Dortmund, der 24.06.2015
Nachdem ich nun für einen längeren Zeitraum arbeitslos war, forschte ich nach Arbeitsangeboten, wobei ich mich auf einen Verein mit Drittliga-Niveau einstellte. Jemanden, der eine eher durchwachsene Spielererfahrung hatte, würde man sicherlich nicht für einen Top-Klub einstellen wollen. Ich hatte auch kein Problem ins Ausland zu gehen, die Erfahrungen die man dort sammeln konnte waren ziemlich wertvoll. Allerdings konnte mich keins der Jobangebote wirklich überzeugen. Nachdem ich nun fürs Erste aufgeben wollte, entdeckte ich allerdings eine Nachricht über Trabzonspor. Man hatte wohl erneut den jetzigen Trainer gefeuert. Wie viele waren das schon in ein paar Jahren? Es war fast als würde ein Fluch auf Trabzonspor lasten, durch den kein Trainer Erfolge erzielen konnte. Es waren schon so viele Jahre seit der letzten Meisterschaft, und die Nachricht, dass der bisherige Trainer erneut gefeuert wurde kränkte mich als Trabzonspor-Fan schon sehr. Das würde nur noch mehr Instabilität und mehr Umstellung für die Spieler heißen, sobald ein neuer Trainer kommt. Gerade in diesem Moment kam mir der Gedanke, dass ich doch ein Trainer bin und mich zumindest bewerben könnte. Viele Chancen malte ich mir nicht aus, aber die Leidenschaft die ich verspürte, während ich über mich als Trainer von Trabzonspor nachdachte gaben mir Hoffnung. Es währe einfach als würde ein Traum wahr werden, mal ganz von den finanziellen Vorteilen abgesehen. Aber ein solch großer Klub hat bestimmt bessere Optionen als mich. Trotz all meiner Befürchtungen verfasste ich meine Bewerbungen und zwar auf Türkisch. Vielleicht würde man einen "heimischen" Trainer ja bevorzugen. Wobei man mich vielleicht auch nicht unbedingt als heimisch bezeichnen konnte, schließlich habe ich in mein gesamtes Leben in Deutschland verbracht. Nach dem Abschicken meiner Bewerbung ging ich träumerisch ins Bett, ob ich wohl überhaupt eine Antwort bekommen sollte?
Dortmund, der 27.06.2015
Nun waren es mehr als drei Tage seit meiner Bewerbung und noch immer hatte ich keine Antwort. Vielleicht wollte man auch erstmal die Optionen durchgehen. Zuversichtlich machte mich allerdings, dass bisher keine besonders Bekannten Kandidaten für die Stelle in Erwägung gezogen wurden. Wahrscheinlich ist der Job vielen einfach zu unsicher. Während ich in Gedanken war verspürte ich ein Vibrieren. Mein Handy, eine neue E-Mail. Da ich gerade an meinem Laptop war, rief ich meine E-Mails auf diesem ab. Es war eine E-Mail vom Trabzonspor-Vorstand. Der Betreff allerdings wollte mir nicht viel verraten. Dieser lautete nämlich "Bezüglich ihrer Bewerbung zur Position als Trainer". Eigentlich wollte ich die E-Mail gar nicht anklicken, die Enttäuschung währe zu groß, falls man mich abgelehnt haben sollte und ich war viel zu nervös, falls man mich doch angenommen haben sollte. Es war mehr ein Zucken als Klicken, dass sie öffnete. Der Anfang sagte nicht besonders viel aus, doch am Ende befand sich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Daraufhin folgte ein Sprung in die Luft von mir und einige "Ja!" Rufe. Man konnte fast denken, dass man mich bereits genommen hatte. Aber mich erfüllte selbst die kleinste Hoffnung auf diesen Job mit einer sehr großen Freude. Ironisch scherzte ich mit mir selber, man musste nun wirklich keine Anderen Optionen gehabt haben, wenn man mich zu einem Vorstellungsgespräch einlädt. Nachdem ich mich zumindest ein bisschen beruhigt hatte, folgte ein Anruf bei meiner Mutter, sie sollte die Erste sein, die es erfährt. Sie freute sich mindestens genauso sehr wie ich, und sagte mir wie stolz sie sei. Nachdem ich die Situation endlich realisiert hatte, las ich die E-Mail erneut, ich sollte bereits am Montag im Vereinsgebäude erscheinen und man hatte mir bereits ein Hotel gebucht. Schnellstmöglich machte ich mich auf die Suche nach einem Fluge und fand einen, der bereits morgen fliegen sollte. Dieser ging von Düsseldorf direkt nach Trabzon, keine Strecke die ich noch nie geflogen war, aber diesmal war einfach alles anders.
Düsseldorf, der 28.06.2015
Gestern hatte ich mir einige wenige Sachen zusammengepackt und heute stehe ich bereits hier, auf dem Weg nach Trabzon. Nur nicht um Urlaub zu machen, sondern um möglicherweise meine Träume zu erfüllen. Es war einfach wirklich alles anders, der Check-In und alles andere vergingen viel schneller als üblicherweise und dann fand ich mich bereits im Flugzeug wieder. Der Flug verging ebenfalls sehr schnell und dann sah ich sie schon, Trabzon, die Stadt die ich bereits so oft besucht hatte, die mir allerdings jedes mal ein Lächeln aufs Gesicht zauberte, wenn ich sie sah. Selbst das Vereinsgebäude und die Trainingsplätze konnte ich sehen, da sie idealerweise sofort hinter dem Flughafen waren. Ob man dort wohl gerade über mich nachdachte? Der Flughafen war ziemlich klein, sogar kleiner als mein Heimatflughafen Dortmund, aber er tat, was er tun musste. Nach dem Verlassen des Flugzeugs und der Passkontrolle fand ich mich auf dem chaotischen Parkplatz wieder. Selbst dieses Chaos machte mich glücklich, ich hatte das Gefühl zuhause zu sein, obwohl ich eigentlich doch mehrere tausend Kilometer von zuhause entfernt war. Ein Taxi brachte mich zu meinem Hotel, es war definitiv ein gehobenes Hotel, aber man hätte mich auch in ein Hostel stecken können, das war mir zu diesem Zeitpunkt alles egal. Es war schon ziemlich spät und deshalb legte ich mich wie bereits in den Tagen zuvor in das Bett und träumte vor mich her.
Trabzon, der 29.06.2015
Gestern hatte ich ziemlich unruhig geschlafen, doch heute war ich sogar noch nervöser. Gleich würde sich alles entscheiden. Ich nahm meinen schönsten Anzug und zog ihn an, fast griff ich schon zum Trabzonspor-Anhänger, aber das würde sicherlich zu unprofessionell wirken. Ich band mir die Krawatte und passte dabei auf alles richtig zu machen. Wenn mir irgendwann kein Fehler passieren durfte, war es der heutige Tag. Nachdem ich mich ausgiebig vorbereitet und mehrmals alles überprüft hatte verließ ich mein Hotel und nahm mir ein Taxi, welches mich zu dem Vereinsgebäude bringen sollte. Dort angekommen überkamen mich Erinnerungen, so stand ich doch seinerzeit hier um der Mannschaft beim Training zuzusehen und bald währe ich vielleicht derjenige, der auf dem Platz steht, oder zumindest daneben. Nach einem ausgiebigen Atemzug betrat ich das Gebäude und teilte der Frau am Empfang den Grund für meine n Besuch mit, infolgedessen ich sofort in ein Büro geführt wurde, welches vermutlich das Büro des Präsidenten war, dieser war allerdings noch nicht dort. Nach einer gefühlten Ewigkeit tauchte dieser aber auch auf. Der Blick wie immer, kein Lächeln zu erkennen. Normalerweise sah ich ihn nur durch den Fernseher und in echt war er schon fast beängstigend. Nach mehreren Fragen seinerseits und eigentlich keiner von mir verließ ich zuversichtlich sein Büro. Eigentlich hatte ich allem zugestimmt, dass er von mir gefordert hatte, für diesen Job würde ich alles machen. Nach dem Verlassen des Gebäudes verließ ich mit einem Taxi die Vereinseinrichtungen und fuhr zu meinem Hotel. Man hatte mir nicht mitgeteilt, wie lange die Antwort benötigen würde, weshalb ich noch ein wenig einkaufte und danach nach einem anstregenden und aufregenden Tag schlafen ging.
Trabzon, der 30.06.2015
Ohne besondere Erwartungen wachte ich auf und verbrachte etwas Zeit im Hotel, bis ich einen Anruf bekam. Man wollte mich gleich im Büro des Präsidenten treffen. Das sollte wohl die Antwort auf das Vorstellungsgespräch und die Bewerbung sein, allerdings hatte ich diese nicht so früh erwartet. Trotzdem konnte man nicht sagen, dass es mich nicht erleichterte, denn schließlich brachte mich die Nervosität fast um. Also schmiss ich mich erneut in einen Anzug, achtete trotz des Zeitdrucks trotzdem auf jedes Detail und machte mich mit dem Taxi wieder auf dem Weg zum Präsidenten. Ich hoffte einfach nur, zu mehr war ich einfach nur nicht in der Lage und dort angekommen, war der Präsident erneut noch nicht da. Diesmal war es fast, als wäre die Zeit bis zu seiner Ankunft noch viel länger gewesen. Aber mit seiner Ankunft erlöste er mich zugleich, denn seine ersten Worte waren "Herzlichen Glückwunsch, Herr Yılmaz!". Am liebsten hätte ich mich auf dem Boden hin und her gerollt, aber der erste Eindruck sollte kein schlechter sein weshalb ich ein einfaches "Danke." gepaart mit einem weiten Lächeln vollführte. Danach klärten wir die vertraglichen Details, wobei ich immer noch nicht auf dem Boden der Tatsachen war. Mein Verdienst war ein sehr guter und ich sollte am 01.07. anfangen. Nach einer freundlichen Verabschiedung vom Präsidenten verließ ich das Gebäude, und war erfreut endlich meine Freude ausdrücken zu können. Ich rief meine Mutter an und erzählte ihr, dass ich es geschafft hatte und bat sie es den anderen zu erzählen, dafür hatte ich schlichtweg keine Zeit und war viel zu nervös. Ich hatte es geschafft!