Häufig hört man die Aussage, dass der Auftritt nach einer verpatzten Generalprobe umso besser wird. Und genau das war der Satz an den ich mich nun klammern musste, um noch Hoffnungen für den Asien-Cup haben zu können. Der Vorstand wurde so langsam auch unzufrieden mit mir und hat mich nur zähneknirschend im Amt gelassen.
Asien-Cup 2023Der Screenshot spoilert jetzt zwar ein bisschen, aber ich hatte es einfach verpasst vor dem Turnier einen Screen zu machen. Wie jedoch vorher bereits gesagt, war ich mit der Auslosung der Gruppe sehr zufrieden. Für mich war vor dem Turnier Gruppe D die stärkste Gruppe, da eigentlich nur China Außenseite war und alle anderen Mannschaften sich auf Augenhöhe entgegentreten konnten. Das Südkorea dann so deutlich ausscheidet hat mich auch überrascht. Ansonsten war vor allem Gruppe B sehr dicht beieinander und dort hatte jeder eine realistische Chance aufs Weiterkommen.
Im ersten Spiel sollte ich gleich gegen Gastgeber Japan ran. Ein harter Brocken, so hatten sie nicht nur den Heimvorteil, sondern waren auch in der Weltrangliste als einziges Team aus meiner Gruppe vor mir platziert.
Umso schöner was meine Jungs dann auf dem Platz präsentierten. Die Japaner wurden mit 4:2 abgefertigt und mein Team konnte einen ungefährdeten Sieg einfahren. Im übrigen auch mein erster Sieg mit einer Nationalmannschaft bei einem Turnier - recht mager wenn man bedenkt, dass es nun schon mein drittes Turnier ist.
Als nächstes war Turkmenistan dran, der einfachste Gegner auf dem Papier. Trotzdem taten sich meine Jungs recht schwer gegen sie. Nach einer Stunde kam dann durch Human Tariq endlich der erlösende Treffer zum 1:0. Die Erleichterung merkte man meinen Spielern förmlich an, da das Spiel dann locker für uns runterlief und wir 3:0 gewinnen konnten.
Im letzten Gruppenspiel sollte es also gegen Saudi-Arabien gehen. Und trotz der beiden Siege waren wir noch nicht durch. Bei einer Niederlage und einem gleichzeitigen Sieg Japans gegen Turkmenistan hätten wir alle drei 6 Punkte gehabt und alles wäre möglich gewesen. Also lautete die Devise: Nicht verlieren! (Wir sind hier nicht in Deutschland wo es heißt "wir können nicht auf Unentschieden spielen"
)
Ich rotierte auch ein bisschen durch, um meine Schlüsselspieler fit für die KO-Runde zu halten.
Japan besiegte Turkmenistan erwartungsgemäß mit 2:0 und wir lieferten uns mit Saudi-Arabien ein langweiliges 0:0 was für uns jedoch den Gruppensieg bedeutete!
Insgesamt war ich mit der Leistung meiner Mannschaft sehr zufrieden. Überraschend war, dass dieses Mal nicht Hamed Mohammed (einzige Spitze) für den Großteil der Tore zuständig war, sondern Human Tariq. Mohammed trat vor allem als Vorbereiter in Erscheinung. Aus anderen Spielen kannte man das Ganze sonst umgekehrt
Der Vorstand erwartete von mir mindestens das Halbfinale, also war klar, dass ich das Viertelfinale gewinnen musste. Abgesehen davon, wollte ich selbst unbedingt meinen ersten Titel als Trainer gewinnen.
Im Viertelfinale wartete nun der Iran auf uns, die Mannschaft gegen die wir beim enttäuschenden WAFF Championschip immerhin einen Sieg erringen konnten. Trotzdem war mir klar, dass es kein leichtes Spiel werden würde, sodass ich meine beste Elf auf den Platz schickte. Abgesehen vom Rechtsverteidiger, dort hatte sich mit dem 20jährigen Ebrahim Razmpoush ein Spieler empfohlen, der gegen Turkmenistan sein Debüt in der Nationalmannschaft feierte und auch gegen Saudi-Arabien überzeugte.
Nach 10 Minuten brachte uns Human Tariq in Führung, musste dann jedoch 10 Minuten später verletzt raus. Ich brachte den "alten" Jassim, der mit seinen 35 Jahren vor allem für Stabilität sorgen sollte.
Wir spielten das Ergebnis gut herunter und kamen selten in Gefahr. Trotzdem konnte der Iran in der 75. Minute letztendlich ausgleichen. Anschließend fand vor allem Ergebnisverwaltung statt, sodass es letztendlich ins Elfmeterschießen ging.
Den zweiten Schuss vom Iran konnte mein Keeper souverän parieren, leider war es dann ausgerechnet Jassim, der den anschließenden Schuss auch versiebte. Den fünften und letzten Schuss setzte ein Iraner in Sergio Ramos Manier über die Latte. Mein Innenverteidiger Mustafa Nadhim netzte eiskalt ein und somit standen wir im Halbfinale.
Dort war klar, dass der Sieger aus der Partie Kuwait:Oman auf uns warten sollte. Mir graute es innerlich vor einem Duell mit Kuwait, die uns vor einem Monat so abgewatscht hatten und auch bei diesem Turnier gut in Form schienen.
Doch dann kam alles anders. Kuwait ging gegen den Oman zwar mit 1:0 in Führung, musste nach 90 Minuten jedoch ein 3:3 und somit die Verlängerung hinnehmen. Dort zeigten die Omaner innerhalb von zwei Minuten ihr Können und schickten Kuwait mit 5:3 nach Verlängerung nach Hause. Wir jubelten mit den Omanern...
Natürlich wollte ich nicht den Fehler machen und den Oman unterschätzen, aber trotzdem war ich erleichtert, das mein Gegner nicht Kuwait hießt. Tariq war glücklicherweise wieder fit und hinten rechts durfte nun auch wieder Sallal ran.
Tatsächlich gerieten wir gegen den Oman mit 0:1 nach einer halben Stunde in Rückstand. Erst nach einer Stunde erlöste uns Qasem mit einem tollen Solo, dass zum 1:1 führte. Dann drehte mein Team ordentlich auf, da der Oman hinten ziemlich viele Lücken offenbarte. Am Ende gewannen wir, auch dank eines Foulelfmeters, deutlich mit 3:1 und standen somit tatsächlich im Finale des Asien Cups.
Im anderen Halbfinale konnte Katar die V.A.E. mit 3:2 nach Verlängerung schlagen.
Auch Katar war niemand unbekanntes, hatte uns vor einem Monat unverdient!!! mit 1:0 geschlagen und konnte bei dem Turnier immerhin Gastgeber Japan aus dem Turnier kegeln. Mir war klar, dass es ein Hammer-Finale werden würde. Katar war derzeit super drauf. Hatte vor einem halben Jahr erst die WM im eigenen Land und konnte dort souverän mit Brasilien das Achtelfinale erreichen. Da wäre nun die Krönung durch den Asien-Cup natürlich umso perfekter für den Scheich-Staat. Doch wir hatten ja auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Ich will es kurz machen: Wir gewannen klar und deutlich mit 4:1. Das wir gerade einen Titel gewonnen hatten wurde mir erst klar als bei Abpfiff plötzlich leuchtendes Konfetti von der Stadiondecke fiel und unsere Anhänger wie verrückt jubelten. Wir waren tatsächlich Asien-Meister, meine Jungs hatten es geschafft. Und auch ich konnte endlich beweisen, dass man mit mir als Trainer auch echte Titel gewinnen konnte! Was für ein Gefühl!
Und auch in der Weltrangliste machte sich das Ergebnis bemerkbar. So kletterte der Irak auf eine vorher noch nie erreichte Position.
Nachdem der Jubel und die Feierlichkeiten vergangen waren zog ich mich zurück und dachte lange nach. Ich hatte immer gesagt, dass ich mindestens bis zum Asien-Cup bei der Mannschaft bleibe. Dies habe ich eingehalten und nun einem ganzen Land sogar einen Titel gebracht. Natürlich wollte mich gerne weiter dort behalten, ein Teil von mir wollte auch gerne da bleiben und mit den Jungs weiter trainieren und die WM 2026 in Angriff nehmen. Doch der größere Teil in mir sehnte sich nach einer neuen Aufgabe. Entweder Nationaltrainer einer größeren Nation oder aber noch mehr nach einer Aufgabe in einem guten Verein, da mir vor allem die tägliche Arbeit mit der Mannschaft fehlte.
Also kündigte ich 10 Tage nach dem Sieg des Asien-Cups meinen Job beim Irak und ließ ein junges Team mit viel Potential zurück. Möge ein qualifizierter Trainer dieses Land zu seiner ersten KO-Runde bei einer WM führen!