„Einen kleineren Kleinwagen konntest du nicht finden oder?“ Ich sitze, für meinen Geschmack gefährlich nahe über dem Asphalt, in einem kleinen schwarzen Rover den Blomqvist für unseren Sonntagsausflug geliehen hat.
„Nur noch 2 Stunden bis Salford“, pfeift Blomqvist fröhlich während dicke Regentropfen auf die Frontscheibe hämmern.
Ich warte einen der seltenen Momente ohne große Erschütterungen ab, um mir aus einer Thermoskanne heißen Kaffee einzugießen. Das geschieht jedoch nicht ganz verlustfrei.
„Barlow wird der letzte Baustein sein den wir brauchen, das muss heute klappen.“, presse ich hervor während der Kaffee langsam einen kleinen Fleck auf meiner Stoffhose bildet.
Aiden Barlow, 20 Jahre, ehemals Stoke, ehemals Manchester United, englischer U17 und U18 Nationalspieler, gescheitertes Talent par exellence, begabter Flügel- und nicht minderbegabter offensiver Mittelfeldspieler war ein feuchter Traum unseres täglichen Videoscoutings. Zuerst hatte ich versucht ihm am Telefon eine Audienz abzuringen, als das nicht klappte, versuchte es Blomqvist. Schließlich gelang es John O’Shea, von Barlow das Einverständnis zu bekommen sich zumindest einmal anzuhören, was die beiden Vögel von diesem schottischen Drittligisten auf deren Wunschliste er
„so weit oben steht, dass Du über Ihr schwebst und schon gar nicht mehr draufstehst“, wie O’Shea, meiner Meinung nach etwas verwirrend formulierte, zu sagen hatten.
Für Barlow würden wir ohne mit der Wimper zu zucken den letzten unserer 3 über 18 Slots aufgeben. Fußballerisch würde er der Mannschaft extrem helfen, er verbindet Kreativität mit Torgefahr.
Wir klingeln und stehen mit hinter dem Rücken verschränkten Armen im Regen vor der dunklen Tür. Ich versuche mich zum Lächeln zu zwingen, während mir ein Regentropfen den Nacken herunterläuft. Barlow öffnet.
„Ah, die Herren von Patrick!“, kommen Sie rein
„Partick“, füge ich kurz an, aber Barlow ist uns schon ein paar Schritte voraus.
„Nehmen Sie auch einen Tee?“ fragt Barlow.
„Nehmen wir beide sehr gerne“, sagt Blomqvist schnell, bevor ich ablehnen kann.
Kurze Zeit später erkläre ich Barlow unser System mithilfe einer kleinen Taktiktafel.
„Extreme Offensive, bei guten Sicherungsmechanismen, wir schaffen Lösungen gegen tiefstehende Gegner durch hohe Positionsflexilibität. Da brauchen wir jemanden wie Sie, der sowohl dynamisch aus der tiefe starten, als auch auf die Flügel ausweichen kann, wenn die Außenstürmer nach innen ziehen.“Ich tippe auf eine der beiden Achter-Positionen auf der Tafel.
„In Ihrer Rolle braucht es Kreativität und Torgefahr. Einen Angriff einleiten aber auch aus der Tiefe mit Tempo den Strafraum besetzen, wenn unsere 9 einen Innenverteidiger rausziehen kann“. Ich schiebe Barlows Magneten in den Sechzehner.
„Wir sind der Topfavorit in dieser Liga, da brauchen wir Spieler wie sie, die sich mit ihrer Technik auch in engen Räumen durchsetzen.“ Blomqvist und ich machen so weiter. Barlow hört interessiert zu und stellt einige gute Rückfragen. Er ist ein heller Kopf, der das Spiel versteht. Wir gehen jeden taktischen Ansatz mit ihm durch und ich würge noch drei Tassen Tee herunter. Nach eineinhalb Stunden in der es nur über unsere Art geht Fußball zu spielen, stellt Barlow die entscheidende Frage.
„Wenn ich unterschreibe, sind sie sich hoffentlich darüber im Klaren, dass ich Partick als Zwischenstation betrachte?“„Es ist Teil der Vereinsphilosophie Spieler auszubilden, um ihnen den nächsten Schritt zu ermöglichen, wir wollen Sie besser machen, Sie wieder in die Spur bringen. Wir glauben Partick wird für ihre Karriere nützlich sein.“ „Langsam glaube ich das auch“, sagt Barlow gelassen und lässt sich ins Sofa sinken.
Drei Tage später unterschreibt Aiden Barlow im Büro von John O’Shea einen 3-Jahresvertrag mit Ausstiegsklausel. Ich rufe Ross Cullen an, den einzigen Journalisten der auf meiner Pressekonferenz zum Trainingsauftakt erschienen ist.
„Ich möchte Sie für ihr Erscheinen belohnen“, beginne ich lässig.
„Und zwar mit einer kleinen Vorabinformation: Wir werden morgen die Verpflichtung eines ehemaligen Spielers von Manchester United bekannt geben. Sein Name ist Aiden Barlow.“Dieses Mal würde ich mit der Presse arbeiten. Ich bin mir sicher, dass ein gutes Verhältnis zu den spärlichen Medien, die Interesse an Partick zeigen, noch wichtig werden wird.
Aiden Barlow
20 Jahre, Zentrales Mittelfeld, Linker Flügel, ablösefrei
letzter Club:
Manchester United
Attribute:
Autor
Thema: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit" (Gelesen 73107 mal)