Die meisten Taktiken, die hier so diskutiert werden, versuchen immer schönen, offensiven und/oder aggressiven Fußball zu spielen. Dem setze ich hier mal ein System entgegen, dass nach alter italienischer Schule auf komplette Risikovermeidung ausgelegt ist. Hinten reinstellen, vermeintlich sinnloses Ballgeschiebe und den einen Konter verwandeln, um am Ende Partien zu gewinnen, in denen man eigentlich nicht aktiv mitgespielt hat. Inspiriert ist die Taktik
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Ich bespreche das Ganze recht ausführlich, um hoffentlich auch Anfängern die Motivation hinter jeder Entscheidung klar zu machen.
Zunächst das Grundgerüst:
----------F9(s)------AF(a)----------
---------------AM(s)----------------
----------DLP(s)--------------------
WB(s)-------------DM(s)----WB(s)
------BPD(d)--CD(c)--CD(d)-------
---------------GK(d)----------------
Das ganze auf defensive und structured.
TI: Drop deeper (sorgt nebenbei dafür, dass Closing down auch stark sinkt)
Grundgedanken:Bei der Taktik geht es in erster Linie darum, den Gegner nicht in den eigenen Strafraum zu lassen. Im Mittelfeld kann der Gegner den Ball soviel haben, wie er will.
Erst sobald es ins letzte Drittel geht, wird Zugriff gesucht, und selbst dann geht es eher darum, den Gegner in ungefährliche Zonen zu lotsen und zu aussichtslosen Distanzschüssen unter Druck zu zwingen. Es kann also gerne mal vorkommen, dass es sehr viele Abschlüsse gegen einen gibt, die aber selten gefährlich werden. Durch die hohe Anzahl an Spielern, die immer tief bleibt, ist man außerdem gewissermaßen unauskonterbar, falls man doch mal auf dem Weg nach vorne den Ball verliert.
Die Frage ist dann natürlich, wie man selber Spiele gewinnen will, denn man muss ja trotzdem mindestens ein pro Partie erzielen, wenn man nicht nur Unentschieden spielen will. Die Antwort: Umschaltspiel. Dass Offensivspiel baut darauf auf, dass der Gegner zu viele Spieler nach vorne schickt (entweder wenn er den Ball hat oder wenn er versucht, ihn zurückzuerobern), und dann werden die entstehenden Lücken schnell angesteuert. Dafür ist die defensive-Mentalität perfekt geeignet, weil sie für viel ziellose Ballzirkulation sorgt (lockt den Gegner), aber selbstständig Konter auslöst. Die Structured Shape beschränkt dabei bewusst die kreative Freiheit, da riskante Optionen nur von bestimmten Spielern gesucht werden sollen oder wenn es keine andere vernünftige Lösung mehr gibt.
Anforderungen an den Kader:Gegner werden in der Regel versuchen, Lücken in die Formation reißen, indem sie die Formation auseinanderziehen, schnell das Spiel verlagern, Spieler aus der Formation ziehen, usw. Es ist also unheimlich wichtig, dass die Abwehr und das Mittelfeld gut stehen, diszipliniert decken, sauber verschieben und Lücken füllen. Und das über 90 Minuten. Generell wichtig sind also Anticipation, Concentration, Decisions, Positioning, Marking, Teamwork, Work Rate, Stamina und Determination. In Partien, in die man als Favorit geht, helfen gute technische Attribute und Composure, damit die Mannschaft enge Situationen auch spielerisch lösen kann.
Zur Formation:Im 5-2-1-2 mit je einem DM und ZM hat für diese Art Fußball einige Vorteile:
-Die Fünferkette bedeutet viele Spieler in der ersten Linie, was es dem Gegner schwer macht, die Abwehr auseinanderzuziehen und entstehende Lücken zu nutzen. Außerdem kann meist ein IV relativ gefahrlos aus der Kette herausrücken und Druck ausüben, falls der Gegner doch mal Raum um die zwei zentralen Mittelfeldspieler herum findet.
-Im eigenen Aufbau enststeht eine tiefe 3-4-Staffelung, die für schöne Dreiecksbildung sorgt und recht gefahrloses tiefes Zirkulieren erlaubt. Außerdem hat man bei gegnerischen Umschaltsituationen immer vier tief bleibende Spieler als Absicherung.
-Ein offensiver 1-2 Block dürfte das perfekte Set-Up für schnelle Konter sein, da man bei Ballgewinn sofort drei (gestaffelte) Spieler vorne hat, die die gegnerische Absicherung durcheinanderwirbeln können.
Die Formation lässt sich natürlich auch spiegelverkehrt spielen, am besten stehen sowohl BPD als auch DLP auf der gleichen Seite wie ihr starker Fuß.
Die einzelnen Rollen:Natürlich ist keine der Rollen in Stein gemeißelt und kann je nach Spielertypen variiert. Die hier angegebenen Rollen sind die, die sich bei meiner Tüftelei an der Taktik am besten bewährt haben.
GK(d) - Ein SK ginge natürlich auch, aber der Torwart ist in dieser Taktik in allererster Linie zum Bälle halten da. Gerade auf der Linie und in der Strafraumbeherrschung sollte gut sein.
Wichtig: "Distribute to Centre Backs" sollte aktiviert sein, sonst bekommt man überhaupt keine Spielanteile, denn auf zweite Bälle braucht man sich in dieser Taktik keinerlei Hoffnung machen.
BPD(d)- Es geht auch ohne BPD, allerdings sollte man sich dann auf mehr hohe lange Bälle unter Druck einstellen und auch die Stürmerrollen so anpassen, das der tiefere Stürmer robust genug ist, um die festzumachen. Der BPD und der DM sollten nicht auf der gleichen Seite sein, damit man mit flachen Pässen konstruktiv und schnell in höhere Zonen kommt, ohne dass der DM im Weg steht.
CD(c) - Der Ausputzer, gewissermaßen Überbleibsel des Libero im klassischen Catenaccio, sollte der Kernattribute der Duty gut beherrschen, vor allem Antizipation und Sprungkraft sind wichtig, Beschleunigung schadet auch nicht. Er staubsaugt die Bälle, die hinter die Abwehr gehen sollen (in der Endverteidigung auch mal davor), und das sind bei einem tiefen Block meistens Flanken.
CD(d) - Hier ist nichts besonderes zu beachten.
Die WBs(s) - Eine unheimlich wichtige Rolle im System nehmen diese beiden ein, weil sie das schwächste Glied der Kette sind (no pun intended). Räume tun sich für den Gegner meistens entweder zwischen äußerem CB und WB oder auf dem Flügel auf, deswegen braucht man für die Position disziplinierte Pferdelungen. Die defensiven Attribute sind gar nicht soo wichtig, aber Work Rate, Teamwork, Acceleration und Concentration machen den Unterschied, ob der gegnerische Flügelspieler nicht doch das eine Mal in der 85. Minute die Flanke in den kurz unorganisierten Abwehrblock schlagen kann oder die Lücke findet, durch die er in den Strafraum ziehen kann. Eine Support Duty gibt es, damit sie in eigenem Ballbesitz hoch genug schieben, um in der tiefen Zirkulation saubere Abstände herzustellen und im passenden Moment auch mal einen Lauf hinter die gegnerische Abwehr versuchen. Wirklich offensivstarke Spieler braucht man aber nicht für die Rolle. Wobei ein Spieler mit ordentlicher Übersicht und/oder guten Fähigkeiten im Dribbling sehr nützlich ist, wenn es gegen hochstehende Gegner geht, weil ein freigespielter WB dann entweder einen langen Ball hinter die gegnerische Abwehr spielen kann oder direkt auf die Abwehrreihe zudribbeln kann, um Lücken zu reißen.
DM(s) - Diese Rolle verlangt nach einem richtigen defensiven Arbeiter. Alle oben erwähnten Anforderungen sollte dieser Spieler im besonderen erfüllen. Zusätzlich helfen gute Werte in Aggression und Composure. Der Spieler fällt kaum auf, ist aber für die Balance des Systems unheimlich wichtig. Hier gilt für die Support-Duty ähnliches wie für die WB: Ziel sind vor allem saubere Abstände im Aufbauspiel. Außerdem lässt er sich mit Defend-Duty gegen den Ball zu leicht in die Abwehr drücken, so dass man auch direkt am eigenen Strafraum öfter keinen Zugriff mehr bekommt.
DLP(s) - Er verknüpft den Defensiv- mit dem Offensivblock und zieht das von hinten auf. Sollte neben kreativen Fähigkeiten und Technik aber auch defensiv zu einem gewissen Grad diszipliniert und fleißig sein, da er auch viel in der Defensivarbeit gefragt ist. Hier habe ich auch andere Spielmacherrollen getestet, die aber meist dem OM zu sehr auf den Füßen stehen. Außerdem sind die dribbelnden Rollen für meinen Geschmack zu riskant.
Für die drei offensiven Rollen sind die "Fleißattribute" nicht so wichtig wie für den Rest der Mannschaft, hier kann man sich bei den Attributen ganz an den Rollenempfehlungen orientieren. Hier kann man auch flexibler mit den vergebenen Rollen sein, solange man ein harmonisches Trio zusammenbekommt, dass zu den vorhandenen Spielern passt.
AM(s) - mit den Player Instructions "Dribble More" und "More Risky Passes". Neben dem GK der einzige Spieler mit PI (die man je nach verfügbaren Spielern aber auch ändern kann). Sollte ursprünglich ein AP sein, aber das passte vom Bewegungsspiel nicht mit dem DLP zusammen. Offensiv macht er dennoch das Spiel, indem er enge Situationen im Mittelfeld auflöst und als Vorlagengeber fungiert. Die Support-Duty gibt es, damit er defensiv das Mittelfeld unterstützt und stärker die Mannschaftsteile verbindet.
F9(s) - Hier ginge auch ein DLF(s) oder CF(s), oder, wenn die eigene Defensive technisch schwach ist und gerne mal zum langen Ball greift, auch ein TM(s) (dann vielleicht in Kombination mit einem AM(a)). Auf jeden Fall empfehle ich eine Support-Duty, um schon Tiefe in das eigene Spiel zu bringen, bevor das Mittelfeld nachgerückt ist. Ich wähle meistens den F9 besetzt mit einem beweglichen Dribbler, da er sich schnell in Richtung Tor drehen kann und dann wahlweise die Abwehr andribbeln kann oder den Schnittstellenpass spielen kann oder auf den Sturmpartner ablegen und dann in die Tiefe starten. F9 ist also Mittel der Wahl, wenn man die Durchschlagskraft und Kreativität erhöhen will (nützlich, wenn man selbst Favorit ist), beim Target Man ist Entlastung das Primärziel, da es dann darum geht, den Ball vor allem weg vom eigenen Tor zu bekommen. Die anderen beiden Vorschläge liegen dann irgendwo dazwischen.
AF(a) - Theoretisch ginge hier auch ein Poacher, da die erste Aufgabe des Spielers ist, Angriffe abzuschließen, meist, indem er hinter die Abwehr kommt. Allerdings gefällt mir der AF besser, da er aktiver in der Offensive arbeitet. Das ist hier nützlich, da aufgrund des defensiven Systems die Abstände zwischen Abwehr und Sturm nach Balleroberung sehr groß sind und die zwei Stürmer zunächst meist alleine sind, wenn der Ball zu ihnen kommt, sollten sie als Duo möglichst "komplett" sein, was ihr Fähigkeitsprofil angeht. Wenn dann ein Poacher nur an der letzten Linie wartet, bis der Ball hinter die Abwehr kommt, muss der Sturmpartner die komplette Restarbeit alleine verrichten. Vom CF(a) rate ich allerdings auch ab, da durch sein "Roam from Position" sonst schnell die Abstände zwischen beiden Stürmern zu groß werden und ein Ausweichen auf den Flügel ein effektives Starten hinter die Abwehr schwieriger macht.
StandardsStandards sind in dieser Taktik sowohl defensiv als auch offensiv besonders wichtig. Defensiv, weil der Gegner erstens wahrscheinlich viele Ecken haben wird aufgrund abgefälschter oder parierter Distanzschüsse und Flanken und sich zweitens bei eigener Führung i.d.R. weiter zurückzieht, was einem die Räume für Konter nimmt, die für die Taktik sehr wichtig sind. Offensiv, weil genau in den zähen Situationen, in denen der Gegner mit dem Spielstand zufrieden ist und man selber nicht, ein Standardtor einem die lästige Arbeit abnehmen kann, kreativ werden zu müssen. Deswegen sollte man sowohl offensiv als auch defensiv ein stabiles Setup haben. Offensiv ist es auf alle Fälle nützlich, dass man drei IV hat, die normalerweise überdurchschnittlich groß sind.
Was sonst noch wichtig ist-Manchmal kommt es vor, dass der Gegner es doch schafft, sich konstant gute Chancen zu erarbeiten. Meistens hängt das damit zusammen, dass sich Defensive zu weit nach hinten drängen lässt, so dass die Abwehr mit dem Verschieben nicht mehr hinterherkommt und sich Lücken auftun. Dann sollte man die Abwehr hochschieben (auf "höhere Abwehrlinie"), wodurch die ganze Ausrichtung gleich deutlich aggressiver wird (zu sehen auch am Pressing-Balken im Anweisungen-Screen). Außerdem hilft es oft, den gegnerischen Spielmacher durch einen der Offensivspieler manndecken zu lassen.
-Wenn ein Gegner sich hinten reinstellt, muss man doch etwas proaktiver werden. Auch dann sollte man die Abwehr hochschieben und zusätzlich "mehr pressen" aktivieren. So ändert sich zwar das eigentliche Offensivspiel nicht, aber in der Regel erlangt man so die Spielkontrolle und kann versuchen, gegen die dann meist individuell unterlegenen Gegner die individuelle Klasse durchzudrücken. Außerdem ist es hilfreich, vorher offensive Standards zu trainieren. Probleme gibt es aber dann, wenn der Gegner dann auch noch eine enge Formation spielt, in der er sich den Ball zuschieben kann, ohne dass man eine Chance auf Zugriff hätte. Dann empfiehlt es sich, ein oder zwei gegnerische Mittelfeldspieler durch Offensivspieler manndecken zu lassen und die WB ins Mittelfeld zu ziehen, damit sie die gegnerischen Außenverteidiger aufnehmen und daran hindern, an der Ballzirkulation teilzunehmen.
-Ursprünglich war mein Ziel, die Taktik auch möglichst zynisch zu spielen, also ab dem 1:0 nur noch den Ball zu halten, auf Zeit zu spielen, usw., aber das habe ich aufgegeben, nachdem es mir zwei- oder dreimal passiert ist, dass ich nach fünf Minuten durch einen Standard in Führung gegangen bin, ab da auf Zeit gespielt habe und mir dann - ohne gegnerische Chance in der Zwischenzeit - in der 87. Minute durch einen abgefälschten Schuss aus 35 Metern (oder ähnliche Glückstore) gefangen habe und nur Unentschieden gespielt habe. Es gibt also doch Karma
Morgen liefere ich noch Statistiken und Screenshots nach.