Kapitel VI: FC Eindhoven strikes back!
Nach dem enttäuschenden Saisonauftakt gegen den Rivalen aus Helmond ist für den nächsten Tag erst einmal lockeres Auslaufen und eine Analyse des Spiels angesagt. Paul steht auf dem Trainingsplatz und berät sich mit seinen Assistenten, während der Fitnesstrainer, Eric Doelgani, mit der Mannschaft unterwegs ist.
Wir brauchen Alternativen! meint Jansen.
Uns ist gegen Helmond einfach zu wenig eingefallen, auch wenn die letzte halbe Stunde ganz ordentlich war.Paul muss dem zustimmen. Nach vorne lief einfach zu wenig zusammen, die Mannschaft hatte sich extrem schwer getan.
Torschusstraining. wirft Verberne ein.
Was?Naja, die Spieler haben einfach nicht das Tor getroffen. Der Co-Trainer zeigt auf die Statistik, die er auf einem Klemmbrett dabei hat:
Hier, von elf Schüssen ging keiner auf das Tor.Das ist nicht das Problem, denke ich. Die Jungs wissen, wo das Tor steht. Was fehlt sind die klaren Chancen, die müssen wir uns erarbeiten. Wir müssen das ohne Beekmans hinkriegen und deswegen sage ich, wir brauchen ein anderes System, solange er ausfällt.Wir werden uns was einfallen lassen. Paul nickt zustimmend. Er will gerade dazu ansetzen, einen Vorschlag zu unterbreiten, als er hinter sich eine ihm nur zu gut bekannte Frauenstimme hört.
Purzelchen! ertönt es gellend. Verwundert drehen sich Verberne und Jansen zu der etwas molligen Frau mit den blond gefärbten Haaren um. Paul hingegen möchte am liebsten im Erboden versinken, ringt sich aber schließlich dazu durch, auf Birgit zuzugehen.
Birgit, was machst du hier?Ich dachte, ich komme dich mal besuchen. Du meldest dich so wenig, seit du hier bist.Ich habe ja auch zu tun. im Grunde war Paul ganz froh, den Job in Eindhoven bekommen zu haben. Seit die Kinder alle aus dem Haus waren und er zu früh in Rente geschickt worden war, hatte Birgit zunehmend an seinen Nerven gezehrt. Wahrscheinlich kam sie nicht damit klar, dass das Haus nun – bis auf sie und ihren Mann – verwaist war. Jetzt suchte sie Paul jedenfalls auf dem Trainingsplatz heim und das auf ihre unnachahmlich peinliche Art.
Achja? Birgit sieht sich um. Die Mannschaft, die gerade irgendwo in der Umgebung einige Kilometer runterspult, ist nicht zu sehen.
Ich dachte du trainierst eine Fußballmannschaft?Mache ich ja auch. Können wir später reden? Ich bin gerade wirklich sehr beschäftigt.Aber Purzelchen, ich bin extra hergekommen, um...Das ist gerade wirklich sehr ungünstig.Ich bin deine Frau! beschwert sich Birgit.
Ja, aber doch nicht jetzt! entgegnet Paul, dem nicht entgangen ist, dass Verberne und Jansen dämlich kichernd hinter ihm stehen.
Wirklich, Birgit, ich habe gerade gar keine Zeit. Hier, das ist der Schlüssel zu meinem Hotelzimmer, warte dort auf mich. Damit dreht sich Paul um, und geht wieder zu seinen Assistenten, die mit hochrotem Kopf auf ihn warten.
Birgit murmelt noch
Purzelchen...! gibt sich aber geschlagen und zieht in Richtung Hotel ab.
So, wo waren wir stehen geblieben? fragt Paul.
Keine Ahnung... Pu... Purzelchen. antwortet Verberne und fängt schallend an zu lachen. Jansen kann ebenfalls nicht länger an sich halten und fällt in das Gelächter mit ein.
Meine Herren! Wir haben Arbeit zu erledigen, das ist wirklich... aber Paul dringt damit nicht durch, und so bleibt ihm nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis die beiden sich beruhigt haben.
Können wir jetzt? fragt Paul schließlich genervt. Verberne und Jansen nicken stumm, während sie sich die Lachtränen aus den Augen reiben.
Also, was ich sagen wollte ist, ähm, dass wir vielleicht nicht das ganze System ändern müssen, sondern einfach die Verantwortung verteilen müssen. Vielleicht reichen schon ein paar kleine Änderungen.
Spielbericht
Ich vertraue nach wie vor auf das offensive 4-2-3-1, habe aber einen Alternativplan einstudieren lassen, den ich hoffentlich nicht brauchen werde. In der Startaufstellung habe ich ein paar Änderungen vorgenommen. Van Geele, der immer noch der einzig passable Beekmans-Ersatz ist, bekommt die Rolle eines zentralen Mittelfeldspielers mit defend-duty, statt der Spielmacherrolle, mit der er überfordert war. Vielleicht können wir so den Druck auf mehrere Schultern verteilen und van Geele kann sich darauf konzentrieren im Mittelfeld abzusichern und einfache Bälle zu spielen. Außerdem kommt Makiavala zu seinem Startelfdebüt (aus Linksaußen), ebenso wie Gunst (als Linksverteidiger), für den seine größere Offensivstärke im Vergleich mit Artien spricht. Gunst macht auch gleich auf sich Aufmerksam,indem er sich nach nicht einmal einer Minute die gelbe Karte nach einem Foul im Mittelfeld abholt.
Wir kommen gut rein und bereits nach 5 Minuten steht es 1:0. Vermeer zieht nach einem Zuspiel von Makiavala aus halblinker Position ins rechte Eck ab und lässt dem Torwart keine Chance. 2 Minuten später trifft Vermeer nach erneuter Vorarbeit von Makiavala wieder – allerdings aus einer Abseitsposition heraus.
Es läuft gut für uns, wir haben mehr Ballbesitz, entwickeln mehr Zug nach vorne und müssen eigentlich das 2:0 machen, aber leider fehlen in dieser Phase die zwingenden Torchancen. Erst kurz vor der Pause wird’s zweimal gefährlich (Nieveld 42. und van Son 44. treffen nur das Außennetz). Bereits zur Halbzeit haben wir 4 gelbe Karten kassiert und müssen von nun an vorsichtiger in die Zweikämpfe gehen, wollen wir das Spiel mit 11 Mann beenden. Makiavala kommt angeschlagen raus, für ihn wird Lagouireh auf Linksaußen spielen. Artien kommt in die Innenverteidigung für Nieveld, der kurz vor seiner zweiten gelben Karte steht.
In der 48. dann eine der wenigen guten Chancen des Gegners, aber Lopes trifft nur den Außenpfosten – Glück gehabt! Im Gegenzug erzielt Vermeer erneut ein Abseitstor, diesmal per Kopf.
Endlich fällt in der 57. Minute das überfällige 2:0 und besonders der Torschütze freut mich: de Groot zeigt endlich, warum er Stürmer ist. Lagouireh hat dabei wunderschön vorbereitet, da muss der Ball hin! In der 65. wird Maastricht nochmal gefährlich, aber Muyters rettet mit einer Glanzparade. Da war er blitzschnell unten. Vermeer nimmt noch in der gleichen Spielminute dem zaghaften Maastricher Aufbäumen die Spitze, indem er das 3:0 nach erneuter Vorarbeit durch Lagouireh erzielt. Der Gegner bekommt den jungen Vermeer einfach nicht in den Griff!
Danach ist das Spiel im Prinzip gelaufen, aber wir spielen weiter schönen Fußball und deshalb erzielt de Groot kurz vor Schluss seinen zweiten Treffer, nachdem der eingewechselte van den Driest schön durchgesteckt hatte.
Statistik
Fazit:
Auffällig waren vor allem die gelben Karten: rekordverdächtige 7 Stück haben wir gesammelt! Das ist eindeutig zu viel, zeugt aber immerhin vom Einsatzwillen der Spieler. Etwas mehr Cleverness im Zweikampfverhalten wäre dennoch angebracht – immerhin, nachdem ich „im Zweikampf auf den Beinen bleiben“ eingestellt hatte, gab's auch keine Karten mehr.
Grundsätzlich haben wir gut verteidigt (die meisten gegnerischen Schüsse waren aus der Distanz) und unsere Abseitsfalle hat ein paar Mal gut funktioniert. Offensiv gibt es auch überhaupt nichts zu bemängeln – was will man nach 4 wunderschönen Toren auch noch groß sagen?
Und: Muyters, N'Toko, van Son, Vermeer und de Groot landen in der Mannschaft der Woche. 5 Spieler, darauf darf man ein bisschen stolz sein.
Nach dem Spiel betritt Paul den Presseraum, wo ihn die schon fast altbekannten Gesichter erwarten. Er legt seine Einschätzung des Spiels dar und gibt dann den Startschuss für die anschließende Fragerunde. De Lange lässt sich das natürlich nicht nehmen:
Herr Faltermeyer, nach dem Spiel gegen Helmond hat wohl keiner mit dem Ergebnis gerechnet, oder?Sie stellen Fragen... natürlich rechnet keiner mit einem 4:0, aber ich war mir sicher, dass die Jungs heiß sind und es allen zeigen wollen! Ich freue mich und die Fans sicherlich auch. Das ist die Hauptsache.Hat ihnen das frühe Tor geholfen?Das ist die nächste blöde Frage, Herr de Lange. Ach, ist ja auch egal... Paul sammelt sich kurz.
Ein frühes Tor hilft immer, klar.Eine letzte Frage noch. de Lange grinst diebisch, in Vorfreude auf die zu erwartende Reaktion Pauls.
Haben sie mit ihrer Mannschaft vor der Begegnung Rugby gespielt, oder wie erklären sie sich das überharte Einsteigen und die vielen gelben Karten?Nein, wir haben gestern einen Boxring auf dem Traingsplatz aufgebaut. Zweikampftraining. Jeder durfte mal ran... die Presse lacht, nur de Lange hatte sich offenbar mehr erhofft und hakt deshalb nach.
Im Ernst, was sagen sie zu den gelben Karten?Was ich dazu sage? Es waren zu viele, aber, ähm, aber wir haben gezeigt, dass wir alle kleine Casanovas sind!Was bedeutet das denn schon wieder?Leidenschaft, Herr Lange! Leidenschaft! Das war es, was uns heute ausgezeichnet hat.
Unter der Woche kommt noch eine gute Nachricht: de Groot verlängert um ein Jahr mit Option auf ein weiteres und Makiavala verlängert um zwei Jahre. Beide Verträge kommen ohne bzw. nur mit geringer Gehaltserhöhung aus, so dass wir im Budget bleiben können. Allerdings musste ich bei den Prämien ein paar Zugeständnisse machen. Egal, ich bin sowieso für stärker leistungsbezogene Verträge.
Am nächsten Morgen im Hotel. Birgit ist mittlerweile mehr oder weniger in Pauls Hotelzimmer eingezogen, was diesen wenig bis gar nicht begeistert, denn sein organisiertes Chaos wird nun durch die für ihn chaotische Ordnung seiner Frau durcheinander gebracht. Hektisch eilt er durchs Zimmer, auf der Suche nach etwas.
Birgit, wo ist den mein Dings?Was denn? fragt Birgit, die in einem unförmig sitzenden Nachthemd aus dem Bad kommt.
Na das schwarze! Wo hast du das hin?Ich habe gar nichts irgendwohin.Och, Maus, seit du hier bist, finde ich gar nichts mehr.Ist es in deiner Jackentasche?Paul greift in die Tasche, und siehe da: er ertastet sein Notizbuch.
Und? fragt Birgit, die an Pauls peinlich berührtem Gesichtsabdruck ablesen kann, dass es sich in der Tasche befindet.
Jaja, du hattest recht. Mal wieder. So, jetzt muss ich aber wirklich los, die Arbeit ruft!Wenig später ist Paul auf dem Trainingsplatz und scheucht seine Spieler von einer Einheit zur nächsten. Der gestrige Sieg hat ihn beflügelt und er will unbedingt mehr davon. Er will den Schwung in die kommenden, harten Partien mitnehmen und nachlegen. Wenn sie nur eine kleine Serie starten könnten, dann wäre mit dem ganzen Gerede vom unfähigen Amateurtrainer endgültig Schluss.