Hier hat sich eine wirklich spannende Diskussion entsponnen, das freut mich wirklich.
Ich will mal zu einigen Punkten was hinzufügen.
Jede Redaktion für sich hat vielleicht Qualitätsstandards. Aber das heißt nicht, dass es deswegen Vergleichbarkeit gibt.
Gibt es doch sonst nicht in der Presse. Die Welt schreibt aus einem etwas anderen Winkel über das gleiche Geschehen wie die Taz. Kein 100% passendes Beispiel, ich weiß. Aber die Arbeit der Redaktionen unterscheidet sich nunmal. Ist bei allen subjektiven Reviews definifiv der Fall und normal orientiert sich der Leser zu dem Medium, dass seiner subjektiven Ansicht am besten wiederspiegelt. Immerhin lechzen wir alle nach Anerkennung und Bestätigung.
Genau deswegen habe ich Metakritiken ins Spiel gebracht. Die Metakritik ist nichts anderes als der Versuch die unterschiedlichen Qualtitäten und Aussagen von Redaktionen zu glätten und Ausreiser nach oben und unten abzudämpfen.
Es ist bestimmt kein Zufall. Sonst würden wir die Noten einfach würfeln... Aber das heißt nicht, dass dahinter deswegen ein System mit einer bewussten Absicht steckt. Wenn S. Wolf vom Kicker zu whoscored wechseln würde und dort in Zukunft den HSV bewertet werden dort eventuell in den nächsten Saisons die Spieler aus der Top 130 fallen. Oder er bekommt Gegenwind, den er beim Kicker nicht bekommt. Oder whoscored bewertet den HSV insgeheim zu gut? Whoknows?
Man darf den Kicker nicht mit sofascore, whoscored, ligainsider (opa-basiert) in einen Topf werfen. Hinter den ersten dreien steckt ein Algorithmus, es werden also Daten ausgewertet. Hier gibt es eine gewisse Anfälligkeit, weil alleine die Frage, was ein Zweikampf ist, noch immer zumindest durch Menschen nachbearbeitet werden muss und somit eine subjektive Komponente reinkommt. Ebenso kann man den Algorithmus im Ganzen hinterfragen. Die Spieler werden aber somit zumindest untereinander vergleichbar bewertet. Was wegfällt, sind taktische Aspekte.
Der Kicker kann auf diese Daten zwar zurückgreifen, ob ein Redakteur das macht, ist aber ihm überlassen und er muss es meines Wissens nach auch nicht rechtfertigen. Das fällt ganz gut auf, weil beispielsweise die Daten von Kruse sich seit seinem Wechsel von Union zu Wob sogar verbessert haben in bestimmten Aspekten, Wolfsburg als Team ebenso besser wurde, die Note von Kruse im Schnitt aber deutlich nach unten gegangen ist, selbst in Spielen, wo der Verein erfolgreich war. @anderst hatte auch schon auf die oftmals fehlende Korrelation zwischen Ergebnis und Note beim Kicker hingewiesen. Hier kommen wir zum nächsten Punkt:
Die Benotung von Spielern ist doch alleine deshalb schon nicht möglich, weil Journalisten die taktischen Aufträge für den Spieler gar nicht oder nur in Teilen kennen. Das werden Trainer doch kaum herumposaunen. Mich interessiert also sowieso, wie Spieler benotet werden. Nach gelungenen Ballannahmen? Präsenz? Zweikampfquote? Aber wie bewertet man einen Spieler, der selbst vielleicht nur 20 % Zweikämpfe gewonnen hat, der aber oft so gut im Raum stand, dass bestimmte (gezielt durch den Trainer zugewiesene) Spieler aus dem Spiel genommen wurden?
Dafür fehlt die Zeit beim Kicker. Die Noten stehen kurz nach Spielende fest. Es gibt eigentlich keine Notenkonferenz (mir wäre das jedenfalls komplett neu), die Noten sind beispielsweise am Sonntag abend gegen 21 Uhr ja schon alle verfügbar. Am Ende bewertet da immer der Heimredakteur beide Teams, und das macht er nach Gefühl + minimal datenbasiert. Eine taktische Einordnung erfolgt da nahezu gar nicht. Ehrlich gesagt traue ich das dem Kicker aber auch gar nicht zu. Dafür reicht ein Blick auf das, was der Kicker als Statistik und datenbasierte Analyse versteht, wenn er es denn mal nutzt. Das hat wahretabelle-Niveau in der Auswertung.
Ich sehe das wie Henning. Die Benotungen, egal ob bei Sofascore, kicker oder sonst wo, sind eine Spielerei und nicht mehr.
Ich habe einige Spiele der kroatischen Nationalmannschaft gesehen, in denen Rakitic "clever" Zweikämpfe verloren oder Lauf- bzw. Passwege geblockt hat, damit der hinter ihm absichernde Spieler den Zweikampf gewinnt bzw. den Pass abfangen kann. Das kann kein System berücksichtigen.
Ich möchte hier noch kurz drauf eingehen, weil ich glaube, dass das nur in Teilen stimmt. Datenbasiert ist heute sehr viel möglich. Alleine, weil man Datenpunkte verknüpfen kann. Eine Verbindung von pressingauslösender Situation und xGoal-Korrelation in Abhängigkeit zur Zeitspanne zwischen diesen beiden Ereignisse kann beispielsweise die Effizienz von taktisch verschiedenen Pressingansätzen abbilden. Nimmt man hier noch Raumdaten dazu, lässt sich das verfeinern und es lässt sich auch auf Spieler individualisieren. Das sind zugegebenermaßen keine Daten, die man bei sofacore oder dgl. findet. Aber es hat einen Grund, wieso Vereine wie Stuttgart, Midtjylland, Brentford, Ferencvaros, Saint-Gilloise, Kiel, eine extrem hohe Trefferquote bei unbekannten Spielern hat. Vorsprung durch Technik stimmt hier insofern, als dass der europäische Spitzenfußball so unglaublich veraltet ist, dass da schon im Verhältnis wenig Datenqualität viel ausmachen kann. Das hat nur rudimentär noch was mit Noten zu tun, aber das Phänomen dahinter ist das selbe: Daten werden in Deutschland als Spielerei gesehen. Oftmals, weil die Daten falsch ausgewählt und falsch genutzt werden.