Kapitel 14: Kaderplanung mit Handicap
Ich dachte, ich hätte mich verlesen. In mir brodelte es. Gerade hatte ich das Budget für die neue Saison zugeschickt bekommen. Unser Transferbudget betrug ganze 155.00€. Wie ich damit eine schlagfertige Mannschaft auf die Beine stellen sollte war mir schleierhaft. Immerhin ist der Gehaltsspielraum deutlich größer geworden. 118.000€ dürfen wir demnächst pro Woche an Spieler zahlen. Da wir für die nächste Saison bisher nur 54.000€ fest eingeplant hatten, eröffnete das immerhin ein paar Möglichkeiten.
Eine davon nutzte ich dann auch frühzeitig. Noch im Mai konnten wir die ersten beiden Verpflichtungen eintüten. Die erste brauchte dann auch gleich fast das gesamte Transferbudget auf, doch ich war mir sicher dass sie sich lohnen würde.
Marat Shilov war zwar erst 15 Jahre alt, doch alle Topklubs hatten ihn schon auf dem Radar: Spartak, Lokomotive, Dinamo Moskau, ZSKA, Krasnodar. Wir waren jedoch die Ersten die ein Angebot abgaben, und letztendlich auch die Einzigen. Zum Glück. So entschied Marat sich dafür von Vladivostok nach Moskau zu wechseln. Natürlich wird er uns nicht heute oder morgen weiterhelfen. Jedoch bin ich mir sicher: die 100.000€, die wir dieses Jahr zahlen (dazu kommen noch Ratenzahlungen in den nächsten Jahren) werden gut investiert sein.
Auch einen neuen Linksverteidiger konnten wir begrüßen.
Denis Nikitin wird von Zweitligaabsteiger Avangard Kursk zu uns stoßen. Zwar bin ich kein Fan von seinen eher mäßigen athletischen Vorraussetzungen, aber er ist ein deutlich besserer Linksverteidiger als unsere bisherige Nummer 2 auf der Position, Artem Samsonov, und mit 23 Jahren auch noch recht jung.
Nikita Chicherin war dann unser dritter Neuzugang. Mit 29 Jahren zwar schon etwas älter, aber wenn man ein begrenztes Budget hat muss man nun mal nehmen was man bekommen kann. Nikita ist ein sehr solider Rechtsverteidiger, der auch schon einige Erstligaspiele auf dem Buckel hat, und kommt ablösefrei von Krylja Sovetov, nach dem er die letzte Saison zu Anzhi verliehen war.
Der vierte im Bunde war Innenverteidiger
Igor Yurganov. Der 26-jährige war ebenfalls ablösefrei, und ein Innenverteidiger, der für die Breite im Kader von Sochi kam. Auch er war natürlich kein Spieler von Welt, verlangte aber auch relativ wenig Gehalt.
Dazu blieb uns
Alexandr Rudenko erhalten. Die Leihe mit Spartak Moskau wurde um ein Jahr verlängert.
Trotz dieser drei Neuzugänge hatte ich viele schlaflose Nächte. Viele der Spielerverträge liefen aus, darunter auch die einiger Stammspieler, die aber nicht genug Qualität für die erste Liga mitbrachten. Ich hatte die leise Hoffnung dass unser Besitzer vielleicht doch noch mal das Transferbudget erhöht. Unsere Finanzen sahen jedenfalls mehr als nur solide aus. Eine erfreuliche Nachricht gab es dann auch noch: Ich wurde zum Manager des Jahres in der zweiten Liga gewählt!
Ein mögliche Einnahmequelle waren natürlich auch Spielerverkäufe. Eine Chance dazu bot sich als ZSKA und Dinamo Moskau jeweils ein Angebot für U19-Nationalkeeper Botnar abgaben. Diese lehnte ich jedoch augenblicklich ab und verlängerte stattdessen Botnars Vertrag auf 5 Jahre, bis 2025.
Dazu stoß mit
Luis Carlos auch noch ein 18 Jahre junges, brasilianisches Keepertalent für eine kleine Ablöse von 20.00€ zu uns, und unterschrieb einen Vertrag bis 2025. Botnar ist zwar ein besserer Keeper, dennoch denke ich dass Luis Carlos in ein paar Jahren deutlich mehr wert sein wird als 20.000€, und somit ist er eine Investition in die Zukunft, die in der U21 oder per Leihe Spielpraxis sammeln wird.
Der Wunsch nach einem höheren Budget erfüllte sich allerdings nicht. Also musste ich mit dem arbeiten was da war. Nach den Verpflichtungen von Shilov und Luis Carlos war das — nix. Trotzdem konnten wir noch ein paar Spieler verpflichten, auch dadurch dass wir Mittel vom Gehaltsbudget ins Transferbudget pumpten.
So kam der 19-jährige
Kirill Klimov zu uns. Der U21-Nationalspieler wurde von der AS Monaco für ein Jahr ausgeliehen für eine Leihgebühr von rund 100.000€. Dazu bezahlten wir zwar sein Gehalt, dieses Betrug aber nur 1.600€ pro Woche.
Der erfahrene Innenverteidiger
Taras Burlak kam ablösefrei, nachdem sein Vertrag bei Krylja Sovetov Samara ausgelaufen war und nicht verlängert wurde. Er soll neben Bozhin in der kommenden Saison das Abwehrzentrum dicht machen.
Den Abgang von Ryazantsev konnten wir letztendlich auch ersetzen.
Matic Vrbanec (23) passte perfekt zu meinem physischen Fußball. Dazu hat der neue Spielmacher, für 350.000€ vom slovenischem Verein Aluminij Kidricevo gekommen, auch technisch noch was drauf. Für unser Budget konnte man kaum einen besseren Spieler holen.
Apropos Budget.
Evgeniy Berezkin war ein weiterer Mittelfeldspieler der ein absolutes Schnäppchen war. Der Weißrusse kam von BATE nach Moskau, und kostete uns schlappe 47.000€ um die Breite im Mittelfeld zu gewährleisten.
Außerdem konnten wir eine Leihe abschließen, um die Breite auf den Flügeln zu erhöhen. Der Ukrainer
Vyacheslav Churko wurde von Shakhtar für ein Jahr ausgeliehen.
Der erste Winterneuzugang war auch schon in trockenen Tüchern. Der 18 Jahre alte
Masrur Kiemidinov war es. In Tajikistan geboren, hat der russische U19-Nationalspieler sowohl die russische, weißrussische als auch die tajikische Staatsbürgerschaft, und ist ein Spieler für die Zukunft. Er wechselt im Januar, wenn sein Vertrag bei Dinamo Minsk ausläuft.
Zehn neue Spieler also. Dazu einer der im Winter dazukam. Auf der anderen Seite hatten wir jedoch auch viele Abgänge zu verbuchen: Sergey Shustikov, Andrey Lyakh, Maxim Shorkin, Igor Lebedenko, Alexandr Ryazantsev, Mikhail Philippov, Ruslan Magal und Artem Samsonov verließen allesamt den Verein nachdem ihre Vertrage ausgelaufen waren. Dazu wurde Konstantin Kurtanov verkauft. Er verließ den Verein für 30.000€ und wechselte innerhalb Moskaus zum Zweitligaaufsteiger Veles Moskau.
Die Saison konnte nun losgehen. Am Abend vor dem ersten Spiel, welches auswärts bei Rubin Kazan stattfinden würde, laß ich noch einmal die Zeitung. Keiner der Analysten gab uns eine Überlebenschance. «Wenn, dann nur über die Relegation», war die einhellige Meinung der Experten. Mir war von vornherein klar dass uns eine Saison im Zeichen des Abstiegskampfs bevorstand. In Anbetracht der Tatsache dass wir als Aufsteiger netto Transferausgaben von nur 750.000€ hatten, war das auch nicht überraschend.