Grundsätzlich stützt sich Nationalstolz auf der Vorstellung, dass eine Gruppe von Personen die Zugehörigkeit zu dem gleichen Land vereint. Somit werden Menschen, die nicht dazu gehören, ausgegrenzt, schließlich gehören sie zu einer anderen kulturellen Gruppe. Insofern gipfelt Nationalstolz in extremer Form immer in der Herabsetzung anderer Nationen. Ich denke, dass man für sein Geburtsland ehrlich gesagt nichts kann, schließlich war es nicht unsere Entscheidung, in genau diesem Land geboren zu werden. Dass man sich über Leistungen von Menschen seines Kulturkreises (in dem man aufgewachsen und sozialisiert ist) freut, ist prinzipiell eine schöne Sache und nicht verachtenswert.
Ein Problem sind wie immer Nationalisten, die den Bogen überspannen und alles außerhalb des eigenen kulturellen Milieus strikt ablehnen oder herabsetzen - manchmal auch nur des Prinzips wegen. Ich denke, dass man ohne Probleme sagen könnte, dass man stolz auf Deutschland ist. Schließlich hat sich Deutschland seit den zwei Weltkriegen gut gemacht, einen nach wie vor funktionierenden Sozialstaat aufgebaut und ist wirtschaftlich weiterhin potent, so dass überproportional viele Menschen ein gutes Leben führen können - während das in anderen Ländern der Welt eben nicht der Fall ist. Darauf und auf sportliche Errungenschaften kann man also stolz sein und sollte das auch zeigen und feiern dürfen. Wichtig ist, dass man dann aber auch in anderen Momenten weiter denkt und sich fragt, worauf diese Errungenschaften beruhen. Die deutsche Nationalmannschaft ist multikulturell, da etliche Spieler einen Migrationshintergrund haben. Das ist kein Makel, sondern einfach der Tatsache geschuldet, dass Deutschland ein Magnet für viele Menschen ist, die sich eine bessere Zukunft versprechen. Dass der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands auch auf dem (Aus)nutzen von Ressourcen anderer Länder beruht und teilweise ganze Kontinente benachteiligt werden, ist etwas, das man nicht vergessen sollte. Man muss nicht jede Minute darüber sinnieren, aber ab und an ein wenig Demut zeigen und Lösungen finden, um Ungleichgewichte abzubauen, kann nicht schaden.
Worauf ich hinauswill: Nationalstolz kann ein Gefühl sein, dass man in solchen Momenten erlebt und auch auslebt. Ich halte es jedoch für keine faschistische Einbahnstraße, sondern eine Chance, dieses positive Gefühl in positiven Taten für eine bessere Zukunft des eigenen Landes wie auch der Welt umzusetzen. In Zeiten von populistischen Parteien ist es umso wichtiger, nicht blind den modernen Rattenfängern zu folgen, sondern mit klaren Augen die Welt zu sehen und zu versuchen, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten das eigene Land zu einem lebenswerten Ort zu machen.