Mittlerweile waren zwei Wochen vergangen, seitdem ich die Verantwortung für die Erste Mannschaft übernommen hatte. Die Stimmung in der Kabine wurde etwas besser, obwohl ich im Training schon mal strengere Töne angeschlagen hatte. Mir hatte die Einstellung von zwei, drei Spielern nicht gefallen und das hatte ich klar zum Ausdruck gebracht. Die Jungs hatten sich einsichtig gezeigt.
Vielleicht hatte das ja sogar zur Stimmungsverbesserung beigetragen? Bei Kindern war das ja so: Wenn jemand die Störenfriede mal ordentlich auf den Pott setzte, erfreute das immer die anderen, die das Training ernst nahmen und von den Störenfrieden angenervt waren.
Ein erstes Testspiel hatten wir auch absolviert. Gegen den Landesligisten
SV Rödinghausen II hieß es am Ende 1:1. Wir kamen richtig gut in die Partie und nach einer Viertelstunde konnte
„Didi“ Döll die Führung erzielen, als er fast vom Elfmeterpunkt einen Hereingabe verwerten konnte. Der Treffer war wirklich schön herausgespielt! Rödinghausen, immerhin die Reserve eines Regionalligisten, wurde mit der Zeit stärker und kam nach einer halben Stunde zum Ausgleich. Ein Freistoß wurde flach an den ersten Pfosten gebracht,
Castillowar nicht dicht genug an seinem Gegenspieler, der den Ball über die Linie drückte. In den Minuten nach dem Ausgleich hatte
Knystock alle Hände voll zu tun, um uns im Spiel zu halten. Dann gab es plötzlich eine rote Karte für Rödinghausen II wegen eines harten Foulspiels von hinten und die Drangphase der Gäste war vorüber.
Zur Pause nahm ich fünf Wechsel vor, damit alle Spieler auch tatsächlich auf ihre Spielzeit kamen. In der zweiten Hälfte ging es gut hin und her, beide Mannschaften hatten ihre Chancen und wir konnten von der Überzahl nicht profitieren. Am Ende hieß es leistungsgerecht 1:1 und ich konnte mit dem ersten Auftritt meiner Mannschaft durchaus zufrieden sein.
Am Donnerstag darauf empfingen wir zuhause den Bezirksligisten
Preußen Lengerich. Immerhin rund 70 Fans hatten sich versammelt und vor denen wollten wir natürlich gut aussehen. Die Partie ließ sich auch gut an: Schon in der 18. Minute spielte
„Didi“ Döll den tödlichen Pass in den Lauf von
Kuleszka. Der ging mit Tempo in Richtung Tor, wurde zwar von einem Verteidiger bedrängt, konnte aber trotzdem aus acht Metern die Führung für uns erzielen!
Auch in den nächsten Minuten blieben wir weiter offensiv und waren deutlich überlegen. Nach 28 Minuten kamen wir völlig verdient im Anschluss an eine Ecke zum 2:0. Dachte zumindest jeder auf und neben dem Platz, nur der Schiedsrichter nicht. Das Tor wurde wegen Abseits aberkannt.
Zum Teil zeigten wird in dem Spiel richtig schöne Spielzüge. Ok, es war „nur“ ein Bezirksligist, aber trotzdem.
Altendorf mit einer Riesengelegenheit - er MUSSTE das Tor machen, schoss freistehend aber nur den Torwart an.
Wie die Kinder: Mitten drauf hämmern, statt überlegt in die Ecke zu spielen. Unglaublich ...
Kurz vor der Pause war es wieder
Altendorf, dieses Mal machte er alles richtig, visierte die Ecke an, aber der Ball ging knapp vorbei. Schade!
Kurz nach der Pause gab es einen Freistoß für die bisher komplett harmlosen Gäste. Der Ball wurde mehr oder weniger blind in Richtung Tor geschlagen, niemand berührte ihn, er ging an Freund und Feind vorbei, tischte auf und ... am verblüfften
Knystock vorbei ins Netz. Ausgleich, und das auf selten dämliche Art und Weise ...
Danach zeigten wir wütende Angriffe, wie man so schön sagt, aber es bedurfte eines Elfmeterpfiffes, damit wir wieder in Führung gehen konnten. Nach Foul an
Nikolaev verwandelte
Neziri sicher. Das war in der 65. Minute.
Viel geschah dann nicht mehr. Die Gäste blieben limitiert und wir taten auch nicht mehr viel. Außer
Halstenberg, der in der Nachspielzeit von links in den Strafraum drang und ins kurze Eck schoß. Ein Landesligatorwart hätte den vielleicht gehabt, aber ich wollte nicht meckern.
Als „Höhepunkt der Vorbereitung“ hatten wir zwei Testspiele gegen Mannschaften aus Belgien bzw. den Niederlanden geplant.
Zum einen ging es gegen ein Team aus der „Tweede klasse amateurs“, immerhin die vierthöchste Liga Belgiens, deren Stärke irgendwo zwischen der Regionalliga und der Oberliga angesiedelt war. Der
KSC Olympia Wijgmaal hatte sich auf Tour durch den Westen Deutschlands begeben, um Spiele gegen die Landesligisten FC Kray (Niederrhein) und Rehlingen-Fremersdorf (Saarland) sowie gegen den Oberligisten FC Brünninghausen (Westfalen) zu absolvieren. Und eben gegen uns.
Die Gäste waren schon deutlich favorisiert. Umso überraschender und positiver war es, dass wir bis weit in die 2. Hälfte hinein gut mitspielten und sogar 2:0 führten.
Nikolaev nach zehn Minuten zentral aus 17 Metern und
Neziri mit einem sehenswerten Volleyschuss (nach ebenso sehenswerter Vorlage von
Berkenbaum) kurz nach der Pause waren für uns erfolgreich. Aber dann schlugen die Belgier gnadenlos zu. In der letzten Viertelstunde schenkten sie uns noch vier Treffer ein. Und alle, ALLE fielen nach einer Standardsituation. Ein Tor nach einer Ecke, die restlichen drei nach Freistößen. Hier gab es also noch allerhand zu tun, aber nichtsdestotrotz war ich mit dem Spiel zufrieden.
Meine Zufriedenheit sollte sich nach dem nächsten Spiel noch steigern: Wir hatten die zweite Mannschaft des FC Utrecht aus den Niederlanden zu Gast. Die aus U 21-Spielern bestehende Truppe,
Jong FC Utrecht genannt, spielte in der zweithöchsten Spielklasse im niederländischen Fußball und war natürlich hoher Favorit gegen uns. Das Spiel ging auch entsprechend los: Der erste Angriff der Gäste führte gleich zum Torerfolg durch
Jonas Arweiler, einen 21 Jahre alten Deutschen. Als nur zehn Minuten später das 0:2 fiel (wieder einmal nach einem Freistoß ...), richtete ich mich gedanklich schon auf eine Klatsche ein.
Aber dann begannen wir, den Respekt abzulegen.
Nikolaev konnte eine Freistoßflanke zum Anschlusstreffer ins Tor köpfen. Die gesamte Abwehrreihe hatte da gepennt und auf Abseits gespielt, und auch der Keeper sah beim Herauslaufen deutlich älter aus als er eigentlich war. In der 53. Minute gelang uns sogar der Ausgleich:
„Didi“ Döll spielte einen tollen Ball hinter die Abwehrkette des Jong FC Utrecht und erneut war es
Nikolaev, der davon profitierte und einschoss!
15 Minuten vor dem Ende schien dann aber doch alles den erwarteten Gang zu gehen, denn erneut
Arweiler brachte die Niederländer wieder in Führung. Doch in der Nachspielzeit brachte
Schäfer einen langen Ball nach vorne, wieder hinter die Abwehrreihe, dieses Mal in den Lauf von
Neziri, der cool blieb und aus 14 Metern den Ball am Torwart vorbei in die lange Ecke schob.
3:3 gegen einen Zweitligisten - das war ein toller Erfolg der Truppe!
Zwei Wermutstropfen gab es allerdings: Unser tolles Spiel hatten nur 50 Zuschauer gesehen. Und
Lukas Berkenbaum zog sich eine Oberschenkelprellung zu. Ob er bis zum Ligaauftakt in einer Woche wieder fit würde, stand in den Sternen.