@Loucypher: Danke für das Feedback - genau das ist auch mein Plan gewesen, gerade bei den abgerutschten Altmeistern ist das Geschehen auf dem Platz ja nicht das einzig Interessante, und unterklassig kann ich mir auch im RL vorstellen, dass alles sehr viel unmittelbarer ist als bei den Hochglanzunternehmen aus der CL. Dazu hat Paris auch (hat sich mir erst beim Schreiben gezeigt) eine für Stories traumhafte Vereinslandschaft mit potenziellen Derbies in allen Ligen und der stetigen Chance, mit einem Traditionsclub auf ein Kommerzunternehmen (wie derzeit das, streng genommen, gescheiterte Projekt PFC) zu treffen.
Derbyfieber!
"De Stade de Paris à Stade Saint-Dénis!" hörte ich es von den Rängen schallen, während ich die ersten Interviews gab. Karim stand zwar dabei, aber die Fragen stellte ein Reporter einer nationalen Zeitung, den ich bisher nicht kannte - kaum gewinne ich mal zu Hause, kommt auf einmal ganz Frankreich aus seinen Löchern!
"Monsieur Pfeil, ein toller Sieg über einen auf dem Papier übermächtigen Gegner! Wie fühlen Sie sich?" "So übermächtig kann der Gegner auf Ihrem Papier nicht gewesen sein, sonst hätten wir heute nicht gewonnen! Ich bin unglaublich stolz auf meine Jungs, so kämpft man in Paris und so spielt man in Paris!" Zu weiteren Fragen kam der Reporter nicht mehr, denn "Étoile Rouge" hatte sich in den Innenraum geschlichen (stellen die hier etwa auch die Ordner?), schnappte sich die Mannschaft - und damit auch mich - und trug uns eine Ehrenrunde durch das Stadion. Als sie mich wieder absetzten, versuchte ich die Stimmung noch etwas herunterzukochen -
"Freunde, weder war das PSG, noch war das schon das Finale!", doch irgendwie war es schon toll, die Fans so glücklich zu sehen. Es war auch toll, die Mannschaft so spielen zu sehen, und es freute mich riesig, hier ein Team wachsen zu sehen. Diese Mannschaft konnte noch einiges erreichen.
Mittwoch vor dem Training trafen wir uns wieder vor dem Fernseher im Vereinsheim zur Verfolgung der Auslosung. Wird es diesmal vielleicht das ersehnte Derby? Überraschungsmannschaften haben wir in Paris ja jetzt schon drei, und auch unser traditioneller Erzrivale, der Racing Club, ist noch drin...
Der erste Kracher war die Partie der beiden Zweitligisten Stade Laval und AS Nancy - Siebter gegen Fünfter, zwei starke Angriffsreihen, da lagen Spannung und Qualität drin. Ein Raunen ging durch die Mannschaft, als der PFC als Heimteam gezogen wurde - da wird doch wohl nicht... JAAAAA!!!! Es gab das Pariser Derby! Tradition gegen Moderne! Nord gegen Ost! Wir fuhren zum PFC! Auch die Stadt Vitré in der Bretagne, knappe 40 km östlich von Rennes, bekam ihr Derby, das noch zusätzliche Brisanz daraus zog, dass sich der FC La Vitré und der AS Vitré ein Stadion teilten. Dass die beiden Vereine Erzrivalen waren, versteht sich da von selbst. Der Racing Club schließlich bekam in Blois, auf halber Strecke zwischen Orléans und Tours direkt an der Loire gelegen, einen machbaren Gegner - die Chance auf ein weiteres Derby war gegeben!
Der FC Bourg-Pérronas kam zu uns. Personell mit zahlreichen Verletzten gebeutelt, darunter auch zentrale Figuren sowohl vorne als auch hinten, gerade gegen einen Fünftligisten aus dem Pokal geflogen, dazu eine der auswärtsschwächsten Mannschaften der Liga und ohnehin aktuell nur auf Rang 16 platziert, musste ich meine Jungs ermahnen, den Gegner ernst zu nehmen und gerade zu Hause nicht wieder vorzeitige Weihnachtsgeschenke zu verteilen. Bei mir waren wieder alle Mann an Bord, sogar Jimmy Dechêne hatte seinen Armbruch überraschend schnell auskuriert - ich blieb jedoch meiner Linie treu, keinen Spieler mit solch einem Trainingsrückstand auf den Platz zu schicken. Auch gesperrt war niemand, wobei allerdings gleich fünf Mann gefährdet waren. Der angesetzte Schiedsrichter, einer der notenbesten der Liga, war nun allerdings nicht dafür bekannt, mit Tickets um sich zu werfen, so dass ich nicht mit dem Gedanken spielen wollte, auch nur einen der Jungs deshalb zu schonen - ich konnte in Bestbesetzung auflaufen. Tulasne schickte ich auf Rechtsaußen zurück in die Startelf, Partouche sollte von der Bank kommen - den zuletzt starken Diaby wollte ich nicht aus der Mannschaft nehmen.
Auch die Werbemaßnahme wirkte - offenbar hatten einige Dauerkartenbesitzer nicht nur einen Gast mitgebracht. Vielleicht hatten sich auch einfach einige, die das Spiel gegen Le Havre gesehen hatten, diesmal wieder ein Ticket gekauft. Wie auch immer, wir hatten 400 Besucher mehr als üblich im Stadion, und die wollten heute mit gutem Fußball versorgt werden.
Die Aufstellung: Planté -
Ielsch, Cériélo (68. Dupé), Allegro,
Marie - Rogie, Makhedjouf (61. Ricca) - Diaby (66. Partouche),
Tulasne - Laborde, Lefaix
Ausfälle: Dechêne (Trainingsrückstand nach Armbruch)
Der Gegner: FC Bourg-Péronnas (16., Medien-Tipp: 15., Form wWDll)
1189 Zuschauer im Stade Bauer
Tore: Diaby (31./Makhedjouf, 35./dir. FS, Foul an Lefaix, 47./Marie)
Ergebnis: 3:1 (2:1)
Das Spiel:
Péronnas war die bessere Mannschaft in der Anfangsphase, während meine Jungs nicht wirklich in die Zweikämpfe kamen - und wenn, dann wurde es unsauber, bereits nach fünf Minuten hatte Cériélo den ersten Gegner vom Platz gegrätscht. Die Gäste übten an dieser Attacke allerdings prompt Revanche - auf sportliche Art: Viel zu einfach konnten sie den Ball in den Strafraum spielen, und viel zu frei kam der Angreifer dort zum Abschluss - 1:0 für den Gast aus der Region Rhône-Alpes, 60 km nördlich von Lyon. Plantés Flüche konnte man wahrscheinlich bis dorthin hören - und meine auch. "Was ist das hier für eine Auffassung von Defensive? Hier kannste ja nen Laster wenden! DECKT DIE JETZT MAL, LUFT ZUM ATMEN WIRD ÜBERBEWERTET, ZUGRIFF!" Die Mannschaft war allerdings von dem frühen Rückstand geschockt, was sich vor allem im uninspirierten Spiel nach vorne zeigte. Diaby suchte Lefaix im Strafraum, aber solch ungenaue und durchsichtige Pässe waren ein gefundenes Fressen, um der Gästeabwehr Sicherheit zu geben (14.). Dann aber doch mal etwas Konstruktives: Laborde schickte Tulasne mit einem feinen Steilpass auf den rechten Flügel, dessen Flanke fand auch den Kopf von Lefaix - doch der wiederum bewarb sich mit miserablem Timing für eine Sonderschicht am Kopfballpendel (19.). Red Star war nun aber wacher - nach einer wahren Kurzpass-Stafette zog Rogie durch einen Doppelpass mit Marie die Abwehr auseinander und legte dann in die Mitte zu Makhedjouf, der aus 17 Metern sofort flach abzog und platziert die linke Ecke anvisierte - eine Klasseparade des Gästetorwarts konnte gerade noch den Ausgleich und das erste Saisontor unserer Nummer 10 verhindern (22). Meine Defensive allerdings spielte nach wie vor sehr ruppig - nach gerade 25 Minuten trat Ielsch zu und erzwang bereits die zweite Auswechslung meiner Gegner, deren medizinische Abteilung ohnehin schon überlastet war. Nur war es allerdings nicht so, dass wir nur Standards verteilten - wir schossen auch welche - Diabys Freistoß in den Strafraum wurde allerdings zunächst zur Ecke geklärt. Die brachte Makhedjouf mittig vor das Tor, in dem der Torwart auf der Linie kleben blieb und wiederum Diaby im Fünfmeterraum köpfen ließ - der konnte sich die Ecke aussuchen und einnicken, 1:1, Ausgleich, jetzt geht's hier erst richtig los (31.).! Und machten weitere Geschenke, denn anders konnte ich einen Freistoß zentral 17 Meter vor dem Tor nicht bezeichnen, nachdem Lefaix dort gefoult wurde. Diaby trat an, zirkelte den Ball um die Mauer - und genau links oben in den Winkel, 2:1 Red Star, get the party started (35.)! Das war auch gleichzeitig der Pausenstand - der Spielverlauf konnte der Moral einen Schub geben, nur die destruktive Chirurgie in der Defensive musste aufhören - schließlich wollte ich das Spiel mit elf Mann auf dem Feld zu Ende spielen.
In der zweiten Hälfte ging die Diaby-Show weiter: Marie schlug aus dem rechten Halbfeld eine Willy-Sagnol-Gedächtnisflanke an den langen Pfosten, wieder verblieb der Keeper wie festgeschraubt auf der Linie, wieder fand der Ball den Kopf von Diaby, und wieder schepperte es - 3:1 Red Star, der dritte Streich (47.)! In der Folge spielte auch die Abwehr souveräner - und vor allen Dingen fairer, während wir in der Offensive weiter die bestimmende Mannschaft blieben, mit einem überragenden Diaby an der Spitze. Auch andere versuchten sich am Toreschießen, zunächst jedoch nicht mit Erfolg (Laborde 51., Tulasne 61.). Von Péronnas war in der zweiten Hälfte bislang nichts zu sehen. Nach 66 Minuten durfte sich Diaby dann Standing Ovations von den Rängen abholen, Partouche kam für ihn und besetzte die Rechtsaußenpositon, während Tulasne auf links rückte und Diabys Position übernahm. Auch der völlig abgetauchte Laborde versuchte sich nach Doppelpass mit Partouche endlich einmal mit einem Torschuss, setzte den Ball jedoch kurz hinter den Außenpfosten - so trifft man nur in Hoffenheim, und auch nur mit Pharmahintergrund (77.). Nach ganzen 79 Minuten dann der erste Tätigkeitsnachweis für Planté in Hälfte zwei, der Schuss aus 16 Metern halbrechter Position war zwar keine große Herausforderung, hielt den Torwart aber immerhin in der Novemberkälte vom Erfrieren ab. In den letzten Minuten wurde Péronnas dann doch noch einmal lebendig, allerdings ohne im Abschluss wirklich Gefahr auszustrahlen (85., 90+1.). Insgesamt brachte eine gerade in der zweiten Hälfte souveräne Leistung, bei der im Mittelfeld der defensivere Ricca anstelle des kreativen Makhedjouf half, das Spiel zu kontrollieren, die Punkte sicher nach Hause, und in Péronnas wird man beim Gedanken an dieses Spiel noch lange unter Diabytes leiden.
Und was macht der PFC: Beim Tabellenführer Luzenac in den Pyrenäen 4:2 gewinnen, mit 10 gegen 10 zu Ende spielen und auf P5 springen.
Endlich können wir auch zu Hause gewinnen! Nach dem überzeugenden Sieg im Pokal konnten wir die gute Form auch in der Liga nutzen und vor der größten Kulisse, die wir bislang in der Liga hatten, überzeugend und erfolgreich spielen. Die Passquote von 82% ist schon fast aufstiegsreif, einzig die unfairen Tritte müssen wir noch reduzieren, wobei auch das in der zweiten Halbzeit schon ganz gut aussah. So langsam konnte ich auch den Blick nach unten ablegen, denn zum 15. aus Péronnas waren es immerhin acht Punkte, zum Dritten, Luçon, jedoch nur deren sieben, was mich mit einer ausgeglichenen Bilanz (6-3-6) auf P9 spülte. In jedem Fall ist Paris derzeit eine Macht in der Liga, und wer die Nummer 2 der Stadt nach PSG ist, würde sich in den nächsten beiden Spielen, in Liga und Pokal, herausstellen.
Präsident Haddad fing mich noch auf dem Gang in die Kabine ab.
"Pfeil, das war ein Sieg im rechten Moment. Ich habe mit einigen Menschen gesprochen, die heute zum ersten Mal hier waren - ihnen hat das Spiel und das Erlebnis hervorragend gefallen, diese Emotion, ein Spiel umzudrehen, dann einen Sieg zu feiern, wir hatten ja alles in 90 Minuten. Die werden wiederkommen, die Aktion war ein voller Erfolg, auch dank Ihnen!" Ich wehrte ab.
"Danken Sie nicht mir, danken Sie den Spielern, die haben das Spiel gewonnen." Haddad lächelte und drehte in Richtung der jubelnden Spieler ab, die gerade Oumarou Diaby vor der Kurve hochleben ließen.
Das Derby gegen den PFC stand an, und die ganze Woche waren die Pariser Zeitungen voll davon. Einerseits hatten sie sonst keine ernsthaften begeisternden Fußballnachrichten - PSG rangierte trotz aller Petrodollars nur auf Rang 3 in der Ligue 1 und hatte schon 5 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Lille, war dazu in der Champions League-Gruppe an Barça und Ajax gescheitert -, andererseits war es auch ein Aufeinanderprallen von Kulturen: das kommunistische Saint-Ouen (der Bürgermeister war seit '45 durchgehend Kommunist*) gegen das gaullistische 20. Arrondissement, Arbeiter gegen Mittelschicht, Kernstadt gegen Vorstadt - und auch Tradition gegen Moderne: Im Angesicht dessen, dass Ende der 60er nur genau Red Star in der Division 1 Paris repräsentierte, wurden 1969 der PFC und 1970 PSG aus dem Boden gestampft, einzig mit dem Ziel, den Pariser Fußball innerhalb der Kernstadt zu reanimieren (kennen wir eine solche Motivation nicht aktuell aus Leipzig?). Nun gut, während der PFC in der Folge eher stiefmütterlich behandelt wurde, hatte PSG den Modezaren Daniel Hechter (quasi den Mateschitz von Paris) - den Rest muss ich wohl nicht erklären. Der PFC ist also irgendwie das ungewollte Kind der Stadt, obendrauf Retorte pur - und Zeugnis davon, dass man in Paris nicht von Red Star repräsentiert werden wollte. Gibt es noch mehr Gründe, diesen Verein bei Red Star zu hassen?
Ein grauer Novemberfreitag, aber das Derbyfieber grassierte in Paris, wir fuhren einen Viertelkreis im Uhrzeigersinn auf dem Boulevard Péripherique ins 20. Arrondissement, im Osten von Paris. Da der PFC offenbar das Spielfeld des Stade Déjerine wieder in Ordnung gebracht hat, konnte der Club vom überdimensionierten Charléty im Süden wieder in die Heimat zurückkehren. Bei uns waren alle Spieler fit und spielberechtigt, beim PFC fehlte der Abräumer auf der Sechs rotgesperrt, ansonsten waren auch hier alle an Bord. Die Bedeutung des Spiels musste ich niemandem erklären (da ohnehin jedem Spieler klar war, dass er ansonsten sofort seinen Spind räumen durfte und lebenslang Saint-Ouen-Verbot hatte). Schon eine Stunde vor dem Spiel konnte man das "Saint où?" aus dem PFC-Block hören, das mit lautstarkem "PFC, PFC, pas un club, PLASTIQUE!" der Gästefans gekontert wurde - kurzum, obwohl Red Star den PFC nicht als Verein ernst nahm (das taten wir nur beim Racing Club, also nicht einmal bei PSG), kam richtige Derbystimmung auf - vergleichbar mit Köln gegen Leverkusen. Sogar das Fernsehen wollte sich das Spektakel nicht entgehen lassen, was es für mich noch spannender machte: Auswärts waren wir zwar eine Macht, das Fernsehen hatte bei seinen bisherigen Übertragungen allerdings nur Red-Star-Niederlagen eingefangen. Da wir allerdings mit dem Heimsieg zuletzt eine Serie durchbrechen konnten, war ich zuversichtlich, diese jetzt auch ad acta legen zu können. Hierzu nahm ich nur eine Veränderung vor, und die auch nur auf der Bank: Jimmy Dechêne nahm an Stelle von Ricca dort Platz.
Die Aufstellung: Planté - Ielsch, Cériélo, Allegro,
Marie -
Rogie (57.
Dechêne),
Makhedjouf - Diaby (67. Partouche), Tulasne - Laborde, Lefaix (39. Durbant)
Ausfälle: alle Mann an Bord
Der Gegner: Paris FC 2000 (5., Medien-Tipp: 14., Form wlWWw)
441 Zuschauer im Stade des Docteurs Déjerine (3000 Plätze, Naturrasen)
Tore: Tulasne (50./Allegro), Partouche (69./Durbant)
Ergebnis: 2:2 (0:1)
Das Spiel:
Beide Mannschaften spielten von Anfang an nach vorne, doch während der PFC nicht ganz bis nach vorne durchkam (4.), wurde die erste Chance bei Red Star gleich gefährlich: Lefaix nahm den Ball vor dem Sechzehner mit dem Rücken zum Tor an und schirmte ihn geschickt ab, um dann in den Strafraum durchzustecken, wo Diaby gestartet war - der guten Reaktion des Heimtorwarts war es zu verdanken, dass es hier kein frühes Tor, sondern nur eine frühe Ecke gab (6.). Dann wieder der PFC: Bei einem Steilpass in den Strafraum grätschte Cériélo am Ball vorbei, und der Stürmer hatte keine Mühe, flach ins kurze Eck zu versenken - 1:0 PFC (10.). Red Star war allerdings nicht geschockt, denn praktisch im Gegenangriff dribbelte Lefaix nach einem Sprint von der Außenlinie nach innen und hatte das Auge für Diabys Laufweg, der in dieser Situation jedoch einfach einen besseren rechten Fuß gebraucht hätte - so segelte der Ball weit vorbei (11.). Auch Planté verteilte wieder Einladungen und lieferte so Gründe für Herzinfarkte, jedoch war nach seinem Katastrophenball im Aufbau der Heber von der Mittellinie zu weit nach links gezielt (18.). Auch vorne waren die Abschlüsse zu unpräzise - nach toller Übersicht von Makhedjouf konnte Laborde unbedrängt auf das PFC-Tor zulaufen, zog jedoch knapp drüber (19.), und auch Lefaix machte es nach einem langen Schlag von Planté nicht besser (23.). Auch Labordes zweiter Anlauf, diesmal aus der Drehung nach einem Pass von Rogie an den Strafraum, bewies mehr Gefahr für den Verkehr neben als für das Tor im Stadion (31.). Es flog zwar nun ein Ball nach dem anderen in Richtung PFC-Gehäuse - aber die Richtungsbestimmung war zu grob, um echte Torgefahr heraufzubeschwören. Zu allem Überfluss lief Lefaix nach einem Zweikampf nicht mehr rund - zur Sicherheit ersetzte ich ihn noch vor der Pause durch Durbant (39.), der nun hängend agieren sollte, und zog Laborde an vorderste Front. Brachte zwar schöne Spielzüge, aber wieder keine Torgefahr (Laborde auf Makhedjouf, Schuss Richtung Eckfahne, 43.). Wenig später humpelte allerdings auch die Sturmspitze des PFC (44.), mein Kollege entschied sich jedoch, ihn auf dem Feld zu belassen. Ein hervorragend anzuschauendes Derby ging in die Pause, leider mit einer schmeichelhaften Führung für das Heimteam. Ich motivierte meine Jungs noch einmal, denn die Leistung war bei den meisten nicht schlecht, nur das Tor fehlte.
Red Star kam besser aus der Pause - bis auf Planté, der mit einem Abwurf für einen weiteren Schockmoment sorgte, der von Ielsch gerade noch per Grätsche bereinigt werden konnte (47.) - und belohnte sich auch endlich: Nach einem Einwurf schlug Makhedjouf eine Flanke, die zu kurz geklärt wurde. Der aufgerückte Allegro köpfte postwendend wieder in den Strafraum, wo sich der bislang blasse Tulasne ein Herz fasste und volley mit seinem etwas schwächeren linken Fuß abzog - der Ball schlug unhaltbar im langen Torwinkel ein, 1:1 (50.), es geht doch! Nun war richtig Pfeffer in der Partie, und meine Mannschaft wollte das Spiel endgültig drehen. Makhedjouf brachte wieder eine Flanke, diesmal fand sie den Kopf von Laborde, doch der hatte das Visier heute doch zu weit nach links gestellt (52.). Wenn jedoch eines beständig war, dann der Wahnsinn, der in meiner Defensive vorgeht: Eigentlich war der Rechtsaußen des PFC bereits gestellt und abgedrängt, zwei schnelle Pässe später jedoch wurde in der gleichen Situation ein mit aufgerückter Angreifer übersehen, der völlig blank per Direktabnahme in die kurze Ecke Planté keine Chance ließ - 2:1 PFC, und man hört es schnarchen bis Saint-Ouen, was mich auf die Palme brachte. "Nehmt Euch zusammen, und BLEIBT MAL WACH, MANN!! Keine weiteren Geschenke!" Ich brachte Partouche für den schwachen Diaby und schickte Tulasne nach links. Und der Neue führte sich gleich blendend ein: Durbant setzte im Spielaufbau energisch nach und eroberte den Ball auf rechts, sprintete in den Strafraum, ließ dabei zwei Gegner stehen und hatte auch noch das Auge, auf Partouche abzulegen, der eingelaufen war - dieser fackelte nicht lange und nagelte das Leder vehement an den Innenpfosten - und von da ins kurze Eck, 2:2 (69.), alles wieder offen, was für ein Derby! Nun zeichnete sich auch der endlich konzentrierte Planté aus, als er nach einem Konter gegen einen sträflich freistehenden Angreifer mit einer absoluten Glanztat die erneute PFC-Führung verhinderte (72.). Wenige Minuten später konnte dies allerdings nach Klassepass von Dechêne auch der PFC-Keeper gegen Laborde zeigen (76.). Dechêne selbst hatte dann die Chance, per Freistoß zentral von der Strafraumlinie dem Spiel die vielleicht letzte Wendung zu geben, verzog aber knapp (82.). Deutlicher verzog nach einer Makhedjouf-Flanke von links wenige Minuten später Laborde, der Ball flog aus spitzem Winkel deutlich in Richtung Eckfahne (84.). So musste nach einem weiteren Konter, bei dem meine Abwehr die Arbeit einstellte, Planté erneut das Unentschieden retten (87.). Nach einem langen Schlag meines Keepers erkämpfte sich Durbant mit tollem Einsatz den Ball, der landete bei Partouche, der sofort den Sprint anzog, seinem Gegenspieler die Hacken zeigte - und leider im Abschluss nicht die Nerven behielt, wieder zischte der Ball knapp über die Latte (90.+2). Dann war Schluss, ein hochklassiges Derby war vorbei, und beide Mannschaften konnten Werbung für den Pariser Fußball machen.
Was ein Spiel! Zweimal lagen wir hinten, zweimal konnten wir ausgleichen, und es waren reichlich Chancen da, das Ding tatsächlich zu gewinnen. Am Ende war es aber ein faires Unentschieden und ein Derby, wie es sich die Fans nur wünschen konnten - mit Superjoker Maxime Partouche hatten wir sogar einer der Helden des Spiels in unseren Reihen. Einzig Laborde war heute ein Totalausfall, was auch an seiner ungewohnten Position als vorgezogene Spitze gelegen haben kann. In einer Woche sollte er die nächste Chance bekommen, ein Derby zu gewinnen, nur stand jetzt schon fest, dass dieses Spiel einen Sieger finden würde - wie lange es auch immer dauern sollte.
Glücklicherweise war die Fahrt auf den Boulevard Périphérique nicht allzu weit - quer durch den Bezirk hätte es unser Mannschaftsbus wohl nicht überlebt, die Enttäuschung, zwei Führungen nicht in drei Punkte ummünzen zu können, saß wohl zu tief. Keine 15 Minuten später tönten uns bei der Abfahrt von der Autobahn jedoch vertrautere Klänge entgegen - vor dem Stade Bauer übten sich die Fans, die unseren Bus einkreisten, in Wechselgesängen - ihr lautes "RED-STAR! RED-STAR!" hörte man wahrscheinlich noch bis zum Eiffelturm.
*bei den Wahlen 2014, bei denen wir hier noch nicht angekommen sind, wurde das übrigens geändert, nun ist der Bürgermeister von der UDI