@all:
Sehts mir bitte nach, dass ich heute nicht auf jeden Kommentar einzeln eingehe.
Es gibt Neuigkeiten aus Winterthur, die ich unbedingt vor dem Wochenende noch mit der geneigten Leserschaft teilen muss und ich weiß nicht, ob ich morgen zum Schreiben komme.
Daher:
Danke für die Blumen, freut mich, dass diese Saison nicht nur mir Spaß gemacht hat.

Gärtner heißt innerhalb des Trainerstabes inzwischen übrigens "Stehaufmännchen", weil er einfach immer und immer und immer wiederkommt, egal, wie oft er zwischendurch mal von einem anderen Spieler verdrängt wird. Und egal, wer sonst noch so auf dem Feld stand, Gärtner hat auch bei mir einen Stein im Brett. Einen ganz dicken!
Oh, @shortknife: Das mit der Promotion League weiß ich (eigentlich), hab sogar mal einen Save in der 7. Schweizer Liga begonnen, hatte es aber irgendwie vergessen, als ich den Text schrobte.

Letzte Ausfahrt Super League - erstes Saisonviertel 2043/44 "Bis auf die zwölf Karten wars fast ein Freundschaftsspiel." (Reiner Calmund)Also Super League die Zweite, hm?
Der ganze Verein brummt wieder mal vor Vorfreude, die eine Hälfte von Winterthur (die Fussballinteressierten) brummt mit, die andere Hälfte (die Wintersprotfreunde) zucken mit den Schultern.
Alles wie beim letzten Mal.
Wir fühlen uns diesmal aber ein bißchen besser gewappnet für das Haifischbecken namens Raiffeisen Super League.
Zum einen, weil wir einen breiteren und ausgewogeneren Kader haben, zum anderen, weil der Großteil dieser Spieler nun zwei weitere Jahre zusammengespielt hat und die Teamchemie einfach stimmt.
Das ist zumindest der Eindruck, den wir im Trainerteam haben. Wer kann schon wirklich in Spielerköpfe hineinschauen?
Wir machen uns also voller Enthusiasmus an die Vorbereitung für die neue Saison - zumindest punktuell wollen wir uns schon verstärken.
Zum Beispiel brauchen wir - da sind wir uns einig - einen weiteren Stürmer. Und zwar einen, der Gudmundsson und Marteinsson gehörig Feuer unter dem Hintern macht.
Eliomar könnte das zwar auch, aber den sehen wir eigentlich mehr und mehr auf den Flügeln als Konkurrenz zu Gärtner, Hakala und Faure.
Also werden die Scouts mal wieder in alle Himmelsrichtungen ausgeschickt und es dauert gar nicht lange, da haben sie in der Slowakei den scheinbar idealen Kandidaten gefunden. Frantisek Nemec heißt er, ist zarte 21 Lenze jung und bietet für das neue Kaderhöchstgehalt, das wir ihm zahlen (immerhin 166.000€ pro Jahr) ein stimmiges Stürmergesamtpaket.
Dass er nicht der mutigste und aggressivste ist, kriegen wir bestimmt in den Griff, alles andere ist gut bis sehr gut.
Ach ja - er kommt auch noch ablösefrei. Gibt bestimmt bessere Gesamtpakete, aber nicht in unserer Preisklasse.
Wir reiben uns zwei Tage selbstgefällig die Hände ob der Verstärkung des Kaders, dann ereilt uns die erste Hiobsbotschaft der noch nichtmal gestarteten Saison.
Sergey Semenov will nach Empoli in die Serie A. Und zwar besser gestern als heute.
Wir feilschen kurz, sowohl mit ihm als auch mit Empoli, merken aber schnell, dass wir mit deren Angebot nichtmal im Traum mithalten können.
Also sorgen wir wenigstens dafür, dass sie zu unseren Gunsten ein bißchen bluten und schlagen eine vernünftige Ablösesumme sowie die obligatorische Weiterverkaufsbeteiligung raus.
Und drei Tage später isser weg, unser Mittelfeldstratege.
Bloß gut, dass wir bereits nach seinen ominösen Äußerungen zu Beginn der letzten Saison angefangen haben, mögliche passende Ersatzkandidaten zu scouten.
Blöd wiederum, dass die meisten von denen ein Jahr später nicht mehr bezahlbar sind.
Also wirds schlußendlich eine halbe Notlösung (für den Neuen und für die Medien ersetzen wir "Not-" natürlich durch "Wunsch-", klar):
Barbone wird Semenov vielleicht perspektivisch irgendwann ersetzen können - aktuell ist er eine klare Schwächung gegenüber dem Neu-Empolianer.
Naja, damit muß man leben als kleiner Verein. Spieler finden, aufpäppeln, ausbilden, verlieren. Der Kreislauf der Kleinen.
Wir ziehen zusätzlich zu den beiden Neuen noch ein paar Jugendspieler in die erste Mannschaft hoch und gehen schlußendlich mit folgendem Kader in die Saison:
Auf dem rechten Flügel und links hinten ist das zwar ein bissl dünn, aber dafür ist die ganze Mannschaft bezahlbar und in sich gefestigt.
Hoffen wir.
Der Saisonstart wird zeigen, inwieweit das Wunschdenken ist - denn gleich zu Beginn müssen wir zu den Young Boys nach Bern.
Die sind in der abgelaufenen Saison auf Rang drei gelandet, also eher nicht unsere Kragenweite, schon gar nicht auswärts.
Das hindert uns aber nicht daran, mit einem Paukenschlag in die Super League zurückzukehren und in Bern sensationell die ersten drei Punkte der neuen Saison einzufahren.
Und der Sieg ist nichtmal glücklich!
Vielleicht können wir mit diesem 2:0 im Rücken ja auch am 2. Spieltag gegen Basel was holen, wenigstens einen Punkt?
Den Zahn ziehen uns die Gäste allerdings sehr schnell. Es ist zwar keine Klatsche, aber dennoch eine deutliche Niederlage, an der zu keinem Zeitpunkt auch nur der geringste Zweifel bestand.
Am Tabellenende sitzen übrigens die Young Boys und der FC Sion, beide mit 0 Punkten aus den ersten beiden Spielen.
Als nächstes geht es zum FC Luzern, dem Aufsteiger in unserer Abstiegssaison. Die gehen also in ihre dritte Erstligasaison am Stück und haben inzwischen ordentlich in den Kader investiert.
Allein in dieser Transferperiode geben sie unfaßbare 36,5 MILLIONEN Euro aus.
Wo nehmen die das Geld her?!
Vor diesem Hintergrund ist der Ausgang des Spieles vielleicht nicht so überraschend - aber es tut dennoch höllisch weh, so gnadenlos verprügelt zu werden.
Insbesondere, wo wir doch eigentlich einen Sahnestart erwischen und schon nach 6 Minuten durch einen Hakala-Schlenzer in die äußerste Eckedes Tores führen.
Aber Luzern schüttelt sich kurz und nimmt uns dann nach allen Regeln der Kunst auseinander.
Das Saisonende zieren weiterhin Sion und die Young Boys mit je 0 Punkten.
Und Sion ist auch genau der Verein, zu dem wir als nächstes müssen.
Die haben bisher nichts zu melden gehabt in der Liga, da holen wir uns unseren zweiten Sieg, oder?
Naja, oder nicht. Wir schaffen es ja nichtmal, großartig Chancen herauszuspielen.
Wir sind nunmehr auf Platz 8 abgerutscht, dank des besseren Torverhältnisses stehen wir aber immer noch vor Sion und den Young Boys, die beide gewonnen haben und damit ebenfalls drei Punkte auf dem Konto haben.
Es wird Zeit für ein paar Stimmungsaufheller. Nein, keine Tabletten und auch keine verbotenen Substanzen - wir schießen uns erst in einem Freundschaftsspiel in Düdingen den Frust von der Seele (8:0) und demontieren dann den Amateurverein La Chaux-de-Fonds.
Die Stimmung in der Mannschaft ist zum ersten Mal wieder richtig gut und wir schaffen es mit diesen Erfolgserlebnissen im Rücken, gegen Thun wenigstens einen Punkt zu ergattern.
Verdient haben wir den nicht (Thun ist das gesamte Spiel über hochüberlegen und der Ausgleich kurz vor Schluß genauso ärgerlich wie hochverdient), aber wen juckt das schon?
Es folgt gleich noch ein Heimspiel, diesmal gegen Servette.
Mit ein bißchen Spielglück können wir hier vielleicht auch was holen, Servette ist lausig in die Saison gestartet und hat nach 5 Spielen erst 2 Spiege errungen, die sind bestimmt nicht die Selbstsichersten.
Schöne Rechnung - die wir aber ohne unseren Aggro-Franzosen Stephane Faure gemacht haben. Dem paßt nach knapp zwanzig Minuten irgendetwas an seinem gegenspieler so gar nicht in en Kram. Kein Ahnung, was es ist - die Frisur, die Knollennase, das rote-weiße Trikot ... oder vielleicht die Tatsache, dass der Mistkerl den Ball nahe seines eigenen Strafraums nicht freilwillig rausrückt?
Wie es auch zusammenhängt - Faure springt dem Genfer völlig ohne ersichtlichen Grund mit Anlauf von hinten in die Knöchel und während der Gästespieler schreiend vom Platz getragen werden muß, dürfen wir uns nun auf 70 Minuten Unterzahl gegen Servette Genf freuen.
Die Mannschaft kämpft, ackert, rennt um ihr Leben - und wir schaffen es beinahe, trotz dieser immensen Schwächung einen Punkt zu erringen.
Bis in der Nachspielzeit Wallayeys der Ball bei der Annahme am Mittelkreis verspringt, ein Genfer dazwischenspritzt, auf Zago zuspurtet und diesem die Pille durch die Hosenträger schiebt.
Vielen Dank auch, Stephane - du Riesenhornochse!
Es verwundert wohl kaum einen, dass sich Faure am darauffolgenden Montag auf der Transferliste wiederfindet. Das war jetzt der dritte (oder vierte?) Platzverweis in den dreieinhalb Jahren, die ich Winterthur trainiere. Der Typ ist nicht tragbar.
Kann man eigentlich irgendwo einsehen, wieviele Karten ein Spieler in seiner Karriere erhalten hat?
Einzig positive Nachricht des Wochenendes: wir sind immer noch Achter, weil sowohl Sion als auch die Young Boys genauso verlieren.
Und jetzt ist erstmal wieder Ablenkung und Seelenbalsam angesagt: Pokalspiel, zweite Runde, auswärts beim Viert- oder Fünftligisten Lancy, ein weiterer Amateurverein.
Es dauert zwar ein bißchen, aber schlußendlich wird das eine feine deutliche Sache, die die Stimmung im Team ein bißchen hebt.
Aber die gute Stimmung ist ein scheues Wesen im Winterthur des Jahres 2043 - und wer erwartet, dass sie mal länger als für ein Spiel erhalten bleibt, der hat sich getäuscht.
Und wie!
Wir müssen nach Lausanne und hoffen auf unseren fünften Punkt in dieser Saison.
Aber nach einem Skandalspiel sondergleichen reisen wir mit einer Klatsche sondergleichen im Gepäck wieder ab.
Wie das kommt?
Ganz einfach:
Als erstes kriegen die Hausherren einen Elfmeter geschenkt, nach VAR-Einsatz und minutenlangem Auf-den-Bildschirm-Starren des Schiris.
Direkt nach dem Anstoß schenken uns die Hausherren den zweiten Treffer ein, wir sind so konfus, dass wir nur wenige Minuten später das 0:3 kassieren.
Gudmundsson kan kurz vor der Pause wenigstens das 1:3 erzielen, mit dem wir auch in die Kabine gehen.
Zu diesem Zeitpunkt sind bereits fünf unserer Spieler mit Gelb belastet, meist wegen absoluten Allerweltsfouls.
Der Schiedsrichter mag uns ganz offensichtlich nicht.
Ich weise die geamte Mannschaft an, ab sofort Nonnenhockey zu spielen.
Mit Erfolg - in der 46. kassiert Cvetkovic Gelb, dreißig Sekunden später nach einem fairen Zweikampf, sieht Orban Gelb-Rot.
Dann fangen wir uns das 1:4, dann fliegt auch Cvetkovic.
Nemec 2:4 in der 79. ist nur Ergebniskosmetik, da wir noch zwei weitere Treffer kassieren.
Kurz vor Schluß sieht Matthey dann auch noch Gelb-Rot.
Insgesamt haben wir dreizehn (!!!) Gelbe Karten kassiert.
Lausanne keine einzige.
Muß man nicht verstehen.
Was ich dagegen sehr wohl verstehe sind zwei Dinge.
Erstens - in der Mannschaft gärt es. Wir sind zwar weiterhin Achter, aber die Jungs sind es ganz offensichtlich leid, schon wieder dem Abstieg entgegenzutaumeln. Nach sieben Spielen bereits wieder zwei dicke Klatschen kassiert und ein Trainer, der in jedem Spiel zunehmend verzweifelt das System ändert (inzwischen sind wir bei meinem alten FOLA-442 mit Doppel-Sechs angelangt), das sorgt nicht gerade dafür, dass ihr Respekt vor mir wächst. Ganz im Gegenteil.
Und zweitens - es gibt tatsächlich Gerüchte darum, dass ich vielleicht diesmal nicht mit der Mannschaft absteige, sondern vorher meine Papiere erhalte...
Besonders perfide - die Medien spekulieren darüber, dass mich (ausgerechnet!) Müller-Lüdenscheidt beerben könnte. Der hat seinen Vertrag in Blackpool nach dem Klassenerhalt aufgelöst, weil er wieder "näher an die Heimat" zurück will.
Und wenn man weiß, dass der Mann in der Nähe von Freiburg ein Haus hat ....
Das fehlte mir gerade noch, dass dieser Honk schon wieder sein Grinsen in die Kameras hängen und mich öffentlichkeitswirksam abwatschen könnte!
Gegen den FC Zürich muß ein Sieg her, verdammte Hacke!
Taktik bleibt gleich, Devise lautet "kontert, was die Lunge hergibt!"
Nur ... das ist nicht allzuviel, wie es scheint.
Ohne fünf Stammspieler sind wir einfach nicht in der Lage, Zürich auf Augenhöhe zu begegnen.
Faure (der nur durch die Blessuren von Gärtner und Hakala überhaupt wieder ins Team rutscht) schießt zwar das zwischenzeitliche 1:2, aber unsere Schlußoffensive wird durch einen fein herausgespielten Konter jäh gestoppt.
Im Keller haben wir immer noch einen Punkt Vorsprung vor Sion und den Young Boys, aber das wird wohl kaum ewig so weitergehen.
Wir brauchen Punkte!
Ob wir die gegen St. Gallen holen, darf aber bezweifelt werden - trotz der Tatsache, dass wir pünktlich zum Spiel alle Gesperrten und Verletzten wieder fit und an Bord haben.
Ich stelle auf 4231 um und hoffe auf einen gelungenen Konter und ansonsten defensive Stabilität.
Der Konter gelingt sogar - Orban murmelt ihn rein - aber defensiv ist das wieder mal ein Offenbarungseid.
Inzwischen gibts sogar von den Rängen Pfiffe.
Und dann - ich traue meinen Augen kaum - sehe ich am Tag nach dem Spiel vormittags eine bekannte selbstgefällig grinsende Figur im Vereinsheim verschwinden.
Müller-bloody-Lüdenscheidt!!
Was will der denn hier?!
Ich frage Beltrame, der weiß aber auch nichts.
Also schnell Smartphone gezückt und Yvonne im Sekretariat angerufen.
"Müller-Lüdenscheidt? Der hat ein Treffen mit dem Präsidium, ich weiß aber nicht, worum es geht."
Danke, Yvonne, die Frage kann ich mir wohl auch selbst beantworten.
Ich hole die Mannschaft und die Trainer zusammen und teile ihnen mit, was ich kurz darauf dem Präsidenten anbieten werde.
Wie erwartet, wird mein Vorschlag fast schon freudig angenommen.
Der Verein gibt am Nachmittag eine dürre Pressemitteilung heraus, die sich wie folgt liest:
"Gerard Lavayeux hat heute seinen Rücktritt als Trainer des FC Winterthur angeboten, um einen Impuls im Abstiegskampf zu setzen - der Verein hat nach reiflicher Überlegung angenommen.
Wir danken Gerard für vier Jahre aufopferungsvolle, akribische Tätigkeit und wünschen ihm für die Zukunft nur das Beste."
Die Verantwortlichen haben nun zwei Wochen Zeit, einen geeigneten Nachfolger zu finden und dieser hat die Chance, mit einem Sieg im Abstiegsgipfel gegen die Young Boys einen gelungenen Start in seine Zeit als Winterthur-Trainer zu feiern.
Wer es wird?
Keine Ahnung - aber wer es NICHT wird, weiß ich ganz genau: Lorenzo Beltrame tritt ebenfalls von seinem Posten als Co-Trainer zurück und wird wohl erstmal nach Frankreich zurückgehen.
Was ICH jetzt mache?
Keine Ahnung, erstmal Luft holen und die letzten vier Jahre verarbeiten.
Und dann ... ach, das findet sich schon was.
Irgendwas findet sich doch immer...