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Autor Thema: Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!  (Gelesen 2028 mal)

zwicki

  • Gast
Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!
« am: 11.Januar 2015, 22:50:15 »




Vorwort:

Hallo Mädels,
motiviert durch den Storycontest habe ich mir überlegt auch einen winzigen Teil dazu beizutragen. Ich möchte mich mit der kommenden Story für die anstehende Wahl qualifizieren. Ich hoffe euch gefällt, was ich in den kommenden Tagen so aufs Papier bringen und würde mich freuen, wenn ihr euch mit Feedback an dieser Story beteiligt. Ich hoffe zudem, dass ich den richtigen Mix aus Off-Topic und FM finden werde.

Was bleibt noch zu sagen?
Achja, alle Personen in dieser Geschichte sind rein fiktiv!



« Letzte Änderung: 12.Januar 2015, 00:03:39 von zwicki »
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zwicki

  • Gast
Re: Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!
« Antwort #1 am: 11.Januar 2015, 22:52:41 »



Ich stieg mit einem Seesack auf der Schulter mittschifs die Treppen der Aida nach oben und fühlte mich schlecht.
Ich hasste dieses Schiff, die Möbel aus Mahagoni oder die dezenten Pastellfarben gehaltenen Wandverkleidungen. Ich hasste die lächerlichen Uniformen der Angestellten, die selbst die einfachsten Pagen trugen, als wären sie bei der Marine und nicht auf einem Jahrmarkt des Massentourismus angestellt.
 Ich hasste den dezenten Geruch, der der Klimaanlage beigemischt wurde, hasste die Euphorie in den Augen der Passagiere mit denen ich über die Gangway an Bord gegangen war. Frauen, Männer, Kinder, Familien.
Sie freuten sich auf Nächte im Luxus, auf 24-Stunden-All-inclusive-Buffets, erholsame Seetage an Deck oder im Spa mit integriertem Fitnesscenter. Sie wollten mit Sicherheit ihre Kinder in einen der vielen Spielparadiese abgeben um ihr Geld im Kasino verzocken oder was auch immer.
Vielleicht betraten einige das Schiff auch mit gemischten Gefühlen wie ein Flugzeig, in respektvoller Sorge, ob die Technik, der man sich auslieferte, einen unbeschadet von A nach B brachte. Keiner der knapp tausend Passagiere aber, da war ich mir sicher verschwendete keinen Gedanken daran, dass sie die kommenden Tage in einer Kleinstadt leben würden, in der Menschen aus verschiedenen Kulturen und Schichten aufeinanderprallten, angefangen von den Zwei-Dollar-pro-Stunde-Kräften unten in der Wäscherei bis hin zu den Millionären auf den windgeschützten Liegeinseln im Oberdeck. Eine Stadt in es alles gab. Eine Stadt, in der man sich mit dem ersten Schritt an Bord der Rechtsordnung irgendeiner rückständigen Bananenrepublik unterwarf, unter deren Flagge das Schiff vom Stapel gelaufen war.

Ich hasste dieses Schiff, die Passagiere und die Crew.
Aber vor allem hasste ich im Moment mich selber.
Eigentlich hatte ich mir geschworen, niemals wieder einen Fuß auf ein Kreuzfahrtschiff zu setzten. Schon gar nicht auf dieses hier. Immerhin lernte ich hier meine langjährige Freundin, ah pardon, Exfreundin kennen.
Lisa.

Ich lachte zynisch in mich hinein und ein älteres, stark übergewichtiges Ehepaar, das mir auf der Treppe entgegenkam musterte mich skeptisch.
„Über Bord werfen“
Passender konnte man es kaum ausdrücken.
Ich gähnte. 
Bis auf einen Zehnminutenschlaf im Flieger nach London hatte ich keine Ruhepause gehabt.
Im Taxi von Heathrow nach Southampton hatte mir mein Handy den letzten Nerv geraubt. Erst versuchte mich mein Chef zu erreichen, dann Lisa persönlich um mich anzubrüllen, was mir einfiele, mich ohne etwas zu sagen aus dem Staub zu machen. Wenn ich nicht sofort zurückkäme, wäre es das endgültig gewesen mit uns.

Genau, als wäre es das nicht schon.
Irgendwann hatte ich die Beschimpfungen auf meine Mailbox laufen lassen. Ich glaubte nicht, dass sie mich noch brauchte. Und wenn, ich hatte ihr ja einen Zettel hingelegt.
Hatte ich den Bogen überspannt?
Schließlich hatte  ich mich ohne Rücksprache mit meinen Vorgesetzten und ohne Urlaubsantrag die Überfahrt auf der Aida gebucht. In einer 150-Quadratmeter-Suite auf Deck 11 für zweitausend Euro die Nacht, nur weil ich mich am dritten Anhalteort über Bord gehen wollte?
Ich wollte einfach nur raus. Und diese Fahrt schien mir am geeignetsten. Schließlich flog kein Flugzeug zum Reiseziel. Also war ich gezwungen, eine Kabine zu buchen.
Die Verandasuite im Heck des Schiffes war die einzige, die so kurzfristig online noch verfügbar gewesen war, weswegen ich jetzt für drei Tage Fahrt zwölfzausend Euro bezahlte.
Egal, der Preis würde mich schon nicht ruinieren. Es war wohl gleichzeitig auch der Preis für einen Neuanfang den ich zahlen muss.
Zwar hielt sich mein Angestelltengehalt in überschaubaren Dimensionen, doch das Erbe meiner verstorbenen Eltern hatte mein Bankkonto so gut gefüllt, dass die Bank mir sogar eine Karte zu meinem dreiunddreißigsten Geburtstag geschickt hatte.
In diesem Moment allerdings, mit dem Finger auf der Klinke von Kabine 1211, fühlte ich mich wie jenseits der fünfzig.
Immerhin waren es nur drei Tage. Drei verdammte Tage voller Erinnerungen…
« Letzte Änderung: 12.Januar 2015, 16:35:53 von zwicki »
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zwicki

  • Gast
Re: Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!
« Antwort #2 am: 12.Januar 2015, 22:16:38 »



Zwei Monate später…
18.06.2013

Um auf die Westmännerinseln zu kommen, muss man zunächst ein Flugzeug nach Keflavik besteigen. Von dort kämpft man sich durch den aus Reykjavik kommenden Verkehr auf der Ringstraße 1, die sich durch eine trostlose schwarze Landschaft schlängelt. Kilometerweit nichts als vom Wind geplagte Weiten voller Vulkangestein, kaum ein Baum weit und breit. Im Auto stinkt es bald stechend nach Schwefel, dann sieht man Rauch aus Geysiren aufsteigen und den Boden am Wegesrand blubbern. Nach zweieinhalb Stunden taucht der schneebedeckte Vulkan Eyjafjallajökull am Horizont auf. Sobald man das Getöse eines 60 Meter hohen Wasserfalls vernimmt, ist es Zeit, links abzubiegen. Nach ein paar Minuten erreicht man einen unansehnlichen Fährhafen an Islands Südspitze. Wenn der Wind nicht zu kräftig bläst – was er aber oft tut –, kann man eine Fähre namens Herjólfur besteigen. Nach einiger Zeit sieht man kleine grüne Vulkane am Horizont. Sobald die Fähre in eine schmale Passage unter einer senkrechten Klippe gleitet, vermischt sich das Plätschern der Wellen mit dem Knarzen tausender Papageientaucher. Auf der anderen Seite der Passage sieht man, wie sich eine kleine Siedlung mit niedrigen weißen Häusern am Fuße zweier schwarzer Vulkane ausbreitet. Das ist Heimaey, das einzige bewohnte Eiland der Westmännerinseln. Weil die meisten ihrer 4221 Bewohner auf See arbeiten, wirkt sie meistens wie leergefegt. Fünf Minuten Fußweg vom Hafen entfernt liegt ein zweistöckiges Haus, von dem die Farbe abblättert. Die Fenster sind mit Salz verkrustet und ein schlichtes bedrucktes Blatt Papier weist auf Victors Friseursalon hin. Geht man um das Haus herum, kommt man zu einer moosbewachsenen Steintreppe, die in eine karg möblierte Wohnung mit kahlen Wänden führt. Unter dem Küchentisch sieht man drei zusammengefegte Dreckhäufchen, auf einem Heizkörper liegen vier getrocknete Fußballstutzen.

Hier wohnte ich.


Ja genau, ihr habt richtig gehört. Ich war ausgewandert. Nach Island. Klingt komisch, ist aber so.
Island ist wohl der einzige Ort auf der Welt, den Lisa wohl nicht besuchen würde. Hier war es einfach viel zu kalt. Doch so schön es hier war, ich stand schon wieder auf gepackten Koffern.
Nein, nicht weil ich schon wieder von der Insel fliehen wollte. Es ging für mich in die isländische Hauptstadt. Reykjavik.
Ich hatte dort einen Job gefunden. Einen Job, von dem ich nach Erwerb meine Trainer-B-Lizenz schon immer geträumt hatte. Nur war dies aufgrund meiner Beziehung zu Lisa nie möglich gewesen. Die Lizenz hatte ich schon während meines Logistikstudiums 2005 erfolgreich mit 11 Punkten bestanden.
Da das Erwerben einer A-Lizenz einer einjährigen Tätigkeit voraussetzte, die ich während der langjährigen Beziehung zu Lisa nie meistern konnte wäre dies hier sicherlich ein Anfang. Ein weiterer Neuanfang. Mit dem, was mir am meisten Spaß machte.
Fußball.

Na klar, Island war jetzt nicht der schönste Ort der Welt, allerdings habe ich mich in den letzten zwei Monaten an die Umgebung, Leute, ja sogar schon fast an die Sprache gewöhnt. Ich besuchte dreimal die Woche einen Abendkurs in der Hochschule um mein isländisch auszubauen.

Vor zwei Tagen kam dann der überraschende Anruf von Kristinn Einarsson. Ich weiß gar nicht mehr so genau woher er meine Handynummer überhaupt hatte. Vielleicht war er mein Taxifahrer gewesen, als ich das erste Mal die zwei Stunden Autofahrt vom Hafen Reykjaviks Richtung meines Hauses fuhr. Ich kann es einfach nicht mehr genau sagen. Lag vermutlich auch am Alkohol, den ich zur Anfangszeit gebraucht hatte, um mich an mein neues Leben zu gewöhnen.
Teddy, wie Kristinn von allen liebevoll genannt werden möchte war Präsident. Präseident eines kleinen Fußballklubs in der isländischen Hauptstadt. Genauer gesagt von Þróttur Reykjavík. Einem Verein am Stadtrand - In der zweiten Liga- In der er am Tabellenende lag - Aussichtslos.

Und dann kam er auf die Idee mich anzurufen? Mich?
Ein Glück konnte er gebrochen Deutsch sprechen. Jedenfalls war das besser als mein Isländisch.
Teddy überzeugte mich noch am Telefon von seinem Vorhaben, den Klub langfristig so aufzustellen, um in der ersten Liga konkurrenzfähig zu sein. Es war ein langer Weg. Vor allem wenn man nach sieben Spieltagen, ohne eigenes Tor, mit zwei Punkten am Tabellenende stand. Doch seine Denkweise gefiel mir.
Junge Spieler fördern, um den Verein wirtschaftlich in die richtige Lenkung zu bringen. Dazu sollte man wissen, dass Island die Weltwirtschaftskrise hart getroffen hatte und darunter auch die Vereine litten. Ganz besonders die kleinen. Diese mussten sparen wo sie konnten. Davon abgesehen, dass nur wenige Klubs einen Profistatus genossen.
Bei Trottur mähten die Spieler den Rasen noch selber.  Das ganze hier ähnelte eher einem Bezirksligaklub aus Deutschland, als einem isländischen Zweitligisten. Und in der Tat das Spielniveau war ungefähr gleich. Hier lag also ein extremer Berg an Arbeit vor mir, ehe ich überhaupt an die erste Liga denken konnte…
Nachdem ich  im Café an der Ecke gefrühstückt hatte, ließ ich mich  mit einem Laptop aufs Sofa fallen, um die letzten Spiele des Teams zu analysieren oder einen der kommenden Gegner zu studieren. Gegen zwölf setzte ich mich in meinen Wagen, um zum Trainingsgelände zu fahren – knappe zwei Stunden Fahrt.

Dort angekommen, trank ich einen Kaffee, stopft mir etwas isländischen Kautabak unter die Lippe und bereitete gemeinsam mit meinem neuen Assistenztrainer Halldor die Trainingseinheit vor. Halldor Porsteinsson war auf der Insel einer der talentiertesten Fußballer, spielte Jahre lang in der Jugend von Hannover 96 – musste seine Karriere aber viel zu früh beenden. Wir  beide saßen ein paar Stunden zusammen, ehe Teddy kam, um uns für die anstehende Pressekonferenz abzuholen.

Wirklich? War das nötig? Eine Pressekonferenz für einen isländischen Zweitligisten?, dachte ich mir.

Anscheinend schon..
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Signor Rossi

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Re: Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!
« Antwort #3 am: 13.Januar 2015, 09:40:44 »

Sehr schön geschrieben!
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zwicki

  • Gast
Re: Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!
« Antwort #4 am: 14.Januar 2015, 22:54:40 »




Dienstag 18.06.2013 - 15:40 Uhr

Legende:
# Ich
# Teddy
# Reporter

„Herr Möllmann, wir konnten kaum Informationen über Sie sammeln, wie sind Sie auf diese Insel gekommen, viel wichtiger können Sie etwas über sich erzählen?“


Ich blickte schmunzelnd in den Saal. Immerhin waren es knapp sechs Journalisten. Auch ein paar Herren waren gekommen, um sich die sogenannte Pressekonferenz zu verfolgen.

„Nunja, Sie wissen ja bereits, mein Name ist Thorsten Möllmann, ich bin 33. Gebürtig komme ich aus Norddeutschland. Meine Mutter allerdings, war Dänin, sodass ich in Kopenhagen meine zweite Heimat habe. Ich habe lange Jahre in einer Sportagentur gearbeitet, habe meinen Masterabschluss im Bereich Sportsmanagement gemacht…
 Entschuldigen Sie, was wollten Sie noch wissen?“


„Was Sie hier nach Island treibt.“

„Nach Island? Nunja, das waren eher persönliche Gründe. Ich wollte mal was Neues probieren.  Weg von zuhause. Dass das ganze jetzt aber so verlaufen würde, hatte ich mir nicht gedacht.“

„Wie lange sind Sie jetzt hier?“
„Gut zwei Monate.“

„Oh, dafür ist ihr isländisch schon ganz ok.“
„Ich gebe mein bestes, gehe dreimal die Woche zum Sprachunterricht. Lerne schnell. Ich will mich ja anpassen.“

„Sie sagen selbst, dass Sie gar nicht vorgehabt haben, als Trainer zur arbeiten. Wie kam es dazu?“
„Ich äähh…“
„Wenn ich mich dazu kurz äußern dürfte“, fiel mir Teddy ins Wort.
„Ich habe ihn vom Hafen abgeholt. Dienstlich. Er kam gerade auf die Insel und brauchte ein Taxi, das ihn nach Hause bringt. Dabei haben wir uns, ja ich sage mal näher kennengelernt.  Er erzählte mir, dass er in Deutschland eine Trainerausbildung genossen hat, zudem sich im Managementbereich einigermaßen auskennt. Nachdem Peter dann am letzten Spieltag seinen Rücktritt bekanntgab, musste ich es einfach probieren. Jemand mit solch einer Ausbildung, darf man sich nicht wegschnappen lassen.“

Ich fühlte mich geschmeichelt. Das war das erste Mal seit gefühlten Jahren, dass mal jemand ein gutes Wort über mich verlor.

„Herr Möllmann, sie sind jetzt zwei Monate hier, wie haben Sie sich eingelebt?“
„Es ist kalt hier“, lachte ich. „Aber, mir gefällt es hier. Wie die Menschen hier mit einem umgehen. Ich müsste lügen, wenn ich sage, der Einstieg wäre leicht gewesen. Aber meine Nachbarn, nein alle Leute haben mich versucht zu integrieren. Das ist ihnen auch gelungen.“

„Kennen Sie die Mannschaft schon?“
„Ich habe die Jungs persönlich noch nicht kennen gelernt. Das kommt alles im Laufe des Tages. Allerdings konnte ich mir auf Grund einiger Videoanalysen einen ersten Eindruck von der Truppe machen. Und auch wenn es an vielen Ecken und Kanten noch fehlt, in der Mannschaft versteckt sich noch das ein oder andere Talent. Ich hoffe da kann ich die Diamanten noch an die Schleifmaschine bringen.“

„Was für einen Fußball lassen Sie denn bevorzugt spielen?“
„Eine sehr gute Frage.“ Ich versuchte möglichst cool zu reagieren. Denn es war ja so, ich hatte vorher nur die D-Jugend in meinem Heimatklub geleitet. Die verstehen so viel von Taktik, wie ich vom Bügeln. „Ich denke, dass liegt immer am vorhandenen Material. Aber leider ist es ja so, dass ich keine acht Wochen Vorbereitung genießen kann. Die Mannschaft befindet sich mitten im Ligabetrieb. Wir befinden uns derzeit auf dem letzten Platz. Da ist es denke ich hauptsächlich erst einmal egal, wie man spielt. Hauptsache man holt die nötigen Punkte. Die Schönheit kommt erst danach an zweiter Stelle.“

„Ich denke, dass sollte es dann aber auch gewesen sein,“
mahnte Teddy an. „Die ersten Spieler werden gleich eintreffen. Fotos können im Anschluss gemacht werden. Ich bitte aber alle es so kurz wie möglich zu halten. Wir haben ein wichtiges, richtungweisendes Spiel in dieser Woche. Und ich denke, es steht in all unserem Interesse, dass wir dieses endlich siegreich gestalten können. Dafür ist es aber nötig, dass unser neuer Coach die Mannschaft kennen lernt. Ich danke allen für das Erscheinen. Über die nächste öffentliche Sitzung werden alle rechtzeitig informiert.“

Teddy bat mich in den Nebenraum. Wir sollten für die Zeitungen noch einmal ein gutes Bild abgeben, ehe es zum ersten Training mit der Mannschaft ging.


(v.l. Teddy, ich)

Da war ich also, Thorsten Möllmann.
Endlich hatte ich es zum Trainer einer Herrenmannschaft geschafft.
O.K., die Umstände hatte ich mir natürlich immer anders vorgestellt, aber Trainer einer isländischen Zweiligamannschaft zu sein? Klingt an sich doch gar nicht so schlecht. Und auf Island wird auch schöner Fußball gespielt. Und den schönsten würde es demnächst in Reykjavik zu sehen geben.
Bei einem Verein namens Tróttur Reykjavík.
Nein, nicht irgendein Verein. Das war jetzt mein Verein.

Ich war aufgeregt. Allerdings erfüllte mich auch ein wenig der Stolz. Ich weiß noch nicht, in welche Richtung sich das ganze entwickeln wird, aber ich hatte bei der ganzen Sache ein echt gutes

____
Danke übrigens an Favre. Schön zu hören, dass es dir gefällt!
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Luciano Vietto

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Re: Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!
« Antwort #5 am: 15.Januar 2015, 00:07:01 »

Uii KR aus Reykjavik..

Guter Wahl, die Mannschaft hat Tradition.. Mal sehen, was du da schaffen kannst...

Gruß

LV
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zwicki

  • Gast
Re: Das lässt sich retten - Ab auf die Insel!
« Antwort #6 am: 20.Januar 2015, 23:16:47 »



Da die meisten Spieler in einer der Fischfabriken am Hafen arbeiten, beginnt das Training erst am frühen Abend.  Zeit genug war also, um mit Teddy ein paar vereinsinterne Dinge zu besprechen. Dabei ging es ausschließlich um die angestrebten Ziele, das Budget und die Finanzen an sich. Der Verein ist auf Island einer der Traditionsreichsten. 1949 gegründet, konnte sich aber in der ersten Liga nie wirklich behaupten. Es gelangen immer wieder Aufstiege, die aber in den meisten Fällen mit einem direkten Wiederabstieg verbunden waren. Dennoch haben es die Verantwortlichen über Jahre geschafft, den Verein über Bord zu halten. Mit knapp 5000 € auf dem letzten Kontostand, war das Bankkonto also ausreichend, eher sogar gut gefüllt. Für mich galt es aber, dieses Vermögen in den kommenden Monaten zu stabilisieren, eher sogar aufzustocken. Dafür waren sicherlich einige Schritte notwendig. Ich versuchte Teddy klar zu machen, dass wir uns in naher Zukunft von einigen Spielern trennen mussten. Dies galt vor allem für Männer deren Vertrag ausläuft, als wie auch für die alten. Auch wenn es in meinen Augen nur gute und schlechte Fußballer gibt, hatte ich immer schon ein Faible dafür, einen Verein in Ruhe mit den eigenen Jugendspieler nach oben zu führen. Im Fußball Manager hat diese Variante auch immer gut geklappt. Warum also nicht hier auch? In einem langen Gespräch konnte ich Teddy anschließend überzeugen, in Zukunft vorerst auf die eigene Jugend bzw. junge Spieler zu setzten, bevor man sich auf dem Markt die erfahrenen Recken holt. Ich war ein guter Redner. Ich konnte Leute in meinem bisherigen Leben zumeist immer auf meine Seite ziehen. Ich wusste nicht woran das lag. Es klappte einfach immer. Gleichzeitig war ich mir aber dennoch bewusst, dass der Geduldsfaden von Teddy zwar enorm lang war, ich mir dennoch nicht alles erlauben kann. Ich muss liefern. Tue ich das nicht, bin ich meinen Job los, ehe es überhaupt angefangen hat.

Während wir beide noch im Vereinscafé saßen, um uns bei Kaffee und Kuchen den Sonnenuntergang anschauten, trudelten nach und nach alle Spieler am Gelände ein. Für mich galt es, ein erstes Vertrauensverhältnis aufzubauen. Die Spieler, meine Spieler sollten wissen, dass ich in Zukunft nicht nur ihr Trainer war. Nein, ich möchte auch Freund sein.  So versammelte sich die komplette Mannschaft bei Temperaturen nahe dem Nullpunkt um Punkt 18:30 Uhr auf dem Trainingsplatz. Auch Halldor, mein Co-Trainer war mittlerweile angekommen.

„Hallo Jungs,
ich bin euer neuer Trainer. Ich weiß, mein isländisch ist noch nicht gut, hoffe aber dass ihr mich alle versteht. Ansonsten wird Halldor übersetzten. Seine Deutschkenntnisse sind durchaus besser als meine Isländischen.  Mein Name ist Thorsten Möllmann, ich bitte euch aber mich mit Trainer oder Thorsten anzusprechen. Ich komme aus einem kleinen Dorf in Norddeutschland und bin 33 Jahre alt. Ich weiß, dass ihr ein paar schwierige Wochen hinter euch habt Ich glaube aber, dass wenn wir uns erst einmal besser kennen gelernt haben zusammen Erfolge feiern kann. Das muss nicht diese Woche sein, aber ich bin mir sicher, dass ihr die Qualität besitzt in der Liga jeden in die Knie zwingen könnt.“

„Entschuldigen Sie Trainer“, unterbrach mich einer der Spieler.
„Äh, was habe ich gesagt, entweder Trainer oder Thorsten, bitte. Wir duzen uns hier.“
„Was ich wissen möchte Coach, was genau bedeutet in die Knie zwingen?“
Ich schmunzelte. „Nunja, dass bedeutet in Deutschland so viel wie besiegen. Das ihr jeden Gegner besiegen könnt. Also weiter im Text. Wir trainieren heute leicht, ich will sehen, wie ihr mit dem Ball umgehen könnt. Ich erwarte in Zukunft einen gepflegten Ball zu spielen, das Spiel in Ruhe aufzubauen und zu dominieren. Ich habe in einigen Videos schon ein paar gute Ansätze gesehen, allerdings müssen wir dieses rausgeboltze reduzieren, besser sogar abstellen. Wir müssen anfangen das Spiel zu dominieren. Ich will gewinnen, und ich weiß dass ihr auch heiß darauf seit endlich Tore zu schießen. Wir müssen es nur gemeinsam anpacken. Ihr werdet gleich erstmal vier Runden laufen. Ich werde in der Zeit mit Halldor eine Übung aufbauen, die sich Rondo nennt.
Wir werden dabei im Quadrat 6 gegen 2 spielen.  Anschließend noch ein paar kurze taktischen Instruktionen und ein abschließendes Trainingsspiel. Alles weitere dann später. Nach dem Training würde ich euch dann gerne bei einem Bier gerne näher kennen lernen. Ich hoffe ihr habt alle ein bisschen Zeit mitgebracht..."


Die Jungs absolvierten also die Runden und kamen anschließend zum Rondo spielen zusammen. Eine relativ einfache Übung bei der mit One Touch der Ball weitergereicht werden muss. Es schult gezielte das direkte Passspiel, auch Tiki-Taka genannt. Ich liebte diese Form von Fußball. Ich hasse vielleicht den FC Barcelona. Aber Tiki-Taka, das war schön. Ich versuchte nach und nach die Spieler zu analysieren, lobte sie bei guten Aktionen, oftmals, wenn der Ball durch beide Verteidiger in der Mitte durchgepasst wurde.  Nach dem Training fand anschließend der obligatorische Kennlernabend statt. Ich konnte mir relativ schnell sogar alle Namen merken und baute mir anschließend zuhause eine kleine Präsentation für mich selber zusammen. Eine eigene Analyse.


Der Kader von Thróttur Reykjavik umfasste 25 Spieler. Also mehr als genug, wenn nicht sogar schon zu viele.



Selbst im Tor gab es vier Alternativen.  So wie ich das bisher erkennen konnte, haben wir im Team drei Keeper, die durchaus Potential besitzen um in Zukunft vielleicht sogar in der ersten Liga mitzuhalten. Ögmundur Olafsson unser mit 28 Jahren ältester Keeper, scheint sein Können hingegen schon erreicht zu haben. Teddy und ich haben uns dazu entschlossen, ihn aufgrund seines auslaufenden Vertrages möglicherweise schon im Sommer loszuwerden. Wenn dies nicht klappt haben wir immerhin einen routinierten Torhüter, der die jungen Wilden mit Rat und Tat unterstützt.
Wer allerdings die Nummer Eins im Team sein wird, ist für mich Stand jetzt, noch schwer zu entscheiden. Trausti scheint mir dabei am weitesten von den dreien. Wer spielt wird vermutlich kurzfristig entschieden.


Quantitativ gut besetzt sind wir ebenfalls auf der rechten Verteidigungsseite. Aufgrund meines Jugendwahns und seiner guten Fähigkeiten plane ich allerdings mit Aron Pétursson in der Mitte. Er scheint ein hervorragendes Zweikampfverhalten an den Tag zu legen. Seine gute Spieleröffnung ist zudem ebenfalls kein Nachteil. Aron Péturssonist laut Teddy auch der Spieler, der diese Saison am besten spielt. Der Verein ist gerade dabei, die Kaufoption zu ziehen und nötige Verhandlungen zu führen. Er soll langfristig an den Verein gebunden werden. Das meiste Potential auf der rechten Seite hat hingegen Ingiberg Jónsson. Dieser ist allerdings ein Leihspieler aus der ersten Liga, bei dem keine Chance besteht, ihn über die Saison zu halten. Möglicherweise werde ich deswegen Arni Jakobsson den Vortritt gewähren. Auch wenn ich sein volles Potential noch nicht erkannt habe denke ich, es ist wichtig die Talente aus der eigenen Jugend zu fördern und sich nicht mit Leihspielern, die man sowieso nicht halten kann, über Bord zu halten.


In der Innenverteidigung habe ich ebenfalls die Qual der Wahl. Hier wird allerdings wenn sich nichts tut nur ein Platz zu vergeben sein.  Nämlich der neben Aron. Hier werde ich dann aber wohl gezwungener Maßen auf einen Leihspieler setzten müssen. Geir Kristinsson scheint mir eine gute Wahl zu sein. Haukur Hinriksson hingegen plane ich eher als defensiven Anker vor der Abwehr ein. Dafür muss dieser allerdings an seiner Spieleröffnung und seiner Ausdauer pfeilen. Dafür wäre es sicherlich von Vorteil weniger zu rauchen. Aber das werde ich wohl aus ihm rauskriegen.


Auf der linken Seite hingegen sieht das eher mager aus. Mit Hlynur Hauksson haben wir nur eine feste Möglichkeit. Da laut Halldor aus der eigenen Jugend allerdings noch nichts Brauchbares zur Verfügung steht, müssen wir uns wohl nach anderen Alternativen umschauen. Vielleicht gibt es die aber ja auch in den eigenen Reihen.

 
Der einzige Spieler in der Herrenmannschaft der die Position des defensiven Mittelfeldspieler von Haus aus gelernt hat, ist Hallur Hallsson. Der 33-jährige Routinier wird allerdings wohl nur sporadisch zum Einsatz kommen. Hallur, scheinbar sogar eine Legende des KP’s will seine Karriere nach der Saison beenden.

 
Auf der rechten offensiven Außenseite sieht das hingegen schon wieder anders aus. Positiv anders. Was mir vor allem gefällt, ist die Variabilität der Spieler. Sie können alle auf verschiedensten Positionen in meiner Taktik eingesetzt werden, ohne dass sie irgendetwas nicht genauso gut können. Da ich eher einen offensiveren Außenspieler bevorzuge wird Palmasson als erster seine Chance in der Startelf bekommen.  Mit Alexander Pórarinsson plane ich hingegen im zentralen Mittelfeldspieler als Bindeglied zwischen Offensive und Defensive.


Auch wenn wir auf der linken Offensivseite quantitativ nicht gut besetzt sind, löst  die Qualität von Ingolfur Sigurdsson das Problem praktisch von alleine. Viele halten ihn für das beste Talent, das jemals bei Thorttur gespielt hat. Gott sei Dank ist er langfristig an das Team gebunden. Hier rieche ich für uns einen Geldsegen, wenn wir es hinbekommen den Jungen zu entwickeln.

 
Im zentralen Mittelfeld waren wir nicht nur quantitativ gut besetzt. Die breite auf der 8er Position freut mich wirklich. Leider muss ich hier jede Woche aufs neue Spieler enttäuschen, die es vermutlich auch in die erste Elf schaffen würden.  Das Rennen um die 8er Position ist gleichzeitig schwierig als wie auch einfach. Vorerst wird meine Wahl auf Alex Porarinsson fallen. Vielleicht werde ich dem Problem der Unzufriedenheit auch mit einer Art Rotation aus dem Weg gehen. Andererseits können auch meine Achter variabel eingesetzt werden.  Ich habe es also praktisch selbst in der Hand, meinen Erfolg oder Misserfolg zu gestalten.


Auf der Position des Regisseurs ist Ragnar Petursson zuhause. Er  hat bereits zwei Spiele für die isländische U19-Nationalmannschaft bestritten und kam vor der Saison aus der Jugend des IBV’s. Er wird vermutlich den Vorzug erhalten, wenn er soweit ist. Laut Halldor hat Ragnar unter dem alten Trainer sehr gelitten. Er hat sein Talent scheinbar nicht erkannt, obwohl ihn alle Offiziellen, und selbst Spieler darauf hingewiesen haben.


Auch im Sturm sind wir quantitativ nicht gut aufgestellt. Durch die schon angesprochene Variabilität ist Matt Eliason, einziger Ausländer im Team, allerdings dazu gezwungen, konstant gute Leistungen abzurufen. Er scheint dies aber zu wissen, und schoss im Trainingsspiel gleich mal vier Tore. Er scheint ein wendiger Stürmer zu sein, der trotz seiner Maße gut unterwegs ist. Ich denke er wird es sein, der das erste Tor für diese Mannschaft in der laufenden Spielzeit erzielen wird.

Das war er also. Mein Kader für meine erste Trainerstation. Ich war mit dem vorhandenen Material durchaus zufrieden. Ich sehe hier viele Ansätze um die Zukunft erfolgreich zu gestalten. Jedenfalls dann, wenn ich von Teddy und Co. Genügend Zeit bekomme. Um den Prozess ein wenig zu beschleunigen habe ich vorgeschlagen drei statt zweimal die Woche zu trainieren. Das kam zwar nicht überall gut an, doch die Jungs wussten, dass diese Maßnahme nur zu ihrem Besten ist…

Die Mannschaft macht trotz der erfolglosen Zeit einen guten Eindruck. Sie ist hungrig, will unbedingt gewinnen…

22.06.2013
..
„Herr Möllmann, das Spiel wird ihr erstes sein, welches Sie im Herrenbereich als verantwortlicher Trainer bestreiten. Spüren Sie die Anspannung schon?“
Was war das für eine dämliche Frage, dachte ich mir. Ich saß da und überlegte im Möglichst kreativ zu antworten. Konnte mich allerdings zurückhalten. Es war wohl normal, solche Fragen zu stellen, wenn ein Neuer im Haus war.
„Natürlich ist man angespannt. Man weiß nicht was einen erwartet, besser gesagt was passieren wird. So ist Fußball.“

„Haben Sie schon eine Formation im Kopf?“
„Ja, aber die werde ich Ihnen nicht verraten.“

„Schade. Dann aber zu etwas anderem. Sehen Sie einen Vorteil darin, dass der kommende Gegner Bolungarvik unter der Woche antreten musste? Auch wenn es gewonnen hat?“
„Ob das ein Vorteil ist, kann ich Ihnen nicht sagen, dass wird man sehen. Wir wollen das Spiel aber spielerisch entscheiden und nicht, weil der Gegner nach 60 Minuten tot umfällt. Unser Gegner steht auf Platz 7 der Tabelle, hat deswegen vermutlich bisher einiges richtig gemacht. Mein, unser Anspruch ist es dennoch, dieses Spiel zu gewinnen. Wenn der Gegner dennoch ein Fitnessproblem haben sollte, in ich aber dennoch gewillt, dies so hinzunehmen.“

„Ist eine Premiere bei einem Heimspiel angenehmer, als bei einem Auswärtsspiel?“
„Ich war noch nie auf einer Premiere, deswegen kann ich auf diese Frage nur ungenau Antworten. Es ist mir aber auch ehrlich gesagt egal wo ich mein erstes Spiel habe. Es zählt Ausschließlich ein positives Ergebnis. „

„Was planen Sie im Vergleich zu ihrem Vorgänger anders zu machen?“
„Ich rede viel mit meinen Spielern. Versuche sie stark zu machen. Auf das kommende Spiel vorzubereiten. Die Presse kann mich gerne mit meinem Vorgänger vergleichen. Mich aber interessiert es nicht, wie mein Vorgänger gespielt hat. Ich konzentriere mich auf mich selber, auf meine Mannschaft. Nicht auf die Vergangenheit.“

„War es das dann? Sind wir fertig?“,
fragte ich nach meiner Antwort genervt. „Keine Fragen mehr? Gut, dann kann ich ja gehen, schönen Tag noch.“


Ich stand also auf und ging. Ich würde es nie zugeben, aber nervös war ich schon ein wenig…
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