@Bayernfahne und Muffi: vielen vielen Dank für das dicke Lob!
Und @Muffi: ich freu mich auf den Estland-Bericht!
Große Bühne Luxemburg?
Mitte Juni 2029, Esch d'Alzette, Luxemburg"Spannend" ist tatsächlich ein passendes Wort für die ersten Wochen nach meinem für alle Seiten (mich eingeschlossen!) überraschenden Wechsel nach
Esch.
Die
Rümelinger Fans kommen sich - zurecht - veralbert vor, dass ich kurz nachdem ich mit ihnen gemeinsam die Demütigung der
Escher FOLA (und nebenbei auch den Klassenerhalt) gefeiert habe, zu eben jener
Escher FOLA wechsle.
Die
FOLA-Fans sind auch nicht direkt begeistert, weil ich eben "vom Feind" komme.
Die allgemeine Luxemburger Fussball-Öffentlichkeit versteht den Wechsel erst recht nicht - weil man sich (so der allgemeine Tenor der Artikel und Kommentare) fragt, was der älteste Verein Luxemburgs mit einem vergleichsweise unbeschriebenen Blatt wie mir will. Der Pokalsieg mit
Rümelingen sei ja gut und schön, der unerwartete Klassenerhalt desgleichen.
"Aber die Frage, die uns alle umtreibt, bleibt doch bestehen: Kann
Lavayeux den Sprung vom Trainer eines Underdogs, bei dem kaum Erwartungen gehegt werden, zu einem der - immer noch! - Schwergewichte des nationalen Fussballs bewältigen? Kann er, der bisher keine ausufernde und eindrucksvolle Vita vorzuweisen hat, die Mannschaft, die Verantwortlichen und die Fans hinter sich bringen und beim
CS FOLA Esch ebenso erfolgreich arbeiten wie bei seinen vorherigen Stationen?"
Die Frage stelle ich mir genauso, um ehrlich zu sein.
Ich bin genaugenommen immer noch ein Niemand - und
FOLA ist eine absolute Institution in Luxemburg.
Immerhin herrscht bereits wenige Tage vor meinem Dienstantritt im Stade Emile Mayrisch (benannt nach einem bedeutenden Stahlindustriellen aus dem vorvorigen Jahrhundert) immerhin schon mal Klarheit darüber, ob mein Ziel Klassenerhalt oder Aufstieg heißt, denn am 22.05.2029 treten
FOLA Esch und der
FC Mamer '32 zum Relegationsspiel auf neutralem Boden an.
Natürlich bin ich im Stadion und schaue mir dieses eminent wichtige Spiel an!
Mit mir werden mehr als 2600 Zuschauer im Stade Alphonse Theis in Luxemburg Zeuge, wie mein neuer Arbeitgeber seinen Kopf gerade nochmal aus der Abstiegsschlinge zieht.
Yanis
Gasmi (12.) und Sergej
Vintonji (21.) schaffen mit zwei frühen Toren rasch Klarheit in einem Spiel, das mit "zerfahren" und "unansehnlich" wohl am besten umschrieben ist.
Egal, Klassenerhalt!
Als ich zum ersten Juni meine Arbeit aufnehme, erwartet mich eine gleichzeitig angenehme und unangenehme Überraschung, denn der Kader, den ich übernehme, umfaßt ungeheuerliche 35 Spieler.
Angesprochen auf diese riesige Menge, meint mein Sportdirektor
Gerard Caillet (ein Franzose) achselzuckend:
"Wir habenim Winter mit deutlich mehr Abgängen gerechnet. Es sah so aus, also ob uns spätestens im Sommer in allen Mannschaftsteilen tragende Säulen verlassen würden. Also haben wir schon mal Ersatz verpflichtet. Denn auch wenn wir bei
FOLA einen relativ guten Ruf haben und auch unsere Kontakte - gerade nach Frankreich, Belgien, in die Niederlande und nach Deutschland - uns immer mal wieder helfen, geeigneten Ersatz zu finden, so müssen wir trotzdem immer geschickt vorausplanen. Denn wenn wir ehrlich sind:
FOLA ist inzwischen hinter
F91 Düdelingen,
FC Differdingen,
Swift Hesperingen,
Progres Niederkorn, Esch Südwe ... äh ...
Jeunesse Esch,
UNA Strassen,
Racing Luxemburg und auch hinter aufstrebenden Vereinen wie
Titus Petingen oder
Viktoria Rosport anzusiedeln. Wir haben in den letzten Jahren, eigentlich sogar Jahrzehnten, in vielerlei Hinsicht den Anschluss verpaßt. Meine Vorgänger haben sich zu lange von der guten Entwicklung blenden lassen, die der Verein im zweiten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts genommen hat. Dabei haben die drei - oder vier, je nachdem, ob man die abgebrochene Meisterschaftsrunden 2019/2020 mitrechnet - Ligatitel eigentlich nur verschleiert, dass der Verein damals schon auf dem absteigenden Ast war und im Endeffekt von guter Vorarbeit im Jahrzehnt zuvor zehrte.
Als
Flavio Becca dann vom
Düdelingen-Investor zum
Hesperingen-Investor wurde und damit plötzlich ein weiterer Hecht im kleinen Karpfenteich "BGL Ligue" schwamm, konnten wir nicht mehr Schritt halten. Und als dann zwei, drei Jahre lang die Einnahmen aus dem Europapokal fehlten, wars ganz aus.
2023 - und damit nur zwei jahre nach dem letzten Miestertitel! - stiegen wir sang- und klanglos ab, was der Kaderstruktur den Rest gab. Alle Spieler, die noch von den erfolgreichen Zeiten übrig waren, verschwanden und wurden notgedrungen mit Fussballern ersetzt, die eher Zweitliganiveau hatten. Finanzielle Nöte, Sie verstehen?
Zwar stieg
FOLA sofort wieder auf, aber seit diesem unglückseligen Abstieg stand nie wieder ein besserer Platz als "Neun" zu buche. Meist pendeln wir zwischen 10 und 14, so wie dieses Jahr.
Und unsere Spieler .... ", er beugt sich zu mir und senkt die Stimme," ... die sind zwar motiviert und in weiten Teilen auch halbwegs talentiert, aber wenn wir nicht als Team überperformen, werden wir mit diesem Kader Abstiegskandidat bleiben."
Ich nicke nachdenklich.
"Wie sieht es denn mit dem Gehaltsbudget aus? Wäre da noch was zu machen?"
(Da mein Onkel mich zu einer eher überstürzten Zusage genötigt hat, habe ich solche Details nicht im Vorfeld oder in den Verhandlungen klären können und das Gesamtbild dessen, wie der Club dasteht, erschließt sich mir erst nach und nach.)
Caillet zuckt erneut die Schultern. "Grundsätzlich ist da schon noch ordentlich Platz. Ich bin jetzt seit 2023 - also seit dem Zweitligajahr - hier als Sportdirektor verantwortlich und ich habe peinlich darauf geachtet, keine allzuteuren Spieler zu verpflichten.
FOLA war ein finanzieller Sanierungsfall nach dem Abstieg, das haben wir mit viel Disziplin inzwischen beheben können. Auf dem Vereinskonto liegen weit über eine Million Euro, was in etwa ausreicht, um eine ganze Saison ohne Einnahmen zu überstehen.
Aber diese Summe soll weiter wachsen, nicht abnehmen.
Und daher ist zwar Platz im Budget, aber die Vorgabe lautet: keine weiteren Verträge über mehr als 15.000€ (inklusive Prämien) und weitere Zugänge nur ablösefrei und auch erst, wenn uns weitere Spieler verlassen.
Aktuell haben wir fünf Spieler, die diese Gehaltsobergrenze überschreiten, diese Zahl stellt das Maximum dar.
Verträge oberhalb von 15.000€ erfordern grundsätzlich die Zustimmung des Vorstandes, des Sportdirektors und des Trainers, das nur für die Zukunft zur Info.
Der Kader ist für so ziemlich alle Formationen und taktischen Ausrichtungen geeignet und doppelt besetzt, ich sehe aktuell keinen Bedarf für weitere Zugänge in diesem Sommer."
Ich nehme mir vor, mir dazu via Training eine eigene Meinung zu bilden und gegebenenfalls nochmal auf
Caillet zuzukommen.
Wenn es stimmt, was er gerade gesagt hat, bin ich aber positiv überrascht.
Es ist nämlich, soviel hab ich in meiner kurzen Karriere schon verstanden, alles andere als selbstverständlich, einen Sportdirektor über sich zu haben, der Finanzen und Kader gleichermaßen verbessern möchte. Hoffentlich hat er mich nicht angeflunkert. Er ist für mich aktuell schwer einzuschätzen. Seine Miene ist durchgehend höflich-professionell, er erhebt nichtmal die Stimme.
Während dieses kurzen Plauschs sind wir von
Caillets Büro zu meinem gewandert - ja, ich habe hier ein echtes eigenes Büro! Für mich ganz allein! Purer Luxus.
Wir setzen uns an meinen Computer und schauen zusammen über den Kader:
Im Tor haben wir zwei Stammkräfte.
Zumindest theoretisch.
Emanuel
Cabral ist DAS Urgestein im Kader. Bereits seit frühester Kindheit im Verein, ist er seit 2014 (!) Teil der ersten Mannschaft und hat über 280 Spiele für
FOLA vorzuweisen. Inzwischen ist er 32, aber immer noch ein starker Erstligakeeper. Er ist einer der Spieler, um die es im Winter heftige Wechselgerüchte gabe, daher verpflichtete
Caillet vorsichtshalber einen Ersatz in Form von Zakaria
Sore aus der U19 von
Olympique Marseille (!).
Dieser wird dem Platzhirsch möglicherweise sofort den Rang ablaufen, das muss ich mir auf dem Platz anschauen. Die Scoutberichte und kurzen Videos deuten auf ein absolutes Toptalent hin, für das die 22.000€ an Grundgehalt angemessen erscheinen.
Der dritte Keeper
Manhebo gilt zwar als eines der größten luxemburgischen Talente auf seiner Position, ist für die kommende Saison allerdings für die U19 eingeplant. "Und da gehört er leistungsmäßig auch definitiv hin", meint
Caillet.
In der Abwehr tummeln sich etliche starke Spieler, besonderes Prunkstück scheint mir nach den ersten Eindrücken links hinten zu sein. Dort sind mit
Delattre und
Thuillier gleich zwei extrem schnelle, flankensichere Spieler im Kader, deren Stärke wir auf jeden Fall nutzen sollten.
"Generell achte ich bei Neuverpflichtungen in der Defensive auf eine gewisse Grundschnelligkeit und Kopfballstärke", meint
Caillet.
Das finde ich gut, perspektivisch wünsche ich mir allerdings noch ein bißchen mehr Augenmerk auf Passicherheit und Teamwork.
In Mittelfeld und Angriff scheint die Leitlinie für Verpflichtungen "Polyvalenz" zu lauten, die variabilität der Spieler in diesen Mannschaftsteilen ist bemerkenswert.
Mit
Plazonja,
Langlois und
Olaizola sind auch mehrere potentielle Starspieler hier zu finden, meint
Caillet.
Bald nicht mehr Teil des Kaders ist dagegen leider Relegationsheld
Vitonji, der für leckere 357.000€ von
Racing Santander verpflichtet wurde, Wechsel im Winter, Weiterverkaufsklausel inklusive.
Alles in allem scheint mir der Kader tatsächlich ausgewogen und variabel zusammengestellt zu sein, wirkliche Schwächen sehe ich keine.
Zwei Keeper mit Stammplatzanspruch sind, soweit ich das verstanden habe, der einzige mögliche Unruheherd.
Sofern sich im Training nicht doch noch weitere probleme herauskristallisieren, sind wir für die Mission "Klassenerhalt" also gut aufgestellt.
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Als die Mannschaft Mitte Juni aus ihrem Urlaub zurückkehrt, geben wir daher auch genau dieses Ziel aus.
Die Zeitungen sehen es ähnlich:
Genauer gesagt gehen sie davon aus, dass sich mein jetztiger Arbeitgeber ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit meinem Ex-Arbeitgeber liefern wird - und zwar darum, wer als Letzter und wer als Vorletzter absteigen darf.
Apropos
Rumelange: wie sich herausstellt, haben wir sogar noch einen weiteren Innenverteidiger. Der 29jährige Franko-Portugiese
Tameghi wird aber bis zum Ende der kommmenden Saison leihweise in
Rümelingen spielen. Sportlich ist er bei dem starken Aufgebot in unserer Innenverteidigung wahrscheinlich kein großer Verlust...
Die Vorbereitung ist viel zu kurz für meinen Geschmack (fünf Wochen nur) und reicht uns geradeso zum Einstudieren eines eher defensiv ausgerichteten 42211 mit Doppel-Sechs sowie eines klassisch-flachen 442.
Und dann - wir fühlen uns bestenfalls so lala vorbereitet - startet die neue Saison!
Leider mit einem Hammerprogramm. Na gut, das ist vielleicht ein bißchen übertrieben, aber die ersten beiden Spiele lauten: zuhause gegen
Jeunesse Esch (das älteste luxemburgische Derby) und dann auswärts bei
US Rümelingen (das für mich wohl schwierigste Duell dieser Saison).
Mit etwas Glück holen wir drei Punkte in
Rümelingen und vielleicht einen weiteren gegen den Erzrivalen (der von der einstigen nationalen Dominanz zwar auch meilenweit entfernt ist, aber dennoch auf dem Papier stärker einzuschätzen ist als wir.)
Und so kommt es dann auch. Das Unentschieden gegen
Jeunesse ist dabei als eher unglücklich anzusehen, da wir überraschend deutlich überlegen waren und dennoch bis 93. Minute (!) sogar einem Rückstand hinterherlaufen - bis
Plazonja uns dann wenigstens das Unentschieden (und damit den Saisonstart) rettet.
Die drei Punkte in
Rümelingen sind dagegen - so ehrlich darf man sein - eher unverdient und einfach nur Ergebnis einer gnadenlosen Offensive, die an diesem Tag zu effizient für die Gastgeber ist.
Die Proteste der
Rümelingen-Fans gegen meine Person halten sich glücklicherweise in Grenzen, das "Schlimmste" ist ein Plakat mit einem Zitat von mir und einem Kommentar dazu:
"Ich fühl mich wohl bei US Rümelingen!" - Laber laber Lavayeux!"
Kann ich mit leben.
Das dritte Spiel im August, zuhause gegen
Viktoria Rosport, verlieren wir zwar mit 0:1, aber auch hier waren wir auf Augenhöhe, mindestens.
Der Start macht Mut, wir stehen nach drei Spielen auf Platz 8.
Rümelingen dagegen legt einen Horrorstart hin und ziert mit 0 Punkten und 1:11 Toren das Tabellenende.
Der September bringt uns drei Spiele, in denen wir uns ehrlichweise keinen einzigen Sieg ausrechnen.
Strassen zuhause,
Düdelingen auswärts,
Wiltz auswärts. "Wenn wir wenigstens einen Punkt holen, wär das schon mal klasse", da sind sich
Caillet und ich einig.
Am Ende werden es sogar zwei - und wir ärgern uns, dass es nicht vier sind!
Strassen legen wir offensiv komplett lahm, sie uns allerdings auch. Logische Konsequentz: 0:0.
Titelanwärter
Düdelingen legen wir auswärts zwar auch an die Kette - allerdings leider mit einer einzigen Ausnahme. Und wenn man sich selbst aufgrund des Defensivfokus' kaum Chancen erarbeitet und der Gegner seine einzige echte Gelegenheit nutzt, kommt eben eine etwas unverdiente 0:1-Niederlage bei raus.
Danach gehts für uns nach
Wiltz ... und dort sehen wir nach zwei nahezu perfekten Kontern (und daraus folgenden Toren von
Plazonja und
Perez) schon wie die sicheren Sieger aus. Leider läßt unsere defensive Konzentration gegn Ende der Partie deutlich nach und
Wiltz kommt so noch zum Ausgleich durch zwei Treffer nach Standards in der Schlußviertelstunde.
Daran müssen wir arbeiten!
Immerhin: sechs Spiele, sechs Punkte. Nicht super, aber eine gute Arbeitsgrundlage. Platz 9 aktuell.
Rümelingen wartet weiter auf den ersten Punkt. 3:19 Tore inzwischen, selbstverständlich (und leider) weiterhin Letzter.
Oktober. Die Außentemperaturen fallen - aber der
FOLA-Motor läuft langsam heiß.
"Phrasenschwein an
Lavayeux, Phrasenschwein an
Lavayeux: fünf Euro bitte! Oh und schöne Grüße von der Kalaueraufsicht: 10 Euro extra als Strafe für einen extrem schlechten Kalauer!")
Vier Spiele gibts für uns in diesem Monat, den Anfang macht das Pokalspiel zuhause gegen Zweitligist
Boevingen. Wir haben zwar Anlaufschwierigkeiten - inklusive frühem 0:2-Rückstand - kämpfen uns aber die Partie hinein und egalisieren das Ergebnis dank eines
Plazonja-Doppelschlages in der 60. und 61. Minute. Weitere Treffer gelingen allerdings keiner der beiden Mannschaften und so gehen wir in die Verlängerung. Hier wird Mittelfeld-Filigrantechniker Ayoub
Asrihi zum Matchwinner, als er einen feinen Doppelpass mit
Plazonja zum Siegtreffer veredelt.
Es ist natürlich kein Ruhmesblatt, gegen einen Zweitligisten zuhause erst nach Verlängerung zu gewinnen, aber wir haben uns auch von einem 0:2 nicht kirre machen lassen und sind (wichtig für die Moral!) erfolgreich zurückgekommen.
Im Ligaheimspiel gegen
Petingen läuft es ähnlich - wir geraten durch zwei saudämliche Flippertore wieder mit 0:2 in Rückstand. Aber wieder beißen wir uns ins Spiel und der kommende Wahlspanier
Vitonji schießt uns per Doppelpack zum Unentschieden. Schade, dass es in der Liga keine Verlängerung gibt und
Asrihi daher nicht erneut zum Matchwinner werden kann.
Es folgt das Auswärtsspiel beim
FC Rodingen. Eines der wenigen Auswärtsspiele, in dem wir uns berechtigte Hoffnungen auf einen Dreier machen können - und die Spieler setzen das auch sehr gut um. Das 2:0 klingt nicht im Ansatz so deutlich wie das Spiel war. Wenn ich der Mannschaft einen Vorwurf machen möchte, dann die katastrophale Chancenverwertung.
Aber warum Vorwürfe machen, wenn wir so souverän gewinnen?
Abgerundet wird unser erster ungeschlagener Monat durch ein Spiel für die Geschichtsbücher.
Wir spielen bei
Etzella Ettelbrück, die sich in Schlagdistanz zu den internationalen Plätzen befinden und dringend drei Punkte gegen uns holen wollen.
Allerdings finden sie selten ein Mittel gegen unser 42211 und geraten Sekunden vor dem Halbzeitpfiff durch einen sehenswerten Seitfallzieher unseres Goalgetters
Plazonja sogar in Rückstand.
Nach der Pause rennen die Gastgeber wütend an, finden aber weiterhin kaum mal in unserem Strafraum statt.
Ich beginne mich schon ganz langsam an den Gedanken eines unvermuteten Auswärtsdreiers zu gewöhnen, da schafft es
Concari, der eingewechselte italienische Stoßstürmer in
Ettelbrücker Diensten, sich tatsächlich mal von seinem Bewacher fortzustehlen und erzielt aus dem Nichts den Ausgleich.
"Dreck!", denke ich mir so.
Es stellt sich allerdings heraus, dass dieser späte Glückstreffer mitnichten der Schlußpunkt dieser Partie war.
Ganz im Gegenteil, das Spiel hat gerade erst so richtig begonnen!
Es läuft die letzte Minute der regulären Spielzeit, als
Plazonja mit einem Fabelpass des eingewechselten
Langlois steilgeschickt wird. Knapp innerhalb des Strafraums wird er vom letzten Verteidiger regelwidrig gelegt - klare Sache! Elfmeter!
Langlois tritt an und versenkt die Pille cool im linken unteren Eck.
Siegtreffer?
Wer weiß, noch sind 3 Minuten zu spielen.
Ettelbrück stößt an, verlagert das Spiel nach links, ihr Außenverteidiger will einen langen Pass in die Spitze spielen, schießt allerdings nur den Kopf des hochspringenden
Plazonja an, der damit zum ungeplanten Vorlagengeber für
Langlois wird. Dieser nimmt den Pass auf, umrundet zwei Verteidiger und - als alle mit einem Pass auf den rechts mitgelaufenen
Gasmi rechnen - zieht von der Strafraumkante ab, überrascht den Keeper damit total und erzielt so das 3:1!
"Auswärtssieg, Auswärtssieg!", skandieren die drei Dutzend mitgereisten
FOLA-Fans.
Sie haben es noch nicht ganz zweimal gesungen, da zeigt
Concari, dass auch er Fernschüsse kann. Sein 24-Meter-Gewaltschuss rutscht dem überraschten
Sore durch die Handschuhe und plötzlich steht es nur noch 3:2 für
FOLA.
Und der Schiedsrichter deutet an, dass die diversen Tore und sonstigen Unterbrechungen die Nachspielzeit verlängern werden.
Jetzt ist es ein Spiel mit Haken und Ösen, in den nächsten 3 Minuten sehen insgesamt sechs Spieler Gelb (jeweils drei bei jeder Mannschaft).
Es läuft die letzte Minute der "injury time", als
Ettelbrück nochmal einen Eckball erhält. Die wütenden Proteste der Gästespieler (Heimstürmer und Doppeltorschütze
Concari soll zuletzt am Ball gewesen sein) verhallen wirkungslos.
Der Eckball kommt hoch rein, Innenverteidiger
Prouchet köpft ihn raus - aber direkt vor die Füße von, na wem wohl? Klar,
Concari.
Und der wird zum umjubelten Helden, als er den Abpraller humorlos ins rechts Eck nagelt,
Sore ist ohne jede Abwehrchance.
Danach ist direkt Schluß.
Was.
Für.
Ein.
Spiel.
Hätte mir einer vor der Partie einen Punkt in
Ettelbrück angeboten, hätte ich begeistert angenommen.
Jetzt jedoch fühlt es sich wie zwei verlorene Punkte an.
Aber egal, wir sind Achter in der Tabelle, das ist sechs bis acht Plätze besser als uns die Journaille zugetraut hat.
Rümelingen hat inzwischen seinen ersten Punkt ergattert (auch noch auswärts!), aber 1 Punkte und 7:22 Tore sind dennoch eine niederschmetternde Bilanz. Der Vorletzte
Wiltz hat bereits 8 Punkte, zum ersten Relegationsplatz sind es bereits 10 Punkte Rückstand.
Der November hat drei Partien für uns in petto, beginnend mit dem Viertrundenpokalspiel bei Zweitligist
Schifflingen.
Dieses Mal machen wir es nicht wieder so spannend wir in der Runde zuvor,
Plazonja und Doppelpacker
Perez schießen ein souveränes 3:1 heraus, das Gegentor in der 92. Minute ist ärgerlich, aber letztlich bedeutungslos.
Die beiden Ligaspiele in diesem Monat finden beide zuhause statt.
Und während wir das 0:0 gegen den Tabellendritten
Niederkorn eher als Erfolg sehen, ist das 1:1 gegen
Alisontia Steinsel (Gegentor mal wieder kurz vor Ultimo) definitiv eine gefühlte Niederlage. Wir bleiben allerdings im Mittelfeld der Tabelle, immerhin.
Der Dezember ist der Monat mit den meisten Pflichtspielen bisher. Und vom Programm her der wahrscheinlich heftigste, spielen wir doch - von
US Hostert mal abgesehen - ausschließlich gegen Mannschaften, die das obere Tabellendrittel (oder besser) als Saisonziel haben.
Den Anfang macht das Auswärtsspiel bei
Racing FC Luxemburg. Die stehen auf dem vierten Platz und schielen mit anderthalb Augen nach oben.
Hätten sie mal lieber mit allen verfügbaren Augen auf
Plazonja und
Langlois geschielt! Die beiden erzielen in der 8. und 13. Minute zwei blitzsaubere Kontertore, danach halten wir die Gastgeber mit vollem Einsatz "einfach nur" von unserem Tor fern und machen uns mit drei unerwarteten Punkten aus dem Staub.
Eine Woche später, in
Hostert, sind wir dagegen Favorit. Die Gastgeber stecken tief im Abstiegssumpf und benötigen jeden Punkt, um sich den
FC Wiltz vom Leib zu halten.
Wir verteilen allerdings keine Geschenke -
Olaizola mit einem Freistoß kurz nach Wiederanpfiff und Daniel
Perez per Kopf nach Ecke mitten in die stärkste Phase der Gastgeber hinein schießen uns zu drei mehr oder minder fest eingeplanten Punkten.
Ab jetzt folgen bis zum Jahreswechsel nur noch Heimspiele.
Reihenfolge:
Differdingen (Tabellensechster)
Hesperingen (überlegener Tabellenführer)
Düdelingen (Tabellenzweiter)
Mit anderen Worten: realistisch betrachtet können wir vielleicht ein Unentschieden ergaunern, aber wir sollten eher mit drei klaren Niederlagen rechnen, denn alle Gegner sind deutlich bis massiv stärker einzuschätzen als wir und werden die Punkte gegen uns wohl fest eingeplant haben.
Allerdings hat
Differdingen die Rechnung eindeutig ohne
Plazonja gemacht. Der macht sein persönliches Spiel der Saison und schießt die Gäste im Alleingang per Viererpack (!) nach Hause. Unglaubliches Spiel meiner Mannschaft, die knapp 1000 Zuschauer singen noch eine halbe Stunde nach Spielende begeistert die Vereinshymne.
Gegen Emporkömmling und Neukrösus
Swift Hesperingen kommen dennoch weniger als 500 Zuschauer - die anderen ahnen wohl schon, dass sich eine solche
FOLA-Sternstunde nicht sofort in der nächsten Woche wiederholt.
Und sie haben recht - obwohl wir gut im Spiel sind, fehlt uns in entscheidenen Momenten ein Quäntchen Glück oder eine Unze individuelles Talent.
Und so verlieren wir knapp, aber definitiv verdient mit 0:2.
Zum Jahresabschluss gegen
Düdelingen sind wir gleichwertig, aber im Abschluss glücklos. Und hinten einmal machtlos. Das 0:1 ist ein bißchen ungerecht - aber seit wann ist der Fussball denn gerecht?
Am 16. Spieltag (dem letzten vor dem Jahreswechsel) gelingt
Rümelingen übrigens der erste Saisonsieg, womit sie nunmehr sagenhafte 4 Punkte vorzuweisen haben.
Sofern im Winter nicht ein Wunder geschieht und die Mannschaft im Frühjahr alles kurz und klein schießt, werden sie wohl bald schon als erster Absteiger feststehen.
Noch größer als der Abstand vom Letzten zum Vorletzten ist die Lücke zwischen Tabellenführer
Swift Hesperingen und dem ersten Verfolger
FC Düdelingen. Ganze 11 Punkte Vorsprung haben die
Hesperinger bereits und sind damit designierter neuer Meister. Kein Kunststück bei den finanziellen Voraussetzungen!
Mit
Hesperingen,
Düdelingen,
Differdingen und
Strassen sind seit dieser Saison übrigens zum ersten Mal gleich vier Profivereine in der Liga.
Strassen hat diesen Schritt in der Sommerpause vollzogen, dümpelt allerdings dennoch kurz vor den Relegationsrängen dahin, genau wie unser Erzrivale
Esch Südwest.
Und
FOLA?
Steht im gesicherten Mittelfeld - auch wenn dieser Eindruck bei nur fünf Punkten Vorsprung auf die Relegationsränge trügerisch ist.
Dennoch - die Saison verläuft deutlich besser als von den Experten erwartet.
Wenn wir das Level der Hinrunde einfach nur halten können, wird das die erste Saison seit 4 Jahren, in der
FOLA nichts mit dem Abstieg zu tun hat.
Wie wir
Vitonji ersetzen sollen, fällt mir hoffentlich rechtzeitig ein...