Diesbezüglich gehts mir auch echt gut. Da kommt dann schon mal ein Anruf aus der Personalabteilung, wenn man drei Tage in Folge eine Viertelstunde zu lange gearbeitet hat.
Ist bei mir nicht ganz so. Ich arbeite in einem Unternehmen mit Vertrauensarbeitszeit. Die Arbeitszeit wird nicht notiert, es gibt keine Gleitzeitkonten, keine Kernarbeitszeiten oder sonst etwas. Das muss sich zwar nächstes Jahr ändern wegen einer Verordnung der EU, aber das Unternehmen hat bereits angekündigt, dass das so schwach wie möglich implementiert wird. Dazu kommt noch eine Klausel in den Verträgen, dass die ersten 10% der Überstunden pro Woche durch das Gehalt abgegolten sind. Das wird zwar nicht so gelebt, aber es steht da erstmal schwarz auf weiß.
Diese Beschreibung des Unternehmens klingt erstmal nach Sklavenhalter, ist aber definitv nicht so.
Man hat sehr viel Freiheiten, man spürt auch das entgegengebrachte Vertrauen. Es wird nie hinterfragt, wann man wo ist und wie lange man jetzt wirklich gearbeitet hat. Es fehlen aber externe Kontrollmechanismen, zum Schutz der Mitarbeiter. Bei uns kann so ein Anruf wegen Überstunden gar nicht komen, weil die Überstunden niemand kennt. Nicht mal der Mitarbeiter selbst, wenn er sie sich nicht notiert und einen Überblick behält wieviel er am Tag arbeitet.
Ich kenne Kollegen die damit sehr gut klar kommen und die gebotene Freiheit für sich nutzen. Wobei ich damit nicht meine, dass sie das Unternehmen über den Tisch ziehen und weniger arbeiten. Aber sie integrieren ihre Arbeitszeit sehr kreativ und individuell in ihr Tag. Es wird auch definitiv die Leute geben die weniger arbeiten. Allerdings fällt das meistens auf: In so einem System wird implizit ein Druck aufgebaut. Nicht über die zu arbeitende Zeit, sondern über die zu erbringende Leistung. Eine Deadline in 5 Tagen ist nunmal eine Deadline. Dass das theoretisch nur 40 Arbeitsstunden sind kann dann schonmal verschwimmen, ohne das der Arbeitgeber wirklich zu Überstunden aufrufen muss. Ich kenne Mitarbeiter, die diesem Druck nachgeben, in Projekten und im Kopf gefangen sind und wöchentlich Stunden über ihren Vertrag hinaus leisten. "Man will das Unternehmen ja vorran bringen."
Ich will das aber auch nicht werten. Wenn die Arbeit Spaß macht spricht ja nichts dagegen mehr Zeit damit zu verbringen als man müsste. Wenn einen das glücklich macht. In so einer Umgebung ist es meiner Meinung nach nur noch wichtiger, dass man für sich prüft wie es um diese ominöse Balance steht, weil es einem niemand abnimmt.
In Zeiten von Corona und einer 100% Home-Office Quote ist das noch wichtiger geworden. Ich hab schon gehört, dass bei einigen die vorherige Pendelzeit jetzt einfach Arbeitszeit ist und es Abends noch schwerer fällt den Laptop zu zuklappen.