in Folge, die bis dahin so gut geölte Torschußmaschine produziert ganze drei Törchen in diesen vier Spielen ...
Krise!
Bloß gut, dass wir rechtzeitig zu den drei aufeinanderfolgenden Spitzenspielen gegen Kidsgrove, Walsall Wood und Smethwick wieder in die Erfolgsspur zurückfanden.

Klingt, als sei das nicht nicht die ganze Geschichte und als stecke hinter beiden Serien (die vier Niederlagen zu Monatsbeginn wie auch die drei Siege in den Topspielen) etwas mehr?
Kein Wunder, ist nämlich auch so.

Pünktlich zum Jahreswechsel verlieren wir drei Viertel unserer Stammabwehr und den Stammkeeper.
Die Vertreter sind entweder verletzt (wie beispielsweise Vize-Kapitän Wyatt) oder einfach nicht auf dem gleichen Level, nicht mal im Ansatz.
Unser Versuch, Ersatz zu finden, der sowohl bezahlbar ist als auch wirklich weiterhilft, ist erst nach einigen Wochen erfolgreich.
Und kaum haben wir zumindest wieder einen brauchbaren Keeper als auch zwei kopfballstarke Innenverteidiger, schon läufts wieder.

Überhaupt, die Abgänge.
Uns verlassen alleine im Herbst und Winter elf (!) Stammspieler auf nahezu allen Positionen, außer im Sturm.
Es ist wirklich bewundernswert, wie Lucas diesen permanenten Umbruch managt - und so erfolgreich managt.
Denn Ende Januar ist unser noch vor kurzem zweistelliger Punktevorsprung zwar deutlich geschrumpft ...

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In den beiden folgenden Monaten - also Februar und März - stümpern wir uns dann einen ab, dass einem angst und bange werden kann.
Natürlich gibt es dafür Gründe - wenn Dir beispielsweise die fünf besten Spieler gleichzeitig verletzt wegbrechen, hat wohl jeder Trainer Probleme - aber es bleibt dennoch festzuhalten, dass von zehn Ligaspielen in diesen beiden Monaten genau drei das Prädikat "gutes Spiel" verdienen.
Der Rest? Spielglück oder Einzelleistungen, die ein ansonsten schwaches Spiel (teilwesie oder ganz) retten.

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Das Grande Finale dieser Spielzeit findet dann im April statt, der wettertechnisch ja allgemein als sehr wechselhaft wahrgenommen wird - eine Eigenschaft, die wir uns jetzt ganz und gar nicht mehr leisten können.
Denn wir haben zwar immer noch alles in der eigenen Hand - wenn wir in den letzten Spielen jedoch nicht effizient punkten, könnte es ein sehr sehr böses Erwachen geben.

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« Letzte Änderung: 10.Februar 2024, 23:03:26 von Noergelgnom »
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Nun gut das ist wohl zu viel des guten, zumal da ja ein gewisser Verein seine Schatten wirft und eventuell doch noch mal zu einer Anstellung im Business führt. Vielleicht kribbelt es ja doch irgendwo und irgendwie noch in den Fingern. Wer weiß.
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"Was glänzt so schön im Junimond?"
(Der Rocester F.C. und die Saison 2050/2051 - ein notwendiger Nachtrag)



Spätsommer 2050 bis Spätfrühling 2051, Rocester, East Staffordshire, England


"Moment mal!", protestiert Jack an dieser Stelle. "Da fehlt doch noch ein bißchen was aus dieser Saison, oder?"
Johnny (der weder rotten ist noch so heißt) schaut vom Bildschirm auf und nickt.
"Natürlich fehlt da noch was", bestätigt er. "Und deswegen wird der Webseiten-Eintrag für die Saison 2050/51 auch noch ein bißchen länger. Zumindest über die beiden Pokale und über das Stadion müssen wir ja noch sprechen."
"Beziehungsweise schreiben", korrigiert Jack grinsend.
"Oder schreiben, aye."

"Die beiden Pokale", wie Johnny, der ehrenamtliche Datenpfleger für die Vereinswebseite, es so lapidar formuliert, meint dabei den Midland League Cup und die F.A. Vase.
Beides Wettbewerbe, in denen der Vorstand von uns eigentlich nur erwartet, dass wir uns anständig verkaufen.
Das ist allerdings zumindest im Falle des League Cups gepflegtes britisches Understatement, denn durch unsere Zugehörigkeit zur Midland Premier League gehören wir automatisch zum erweiterten Favoritenkreis, denn das ist die höchste Klasse, die an diesem Pokalwettbewerb teilnimmt.
Mit ein bißchen Losglück und Spielglück kann es da für Rocester durchaus ein besseres Ergebnis geben als "anständig verkauft".
Das Losglück ist und zwar nicht allzu hold - wir werden nahezu ausschließlich VEreinen aus der Midland Premier League zugelost - das Spielglück dagegen ... als puh! Da nicht von "Dusel" zu sprechen, fällt mitunter echt schwer.

Im ersten Spiel in Stapenhill zum Beispiel profitieren wir im Spiel davon, dass der Gastgeber gleich zwei (berechtigte) Elfmeter an den Pfosten setzt und zwei Tore wegen Abseits aberkannt bekommt.
Dass im Elfmeterschießen dann wiederum ein Pfostentreffer zu unseren Gunsten entscheidet, ist nur die Kirsche auf einer "extrem glücklicher Sieg!"-Torte.

Zuhause gegen Boldmere schwimmen wir eine Stunde lang wie ein Lachs auf dem Weg zum Laichen gegen eine heftige Stömung an, kommen kaum einmal vors gegnerische Tor und Oliver Mason (unser neuer Stammtorwart) hat alle Hände voll zu tun, um uns vor einer völlig berechtigten Niederlage zu bewahren.
Erst nachdem die Gäste Mitte der zweiten Halbzeit langsam müde werden, nehmen wir offensiv auch mal am Spiel teil und gewinnen am Ende 2:0 - ohne zu wissen, wie wir das eigentlich geschafft haben.

Bei Romulus hält Mason in der 3. Minute beim Stande von 0:0 einen Elfmeter und kratzt auch den Nachschuß von der Linie. Nicht auszudenken, wie das Spiel sonst gelaufen wäre. So jedoch gibt uns diese Szene dermaßen Rückenwind, dass wir die bedauernswerten Gastgeber rekordverdächtig aus deren Stadion ballern.

Das Halbfinale gegen die Paget Rangers ist dann das einzige unserer League-Cup-Spiele, dem ich guten Gewissens das Etikett "verdienter Sieg" umhängen kann. Das 3:0 ist auch in dieser Höhe verdient und wir stehen im Finale.

Und dort wartet mit Tividale nochmal ein harter Brocken - das Spiel steht von Begbinn bis Ende auf der Kippe, weil beide Mannschaften mit 110% Einsatz und Willen agieren.
Das entscheidende Tor erzielt unser linker Mittelfeldspieler Frank Lawlor per direktem Freistoß, der eigentliche Matchwinner ist jedoch der erneut schier unbezwingliche Oliver Mason im Tor.
Silberware für den Rocester F.C.!

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Damit haben wir in dieser Saison also ein "kleines" Double geholt - Meister und League-Cup-Sieger.
Ein Novum in circa 175 Jahren Vereinsgeschichte.

Und theoretisch wäre ja sogar ein "kleines" Triple möglich gewesen - denn in der F.A. Vase dürfen wir ja in dieser Saison auch wieder antreten.
Letztmalig übrigens, zumindest sofern wir nicht wieder absteigen, denn Acht- bis Fünftligisten treten ja stattdessen in der F.A. Trophy an.

In diesem Wettbewerb geht es für uns zuerst gegen unterklassige Teams - uns während wir in der Quali-Runde gegen Litherland REMYCA absolut souverän auftreten und von Beginn an keinen Zweifel daran lassen, wer hier in die nächste Runde einzieht, sieht das gegen den Mousehole AFC ganz anders aus.
Die Gäste verkriechen sich nämlich keineswegs in irgendwelchen Mauselöchern, sondern setzen uns unter Druck, dass einem ganz anders werden kann.
Dass wir bereits in der dritten Minute gleich mit der ersten Ecke in Führung gehen, interessiert sie null - und uns gibt diese Führung leider auch keine Sicherheit.
Der einzige in Normalform ist mal wieder Oliver Mason - wobei auch er den Ausgleich nach einer guten Stunde nicht verhindern kann.
Im Gegensatz zum F.A. Cup gibt es in der Vase bei Unentschieden nach 90 Minuten Verlängerung - und wenn die auch keine Entscheidung bringt, dann gehts ins Elfmeterschießen.
Ich hab keine Ahnung, wieviele Biere und Schnäpse Mason anch diesem Spiel ausgegeben bekommt - dem wahnsinnig sicheren Gang nach zu urteilen, mit dem er dann doch irgendwann nach Hause torkelt, waren es angemessen viele. Denn er hält wieder mal zwei Elfer und rettet uns damit in die nächste Runde.

Dort haben wir zum dritten Mal in Folge Heimspiele - gegen Stapenhill, gegen die wir im League Cup ja schon echt schlecht aussahen.
Es ist zwar auch diesmal wieder ein enges Spiel, aber diesmal sind es die Gäste, die deutlich besser wegkommen als es verdient gewesen wäre.
Wir haben Chancen für drei Spiele - am Ende ist das frühe Eckballtor durch Donelon aber ein goldenes und wir stehen verdient in der dritten Runde, wo die Stone Old Alleynians warten.

Eine seltsame Partie, die da auf uns wartet.
Nach einer Stunde führen wir mit 3:0, nach 65 Minuten beginnt das große Zittern, weil die Gastgeber nach dem 0:3 plötzlich mit dem Fussballspielen beginnen und uns in der letzten halben Stunde alles abverlangen.
Schlußendlich retten wir uns mit einem knappen 3:2 in die nächste, die vierte, Runde.

Heimspiel gegen Ramsbottom United.
Und es wird wieder so ein schräges Spiel.
Nach einem Doppelschlag sehen wir nach knapp 20 Minuten bereits wie die Sieger aus. Aber die Gäste brauchen nur 3 Minuten, um uns noch vor der Pause vermeintlich aus allen Träumen zu reißen und auszugleichen.
Diesmal jedoch schaffen wir es, das Spiel wieder in unsere Richtung zu drehen und nach Lowes 3:2 schaukeln wir die Partie sehr souverän nach Hause.
5. Runde, wir kommen!

Wieder ein Heimspiel - und wieder eins, dass die Zuschauer so schnell nicht vergessen werden.
Als die vierte Minute der Nachspielzeit anbricht, steht es nach Torschüssen aufs Tor 16: 2 für Rocester, nach Ecken 12:0 (!) - und nach Toren 0:1. Wisbech spielt Mitte der zweiten Halbzeit einen einzigen Angriff wirklich konsequent zuende und führt zur Überraschung aller Anwesenden plötzlich mit 1:0.
Und wenn Lowe nicht in allerletzter Sekunde noch im Strafraum über ein Verteidigerbein gestolpert wäre, wären wir so unverdient auch ausgeschieden.
So jedoch rettet uns Sowinski mit dem verwandelten fälligen Elfmeter in die Verlängerung.
In der passiert nix zählbares mehr.
Also wieder mal Elfmeterschießen.
Und da Oliver Mason erstaunlicherweise im Gegensatz zu vielen Teamkollegen noch nicht abgeworben wurde, kann er auch diesmal wieder seine Klasse zeigen.
Ein gehaltener Elfmeter reicht, um uns ins Viertelfinale zu bringen.

Und dort haben wir erneut Heimrecht - zum sechsten Mal in sieben Spielen!
Das Losglück, das uns im League Cup nicht unbedingt hold war, verfolgt uns hier regelrecht.
Needham Market verlegt sich über das gesamte Spiel hinweg darauf, uns auf Biegen und Brechen vom Tor wegzuhalten.
Zweimal gelingt es ihnen nicht, uns den Eintritt in den Strafraum zu verwehren.
Zweimal fällen sie unseren Spieler in höchster Not regelwidrig.
Zweimal gibt es folgerichtig Strafstoß.
Zweimal tritt Geraint Evans an - und 2:0 gewinnen wir schlußendlich auch.
Zähe Partie, weil Needham ausschließlich auf Zerstörung aus ist, aber ein verdienter Sieg ist es allemal.

Halbfinale also - diesmal auswärts, in Newcastle, beim Tabellenführer der Northern Counties Premier League, Newcastle Benfield.
Ein weiteres extrem zähes Spiel, da beide Seiten zuvörderst die Defensive im Blick haben.
Die Entscheidung fällt in der Nachspielzeit, als der eingewechselte Gareth Whitehouse seinem nach 91 höchst intensiven und fordernden Minuten nicht mehr hundertprozentig fokussierten Bewacher entwischen und den Siegtreffer erzielen kann.
FINALE!

Rocester F.C. hat es bisher nie über die 5. Runde hinausgeschafft - und jetzt stehen wir im Finale.
Die Fans sind komplett aus dem Häuschen und man verspricht uns, dass das Wembleystadion "schwarzgelb leuchten" wird.

Am Ende sind es tatsächlich über sechshundert Rocester-Fans, die das "halbe Geisterspiel" (knapp tausend Zuschauer verlieren sich im weiten Rund) fast zu einem Heimspiel für uns machen.
Unser Gegner Tilbury F.C., gegründet 1889, ist ebenfalls souveräner Aufsteiger und steht ebenfalls zum ersten Mal im F.A.-Vase-Finale - ein würdiger Saisonhöhepunkt und -abschluß gleichermaßen steht bevor.
Der Sieger erhält nicht nur einen herrlichen silbernen Pokal, sondern auch die für uns unglaubliche Summe von 35.000 Pfund.

Die erste Halbzeit ist sehr sehr intensiv, von beiden Seiten wird jeder Zweikampf erbittert geführt - allzuviele Torchancen gibt es auf beiden Seiten nicht, das Geschehen spielt sich vorwiegend zwischen den Strafräumen ab.
Wir erwischen den besseren Start - Frank Lawlor zirkelt nach 10 Minuten einen direkten Freistoß aus 25 Metern dermaßen gekonnt in den Winkel, dass der Tilbury-Keeper nicht den Hauch einer Abwehrchance hat.
Gegen Ende der ersten Halbzeit werden die Schwarzweißen jedoch minütlich stärker - und in der 42. Minute nickt Drewster schließlich nach einer Ecke zum verdienten Ausgleich ein.
Unentschieden zur Pause also?
Aber nicht doch!
Auch wir erhalten kurz vor dem Pausentee noch eine Ecke - und unser Kopfballungeheuer Kai Lowe wuchtet den von Lawlor getretenen Ball unter dem Jubel unserer Fans zur erneuten Führung in die Maschen.

Lucas beschränkt sich in der Pause darauf, die Jungs für den herausragenden Einsatz zu loben und gibt ihnen als Marschroute nur eins mit auf den Weg: "Sucht Kai mit langen Bällen - und Du, Kai, legst auf Gareth ab. Versucht so schnell wie möglich das 3:1 zu machen. Deren Köpfe sind schon nach dem 2:1 runtergegangen, wenn wir schnell das 3:1 nachlegen können, sind sie platt."

52. Minute. Mason nimmt eine Kopfballrückgabe vor dem heranstürmenden Drewster auf, läuft zwei Schritte und schlägt den ball mit Wucht nach vorn. Lowe geht dem Leder ein bißchen entgegen, steigt hoch, setzt sich beim Kopfball gegen gleich zwei Tilbury-Spieler durch und legt die Pille kunstvoll in die entstandene Lücke.
Der Rest ist ein entschlossener Antritt von Whitehouse und ein Lupfer, den ich dem manchmal ungelenk wirkenden Stürmer gar nicht zugetraut hätte.
3:1!

Und wie Lucas prophezeiht hat - damit ist der Widerstand in den Reihen Tilburys gebrochen.
Wer verwalten den Zwei-Tore-Vorsprung ganz entspannt bis zum Abpfiff.


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Mit all den Preisgeldern aus F.A. Cup, F.A. Vase und Midland League Cup sowie den massiven Einnahmen aus dem F.A. Cup-Spiel gegen Chester ist es kein Wunder, dass unsere Finanzen am Ende der Saison sogar besser aussehen als vorher.




Und das ist auch verdammt wichtig, denn einen Wermutstropfen hält die F.A. für uns noch bereit:

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Sonzee87

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Was soll man da noch sagen, kaum ist Gerd im Verein involviert, also als graue Eminenz im Hintergrund da gewinnt der Verein gleich 2 Pokale. Das das Stadion jetzt erweitert werden muss ist ja zum Glück jetzt machbar mit den zusätzlichen Einnahmen. Ist ja noch so halbwegs akzeptable Maßnahme, keine unverhältnismäßiger Neubau, der den sofortigen Ruin zur Folge hat.
Ich freue mich schon auf die nächste Ausgabe, mal schauen wie gut es in der Liga laufen wird. Wenn sich denn ein halbwegs brauchbarer Kader finden lässt, aber eigentlich sollte das Team nach den beiden Pokalsiegen doch eine ziemlich attraktive Alternative sein.
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Ich bin immer wieder über Deine Kreativität erstaunt. Wieder eine tolle Geschichte und etwa FM. 😎👍👌
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Eine überaus erfolgreiche Saison. Der Sohnemann scheint ja Karrieretechnisch mächtig auf die Tube zu drücken
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"Wo bitte gehts zum Trainingsplatz?" - "Durch die Drehtür mit der Aufschrift 'player in / player out', dann rechts."
(Der Rocester F.C. und die Vorbereitung)

Sommer 2051, Rocester, East Staffordshire, England


Die Sommerpause verbringen wir damit, mit dem ganz großen Rechen wirklich jeden Bolzplatz der Umgebung abzugrasen und Spieler einzusammeln.
Lucas hat nach den Erfahrungen der letzten Saison - als wir zwischenzeitlich zwei Wochen ohne einen einsatzfähigen Innenverteidiger, ohne Rechtsverteidiger im Kader und ohne defensiv orientierten Mittelfeldspieler im Kader auskommen mußten - eine Strategieänderung beim Vorstand durchgeboxt, als wir "traditionell" zum Saisonauftakt mit ebenjenem Vorstand zusammensitzen.
Sie besteht aus drei Komponenten und wenn ich ehrlich bin, finde ich sie inhuman.
Aber ich muß ihm zugestehen, dass sein Plan zumindest logisch ist.

Erste Komponente: im Kader erhalten nur noch die absoluten Schlüsselspieler ein Einsatzversprechen oberhalb von "Du bekommst hin und wieder einen Jokereinsatz."
Zweite Komponente: die Arbeitsverträge enthalten ab sofort keine der berüchtigten "Arsch-wund"-Prämien mehr. Soll heißen: wer auf der Bank sitzt und nicht eingewechselt wird, kriegt auch keine Kohle.
Dritte Komponente: Jede einzelne Position des Kaders ist mindestens dreifach, besser vierfach zu besetzen, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass uns jede Saison mindestens zwei Dutzend als Stamm eingeplante Spieler von jetzt auf sofort verlassen.

Das bedeutet natürlich, dass der Kader der Ersten auf mehr als vierzig Spieler anschwellen wird, aber andererseits werden wir (hoffentlich!) nicht mehr in die Verlegenheit kommen, Flügelstürmer in die Innenverteidigung zu stellen, nur weil sie 1,90m groß sind...
(Wieso ein Spieler mit einer Körpergröße von 1,90m überhaupt Flügelstürmer wird? Das gehört zum Charme der achten Liga, wo man keine blöden Fragen stellt und den Spieler auch nicht allzugenau beobachtet, sondern sich einfach freut, dass er auf einer bestimmten Position laut Eigenwerbung "schon seit Jahren" spielt und dass er bereit ist, für bunte Glasperlen jede Woche ein- bis zweimal in den Vereinsfarben übern Platz zu hüpfen.)

Während ich noch vor mich hinfuttere, dass mir derjenige leid tut, der versuchen soll, unter diesen Bedingungen Neuzugänge ins Hillsfield zu lotsen, bemerke ich plötzlich, dass mir eine Kladde ins Gesichtsfeld ragt, auf der "Scoutberichte" steht.
"Da wirst Du wohl diesmal selbst ranmüssen."
"Bitte wie, bitte was?! Ich hab mich wohl verhört."
"Nee, haste nich. Wir haben keinen Scout mehr, Lewis wurde von Hyde United verpflichtet. Nächster in der Liste der Verantwortlichen bist Du. Viel Spaß, viel Erfolg."
"Na super *grummel grummel* "

Lucas ist Cheftrainer und Teammanager in Personalunion und als solcher selbstverständlich seinem Co-Trainer weisungsbefugt - ob Letzterem das paßt oder nicht.
Und ich kann jetzt - in Anwesenheit der Chefetage - wohl kaum den Aufstand proben.
Also könnte ich schon, aber dann müßte ich eventuell ein paar kritische Fragen beantworten und entweder mein bisher so famos haltendes Cover zerstören ... oder eventuell damit leben, für meine Frechheit sanktioniert zu werden.
'Geschickt eingefädelt, Bürschlein!', denk ich mir so. 'Na, komm Du mir mal nach Hause!'

Während ich das so vor mich hindenke, nickt mein Kopf ganz automatisch und mein Gesicht formt etwas, das mit etwas gutem Willen als "dienstbeflissene Miene" durchgehen könnte.
"Natürlich Trainer, wird erledigt Trainer, gerne doch Trainer!"
Lucas' Gesicht zeigt daraufhin für einen Sekundenbruchteil eine dezent verwirrte Miene, dann nickt er.
"G.. gut ... exzellent."
Hab ich ihm jetzt die Tour vermasselt?
Falls ja: welche Tour?
Er guckt verwirrt, ich bin es.

Naja.
Allzulange brauch ich mir darüber nicht den Kopf zu zerbrechen - denn die Auflösung kommt relativ fix.
Als er am Abend zur Tür reinschneit, kommt er nämlich sofort auf mich zu und guckt mich fast ein bißchen traurig an.
"Ich hätte Dir wirklich gern geholfen, weißt Du?"
"Hm? Was meinst Du?"
"Na Du hättest nur mitspielen brauchen und ich hätte Dir den perfekten unauffälligen Abgang verschafft, damit Du zu Wednesday kannst!"
Jetzt versteh ich gar nix mehr.
"Häh? Mitspielen? Abgang? Wednesday? Kannst Du mir verraten, wovon Du sprichst, Sohnemann?"
Lucas schüttelt fast schon mitleidig den Kopf.
"Na, ich hatte erwartet, dass Du Dich furchtbar aufregst, wenn ich Dich zum Scout degradiere und ..."
"Nenenee!", hake ich feixend ein. "Kannste vergessen, dass ich Dir so 'ne Steilvorlage liefere, mich loszuwerden!"
Jetzt schaut Lucas verdattert. "Du denkst, ich will Dich loswerden?"
"Na, das war doch offensichtlich, warum sonst solltest Du so einen komischen Vorschlag einbringen?", antworte ich, nur ganz leicht zweifelnd, ob meine Interpretation womöglich falsch war.
"Aaaaaaalter!", Lucas schüttelt den Kopf und seufzt. "Warum sollte ich Dich denn degradieren oder gar loswerden wollen?! Ich arbeite ganz gerne mit Dir zusammen - und Deine ziemlich clevere Manipulation war der Schlüssel dazu, dass ich jetzt schon mehrere Titel in der Vita habe. Oder hast Du gedacht, ich merke nicht, wie Du mich ach-so-subtil Richtung 442 schubst?"
Er wartet meine Antwort gar nicht erst ab, mein ertappter Gesichtsausdruck reicht ihm wohl.
"War ja wie gesagt auch eine gute Idee - auch wenn ich im ersten Moment ganz schön angepißt war, als ichs gemerkt habe. -Egal, darum gehts grad nicht. Nein, ich WILL Dich ganz und gar nicht loswerden -aber DU willst ja sehr offensichtlich nicht mehr hier sein - stimmts?"
Das Gespräch geht mir grad irgendwie ein bißchen zu fix...

"Was meinst Du denn damit? Wie kommst Du darauf, dass ich nicht hier sein will?"
Als Antwort deutet Lucas wortlos auf den Tisch in unserem Arbeitszimmer, auf dem eine Zeitung liegt.
"Ja, da liegt der Guardian - und nu?" Was immer er gerade andeutet, ich verstehs nicht.

"Gerard, da liegt nicht einfach nur der Guardian. Da liegt der Sportteil des Guardian, genauer gesagt die Doppelseite zum Absturz von Wednesday. Und darunter liegen mehrere Ausgaben der Times, der Derby Standard, der Staffordshire Evening, der Kicker, ... alle mit dem gleichen Thema. Und wenn ich unseren Taktiklaptop aufmache, den Browserverlauf öffne und 'Wednesday' dort als Suchbegriff eingebe ... hast Du eine Ahnung, wieviele Treffer allein in den letzen drei Wochen da zu finden sind? - Du bist TÄGLICH auf den Seiten unterwegs. Und dass Wednesday nach dem erneuten Abstieg und damit dem Absturz in die National League einen neuen Trainer sucht, ist jetzt auch kein allzugroßes Geheimnis!"

Ich schlucke und fühle mich einen Moment lang sehr sehr mies. Dann schlucke ich nochmal, fixiere meinen Stiefsohn ... und dann beginne ich leise zu sprechen.
"Lucas, hör mir jetzt bitte mal ganz genau zu. Ja, ich bin sehr sehr oft auf diesen Seiten, und ja - ich verfolge die Neuigkeiten zu Wednesday ziemlich eng. Und ich hab tatsächlich ein, zwei mal kurz drüber nachgedacht, vielleicht doch nochmal ins Rampenlicht zurückzukehren. Zumal Wednesday nicht einfach irgendein Verein ist. Aber wenn ich ernsthaft vorhätte, mich jetzt dort zu bewerben ....
....
.... dann wüßtest Du das längst, weil Du und Vicky die ersten beiden Menschen wären, die ich einweihen und um deren Rat und Meinung ich bitten würde.
Ich würde nie im Leben hinter Deinem Rücken irgendwelche Pläne dieser Art schmieden, nie. Ich bin Dein Co, ich bin das extrem gern, weil es einen verdammten Heidenspaß macht, Dir dabei zuzusehen, wie Du Lösungen findest, wie Du die Mannschaft auf Vordermann bringst und trotz aller Fluktuation immer wieder aufeinander und auf den Erfolg einschwörst - ich bin verdammt stolz darauf, wie schnell Du hier Erfolg hast und in welchem Ausmaß. Ich muß hier nicht weg, um glücklich zu sein."


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Eine Stunde später haben wir nicht nur jeder eine Flasche Guiness geleert - nein, er hat mich auch dazu gebracht, dass ich ihm gestehe, dass ich alles, was ich vorhin gesagt habe, zwar exakt so meine - dass mich das Rentnerdasein aber dennoch nicht so vollständig ausfüllt, wie ich das gehofft hatte.
Zumal Vicky deutlich weniger Zeit hat als ich das erwartet hatte.
Home Office - und das ist eine ziemlich harte Lektion - bedeutet nicht, das man den ganzen Tag zuhause verfügbar ist. Schon gar nicht mit mit einer Arbeitsauffassung wie Vicky.
"Dienst nach Vorschrift" kennt sie wahrscheinlich nur aus Beamtenwitzen ...

Na wie dem auch sei - nach dieser für mich (und seiner Reaktion nach zu urteilen, auch für Lucas) sehr überraschenden Aussprache machen wir uns beide mit Feuereifer an die Vorbereitung.
Dank des Triples in der Vorsaison gibt es tatsächlich auch den einen oder anderen Spieler, den ich ohne Handgreiflichkeiten zum Probetraining (und später zur Unterschrift) beim Rocester F.C. (bzw vor allem "bei Lucas Goossens!") überreden kann.
Die Mannschaft, die wir schließlich fürs erste Pflichtspiel beisammen haben, kann sich sehen lassen.
Auch wenn die ersten beiden schon wieder auf dem Sprung sind, weil sie - beide im Sturmzentrum zuhause - nach Dreierpacks in einem Vorbereitungsspiel sofort ein Angebot eines reicheren Konkurrenten vorgelegt bekommen haben.
Wir haben zwar durch die äußerst erfolgreichen Pokalteilnahmen der letzten Saison ein gut gefülltes Konto, aber wenn wir anfangen, Auflaufprämien von 200 Pfund und mehr zu zahlen, ist das schneller leer als wir uns umschauen können.
Fällt also aus.

Egal. Knapp dreißig Kicker sind noch da - darunter mit Taaffe, Nicolas-French und Lowe überraschenderweise auch drei der Stürmer der letzten Saison noch. Gareth Whitehouse zwar auch, aber der fällt vorerst verletzt aus.

Was wird diese Saison wohl gehen?
Im F.A. Cup starten wir in der Extra Preliminary Round, also einer Extra-Vorrunde - immerhin zuhause gegen Zehntligist Boro Rangers. Sollte machbar sein.
Überhaupt ist unser heimliches Ziel, durch die drei Pokalwettbewerbe insgesamt mindestens 20.000 Pfund an Preis- und Eintrittsgeldern einzunehmen. Das würde in der Rückrunde unseren finanziellen Spielraum erhöhen, falls wir feststellen, dass wir im Kader noch Verstärkungen benötigen.
Zum Beispiel fürs Erreichen der Aufstiegs-Playoffs ... denn auch wenn wir offiziell sehr zurückhaltende Ziele formulieren...




... intern läßt Lucas keinen Zweifel daran, dass er die Jungs für stark genug hält, um sich in Richtung oberes Drittel zu orientieren.
Sieht die Presse zwar nicht ganz so, aber auch den Journalisten ist nicht entgangen, dass die meisten Mannschaften hinsichtlich ihres Leistungslevels eng beieinander stehen.




Problem an diesen Vorhersagen ist natürlich, dass niemand sagen kann, wie die Kader der 20 Teams im Wettbewerb in zwei oder drei Monaten aussehen werden. Es gibt auch in der Northern Premier League Division 1 West keine Transferperiode in dem Sinne.
Die meisten Mannschaften arbeiten genauso wie wir - per Handschlag und mit Spielprämien.
Der FC United of Manchester und Absteiger Matlock Town bilden zwei der wenigen Ausnahmen - aber auch bei denen gibt es nur eine Handvoll Spieler mit Jahresverträgen.

Ach ja - nachdem ich mich mit Luas ausgetauscht habe, gibt es natürlich keinen Grund, das Wednesday-Stalking aufzugeben.
Der beispiellose Absturz entsetzt mich genauso wie er mich fasziniert.
Die Journalisten hatten nämlich recht (bzw das Bataillon de Metz hatte recht - von denen haben wir es ja als erstes erfahren): Sheffield Wednesday war dermaßen schuldenbeladen, dass sie in der letzten Rückrunde, als absehbar war, dass sie die Klasse keinesfalls halten können, nach und nach ALLE Spieler verkaufen oder aus den Verträgen entlassen haben.

In die erste Non-League-Spielzeit ihrer Geschichte gehen die Owls mit einem U17-Kader, der noch exakt einen einzigen Profi enthält: Eigengewächs Tom Aston.




Und entsprechend beginnt auch ihr Fünftligaabenteuer...




Was allerdings auch auffällt - die National League ist extrem prominent besetzt.
Cambridge United, Torquay United, Harrogate, Newport, Accrington, Halifax, York City, Yeovil, Mansfield ... die Liste läßt einen Fussballinteressierten mit auch nur ein wenig Englandkenntnis mit der Zunge schnalzen.
Wird nicht einfach für Wednesday, das steht jetzt schon fest.
« Letzte Änderung: 12.Februar 2024, 22:42:48 von Noergelgnom »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

Karagounis

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Soll heißen: wer auf der Bank sitzt und nicht eingewechselt wird, kriegt auch keine Kohle.

Ich sehe es schon, obwohl die Spieler ab der 60. Minute bereits nicht mehr laufen können, gibt es keine Wechsel um Kohle zu sparen  ;D

Bayernfahne

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Heidewitzka, dieses Überschalltempo ist einfach unglaublich! Ich würde mir ja durchaus das Urteil anmaßen, dass ich hier sehr regelmäßig reinschaue, aber manchmal bist du trotzdem einfach zu schnell für mich, um jeden Part vor Veröffentlichung des nächsten mitzubekommen. Und wenn es nur das wäre... Erstmal Glückwunsch zu zwei Titeln und einem am Ende doch souveränen Aufstieg, der niemals ernsthaft in Gefahr war! Einmal mehr eine starke Leistung und wie Lucas selbst schon erkannt hat eine weitere Gerard Lavayeux Masterclass! Was mich auch schon zum nächsten Punkt bringt, der dieser von mir so lange verfolgten und geliebten Story noch einmal die Krone aufsetzt: Das Einführen eines Trainer-Novizen, der dir die Option schafft, aus dem Profigeschäft mal eben in den Amateurbereich zu springen, während der alte, im Spitzensport etablierte Protagonist weiterhin als Hauptcharakter präsent bleibt und so jederzeit die Tür für den Weg zurück offen bleibt, war ein absolut genialer Schachzug! Ich glaube nicht, dass ich so etwas jemals zuvor in einer FM Story gelesen habe... Chapeau!

Zumal du es geschafft hast, dass ich nun wirklich nicht weiß, ob es alsbald mit Lava bei Wednesday weitergeht oder die Familienchroniken weiterhin von Lucas in Rocester als Federführendem geschrieben werden. Oder läuft es am Ende sogar darauf hinaus, dass Sheffield und Rocester sich ligentechnisch soweit annähern, dass ein Wechsel zu Wednesday selbst für den weitestgehend unbekannten Lucas Goossens zur realistischen Option wird? Wenn ich tippen müsste, würde ich letzteres wählen.  ;)
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...und der Teufel schickt uns einen Kuss, wir haben von alledem gewusst!

knufschu

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Gratulationen an Lucas und ich bin gespannt, ob der erfahrene Lava sich noch einmal einen Trainerstuhl geben will, vor allem mit dieser Herausforderung!

Unabhängig davon - vielleicht habe ich es überlesen - habe ich eine Frage: Hast du Lucas tatsächlich als Coach eingefügt und Lavayeux als Co-Trainer genommen? Das wird vermutlich nicht möglich sein? Kenne mich mit dem Editor 0,0% aus.

Außerdem muss ich mal wieder den Schreibstil lobend erwähnen.  :)
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