Tja. Es wird wohl keiner der angesprochenen Vereine. Viel eher gehe ich in die LLM mit der regionalen Begrenzung. Aber mehr dazu gibt es erst im dritten Teil
Jetzt erfahren wir erstmal, was denn so mit Pio passiert.
Nach Tagen der Trauer und des Trübsals raffte ich mich schließlich doch auf und dachte über meine Zukunft nach. Natürlich stellten sich mir einige verzwickte Fragen, der Beantwortung nicht ganz so leicht war. Was soll ich jetzt machen? Ist meine Trainerkarriere endgültig zu Ende? Bin ich das Gelächter der ganzen Welt? Fragen über Fragen also. Dennoch wollte ich nicht aufgeben. Zumindest noch nicht. Mein Leben war bisher zu kurz und eigentlich auch zu schön, da ich ja schließlich doch irgendwie irgendwann erfolgreich war. Trainer im Profibereich des Fußballs, der Sportart Nummer Eins, zu sein, schafft auch nicht jeder dahergelaufene Atomblinde. Da braucht es dann schon deutlich mehr als Stammtischtaktiken.
Wie gesagt: Ich saß hier irgendwo im tiefsten Oberpfälzer Dschungel und wusste nicht so recht, wie es denn nun weitergehen sollte. Was sollte ich denn nur in dieser Provinz anfangen? Die Frage, wie ich eigentlich dorthin gekommen war, schien mir erst einmal nebensächlich. Alles hat seine Gründe, egal wie kurios diese im ersten Augenblick auch anmuten. Nun denn: Was macht man in der Oberpfalz, wenn man nicht mehr weiterweiß? Natürlich: Man geht ins Wirtshaus. Da wird einem schon weitergeholfen geholfen. Kurioserweise war nicht weit entfernt von meinem Standort ein ebensolches. Urig, traditionell und schon etwas in die Jahre gekommen. So stellt sich das wohl jeder vor. Ich setzte mich an einen der Tische, bestellt natürlich eine Halbe Bier und durchforstete die Speisekarte. Auch diese war urig, traditionell und deftig. Meine portugiesischen Wurzeln erschauderten zwar, doch ich hatte durch meine lange Zeit in Deutschland auch diese Küche schätzen gelernt. Nach meinem köstlichen Mahl bestellte ich mir diesmal ein Weizen. Man will ja schließlich wissen, was Kulturen alles so anbieten können. Kaum brachte mir die Bedienung mein Getränke, setzte sich ein etwas stämmiger, bärtiger, etwa 50 Jahre alter Mann neben mich.
„Entschuldigung. Ich bin der Josef Baumann, aber Sie können mich auch Sepp nennen. Sie sind doch der Pio Andrade, oder? Der große Fußballtrainer?“, überfiel mich der Mann, also Sepp. Vom ersten Eindruck her wirkte er recht sympathisch und umgänglich, doch ich war verwundert, dass man mich selbst hier kannte. Hatte meine Schmach solche Wellen geschlagen?
„Ja, ich bin Pio Andrade. Dürfte ich Sie fragen, woher Sie mich kennen?“
„Natürlich. Sie sind der große Fußballtrainer, von dem alle sprechen. Der, der die Trainerschule mit Bestnoten abgeschlossen hat und als kommender Star am Trainerhimmel gefeiert wird. Ich bin ganz aus dem Häuschen, solch eine Berühmtheit hier bei uns zu treffen!“ Seine Augen glänzten und er war voller Enthusiasmus.
„Ach, das ist doch schon Jahre her, dass ich die Schule besucht habe. Seitdem ist viel zu viel passiert.“
„Oh. Das stand erst gestern in der Zeitung. Oder war’s vorgestern? Moment“, entschuldigte sich Sepp Baumann, stand auf, ging zum Tresen und wühlte in einem Stapel Papier, der wohl aus einigen Tageszeitungen bestand. Er hatte gefunden, was er gesucht hat und setzte sich wieder neben mich. „Da! Der Artikel war erst gestern in der Zeitung.“ Er reichte mir die Seite mit dem Artikel und ich begann zu lesen. […] Unter den 21 Teilnehmern erreichte Pio Andrade die mit Abstand beste Bewertung, was ihm viele Türen im Business öffnen dürfte […] stand dort geschrieben. Ich war ziemlich verwundert, da mein Abschluss aus dem Mai oder Juni 2015 datierte. Warum stand das jetzt in einer Lokalzeitung? Es konnte doch nicht sein, dass die selbst in der Oberpfalz so rückständig sind. Doch dann erschauderte ich und las das Datum. 25.05.2015.
„Die Zeitung ist aber auch schon etwas älter“
„Natürlich nicht. Oder ich weiß ja nicht, ob bei euch Promis zwei Tage schon etwas älter sind. Heute ist der 27.05. Ein schöner Freitag.“ Ich war nun vollends verwirrt. Hatte ich meine Karriere nur geträumt? Wurde Sporting Portimonense nie Meister? Gab es das Debakel mit dem RSC Anderlecht nie? Bin ich in einem neuen Traum gefangen, der wieder böse enden wird?
„Was sind Sie denn jetzt so blass? Haben Sie Geister gesehen oder vertragen Sie unser Bier nicht?“
„Doch, doch. Ich habe nur gerade darüber nachgedacht, wie schnell doch die Zeit vergeht“, antwortete ich.
„Ja, die Zeit vergeht wie im Flug. Haben Sie schon Pläne, welchen Verein Sie übernehmen würden, wenn ich so frech fragen darf?“
Ich musste kurz nachdenken. Alles auf Anfang? Komisches Gefühl. „Ich weiß im Moment gar nicht, ob ich überhaupt noch Lust auf Profifußball habe…“
„Wie bitte? Ihnen stehen doch alle Türen offen. Das müssen Sie nutzen!“ Sepp Baumann war regelrecht geschockt. Doch ich wusste wirklich nicht, was ich jetzt machen soll. Scheinbar war ich ja in einer anderen Zeitlinie gelandet. Das war erstmal zu viel für mich.
„Ich hätte da eine Idee. Ein Landesligaverein aus unserer Gegend ist Pleite gegangen und nun könnte ein anderer Verein den Platz einnehmen. Ich hätte genug Geld, um mich zumindest um ein Sportgelände zu kümmern und einen Kader, der mithalten kann, auf die Beine zu stellen. Für mehr reicht es leider wohl nicht aus. Und Sie? Sie könnten die Mannschaft fürs Erste übernehmen und jederzeit wieder gehen, wenn Sie sich entschieden haben, dass Sie einen Versuch im Profifußball wagen wollen.“
Ich wusste nicht warum, aber irgendwie gefiel mir diese Idee. Landesligakicker waren sicherlich nicht schlechter als die Spieler des RSC Anderlecht. Ich hätte meine Ruhe und genug Zeit, um alles zu verarbeiten.
„Nun. Das klingt durchaus interessant, aber ich möchte gerne noch bis morgen überlegen.“
„Kein Problem. Da wir ja kurz davorstehen, in gewisser Weise Partner zu werden. Ich bin der Sepp.“
„Warten wir mal ab, Sepp. Ich bin, wie du schon weißt, Pio.“
„Dann schlaf mal eine Nacht darüber. Wo schläfst du eigentlich? Hast du hier ein Hotel- oder Gasthauszimmer?“
„Öööööhm. Gute Frage“