Weil ich kein Unmensch bin und so harte Cliffhanger selbst nicht ausstehen kann, geht es direkt weiter.
Winterpause 2017
Die Zeit zwischen den Jahren tat mir sehr gut. Nach dem aufregenden Halbjahr konnte etwas Ruhe einkehren. Der Kader stand, die Trainingspläne waren weitestgehend gemacht, alle waren zufrieden. Außerdem war Sophie schon kugelrund und das Kind konnte jeden Tag kommen.
Silvester verbrachten wir bei den Schäfers, wo wir das neue Jahr ruhig angehen ließen. Mit Winnie verband mich mittlerweile eine Freundschaft, die sich aus unserer fruchtbaren Zusammenarbeit heraus entwickelt hatte. Wir begangen den Jahreswechsel in dem sicheren Gefühl, alles im Griff zu haben.
Kurz gesagt: Ich war entspannt, glücklich, hochmotiviert und aufgeregt, als das Jahr 2017 eingeläutet wurde.
Doch schon der erste Januar machte mir gleich klar, dass man sich auf seinen Lorbeeren nicht ausruhen durfte.
Winnie rief an: "Hannover hat ein Angebot für René Vollath abgegeben. Sie zahlen insgesamt 1,5 Millionen, davon 900.000 Euro gleich."
Der Sportdirektor klang so, wie ich mich dabei fühlte: wenig begeistert. Im Scherz sagte ich: "Wenn sie Sahin-Radlinger eintauschen und die 900.000 auf den Tisch legen, machen wir's."
Offenbar hatte Winnie noch Restalkohol, jedenfalls nahm er mich ernst und unterbreitete den Hannoveranern das Gegenangebot. Zwar hielt ich viel von dem jungen Torwart der Hannoveraner, aber Vollath wollte ich im Moment nicht wirklich abgeben. Wir wären schön blöd gewesen, hätten wir unseren Stammtorwart mitten in der Saison gehen lassen. 96 erhöhte auf 2 Millionen Euro, aber wir lehnten ab.
Dann rief mich Moritz Stoppelkamp, der mittlerweile wieder in der Reha war, an, um mir ein frohes neues Jahr zu wünschen. Ich freute mich sehr über den persönlichen Anruf: "Dir auch ein frohes neues Jahr, Moritz! Und, wie geht es mit der Reha voran?"
"Das passt. Ich hoffe, zur Rückrunde bin ich wieder fit."
"Hört sich gut an. Wir brauchen dich nämlich!"
"Ja, also Trainer... ähm...", begann Stoppelkamp zu stottern.
"Was gibt's denn, Moritz?"
"Schauen sie noch nach Verstärkungen im Sturm? Jetzt, wo Jimmy weg ist, fehlt uns da doch jemand."
Da hatte er durchaus Recht, aber ohne Geld war da nichts zu machen.
"Bist du der einzige, der das so sieht?"
"Nein, ich habe mit ein paar Jungs aus der Mannschaft geredet und die meinen auch, dass wir noch einen Stürmer brauchen."
"Und hast du da eine Idee?"
"Nein"
Ich liebte ja konstruktive Kritik...
"Okay, wir beobachten den Markt. Wenn wir jemanden finden, der bezahlbar ist und uns wirklich verstärkt, dann holen wir noch einen Stürmer, in Ordnung?"
Das war ohnehin unser Plan gewesen, also konnte ich das Moritz ruhig anbieten.
"Super, danke! Bis dann!"
"Bis dann!"
Ich dachte schon, es würde wenigstens wieder etwas Ruhe einkehren, da meldete sich Winnie wieder: "Swansea will Manuel Torres kaufen."
Verdammt! Klar, dass der Junge nach der starken Hinrunde auf dem Zettel einiger Clubs steht.
"Wie viel bieten sie?"
"Haben sie nicht gesagt. Sie wollen eine Telefonkonferenz mit uns beiden."
"Okay, ich komme zu dir", und schon saß ich im Auto.
Eine halbe Stunde später war ich in Winnies Arbeitszimmer und lauschte den Worten des Swansea-Managers. Für Torres (Marktwert 3,9 Mio €, Vertrag bis 2019) boten sie insgesamt 4,1 Millionen Euro. Eine ganze Stange Geld für einen klammen Zweitligisten. Wellenreuther würde uns die Ohren lang ziehen, sollten wir diesen Deal Platzen lassen. Wir besprachen uns kurz und forderten insgesamt 6 Millionen Euro. Mr. Swansea akzeptierte, ohne mit der Wimper zu zucken, wobei wir uns irgendwie benutzt und über den Tisch gezogen fühlten. Immerhin, das bedeutete einen neuen Rekordtransfer für den Verein, sollte Torres nach England wechseln wollen.
Als ich nach Hause kam, dämmerte es bereits und ich wollte mich nur noch aufs Sofa hauen und Netflix schauen, da klingelte mein Handy. Wellenreuther. Glücklicherweise wollte er mich nicht dafür anschnauzen, dass wir uns von Swansea hatten abzocken lassen, sondern bot mir einen neuen Vertrag an. Nach kurzem Gespräch einigten wir uns auf ein Papier bis 2019, das bei einem Aufstieg automatisch um ein Jahr verlängert wurde. Fürs Erste saß ich also fest im Sattel... und hatte genug von diesem Tag.
In den folgenden Tagen zeigten sich einige Vereine interessierten an unseren Talenten Philipp Amelung und Valentini Vujinovic. Amelung war enttäuscht, als ich ein Angebot von Hoffenheim ablehnte und bat, bei einem erneuten Angebot wechseln zu dürfen. Ich wollte dem Jungen die Chance nicht verbauen, zumal er bei uns sowieso erst in 2-3 Jahren soweit gewesen wäre, um eine ernsthafte Alternative im Tor darzustellen.
Vujinovic allerdings war eine ganz andere Hausnummer. Nachdem ich ein Angebot von Werder Bremen über 325.000 Euro abgelehnt hatte war er beleidigt und rief mich an. Er wolle gerne wechseln, sagte er.
"Ich will dich aber nicht verlieren, Valentino. Was kann ich tun, damit du gerne bleibst?"
"Ich will, dass Sie ein Team um mich herum aufbauen. Ich will ein Schlüsselspieler sein."
Also entweder saß dem Jungen noch der Weihnachtsbraten quer im Magen, oder er war auf Drogen. Ich hoffte mal ersteres. Ich lehnte ab und fragte ihn, ob es eine andere Möglichkeit gäbe, ihn von einem Verbleib zu überzeugen.
"Nein, dann will ich wechseln."
"Na schön", seufzte ich. "Aber erst muss ich einen Ersatz für dich verpflichten, okay?"
"Nein, so lange kann ich nicht warten."
"Tut mir Leid, Valentino, aber ich kann dich nicht ohne Ersatz verkaufen. Dann hätten wir nur noch zwei Stürmer, das geht nicht. Bitte hab ein wenig Geduld."
"Wenn Sie mich nicht gehen lassen, dann erzähle ich allen, wie unfair Sie mich behandeln!"
Okay, was zur Hölle war da los? Ich fühlte mich im falschen Film.
"Das reicht. Ab sofort trainierst und spielst du in der U19."
"Das können Sie nicht mit mir machen. Wenn ich mit Ihnen fertig bin, haben Sie eine Meuterei am Hals. Warten sie's nur ab!"
Ohne ein Wort zu sagen, legte ich auf. So etwas musste ich mir von einem pubertierenden Möchtegern-Stürmerstar nicht anhören lassen. Sollte er eben in der U19 schmoren.
Kurz darauf bestätigte Manuel Torres seinen Wechsel. Ich war traurig, einen so wichtigen Spieler zu verlieren, andererseits brachte uns Manuel viel Geld ein, was den Verlust etwas einfacher machte. Ich rief ihn noch einmal an, um mich zu verabschieden.
Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Ein trauriger Abschied, der einen faden Beigeschmack hinterließ. Nun gut, Reisende soll man ja bekanntlich nicht aufhalten.
Das Geld, das uns der Torres-Transfer in die Kassen spülte legten wir in den Folgetagen gut an. Ziel der Transferperiode war es nun, den Kader in der Breite besser aufzustellen, um den Konkurrenzkampf zu erhöhen und mehr Optionen zu haben. Denn die Hinrunde hatte gezeigt, dass wir Probleme bekommen könnten, sollten wichtige Schlüsselspieler ausfallen. Wollten wir weiter um den Aufstieg mitspielen, mussten wir also reagieren.
Zuerst holten wir mit Pascal Köpke die erhoffte Verstärkung für den Sturm - wir hatten noch eine Rückkaufklausel über 750.000 Euro und Köpke schloss sich uns gerne an, spielten wir doch in ganz anderen Tabellenregionen als sein bisheriger Arbeitgeber, Erzgebirge Aue. Aufstiegsrennen statt Abstiegskampf.
Zudem sicherten wir uns die Dienste von Innenverteidiger Marvin Friedrich, der aus Augsburgs zweiter Mannschaft kam. Der großgewachsene Innenverteidiger wechselte auf Leihbasis bis zum Ende der nächsten Saison zu uns.
Mit Daniel Adlung holten wir uns aus München einen erfahrenen, flexiblen Mann für das Mittelfeld, der vor allem dem eingespielten Trio Prömel-Kirch-Yamda etwas Dampf unter dem Hintern machen sollte. Adlung erhielt einen Vertrag bis 2019 und kostete uns 1,2 Millionen Euro.
Ein weiterer Spieler für das Mittelfeld war Flügelmann Korbinian Vollmann, der für 1,6 Millionen Euro aus Sandhausen kam und viel Talent mitbrachte. Auch er erhielt einen Vertrag bis 2019.
Darüber hinaus holten wir mit Karum Guédé eine weitere Verstärkung für den Sturm, war Vujinovic nun erst einmal keine ernsthafte Alternative mehr. Der flexible Spieler kam für laue 26.000 Euro und erhielt einen Vertrag bis 2019.
Darüber hinaus beendeten wir die Leihe von Yann Rolim, der bei uns keine Rolle gespielt hatte. Zudem wurden die Verträge von Thoelke, Grupp und Fahrenholz aufgelöst, die in meinen Überlegungen keinen Platz mehr gehabt hatten. Damit sparten wir uns außerdem einiges an Gehaltsbudget.
Schließlich ließen wir Vujinovic doch zu den Bremern ziehen, da wir keinen Miesmacher im Verein haben wollten. 400.000 Euro waren zwar weniger, als ich gerne gehabt hätte, aber in der Not...
Stoke City machte zudem ein Angebot für Dimitris Diamantakos (Marktwert 4 Mio €) über 4,4 Millionen Euro. Wir lehnten ab. Auch der HSV stieg ins Rennen um den griechischen Nationalspieler ein, bot uns aber ebenfalls zu wenig.
Daraufhin suchte Dia das Gespräch. Im erklärte ich, wie schon Vujinovic, dass ich ihn nicht velieren wolle. Er begnügte sich damit, wenn ich im Gegenzug das Versprechen abgab, dass wie aufstiegen. Er wollte unbedingt in einer besseren Liga gegen den Ball treten.
"Gut, ich will auch in die Bundesliga. Aber du musst mir etwas mehr Zeit geben. Lass uns nächste Saison abwarten."
Der Grieche war einverstanden. Unglücklicherweise hatte es da aber wohl Kommunikationsschwierigkeiten gegeben, denn Diamantakos ging davon aus, dass wir diese Saison aufstiegen. So ein Mist!
Kurz vor dem Ende der Vorbereitung kam Jordi Figueras mit einem Hirngespinst auf mich zu: "Trainer, ich würde gerne zu Besiktas Istanbul wechseln."
"Aber die haben doch gar kein Angebot für dich abgegeben."
"Ja schon, aber gerüchteweise sind sie an mir interessiert."
"Aha... also gut, aber ich möchte dich ungern mitten in der Saison gehen lassen. Du bist wichtig für uns. Wie wäre es am Ende der Saison?"
"Nein, nein, jetzt. Ich habe Angst dass die sonst das Interesse verlieren."
Wovon redete er, verdammt nochmal? Besiktas hatte sich bei uns nicht gemeldet.
"Na schön", lenkte ich ein, da ich den Wechsel eh noch nicht kommen sah und keine schlechte Stimmung im Kader wollte.
Zudem wurde Dirk Orlishausen, mittlerweile auch nicht mehr der Jüngste, auf seine Karriere nach der Karriere vorbereitet und auf einen Trainerlehrgang geschickt.
Zugänge vor dem Auftakt der (Rest-)RückrundeZwar haben wir mit Torres einen wichtigen Spieler verloren, dafür aber einiges an neuen Spielern nachrüsten können. Vor allem von Adlung und Köpke erwarte ich mir für die Rückrunde einen Aufschub. Vollmann und Ernst sind sicherlich auch als perspektivische Transfers zu betrachten und Guédé ist als Backup eingeplant. Friedrich würde nach Figueras' Wechselwunsch wohl gleich eine tragendere Rolle einnehmen als geplant.