I. Akt: Juni 2012 oder "Batman beginns"
Boah Ey, also echt getz!
Bis vor einem Monat war mein Leben eigentlich voll in Ordnung. Ich war jedenfalls zufrieden. Mir gings echt gut, konnte nicht klagen. Na gut, so doll lief meine kleine Versicherungsagentur in Wattenscheid nicht und da war auch noch der Unterhalt für meine Ex. Da musste ich etwas am Büro sparen.
Aber wenigstens musste ich mich nicht zu Tode malochen. Abends die Leute am Tresen auf ne Haftpflichtversicherung bequatschen und wenns gut lief auf ne Lebensversicherung, reichte schon! Na gut, eigentlich nicht, hätte auch nen bisken mehr raus springen können aber wenn die Kunden morgens ihren Kater ausgeschlafen hatten, hatten die die Versicherung wieder vergessen … und ich leider auch. Nun hockte ich hier auf dem Flughafen in Split, Kroatien, und warte darauf, fass mich „Onkel Bosko“ abholt und mir meine neue Bude zeigte.
Dabei fing alles so toll an aber der Teufel ist ja ein Eichhörnchen.
Also springen wir mal kurz einen Monat zurück. Es war Donnerstag abend und ich ging noch auf einen Happen ins „Dalmatien“. Das Unheil brachte mir einen Grillteller „Dubrovnik“ auf High Heels und hieß Danuta. Danutas Augen …
Tschulligung, ich meinte AUGEN
waren umwerfend. Danuta war Kroatin und arbeitete dort seit neuestem als Bedienung. Was für ein heißer Feger, aber sowas von …. !!
Ich kam mir vor wie Müller-Westernhagens Marius:
Ihr Name war Carmelita
sie war die Schönste im Ort
sie brachte Lahme zum Gehen
in ihrem 50er Ford
Sie hatte Klasse gar keine Frage
ich fiel in ihr Dekoleté
und ich war wirklich nicht in der Lage
ihr aus dem Wege zu gehen
ihr aus dem Wege zu gehen
Ihr Name war Fräulein Meyer
Meyer mit Ypsilon
sie schaffte täglich zehn Freier
was für 'ne Kondition
Sie hatte Rasse gar keine Frage
ich lutschte an ihrem Zeh
und ich war wirklich nicht in der Lage
ihr aus dem Wege zu gehen
ihr aus dem Wege zu gehen
Hey Mama was ist mit mir los
Frauen gegenüber bin ich willenlos
völlig willenlos
selbst im Büro im Damenklo hab ich sie geliebt
die Erika die Barbara erst recht die Marie
Ihr Name war Natascha,sie kam aus Nowosibirsk
wir tranken Wodka aus Flaschen
sie hät mich beinah erwürgt
Sie hatte Stolz gar keine Frage
ich schickte ihr Orchideen
man ich war wirklich nicht in der Lage
ihr aus dem Wege zu gehen
ihr aus dem Wege zu gehen
Hey Mama was ist mit mir los
Frauen gegenüber bin ich willenlos
völlig willenlos – was ist mit mir los
was ist mit mir los was ist mit mir los
was ist mit mir los was ist mit mir los
Danuta hatte alles, was eine Frau braucht .. 2 wundervolle Augen - sagte ich wohl schon - ,war beim Verteilen der Intelligenz auf dem Klo gewesen und hatte einen reichen Vater. Papa hieß Pavel, war natürlich auch Kroate und betrieb unter anderem dieses jenes Restaurant. Woher sein Reichtum kam, war nicht ganz klar, er erzählte was in seinem südosteuropäischen Akzent auch von Import-Export, man sah öfter sehr kräftige und sehr kurzhaarige Herren mit südosteuropäischem Migrationshintergrund und Vorliebe für Ballonseide bei ihm ein und ausgehen. Ich fragte nicht weiter nach …. .
Papa und Danuta waren nicht alleine. Neben der Mama, die in der Geschichte keine große Rolle spielt, gab es u. A. noch Onkel Bosko. Papa und Onkel teilten eine große Fussballleidenschaft und ich konnte leider meine große Klappe nicht halten. Nun habe ich mal in der 2. Mannschaft von Rot Weiss Stiepel (Kreisklasse in Wattenscheid) Verteidiger gespielt, weil die, die fummeln konnten, nach vorne kamen und ich eben deswegen hinten spielte. Meine sonstigen Fussballkenntnisse stammen aber eher von Managerspielen. Vielleicht machte ich das irgendwie nicht so ganz klar, wenn ich von meinen Erfolgen als Trainer erzählte. Papa und Onkel Bosco hatten jedenfalls immer leuchtende Augen, wenn sie mir zuhörten. Und Danuta war dann immer ganz stolz auf mich … und abends seeeehr entgegen kommend.
So kam es wie es kommen musste.
Papa sprach mich eines Abends an: „Du Jossip“ - er nannte mich immer Jossip – keine Ahnung warum … wohl weil er Erwin nicht aussprechen konnte.
„ Du hast doch Versicherungsbude?“
„Ja … das ist korrekt … also eine Versicherungsagentur.“
„Jaah … Du machst auch Flottenversicherung …. Für Laster?“
„Äh?“, machte ich, von der Frage etwas überfordert.
„Na, Du versichern viele Laster von Firma?“
„Achsoooo ….“, pling … Dollarzeichen wuchsen vor meinem geistigen Auge: „Klaro … immer wieder gerne, da hat die Capitol Allgemeine besonders gute Konditionen“, startete ich einen Versuchsballon und log was die Balken hergaben. Dabei dachte ich, dass ich dringend mal dass verstaubte Handbuch über Kollektivversicherungen nachschlagen müsste. Bislang versicherte ich meistens Mofas.
„Das gut … Bekannter, der Frachtfirma hat, ruft Dich mal an!“
Das hörte sich doch gut an … der Papa mit schöner Tochter, reichhaltigem Bankkonto und Bekannten mit Versicherungsbedarf wurde mir immer sympathischer.
Der Anruf kam bald. Ein weiterer Kroate mit unaussprechlichem Namen bestehend aus zu vielen Konsonanten und zu wenig Vokalen meldete sich und wollte bei mir 20 … in Worten ZWANZIG … schwere Sattelzüge versichern. Und dann, ja dann …. Fragte er nach Direktversicherungen für seine Fahrer, sein Steuerberater hätte ihm Gehaltsumwandlung empfohlen.
BINGO VOLLTREFFER KlINGELING ….
Mein Umsatz hatte sich auf einen Schlag verdreifacht!!!
Als die Provision ausgezahlt wurde, glaubte ich meinen Augen nicht …. so ein große Zahl in Schwarz hatte ich auf meinen Kontoauszügen noch nie gesehen. Zum Feiern und Bedanken ging es ins „Dalmatien“. Papa war auch da und meinte ich sollte mir doch jetzt mal was gönnen, wo der Auftrag her käme, kämen doch sicher auch nochm mehr, Branko Zrtsgdfzehjkdjfgewtzic … also der mit dem unaussprechlichen Namen … sei sehr zufrieden. Dann meinte Papa Pavel noch, er würde auch mit Gebrauchtwagen handeln und hätte da einen schicken Lamborghini rein bekommen.
Nach ein paar Slivovic, die Papa ausgab, war ich breit und breit geschlagen. Nächsten Morgen holte ich mir das edle Teil an einem Hinterhof ab, wo Papa angeblich seine Gebrauchten abstellte. Ich war begeistert. Davon hatte ich immer geträumt. Endlich gab ich meinem Leben die Sporen … verdiente Geld, hatte eine schicke Freundin und ein geiles Auto oder anders herum, egal …. . Irgendjemand musste mich mal dringend kneifen, das konnte doch nicht alles wahr sein!
War es auch nicht … bzw. war es nicht lange.
Ca. 1o Tage später rief wieder der kroatische Herr mit den viele Konsonanten an … und stornierte alle Versicherungen. Er erzählte was von plötzlichem finanziellen Problem und ähnlichem mehr. Ein Tag später trudelte per Einschreiben/Rückschein die Kündigung aller Versicherungen ein.
2 Tage später klingelte das Telefon. Der Hörer bebte quasi in der Halterung. Das konnte nur die Capitol sein, die wohl not amused war. Vorsichtig nahm ich das Gespräch an. Die Druckwelle einer Hiroshima-Bombe fauchte mir aus dem Hörer entgegen:
„Schiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii buuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuul skiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii …. Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaas ist das? Storno Ihres gesamtes Umsatzes?
Am Rohr war Karlheinz „Boss“ Mahlke, seines Zeichen Bereichsleiter Nördliches Westfalen.
„Mönsch Schiebulski …. Erst krauchen Sie jahrelang rum mit Ihrem Mini-Umsatz, dann denke ich, Sie habens gepackt … und jetzt das. Ich hoffe, Sie haben die Provision noch nicht verjubelt. Die ist natürlich auch storniert und innerhalb von 4 Wochen zurückzuzahlen!“
„Öh … äh … öhm … das ist tatsächlich ein Problem .. mein neuer Wagen …“, wollte ich ansetzen als mein Hirn die Bedeutung von „Zurückzahlen“ verarbeitet hatte und mir der Lamborghini einfiel.
„Schiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii buuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuul skiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii … machen Sie keine Fisematenten … die Knete ist in 4 Wochen bei der Capitol oder es hakt, aber gewaltig. Ärgern Sie mich nicht … sonst kriegen Sie nie wieder von irgendeiner Versicherung einen Cent Provision! Habe ich mich klar ausgedrückt?“
„Öh … ja … ganz klar, sonnenklar“, murmelte ich.
„PRIMA!“ KLICK … Boss Mahlke hatte aufgelegt.
Ich hatte jetzt ein Problem! Ich erinnerte mich an die Geschichten, die von Mahlke auf den Weihnachtsfeiern erzählt wurden. Mahlke hatte wohl mal in der Inkasso-Branche gearbeitet und mit Abstand die höchste recovery-Quote, die es je gegeben hatte. Er leistete wohl höchstpersönlichen Einsatz und vormals Zahlungsunwillige klagten sehr häufig nach seinen Besuchen über gebrochene Finger durch unglückliche Stürze.
Und da ging es um die Rate für die Hundehaftpflicht … .
Ich hatte jetzt ein echtes Problem … .
Aber vielleicht konnte mir ja „Papa“ helfen, in dem er die Karre wieder zurücknahm. Abends lief ich im „Dalmatien“ ein. Papa und Bosko waren auch da. Aber Papa Pavel zeigte sich so gar nicht kooperativ.
„Du … Jossip …. Ich hab Dir den zum Einkaufspreis gegeben … bist ja jetzt guter Freund der Familie“. Papa grinste etwas fies. „Und das Geld ist schon an den Verkäufer gegangen. Da kann ich leider nicht helfen!“
Ich bekam zittrige Knie und wurde ziemlich blass.
„Ah … wird schon nicht so schlimm sein“, meinte Bosko: „ Du stotterst bei Capitol ab!“ Die kannten Boss Mahlke nicht. Ich klärte sie auf. „Boss Mahlke ist so kooperativ wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe. Entweder ich zahl zurück oder ich bin erledigt.“
Papa dachte nach, schaute zu Bosko rüber, der grinste und dann lächelte Papa Pavel mich an. Es war ein irgendwie hinterhältiges Lächeln, so als ob der Teufel über den Verkauf einer Seele handeln wollte.
„Ich hab Idee“, meinte Papa. „Bosko wird Fitnesstrainer bei mein Lieblingsverein in Kroatien. Du bist gute Trainer. Wenn Du Verein übernimmst und Abstieg verhinderst, Du bekommst von mir Provision. Was Du sagst?“
„Öh … wie soll das gehen?“
„ Du bekommst Kredit von mir … und wenn Verein nicht absteigt, Du nicht muss zurückzahlen. Du fährst nach Kroatien und trainierst Verein. Dein Agentur hier ist eh so gut wie pleite.“
„Heiliges Kanonenrohr … der hält mich für nen Trainer … ich und meine große Klappe“, wie im Fieber suchte ich einen Ausweg aus der Klemme. Da kam Danuta lächelte verführerisch und fragte mit seidenweicher Stimme: „Schatz .. Du hilfst doch Papa, nicht wahr?“ Mit allemverzehrenden Augenaufschlag … die Hormonsättigung in meinem Blut überstieg 120 % … KLICK … das Hirn schaltete sich aus und ich hauchte nur noch automatisch:
„Aber sicher …. Klar!“
Au Mann … aber da kommt ja Onkel Bosko, der mich abholt!