ERSTER ARBEITSTAG - ... DENN SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN
15. Juli 2014 (TEIL II):Córdoba, 9 Uhr morgens. Angenehme 26 Grad. Ralfi Dominges betritt das Vereinsgelände und wird bereits vor der Eingangstür herzlich von Präsident Carlos González begrüßt. “Señor Dominges, herzlich willkommen an unserer bescheidenen Arbeitsstelle. Kommen Sie herein, wir können direkt in mein Büro gehen und die letzten Details vor ihrer Vertragsunterschrift klären.“
Auf dem Weg in die Zentrale des Chefs trifft Dominges auch auf Sportdirektor Pedro Cordero und Co-Trainer Jara, mit denen im weiteren Verlauf des Vormittags noch Termine vereinbart sind. Die Beiden sehen ausgesprochen nett, aber nicht gerade hochkompetent aus.
In der Verwaltungsetage läuft alles reibungslos. Wie vermutet lautet die Saisonvorgabe, den Abstieg zu vermeiden. Dazu stehen 12,25 Mio. € für Gehälter zur Verfügung, 12,03 Mio. davon stecken bereits in der Mannschaft. Ein Budget für Neuverpflichtungen gibt es nicht. Der Managervertrag über ein Jahr und 778,000 € wird zügig unterschrieben und es geht zum nächsten Treffen.
Co-Trainer Jara ist äußert zuvorkommend und bietet sich für einen Haufen Aufgaben und Dominges eine Menge Berichte und Übersichten an.
Den Rest des Vormittages verbringt Dominges damit, die Dossiers und Akten über Verein und Mannschaft durchzuarbeiten.
DER CLUB
Córdoba C.F. wurde 1954 gegründet und verfügt seit den 1990ern über das gute Stadion “Nuevo Arcángel“. Die Finanzen sind gemessen an den ohnehin sehr knappen Ligakassen und relativ zu den sportlichen Ambitionen okay, der Verein wird auf insgesamt 18,75 Mio. € geschätzt.
Der Club verfügt über einen Kooperationsvertrag mit dem FC Málaga, von dem Spieler ausgeliehen werden können, ohne ihre Gehälter zahlen zu müssen - eine Idee, die in Anbetracht der quasi nicht vorhandenen Budgets sehr sinnvoll erscheint.
Dominges ist begeistert von der Kooperation mit dem Ligakonkurrenten und könnte sich gut vorstellen, auch international ein Netzwerk zu größeren Vereinen aufzubauen, und ruft im Präsidentenbüro an, um den Vorschlag für neue Zusammenarbeiten zu unterbreiten. González reagiert genervt: “Was bitte soll das bringen? Wir sind doch keine Juniorpartner. Das bisschen, was uns das Ganze nützen könnte, wird durch den Imageverlust eines Ausbildungsvereins zunichte gemacht. Nein.“
Das fängt ja gut an...
KADERANALYSE
Als nächstes ist das 47-seitige pdf-Dokument mit dem Titel “El Equipo“ an der Reihe. Ralfi Dominges holt den Bleistift hinter dem linken Ohr hervor und beginnt, sich Notizen zu machen.
TOR:
Trotz seines Schwachpunkts in Sachen Strafraumbeherrschung wird Juan Carlos die klare Nr. 1. Sein Vertrag läuft aus und sollte verlängert werden.
Mit Saizar steht ein anspruchsloser Backup zur Verfügung, der aber höchstens Zweitligaqualität besitzt.
DEFENSIVE:
Gumino, Crespo und Pantic sind Leihspieler. Pinillos ist ein potentieller Schlüsselspieler und hat einen Dreijahresvertrag, ist auf seiner Linksverteidigerposition aber ziemlich allein. Iago Bonzón und López sind vermutlich eher zweitligatauglich, die auslaufenden Verträge werden wohl nicht verlängert werden.
MITTELFELD:
Sofort fällt auf: es ist praktisch kein defensives Mittelfeld vorhanden. López Garai und Luso sind keine Teenager mehr und eignen sich eher für die Liga Adelante. Auf der einen Seite gibt es einen Mangel an 6ern, auf der anderen Seite ist man auf den anderen beiden Positionen in der Zentrale (ZM, OM) tendenziell überbesetzt. Die Außenbahnen sind mit Leihspielern bestückt: Cartabia ist mit 1,5 Mio. Jahresgehalt mit großem Abstand Topverdiener, aber eben auch der wichtigste und beste Spieler im System; Fidel ist ein potentieller Schlüsselspieler und verdient stolze 1 Mio. € im Jahr.
STÜRMER:
Vier Leute sind mindestens einer zu viel. Matos und Ghilas sind ausgeliehen, Havenaar ist der wohl beste Spieler mit Zweijahresvertrag.
TAKTIK
Die Kaderanalyse ist gemacht und Dominges entscheidet sich für ein Spielsystem, was die Stärken und Schwächen im Kader möglichst konstruktiv einbetten soll. Überraschend dürfte dabei der für einen Aufsteiger anmaßend wirkende Offensivdrang, den die Formation beschwört.
Um die Mittelfeld-Spieler in Defensivarbeiten miteinzubeziehen, wird das Team Shape “fluid“ gewählt, außerdem setzt Dominges auf direktes Passspiel, Druck über die Außen und unterdurchschnittliches starkes Pressing (soll die Reihen defensiv stabil halten) sowie ein aggressives Zweikampfverhalten.
Schnell wird klar: die topverdienenden Leihspieler Rossi und Ghila sind derzeit nicht zwingend notwendig und fressen ein Riesenloch in die Vereinskassen, sodass Dominges bei den Stammvereinen der Beiden anruft und von seinem 14-tägigen Widerrufsrecht Gebrauch macht. Die Spieler können direkt am Flughafen bleiben, die Rückflüge zahlen sie selbstverständlich selbst.
Inzwischen ist es 14 Uhr und Inés, die Sekretärin und Kantinenwirtin in Personalunion, bittet zu Tisch. Bei 34 Grad reichen Salat und Gazpacho.