Moin zusammen! Springen wir gleich mal rein ins Vergnügen: Hier sind die News aus unserem durchgeknallten Urwald-Proficlub!
Abgänge Ende letzter Saison:
Keine. Aufgrund der viel zu geringen Kadertiefe habe ich beschlossen, auch die Verträge unserer "Luschen" zu verlängern. Das ist aber auch völlig in Ordung so, denn trotz miserabler Attribute bringen sie eine wirklich erstaunlich gute Leistung auf dem Platz, wenn sie denn mal spielen dürfen.
Das Saisonziel ist diesmal ausgesprochen langweilig. Und damit meine ich nicht das Ziel an sich, welches den Meistertitel beinhaltet, sondern die Art und Weise, wie es übermittelt wird: Per Email. Kein Gebrülle. Keine zusammengezogenen, buschigen Augenbrauen. Kein finsterer Blick, der unglaubliches Unheil im Falle des Versagens verheißt. Der unsichtbare Präsident kommuniziert mit mir - wenn überhaupt - lediglich per Email. Yesaya fehlt mir.
Mittlerweile haben wir vier Hauptsponsoren, die uns zusammen EUR 532K im Jahr einbringen: Unseren altbekannten Gönner, den Hersteller flauschiger Orang-Utan-Wolle, eine indonesische Udeng-Manufaktur, einen Betelnuss-Exporteur und ... der vierte Sponsor ist ein Unbekannter, den Mr. Money nicht preisgeben will. Hoffentlich ist meine Email, in der ich mich vorausschauend schon jetzt weigere, die Mannschaft in Red Null-Trikots auflaufen zu lassen, bei unserem Präsidenten angekommen.
Unser Dauerkartenabsatz hat sich ebenfalls erfolgreich auf sage und schreibe 283 Dauerkarten erhöht. Bei den üppigen Eintrittspreisen bedeutet das: Fette Knete für uns! Und die darf ich erstaunlicherweise gleich wieder für einen Lehrgang raushauen: Enno soll Fußballlehrer werden! WOW! Aber halt: Wenn Mr. Money meint, mich damit bestechen zu können, hat er keine Chance! Selbstverständlich trete ich den Lehrgang trotzdem an und hoffe, dass der Schein im Falle des Bestehens nicht aus der Privat-Druckerei von unserem windigen Präsidenten stammt...
Und nachdem unsere Vereinsreputation wegen des mehr als bedenklichen Rasenzustandes ins Bodenlose zu sinken drohte, konnte ich dem Präsidenten immerhin eine Neuverlegung aus den Rippen leiern. Aber Aufhübschung der seit gefühlten Jahrzehnten vermatschten Trainingsanlagen? Fehlanzeige ...
Nix. Naja, ein paar Chinesen, ein norwegischer und ein koreanischer Club haben angefragt, ob ich nicht zu ihnen wechseln will, aber das war's auch schon. Habe ich was falsch gemacht? War ich in der letzten Saison etwa nicht erfolgreich genug? Im Vergleich zu den Angeboten der Vorsaison ist die Nachfrage nach Coach Enno jedenfalls mehr als bescheiden. Da ich mich bisher nicht überwinden konnte, selbst eine Bewerbung abzuschicken, sieht es so aus, als würden Taman und ich noch mindestens eine weitere Saison bei PERSEWAR verbringen. Vielleicht schneien ja mehr Angebote herein, wenn wir auch den Singapore Cup gewinnen oder eine bessere Platzierung in der Champions League erreichen...
Unser Gegner im demnächst anstehenden Singapore Cup-Halbfinale ist BALESTIER KHALSA. In seinen jungen Jahren war Basti ein absoluter Fan dieser Mannschaft und hat dort sogar ein paar Wochen Schnupper-Training als Sturmspitze absolviert. Ich bin mir nicht sicher, ob Basti im tiefsten Bayern mitbekommt, dass wir nun gegen seine "gloan Tiga", wie er sie liebevoll nennt, antreten - deshalb rufe ich ihn kurzerhand an.
"Taman, das Buschtelefon bitte!"...
"Fähndlmoser!!!" bellt es mir aus der Hörmuschel entgegen.
"Hallo Basti, schrei doch nicht so. Enno hier, ich hab' dir was ganz Aufregendes zu erzählen!""Jo mei?! Da Enno! Wos hosd denn z' erzähln?""Stell dir vor, Basti: PERSEWAR spielt im Halbfinale des Singapore Cup gegen deine Tiger! Gegen BALESTIER KHALSA! Ist das nicht ABSOLUT IRRE?!!!""Jo mei, des is ... des is ...!!!" Ich höre Basti nach Luft schnappen.
"Was ist, kommst du? Du musst unbedingt nach Singapur kommen und dir Hin- und Rückspiel anschauen, das wird bestimmt PHÄ-NO-ME-NAL SPANNEND!!!""I ... I kann net, Enno!" kommt es für Basti ungewohnt zaghaft aus dem Hörer.
"Wie, du kannst nicht?! Deine Tiger! Meine Jungs! Halbfinale! Ein Fussi-Fest vom Feinsten! Ein FFvF!!! Basti!?!?!""Woasst Enno, i ... i darf ned mehr eireisn ... I hob do oan Oruf vom Gsundheitsamt bekomma und de song, boarische Schweinshaxn san in Asien ned mehr erlaubt..."Ich kann förmlich hören, wie enttäuscht Basti ist. Wie kommt das Gesundheitsamt auf solche Ideen? Basti hat sich schließlich schon immer Schweinshaxen auf seine Reisen mitgenommen! Das kann doch nicht stimmen!? Da steckt doch nicht wieder der Präsident dahinter? Will er unseren Fanclub sabotieren, damit wir weder die Champions League noch den Singapore Cup jemals gewinnen können? Jetzt reicht's endgültig! Ich muss das endlich unbedingt zusammen mit Yesaya klären und den Präsidenten zur Rede stellen, bevor die Saison richtig startet!
"Basti, pass mal auf ... wir haben hier einen Präsidenten-Wechsel gehabt und irgendwie macht uns der neue ziemliche Probleme. Würde mich nicht wundern, wenn er auch hinter dem Anruf wegen der Schweinshaxen steckt. Ich klär' das. Bis zum Halbfinale schaffe ich es aber nicht, schließlich geht es ja schon in ein paar Tagen los ... aber wir werden das Buschtelefon zu beiden Spielen mitnehmen, dann bekommst du sie wenigstens live am Hörer mit. Okay?""Jo mei, des wär' supa! Servus, Enno!"Basti klingt am Schluss des Telefonats wieder hoffnungsvoller - aber ich bin extrem angepieselt! Nach dem Singapore Cup schnapp' ich mir den sauberen Mr. Money, egal ob seine beiden Schränke mir die Arme und Beine verknoten! Aber wir dürfen uns jetzt nicht aus der Bahn werfen lassen, schließlich steht das Halbfinale des Singapore Cup vor der Tür, und ich muss noch den Bericht über BALESTIER KHALSA durcharbeiten, den Basti mir nach dem Telefonat gefaxt hat:
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Halbfinale - HinspielAnpfiff
1 Minute:
Saut, Yudi, Taman und ich sitzen gespannt auf der Trainerbank. Zwischen uns thront das Buschtelefon.
Aus der Hörmuschel sind leise Schmatz- und Schlürfgeräusche vernehmbar. Taman und ich haben plötzlich Hunger auf Schweinshaxe.
18 Minute:
Matip weiß, dass uns dieser Cup extrem wichtig ist, umdribbelt die gegnerische Abwehr und versenkt die Pille mit erhabener Leichtigkeit aus 25 Metern.
30 Minute:
Und wieder Matip - 2:0! Allerdings macht BALESTIER KHALSA nicht im mindesten einen geknickten Eindruck, im Gegenteil:
Sie geben ordentlich Gas und machen uns das Halten der Führung extrem schwer.
40 Minute:
Adi Rosid beschert uns das 3:0 vor der Halbzeitpause!
Ich bin mehr als zufrieden, ahne aber schon, dass die andere Mannschaft garantiert nicht kampflos aufgeben wird.
72 Minute:
Poh Yi Feng macht das erste Tor für BALESTIER KHALSA!
Nach der Pause ist das Spieltempo deutlich schneller und wir haben ein wenig Mühe, dauerhaft mithalten zu können, doch...
74 Minute:
... Lestaluhu macht das 4:1 für uns klar und nach einem Blick auf die Uhr glaube ich, dass uns der Sieg eigentlich kaum noch zu nehmen sein kann. Weit gefehlt, denn ...
86 Minute:
... ich habe weder mit Kazuki Sakamoto noch ...
89 Minute:
... Ha Gee Ming gerechnet, die mit ihrer kompletten Mannschaft im Rücken einfach alles geben, was möglich ist.
Plötzlich schmilzt unser ehemals großer Vorsprung dahin und nur mit hechelnder Zunge schaffen wir es, unser Tor bis zum Abpfiff erfolgreich zu verteidigen!
Spielstatistiken
Halbfinale - RückspielAnpfiff
1 Minute:
Die üblichen Verdächtigen sind inklusive Buschtelefon alle wieder auf der Trainerbank versammelt.
Das heißt, der einzig wirklich Verdächtige fehlt natürlich: Der Präsident.
3 Minute:
Deden Abdi war heute schon den ganzen Tag gut drauf und legt einfach mal gleich nach Anpfiff des Spiels los.
Zusammen mit dem Ergebnis des Hinspiels führen wir in diesem Moment mit 5:3!
10 Minute:
Ein Tor von Matip darf natürlich auch in diesem Spiel nicht fehlen, und gleich darauf ...
11 Minute:
... setzt Kitching mit einem weiteren Treffer für uns nach! Das läuft ja heute wie geschmiert!
Geschmiert ...?!!! Ich will ja keine Paranoia schieben, aber will der Präsident uns so vielleicht in Sicherheit wiegen?
Bisher war der Schiedsrichter uns gegenüber äußerst freundlich ... hmmm ...
17 Minute:
Auch unser quirliger Mittelfeldspieler Deden Abdi hat sowohl vor der Halbzeitpause ...
50 Minute:
... als auch danach Gelegenheit, seinen Torinstinkt unter Beweis zu stellen - ich zähle die Tore schon gar nicht mehr mit, so fix geht das hier!
62 Minute:
Und schlussendlich darf auch unser Harri nochmal ran und semmelt den Ball in seiner gewohnt fröhlichen Art einfach mal zwischen den Beinen des gegnerischen Keepers hindurch ins Tor.
Da ich aber noch den Kampfeswillen von BALESTIER KHALSA aus dem Hinspiel im Gedächtnis habe, lassen wir es ab jetzt langsamer angehen ... und dann ... ABPFIFF!
PERSEWAR HAT GEWONNEN UND ZIEHT INS FINALE EIN! HU HU HU!!!
Was immer zwischen dem Hin- und Rückspiel passiert ist, die Mannschaft von BALESTIER KHALSA war in diesem Match absolut nicht wiederzuerkennen! Unglaublich...
Spielstatistiken
FinaleAnpfiff
1 Minute:
Pünktlich zum Finale sitzen wir wieder wie die Orgelpfeifen auf der Trainerbank.
Das Buschtelefon ist leider nach dem Jubelschrei von Basti bei unserem Sieg gegen BALESTIER KHALSA defekt und muss zu Hause bleiben.
Jedenfalls hoffe ich, dass das ein Jubelschrei war ...
13 Minute:
Nattawat Thanusom beraubt uns jeglicher Illusionen und bringt seine Mannschaft mit einem schlotzig in unser Tor gepfefferten Schuss in Führung.
17 Minute:
Aber wir wissen ja: Wenn Harri da, Ball im TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOR!
23 Minute:
Kraiwit Nuthong ist das egal. Er schießt einfach drauf los, trifft und lässt unseren Paulo total perplex im Tor zurück.
31 Minute:
Und jetzt noch Anek Thaiwichai - ICH HALT DAS NICHT AUS! DAS IST JA WIE IN DER CHAMPIONS LEAGUE!
50 Minute:
Wenigstens meine Halbzeitansprache scheint ein wenig zu helfen, denn Matip ...
83 Minute:
... legt gleich zweimal den Ball im Tor der anderen Mannschaft ab, so dass wir es immerhin in die Verlängerung schaffen!
94 Minute:
Doch dann machen wir dicke Backen, als nacheinander Niran Suksai...
112 Minute:
... und Kraiwit Nuthong dem Gegner mit exzellenten Kopfbällen zum Sieg verhelfen.
Schluss. Aus. So kurz davor und verloren. WO IST DER SABOTIERENDE PRÄÄÄÄSIIIDEEEEEEENT?! ARRRRGH!!!
Nach dem Finale des Singapore Cup, dessen Ergebnis uns resigniert und fassungslos zurücklässt, bringen wir die restlichen Freundschaftsspiele hinter uns, die vorher immer ein willkommenes Training für die zeitlich eingebetteten Pokalspiele waren:
Mein Vorhaben, ein fettes indonesisches Hühnchen mit dem Präsidenten zu rupfen, habe ich darüber natürlich nicht vergessen ...
Mitten in der Nacht treffe ich mich mit einem finster dreinblickenden Yesaya. Saut, Yudi und Taman warten schon am Anleger, um zur Präsidenten-Villa auf der Nachbar-Insel in See zu stechen. Wir sind alle in zünftiger indonesischer Piraten-Montur erschienen und ehe wir uns versehen, haben wir mit dem Einbaum von Tamans Großonkel auch schon zur Insel übergesetzt. Leise und vorsichtig ziehen wir den Einbaum ein Stück den Strand hinauf und pirschen uns an die von hier aus gut einsehbare Präsidenten-Villa heran. Taman hat ein Messer zwischen den Zähnen, Saut eine Machete in der Hand und Yesaya nur eine Art Geigenkasten. Ich wusste gar nicht, dass er so ein Musikfreak ist!? Aber wahrscheinlich braucht er keine Waffe, denn eigentlich reicht sein grimmig-entschlossenes Gesicht mit den extrem wuchernden, buschigen Augenbrauen, die im Fackellicht unglaublich lange Schatten werfen. Ich selbst habe vorsichtshalber Gummibärchen und Betelnüsse mitgenommen. Wir müssen auf alles gefasst sein.
Geduckt und auf leisen Sohlen schleichen wir um die Villa herum, geradewegs zum unbeleuchteten Personaleingang. Yesaya pflanzt sich mit seinem Gardemaß von 2,02m direkt neben der Tür auf, während sich Saut am Schlüsselloch zu schaffen macht.
*Quiiiietsch!* "TERKUTUK!!!" flucht Saut und dreht seinen Dietrich vorsichtig im Schloß - die Tür ist offen! Durch den kleinen Türspalt erkennen wir einen mit dicken Teppichen ausgelegten, lichtlosen Flur, der nach ein paar Metern rechts um die Ecke ins Nirwana führt. Wir nicken uns zu und schleichen uns heimlich und lautlos einer nach dem anderen ins Haus. Wegen der fast vollständigen Finsternis tasten wir uns an der Wand entlang, bleiben nach ein paar Schritten stehen und lauschen - nichts. Vollkommene Stille in totaler Dunkelheit. Ist der Präsident heute vielleicht gar nicht da? Und wo sind seine zwei muskelbepackten Bodyguards? Langsam setzen wir uns wieder in Bewegung, immer darauf bedacht, bloß kein Geräusch zu machen! Als Erster unserer Truppe plinse ich mit heftigem Herzklopfen um die Ecke des Flurs, an der wir mittlerweile angekommen sind ... und sehe das schwache Flackern eines Kamins, welches einen warmen Lichtschein durch die halboffene Tür am Flurende wirft. Unterbrochen wird der Lichtschein durch zwei mächtige schwarze Schattengestalten, die vor der Tür Stellung bezogen haben. Mein Puls schnellt in die Höhe und ich presse mich fix wieder zurück ins Dunkel an die schützende Wand.
"Yesaya!" flüstere ich,
"Die Gorillas bewachen eine Tür am Ende des Flurs! Scheint das Kaminzimmer des Präsidenten zu sein!" Yesaya nickt und öffnet seinen Geigenkasten, ohne auch nur das winzigste Geräusch zu machen. Das finde ich in diesem Moment ehrlich gesagt ein wenig deplaziert. Aber egal, das ist halt Yesaya. Als er den Inhalt liebevoll streichelnd herausholt, stelle ich fest, dass Geigen in Indonesien anscheinend wie blankpolierte Baseballschläger aus Betelnusspalmenholz aussehen. Wie man darauf Musik machen soll, ist mir zwar schleierhaft, aber dafür ist das Dings über und über mit unglaublich hübschen Schnitzereien verziert und sieht irgendwie in Yesayas Händen sogar ziemlich gefährlich aus. Mit grimmigem Blick bedeutet Yesaya mir, ich solle zurücktreten und mit den anderen hier warten, egal was passiert. Leise tauschen wir die Plätze und halten alle den Atem an, als Yesaya nun ebenfalls einen kurzen Blick um die Ecke wirft. Die Schattengestalten scheinen noch dort zu stehen, zu hören ist jedoch nichts ... bis Yesaya tornadoartig mit einem gebrüllten
"AAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAARRRRRRGH!!!!" um die Ecke wirbelt, genau auf die beiden Gorillas zu! Uns schlottern die Knie und wir versuchen, aus den Geräuschen den Kampfhergang zu lesen:
Ah, Yesaya spielt Schlagzeug! Ich muss ihn später mal fragen, warum er den Stick in einem Geigenkasten aufbewahrt.
Wir halten den Atem an und Machete und Messer sind im Anschlag, als wir uns auf dem flauschigen Teppich vorsichtig Yesaya nähern, der zwei fertig geschnürte Pakete vor sich liegen hat und zur Abwechslung mal äußerst zufrieden dreinschaut. Er zeigt wortlos auf die Tür zum Kaminzimmer, das es jetzt nach Yesayas Musikeinlage möglichst fix zu entern gilt. Taman und Yudi sichern nach hinten ab, Yesaya hat seine Augen überall, und Saut und ich pfeffern die Tür mit einem großen Krachen bis zum Anschlag an die Wand, von der augenblicklich der Putz herunterbröckelt. Wenn hier im Zimmer jemand sein sollte, haben wir den Überraschungseffekt auf unserer Seite - dafür haben wir unsere Anwesenheit aber leider auch sämtlichen Gestalten verraten, die vielleicht in irgendeiner dunklen Ecke der Präsidenten-Villa auf uns lauern! Doch der Anblick, der sich uns im Kaminzimmer bietet, übertrifft alles, was wir uns auch nur ansatzweise hätten vorstellen können: In einem nussbraunen, antiken und garantiert sehr wertvollen Schaukelstuhl sitzt ein schmächtiger, kleiner Mann. Er ist mit Basttüchern an sämtliche Streben seiner Sitzgelegenheit gefesselt und hat einen Knebel aus Orang-Utan-Wolle im Mund. Mit schreckensgeweiteten Augen starrt er uns entgegen und sieht seinem unausweichlichen Ende entgegen. Offensichtlich scheint er uns mindestens für die spanische Inquisition oder gar noch Schlimmeres zu halten. Taman zieht das uns von Dr. Bob überlassene Foto des Präsidenten aus seiner Hosentasche, um es mit dem kleinen Mann, der durch seinen Knebel unverständliche Laute von sich gibt, zu vergleichen.
"Ya! Ini ia!!!" Das ist er also - der Präsident!!! Yesaya bedeutet Saut, den Flur im Auge zu behalten, und baut sich drohend vor dem kleinen Präsidenten-Männchen auf:
"MENGAPA ANDA MELAKUKAN ITU?!" donnert er dem Präsidenten entgegen. Da Letzterer aber mit dem Knebel nichts sagen kann, befreie ich ihn erst einmal davon, ohne allerdings die Fesseln zu lösen. Wir alle sind gespannt, was er auf Yesayas Frage vorzubringen hat.
Nach Luft ringend röchelt der Präsident:
"Wieso? Was soll ich denn gemacht haben?" und schaut Yesaya ängstlich an.
"Warte Yesaya, ich übernehme mal! IST ES NICHT SO, werter Herr Präsident, dass Sie uns in der Champions League mit den Red Null-Dosen sabotiert haben? Und IST ES NICHT SO, dass es Ihretwegen auch im Singapore Cup nicht mit rechten Dingen zuging? Und IST ES NICHT AUSSERDEM SO, dass Sie versuchen, unsere Lieblings-Fans durch hinterhältige, getürkte Anrufe von den Spielen fernzuhalten, damit wir keine Unterstützung durch HU-Gesänge mehr bekommen?" Ich kann mich kaum noch bremsen, so wütend bin ich, wie man so etwas seinem eigenen Club antun kann.
Der Präsident schaut auf seine Knie, schluckt und wirkt irgendwie verzweifelt. So leise, dass wir es kaum verstehen können, flüstert er:
"Entschuldigung, Enno. Ich wurde dazu gezwungen...""Hä??? IST ES NICHT SO, dass Sie wochenlang ohne mein Wissen mit ihren Gorillas im Urwald-Krankenhaus hinterrücks Red Null-Dosen an meine Jungs verteilt und sie damit vergiftet haben? Wer traut sich denn, Sie zu irgend etwas zu zwingen, wenn Ihre Security aussieht wie Popeye und Hulk in einer Person???""Die Gorillas haben mich gezwungen, das zu tun! Ich wusste anfangs gar nicht, dass die Red Null-Dosen vergiftet waren, und unsere Mannschaft wollte ich doch niemals sabotieren! Niemals, Enno!" Jetzt guckt er ganz bedröppelt und irgendwie komme ich nicht umhin, ihm das Ganze halbwegs abzunehmen.
"Als ich den Präsidenten-Job bekam, war ich total glücklich und habe sofort meine Sachen gepackt, um zu euch zu fahren und mich vorzustellen. Aber noch bevor ich ankam, hatten mich die beiden Gorillas in ihrer Gewalt. Sie drohten, die Dorfälteste zu entführen und nie wieder frei zu lassen, wenn ich nicht mitspiele. Anfangs habe ich noch gedacht, die beiden seien nur in so einer fiesen Red Null-Drückerkolonne und müssten einfach ihre Ware loswerden, dann würden sie schon wieder gehen. Als ich merkte, was das Ganze für Ausmaße annahm und dass die beiden zur indonesischen Wettmafia gehören, war es schon zu spät. Zunächst musste ich alle meine Hello Kitty-Aktien verkaufen und davon die Urwald-Klinik bauen, damit der Absatz der Red Null-Dosen zentriert erfolgen konnte. Doch nachdem ich dann von dem Gift erfuhr und dass die beiden sämtliche Singapore Cup- und Champions League-Wetten kontrollierten, weshalb unser Club diese Wettbewerbe niemals gewinnen würde, war ich völlig fertig. Ich sagte ihnen, ich würde nicht mehr mitmachen, die Dorfälteste einweihen und sie mit euch allen zusammen beschützen. Da haben mich die Gorillas gefesselt, geknebelt und wollten mich mit einem Betonblock im Meer versenken!"Saut, Taman, Yesaya und ich sind sprachlos. Ich frage in die Runde:
"Wer IST denn eigentlich die Dorfälteste?"Da fällt mir Tamans schneeweißes Gesicht auf, schneeweißer als jeder Alpengipfel. Er haucht:
"Ururomi. Präsident hat beschützt Ururomi!"
Eine Woche später ...
Taman, Yesaya, Saut, Yudi und ich stehen am größten Hafen von West-Papua und blicken einem gerade ablegenden Frachter hinterher. In unserer Mitte steht ein kleiner, hagerer Mann mit Monokel und vollem, verwuscheltem weißen Haar, der nicht erleichterter und glücklicher aussehen könnte, als in diesem Moment. Er hat eine noch kleinere, schmächtige ältere Dame im Arm, die bewundernd zu ihm herauflächelt. Alles ist wieder in Ordnung und nie war es schöner als hier und jetzt. Ich schaue Taman an, der statt schottischem Kilt heute Abend buntes Kriegsoutfit und Knochen im Haar trägt. Mit seiner Kriegsbemalung und dem finsteren Blick ist er fast nicht mehr wiederzuerkennen.
"Taman, sind die beiden Pakete auch fest genug verzurrt?""Ya, Enno. Pakete werden ankommen heil. Und Taman hat gesorgt für richtige Empfänger. Ist Meisterkoch und tragen noch größeren Knochen in Haar als Taman."Als der Frachter in der untergehenden Abendsonne verschwindet, drehen wir uns um und gehen gemeinsam ins Dorf zurück.
Die Saison kann beginnen.
Erste Saisonhälfte
Die Saison beginnt vielversprechend: Mr. Money bestellt mich in sein mit Palmenblättern überdachtes, offenes Büro mit Blick auf den Trainingsplatz.
Auch Yesaya ist da und versteht sich offensichtlich bestens mit unserem neuen Präsidenten. Als ich das Büro betrete, schauen mich beide an und grinsen um die Wette. Beide?!
BEIDE!!! Dann habe ich plötzlich eine große Pranke von Yesaya auf der rechten Schulter und die wesentlich kleinere unseres Präsidenten auf der linken, während sie mir gemeinsam eine gerahmte Urkunde überreichen:
Hey Mann, ich bin
richtig stolz!!!Und genauso super geht es weiter, denn die ersten Spiele der Saison laufen wie am Schnürchen:
Prima! Sowohl die Liga als auch die Piala Indonesia scheinen Selbstgänger zu sein! Und dann gewinnen wir auch noch das erste Spiel in der Champions League gegen die Tampine Rovers aus Singapur mit 3:0!
Haha, wir sind einfach
UNSCHLAGBAR!!! Dieses Hochgefühl fällt allerdings schlagartig in sich zusammen, als Matip plötzlich nach dem Training bei mir aufkreuzt und mich missmutig ansieht:
"Enno. Wir reden mussen!""Hi Matip, alles frisch? Was ist denn los?""Enno. Du abgelehnt Angebot von IFK Mariehamn. Das nix gut. Du versprochen, wenn Angebot kommen, du lässt gehen Matip nach Finnland!"Mist, das hatte ich blöderweise inzwischen total vergessen.
"Äh, ja aber Matip, schau doch mal, wir sind hier so erfolgreich und du bist unser absoluter Starstürmer! Die Fans lieben dich und du bist jedes Jahr Torschützenkönig! Du kannst doch nicht wirklich weg wollen!?! Nach FINNLAND?!?"
"Matip hier zu warm. Matip Finnland.""Matip, jetzt veräppel mich nicht! Du kommst aus KAMERUN!!!""Matip hier zu warm. Matip Finnland.""Ach komm, Finnland ist einfach nur laaaaaaaaang ... und ...weiiiiiilig! Hat Hape schon immer gesagt! Kennste den? Kennste nich... egal.""Matip hier zu warm. Matip Finnland."Hat der 'nen Sprung in der Platte? Ich glaub', dem ist wirklich zu warm!
"Haben wir denn gar keine Chance, dich zu halten? Mehr Geld? Einen besseren Kühlschrank? Irgendwas?""Matip hier zu warm. Matip ...""... FINNLAND!!! IST JA SCHON GUT, MATIP! Dann geh' halt ..."Matip geht. Und ich schaue ihm traurig hinterher und habe keine Ahnung, was wir jetzt tun sollen.
Wie soll es nun weitergehen?
Tja, gute Frage. Mit Matip, unserem einstigen Starstürmer, ist ein unersetzbarer Spieler gegangen und wir haben nicht genug Transferbudget, um einen auch nur ansatzweise gleichwertigen Ersatz zu bekommen. Mit
Francis Obama
bekommen wir zwar einen Spitzen-Mittelfeldspieler aus Kamerun, aber das zieht ein neues Problem nach sich: Aufgrund der Ausländerregel müsste ein neuer Spitzenstürmer aus Indonesien gefunden werden. Den gibt es nur leider nicht. Was tun? Ganz einfach: Nix. Wir können ganz einfach nix tun, und so rückt Harri von der Ersatzbank wieder auf zum Stammspieler neben Lestaluhu. Otti ist der einzige Stürmer, den wir ansonsten noch zur Verfügung haben. Insgesamt ist das ziemlich ... grottig. Wie sollen wir so irgend etwas reißen? Sämtliche Anfragen beim Vorstand nach mehr Geldern für Transfers oder höhere Gehälter wurden abgeschmettert, also bleibt uns keine andere Wahl, als mit dem auszukommen, was wir haben. Und zunächst können sich die Ergebnisse auch erstaunlicherweise gut sehen lassen - bis wir bereits in der vierten Runde der Piala Indonesia in hohem Bogen rausfliegen! Auch die Spiele in der Champions League verhauen wir fast ausnahmslos, lediglich in der Liga können wir unsere gute Position behaupten. Die Stimmung im Kader und bei den Fans wird immer schlechter, seitdem Matip uns einfach so im Stich gelassen hat, aber ich versuche mein Bestes, um die Truppe immer wieder aufzurichten. Es ist ja nicht so, dass wir total versagen würden, aber mehr versprochen haben wir uns wohl ausnahmslos alle von dieser Saison... Wo werden wir am Ende stehen?
Fortsetzung folgt...