Die Innenstadt und neue Freunde
Kapital 7
Die ersten Sonnenstrahlen durchfluteten an diesem Morgen mein Hotelzimmer und ließen mich kurzzeitig erblinden. Noch leicht schlaftrunken torkelte ich ins Bad und unterzog mich der morgendlichen Pflege. Den Bart ein wenig stutzen, die Glatze neu polieren und natürlich durfte die allgemeine Katzenwäsche nicht vergessen werden.
Es war ein herrlicher Tag, die Pressekonferenz lag hinter mir und ich freute mich bereits darauf die Mannschaft kennenzulernen.
Ich wollte den Tag noch genießen, bevor morgen das erste Mannschaftstraining stattfinden würde und so schlenderte ich gedankenverloren in Richtung Innenstadt.
Ich wollte wie in Kindheitstagen ganz einfach ein Negerkussbrötchen zum Frühstück, ich liebte diesen klebrigen Scheiß am Morgen, also versuchte ich eines bei einem kleinen Bäcker in der nächsten Seitenstraße zu ergattern. Ich trat ein und bestellte.
„Guten Morgen, ich hätte gerne ein Negerkussbrötchen!“Ich schaute den Mann erwartungsfroh an, welcher seine Stirn runzelte, nachdem ich meine Bestellung aufgegeben hatte.
„Wattän dattän?“ antwortete er genervt und so vergrub sich meine Stirn in Falten.
Bitte was hatte er gerade zu mir gesagt? Hotten Totten? Irgendetwas mit Titten? Ich war leicht überfordert und die Gestalt welche mich bediente machte generell einen labilen Eindruck, vielleicht war ich hier einfach nicht an der richtigen Adresse um ein stinknormales Negerkussbrötchen zu bekommen?
„Bitte was haben Sie gerade zu mir gesagt?“Nun fing der Vogel richtig an zu flattern und ich konnte nur noch Bruchteile verstehen, es schien als hätte der labile Bedienstete wirklich eine Sprachbehinderung. Irgendetwas von Zosche und Zottel faselte er vor sich hin und so beschloss ich kurzerhand das Gespräch mit dem völlig durchgeknalltem Kerl zu beenden.
„Passen Sie auf, nehmen Sie die Zehn Euro hier und suchen Sie sich mal besser einen Logopäden der ihnen weiterhilft. Ihr Genuschel kann ja kein Mensch verstehen und wenn Sie schon dabei sind sich zu verändern, das Ohren anlegen lassen ist in der heutigen Zeit fast kostenlos.“Ich musste ihm einfach noch eins reindrücken, wer weiß was er alles zu mir gesagt hatte und seine Ohren waren nun einfach nicht zu übersehen. Vor allem, da die Sonnenstrahlen so schön durch die dünne Haut am Ohr schien, konnte ich mir einen derartigen Spruch nicht verkneifen.
Ich verließ also unverrichteter Dinge die Bäckerei und verwarf meinen Gedanken an ein Negerkussbrötchen wieder. Stattdessen entschloss ich mich nun für eine kleine Shopping Tour. Ein neuer Mantel würde mir sicher gut zu Gesicht stehen.
Nach ein paar Minuten in der Innenstadt musste ich jedoch schweren Herzens feststellen, dass weder Hugo Boss, noch Armani oder sonst ein geeignetes Label eine Filiale hier vorweisen konnte und so schaute ich mich hilfesuchend um. Wo ich hinschaute sah ich lediglich H&M, Primark, Takko und sonstige Läden für unterprivilegierte Menschen mit einem Einkommen nahe der Armutsgrenze, aber gut, ich wollte mir meine Stimmung nicht vermiesen lassen und so gab ich klein bei.
Gerade wollte ich mich nach einer Alternative umsehen, da rempelten mich zwei jüngere Damen an. Durch den Aufprall fielen ihre Papiertüten auf den Boden und ich bemerkte die Aufschrift „Primark“.
„Kannst Du nicht aufpassen?“Die eine junge Göre, vermutlich türkischer Abstammung, raunzte mich an.
„Ey, da ist ganzer Einkauf in Tüte Mann!“Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Kein Negerkussbrötchen und nun die nächsten Witzfiguren, die mir auf die Nerven gehen wollte.
„Bitte was ist in ihrer Tüte“Ich tat ahnungslos.
„Alter willst du mich verarschen? Ganzer Einkauf Mann!“Nun verstand ich, sie hatte den Mann vom Einkaufen in der Tüte...
„Ja und wo liegt ihr Problem? Lassen Sie den Mann doch raus, vielleicht kann er dann ja ihre Tüten tragen!“Ich hätte innerlich losbrüllen können, doch ich riss mich zusammen.“
„Ey guck dich an, nicht mal Haar auf Kopf, richtig hässlich ey!“Ich schüttelte den Kopf. Primark musste irgendetwas mit primitiv zu tun haben und jeder der mich mit Vorurteilen bezüglich meines Schubladendenkens über Primark und Konsorten verurteilen wollte, hätte hier das perfekte Beispiel dass ich vollends richtig lag. Nur unterbelichtete Leute kauften dort ein. Früher war man stolz, wenn man sich eine tolle, neue, teure Jacke kaufen konnte, heute ist man stolz, wenn man ein Tüte voll Schrott mit nach Hause nehmen kann. Werte und Normen existierten in der heutigen Gesellschaft nur noch in kleinen Kreisen und diese Art von Menschen, die gerade meine Zeit zu verschwenden schien, war generell nur überlebensfähig, weil sie in einem auf sie aufpassenden Staat lebten.
„Passen Sie auf, nehmen Sie ihre Tüten voller Müll wieder in die Hand, freuen Sie sich ihres Lebens, dass Sie derartige Schätze ergattern konnten und verschwenden Sie nicht weiter meine Zeit.“Ich trat provokativ gegen die gammelige Tüte, sodass diese in ihre Richtung rutschte und verabschiedete mich mit einem Kopfnicken.
Die asozialen Gören riefen mir noch einige Beleidigungen hinterher, höchstwahrscheinlich hatten Sie diese Wörter auf dem heutigem Bildzeitungscover gelesen, anders konnte ich es mir nicht erklären, wie sie ihren Wortschatz derart erweitern konnten. Auf der anderen Seite war ich mir auch nicht sicher, ob diese Gestalten überhaupt in der Lage waren zu lesen.
Wie dem auch sei, ich verwarf weitere Gedanken an die Geschöpfe des Grauens und widmete mich wieder meinem Mantel. Ich schaute mich erneut um und entschloss mich für folgendes Geschäft:
Jack and Jones war nun also der Laden, der mir weiterhelfen sollte. Julius shoppte des Öfteren in diesem Laden und so dachte ich mir, dass es ja nicht ganz so schlimm werden könnte.
Ich durchstöberte die Klamotten und musste feststellen, dass dieser Store wenigstens über das „Fuck Me, Im Famous“- Image hinausgekommen war, jedenfalls konnte ich keine derartigen Aufdrücke auf den T-Shirts finden und so hoffte ich auf kompetente Beratung um diesen Laden dennoch schnell wieder verlassen zu können.
„Entschuldigung kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?“Jemand hinter mir schien meine Gedanken gelesen zu haben und so drehte ich mich um.
„Äääähhhmmm, lassen Sie mich kurz überlegen...“Ach du meine Güte, welch Paradiesvogel hat denn hier den weiten Weg aus der Südsee auf sich genommen um in einem Jack and Jones zu arbeiten? Ich konnte mir ein unangebrachtes Grinsen nicht verkneifen. Eine Pelikanfrisur die ihres gleichen suchte, ein mit Glitzer gespicktes T-Shirt, dazu eine zerfetzte Hose und völlig zerlatschte Schuhe. Bei welchem Roten – Kreuz – Container hatte der Gute bitte Plünderung betrieben?
„Sie arbeiten hier, nicht?“Ich hoffte immer noch, dass das Ganze ein Scherz war und er sich einen Spaß daraus machte sich als Mitarbeiter auszugeben.
„In der Tat, ich arbeite hier!“Mit rotem Kopf und zusammengekniffenen Augen antwortete er trotzig.
„Nun ja, also ich bräuchte einen neuen Mantel. Sie verstehen? Mantel!“Ich war mir nicht mal sicher ob er sich überhaupt mit Mode auskannte aber ich wollte ihm eine Chance geben.
„Ich verstehe sehr wohl! Bitte folgen Sie mir!“Oh ja, der Typ und Barbie aus dem Flugzeug, ich glaube ich müsste da eventuell nochmal was arrangieren, die beiden würden ein super Paar abgeben. Ich prustete leicht vor lachen und folgte der Kreatur vor mir.
„Was halten Sie von diesem Model?“Ich schaute fragend zurück, hielt verzweifelt meinen Hand an den Kopf und begann diesen zu schütteln.
„Schauen Sie sich bitte mal den Mantel an. Irgendwelche Glitzerkacke am Ärmel. Sehe ich aus, als ob ich mich heute Nachmittag mit Harald Glööckler treffen wollen würde?“Ich war schon leicht gereizt und hatte auch nur noch wenig Hoffnung, dass mir dieses Subjekt überhaupt irgendwie weiterhelfen konnte.
„Ich brauche einen schwarzen, von mir aus auch dunkelblauen Mantel. Weder Glitzer noch irgendwelche bunten Allüren an den Ärmel oder sonstwo! Glauben Sie, Sie können mir derartiges herbeizaubern? Ansonsten würde ich vorschlagen wir beenden das Ganze hier und belassen es dabei, dass ich großzügig war und sie auf den selben 2m² Luft atmen durften auf denen ich stand!“Ich war kurz vorm Platzen und nickte ihm zu. Wir wussten beide, dass er nicht qualifiziert genug war mich zu bedienen und allem Anschein nach gab es in diesem Laden auch keine normalen Mäntel.
„Auf Wiedersehen!“Mehr brachte er nicht heraus. Kein Wunder, höchstwahrscheinlich hatten seine zwei Gehirnzellen schon genug damit zu tun, dass er überhaupt aufrecht vor mir stehen konnte.
Die Stadt Gelsenkirchen gefiel mir , ohne Frage.Von der Architektur her waren hier einige wirklich schöne Gebäude, auch wenn man es mit Hamburg nicht im Entferntesten vergleichen konnte. Doch diese ganzen Sprachlegasteniker machten mir noch gut zu schaffen. Zosche, Zotte, Käffken und derartige Sprachfehler musste ich erst einmal lernen zu ignorieren.
Was ein Tag dachte ich mir im Stillen. Einzig und alleine der Gedanke an das baldige Freundschaftsspiel und somit meine erste Chance einen Sieg für den Verein einzufahren, ließen mich frohen Mutes Richtung Hotel zurückschlendern.
___________________________________________________________________________________________________________________________________
Ein wenig verspätet kommt hier das nächste Kapitel. Ich hoffe es konnte dem ein oder anderen von euch ein leichtes Schmunzeln entlocken.
Die nächsten Kapitel kommen ca. im 2-3 Tage Takt, ich hoffe ihr könnt es verschmerzen, aber sonst wird's mit Job und 8 Monate alten Baby zu stressig und ich brauche ja doch ein wenig Muse zum fikitiven Schreiben
Ich werde einfach an meinen freien Tagen mal versuchen ein wenig "vorzuschreiben"
Euch noch einen schönen Abend,
Gruß burny