Trotzdem bleibt die Frage interessant, wie das überhaupt möglich ist.
Ja, eben. Ich bin kein Religionsexperte, aber ist es denn nicht so, dass die großen Religionen irgendwie alle wollen, dass man sich gegenseitig hilft? Wenn mir meine muslimischen Freunde und Bekannten erzählen, wie sie ihren Glauben verstehen und wie sie ihn dann auch tatsächlich leben, dann ist das unendlich weit weg vom IS. Wie können dann solche Extremisten aus einer Relgion hervorgehen?
Die Instrumentalisierung des Glaubens ist ein recht einfaches Mittel, um viele Menschen auf seine Seite zu ziehen und als Mittel zum Zweck zu missbrauchen.
Wenn in einer Religion zum Beispiel kein "Tötet alle Ungläubigen" vorkommt, dann dürfte es imho auch schwierig sein, die Gläubigen dazu zu veranlassen,oder?
Zu 1.: Alle Religionen basieren meines Erachtens auf den Prinzipien der Nächstenliebe und des Mitgefühls. Deswegen finde ich es ja auch gerade so schwer erträglich (weiß nicht, wie ich das anders formulieren soll), dass Religion und Glaubensinstitutionen eine so trennende Macht haben (können).
Was die Irren anbelangt sehe ich es ähnlich wie GameCrasher. Das kommt nicht zwangsweise aus der Religion heraus, sie liefert nur oftmals die einfachste, oder naheliegenste Erklärung - weil diese Menschen eben auch gläubig sind, oder es zumindest vorgeben. Eine gestörte Persönlichkeit (und über nichts anderes unterhalten wir uns, denke ich) kann aber zahlreiche Ursachen haben. Abgesehen davon gibt es in der Bibel (und ich nehme an, dass das in Koran und Co. nicht anders sein wird) genügend Stellen, die man entsprechend der eigenen Gesinnung auslegen kann, um seine Taten zu rechtfertigen. Ich bin, wie gesagt, kein Bibelkenner, aber ich glaube altes und neues Testament widersprechen sich auch in Teilen. Vielleicht kann das ja jemand, der sich besser auskennt auch nochmal einordnen, bevor ich hier was Falsches behaupte.

Zu deinem zweiten Punkt: Genauer gesagt müsste dann da wohl stehen "tötet
keine Ungläubigen". Ich weiß aber, was du meinst und entschuldige mich direkt für die Klugscheißerei.

Das Problem bei heiligen Schriften ist, dass sie einen großen Interpretationsspielraum lassen. Das ermöglicht wiederum die oben ausgeführte Rechtfertigung - egal für was. Hinzu kommt sicherlich auch, dass es sich in der Regel ja um einen Kanon von Schriften handelt, die nicht aus einer Feder stammen. Zwangsläufig treten da wohl auch Widersprüche auf, die man dann missachten, oder nach dem eigenen Weltbild auslegen kann. Im Mittelalter war es ja zudem leichter, da man den Leuten alles mögliche erzählen konnte, solange die es nicht selbst nachprüfen konnten. Jedenfalls wäre das mein Erklärungsansatz.
Bei der gesammelten Kritik an der Kirche hier frage ich mich ja, welche Legitimationsgrundlage diese dann überhaupt noch im Sinne einer Institution hat? Gottesdienste brauchen keine Institution, die gemeinnützigen Einrichtungen könnten sich womöglich auch anders tragen. Das ist für mich eine spannende Frage...
Maturin bringt übrigens mein vorhin angesprochenes Problem nochmal schön auf den Punkt:
Ich lebe nach einer Moral, die ohne Frage christlich geprägt ist. In meiner Vorstellung eines gerechten Gottes / Vaters spielen Taten eine grössere Rolle als Glauben. Wenn ich Gott im Moment des Richterspruches erkenne, kann ich dann in den Himmel kommen? Oder ist die Sünde des Nichtglaubens zu gross und ich habe mich schon vorher für den ewigen Tot entschieden?