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Autor Thema: Steuerprozess Ulrich H.  (Gelesen 35830 mal)

Konni

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #80 am: 12.März 2014, 11:33:26 »

Es gibt jetzt aber erste Gerüchte in "Justizkreisen", nach denen die Zahl tatsächlich Bestandteil der Selbstanzeige sein soll. Nichts Genaues weiß mensch aber noch nicht, deshalb unter Vorbehalt.
Die vorbehaltlose Annahme der Summe kann jedenfalls auch ein Zeichen dafür sein, dass die Verteidigung weiterhin davon ausgeht, dass die SA ausreichend und wirksam ist. Dann stellt sich jedoch die Frage, weshalb diese Summe nicht schon am ersten Verhandlungstag kommuniziert wurde und weshalb die Staatsanwaltschaft diese Zahl in die Klage nicht hat einfließen lassen.

EDIT: Die Quelle ist nicht die Verteidigung, sondern es soll sich um die tatsächliche Selbstanzeige handeln, die gesichtet werden konnte.
« Letzte Änderung: 12.März 2014, 11:36:50 von Konni »
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quesar

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #81 am: 12.März 2014, 11:48:51 »

Wenn die Selbstanzeige angeblich tatsächlich in der Summe 27,2 Mio betragen hat, warum hat der Staatsanwalt am Montag dann nur Anklage wegen einer Höhe von 3,5 Mio erhoben? Das klingt für mich unlogisch.
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maturin

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #82 am: 12.März 2014, 11:53:04 »

Sollte die Selbstanzeige in der vollen Höhe erfolgt sein, stellt sich natürlich auch die Frage, wieso Hoeness nur von 18,5 Millionen gesprochen hat.

Davon abgesehen finde ich aber, dass man das Gesetz mal überarbeiten sollte. Bei so einer Summe darf es für mich eigentlich keine Strafbefreihung geben. Ändert natürlich nichts dran, dass Hoeness in dem Fall genauso wie alle anderen behandelt werden sollte. Zudem ist es natürlich dann ein noch grösseres Unding, das das ganze an die Öffentlichkeit gelangt ist.

Aber warten wir erst einmal ab.
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Folge meiner irrsinnigen Reise als deutscher Gründer, Fotograf und Dokumentarfilmer, wenn ich im Van mit Freundin und Hund Brasilien abseits der bekannten Wege erkunde. Wahrend unserer Expedition suchen wir die besten lokalen Guides für Peabiru, stürzen uns in Abenteuer in unangetasteter Natur und erzählen die Geschichten des ursprünglichen Brasiliens.

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Konni

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #83 am: 12.März 2014, 13:21:19 »

Die Fragen nach der Staatsanwaltschaft und der 18,5mio€ Darstellung habe ich auch schon aufgeworfen und mir erscheint das auch nicht schlüssig. Warten wir ab, wie das Gericht sie werten. Eine Selbstanzeige kann jedenfalls nicht einen "ungefähren" Wert umfassen oder gar nach oben offen sein. Die Anforderungen an eine Selbstanzeige sind eigentlich ziemlich restriktiv, da es ja gerade darum gehen soll, dass jemand aus freien Stücken zur Steuerehrlichkeit zurückkehren möchte. Es muss bei solch einer Anzeige die komplette Summe genannt und belegt werden, damit die Anzeige strafbefreiend wirkt. Eine gültige Selbstanzeige hat Hoeneß offenkundig nicht abgegeben, das war in der kurzen Zeit wohl auch nicht möglich. Ein Urteil kommt also so oder so auf ihn zu. Jetzt ist wichtig, was in der Selbstanzeige genau aufgeführt ist. Sind es wirklich nur die 3,5mio€, von der die Staatsanwaltschaft zu Prozessbeginn ausging, wäre die Selbstanzeige völlig wirkungslos, da sie kein Beleg zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit aufweist.
Ist in der Selbstanzeige allerdings auch aufgeführt, dass sich die Posten auf weit mehr als 25mio€ belaufen könnten, verbunden mit dem Versprechen, bei der Aufklärung des Sachverhaltes zu helfen, dann könnte die Selbstanzeige eine Rolle bei der Strafmaßfestlegung spielen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass selbst bei einer freiwilligen Offenlegung aller Sachverhalte eine (best-case) Summe von 27,2mio€ noch zu einer Bewährungsstrafe führen kann, aber die Würdigung hängt vom Gericht ab. Bei einer Steuerhinterziehung in diesem Ausmaß würde sich der Beschuldigte im zweistelligen Haftstrafbereich bewegen, eine Minderung des Strafmaßes aufgrund des umfassenden Geständnisses und der Aufklärungsbereitschaft könnte dann vllt zu einer sehr viel niedrigeren Haftstrafe führen. Wie lange die Dokumente genau vorliegen, konnte der EDV-Zeuge nicht genau sagen. Er hat Hoeneß heute insofern entlastet, als dass er meinte, dass die gesamten Dokumente mit Sicherheit nicht im Januar letzten Jahres vorlagen und Hoeneß diese somit 1 Jahr nicht herausgerückt hätte. Es kann durchaus sein, dass die Bank 1 Jahr gebraucht habe, bis die Dokumente vollständig vorlagen (das kann ich persönlich mir nur sehr schwer vorstellen im Zeitalter der Digitalisierung). Was aber natürlich am meisten stört, ist dieses Pseudo-Geständnis vom Montag. Völlig schleierhaft ist mir dahingehend weiterhin die Verteidigungsstrategie. Heute werden 27,2mio€ ohne große Prüfungen akzeptiert, wohingegen Hoeneß am Montag noch mit den 18,5mio€ brutalstmögliche, freiwillige Aufklärung betreiben wollte? Das war ein Schuss ins Bein. Wenn sich aus der Selbstanzeige die 27,2mio€ mit der Selbstverständlichkeit ergeben würden, mit der sie heute von der Verteidigung darstellt wurden (Natürlich kennen wir diese Zahl, wir sind ja nicht dämlich.), dann war es doch blanker Wahnsinn am Montag noch von 18,5mio€ zu sprechen.

Mit tun die Finanzbeamten ein wenig leid, die über 50.000 Dokumente auswerten müssen. Für das Verfahren spielen die genauen Summen der Steuerhinterziehung wohl keine Rolle mehr (macht ja auch für das Strafmaß kaum einen Unterschied, ob 27,2mio€ oder 35mio€ oder noch mehr hinterzogen werden), aber das Finanzamt muss die Summe haargenau herausfinden. Da werden etliche Menschen mit beschäftigt sein und das über einen längeren Zeitraum. Kostet auch alles Steuergelder...
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Topher

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #84 am: 12.März 2014, 14:18:43 »

Wieso spielt es für das Strafmaß denn keine Rolle?
Wäre für mich jetzt schon ein Unterschied ob 27 oder 35 Millionen Euro hinterzogen worden wären.
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Signor Rossi

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #85 am: 12.März 2014, 14:23:46 »

In der SZ war zu lesen, dass es sich bei den 27,2 Mio um Einkünfte handelt (zum Beispiel hier: "Das sind Einkünfte aus Spekulationsgeschäften." http://www.sueddeutsche.de/sport/prozess-gegen-uli-hoeness-urteil-koennte-doch-schon-am-donnerstag-fallen-1.1909162 ) Also sind die hinterzogenen Steuern doch viel geringer oder wird hier mit den Begrifflichkeiten geschlampt?
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j4y_z

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #86 am: 12.März 2014, 14:25:16 »

Wieso spielt es für das Strafmaß denn keine Rolle?
Wäre für mich jetzt schon ein Unterschied ob 27 oder 35 Millionen Euro hinterzogen worden wären.

Die Höchststrafe liegt bei 5 Jahren, die wohl auch schon bei 15 Mio erreicht worden wäre, wenn die Selbstanzeige rechtsungültig ist (siehe ähnlichen Fall Peter Graf, 3 Jahre und 9 Monate für 12,3 Mio. DM, ohne Selbstanzeige).
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veni_vidi_vici

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #87 am: 12.März 2014, 14:26:42 »

Wahrscheinlich zählt eine bestimmte Summe bereits als "schwerwiegend" und alles darüber ist dann... zählt nicht mehr ins Strafmaß.

Was ich bislang lesen konnte, scheint mir alles zu naiv von Hoeneß gewesen zu sein... und dass kann ich mir bei ihm irgendwie nicht vorstellen. Taktik? Meines Erachtens gehört er ins Gefängnis. Ich finde aber, dass eine größere Geldsumme die Strafe mindern sollte (und damit meine ich nicht nur den hinterzogenen Anteil, sondern weit darüber hinaus). Angeblich können bis zu 10 Jahre (j4y_z schreibt von 5 Jahren... wo habe ich die 10 aufgeschnappt?) verhängt werden. Personen, die weitaus schlimmeres verbrochen haben, kommen häufig "günstiger" davon. Geld könnte der Staat zudem auch gebrauchen. Aber das wird wohl so nicht mit den Gesetzen konform gehen.

LG Veni_vidi_vici

j4y_z

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #88 am: 12.März 2014, 14:29:34 »

Wahrscheinlich zählt eine bestimmte Summe bereits als "schwerwiegend" und alles darüber ist dann... zählt nicht mehr ins Strafmaß.

Was ich bislang lesen konnte, scheint mir alles zu naiv von Hoeneß gewesen zu sein... und dass kann ich mir bei ihm irgendwie nicht vorstellen. Taktik? Meines Erachtens gehört er ins Gefängnis. Ich finde aber, dass eine größere Geldsumme die Strafe mindern sollte (und damit meine ich nicht nur den hinterzogenen Anteil, sondern weit darüber hinaus). Angeblich können bis zu 10 Jahre (j4y_z schreibt von 5 Jahren... wo habe ich die 10 aufgeschnappt?) verhängt werden. Personen, die weitaus schlimmeres verbrochen haben, kommen häufig "günstiger" davon. Geld könnte der Staat zudem auch gebrauchen. Aber das wird wohl so nicht mit den Gesetzen konform gehen.

LG Veni_vidi_vici

Du hast recht, in besonders schweren Fällen bis zu 10 Jahren. http://de.wikipedia.org/wiki/Steuerhinterziehung_(Deutschland)
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Starkstrom_Energie

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #89 am: 12.März 2014, 14:48:25 »

Wahrscheinlich zählt eine bestimmte Summe bereits als "schwerwiegend" und alles darüber ist dann... zählt nicht mehr ins Strafmaß.

Ja, das ist wohl so. Du bekommst ja auch bei einem Mord lebenslänglich, bei fünf Morden auch. Vielleicht wird die besondere Schwere der Schuld festgestellt oder du bekommst Sicherungsverwahrung, aber das muss nicht sein. Wenn du bei einem Überfall eine Person erschießt oder zehn, macht da wenig Unterschied.
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HaHoHe, Euer Jürgen!

j4y_z

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #90 am: 12.März 2014, 14:55:04 »

Wahrscheinlich zählt eine bestimmte Summe bereits als "schwerwiegend" und alles darüber ist dann... zählt nicht mehr ins Strafmaß.

Ja, das ist wohl so. Du bekommst ja auch bei einem Mord lebenslänglich, bei fünf Morden auch. Vielleicht wird die besondere Schwere der Schuld festgestellt oder du bekommst Sicherungsverwahrung, aber das muss nicht sein. Wenn du bei einem Überfall eine Person erschießt oder zehn, macht da wenig Unterschied.

Nein. Man kann in Deutschland mehrfach lebenslänglich bekommen. Lebenslänglich in Deutschland heißt minimum 15 Jahre.
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j conway

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #91 am: 12.März 2014, 15:00:05 »

Die Selbstanzeige soll - laut Verteidigung - sogar eine Hinterziehungssumme von bis zu 70 Mio. abdecken!
Demnach wurden in der SA Gewinne in Höhe von 130 Mio.€ deklariert. Bei einem Einkommensteuersatz plus Solidaritätszuschlag von knapp 50 Prozent seien so bis zu 70 Millionen Euro abgedeckt.

Die Staatsanwaltschaft geht weiterhin davon aus, dass die SA unrechtsmäßig sei, weil u.a. Hoeneß in einer beigefügten Aufstellung nur für drei Jahre Gewinne angegeben hatte. Sowie Gewinne aus dem Inland, mit Verlusten aus dem Ausland verechnete.

Als erwiesen steht fest, dass Hoeneß die Selbstanzeige vor dem Beginn der Ermittlungen abgab. Pikanterweise sollten die Ermittlungen, am Nachmittag des Tages beginnen, an dem Hoeneß's Sohn Vormittags die SA abgab.
(alles laut FAZ: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/recht-steuern/prozess-gegen-uli-hoeness-anwaelte-halten-selbstanzeige-fuer-wirksam-12843383.html)

Wenn ich das einigermaßen richtig verstanden habe, müsste Hoeneß unabhängig von der morgen verhängten Strafe, die nicht versteurten Beträge nachzahlen, oder irre ich mich? Wenn dem so wäre, müsste ja zumindestens das Finanzamt weitere Forschungen betreiben, um die tatsächliche Summe zu ermitteln. Und bei der heutigen emotionslosen Bestätigung der 27,2 Mio. seitens der Verteidigung, bleibt natürlich ein immenser - und mMn berechtigter - Spekulationsraum, dass dies noch nicht das Ende der Fahnenstange sei.

Ich kann es nur wiederholen: Für mich stinkt diese ganze Geschichte bis zum Himmel. Und ich hoffe, dass trotz möglichen morgigen Prozessende, einige offene Fragen in naher Zukunft geklärt werden - auch wenn dies leider nicht sehr wahrscheinlich scheint.
« Letzte Änderung: 12.März 2014, 15:07:56 von j conway »
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White

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #92 am: 12.März 2014, 15:30:42 »

Die SA wird hoffentlich nicht aus irgendwelchen formalen Gründen zerpflückt. Es ist ja außerdem üblich, dass man Personen gegen die die Steuerfahnung ermitteln soll vorwarnt, um denen eine Selbstanzeige zu ermöglichen. War es schon immer.
Sollte die SA gßültig sein und die Summe abdecken - und da könnte man Hoeneß zu Gute halten, dass er die genauen Zahlen garnicht kennen konnte, tja, ihr wisst worauf ich hinaus will. Kein Knast für Uli, auch wenn der Löwenanteil der Bevölkerung ihn noch so gerne hinter Gittern sehen würde.
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maturin

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #93 am: 12.März 2014, 16:01:46 »

Das deckt sich aber ja nicht mir Konnis Erklärung, dass eine SA genau und umfassend sein muss oder? Also wenn ich das richtig verstehe, und ehrlich gesagt fände ich alles andere auch nicht akzeptabel.
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Uwe

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #94 am: 12.März 2014, 16:46:26 »

Laut Aussage der Steuerfahnderin gestern konnte nach Sichtung der 50-70k Akten der Verbleib einiger Millionen nicht erklärt werden.
Dachte eigentlich, das ist der Anfang, nicht das Ende des Verfahrens... aber okay.

Langsam vermute ich, die Selbstanzeige hat so ausgesehen:

"Hallo,

habe vermutlich Steuern hinterzogen. Weiss nicht wieviel können 2 €, aber auch 200 Millionen gewesen sein. Habe gerade 3,5 Promille.
Hoffe ihr drückt dieses Mal ein Auge zu, sonst pack ich über Euch aus.

Tschüss
Uli

Anlage: Quittung über Einkauf im Schreibwarenladen, Radiergummi 1,99 €"
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Ensimismado

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #95 am: 12.März 2014, 18:22:00 »

Ist denn bekannt, ob Hoeneß nicht vielleicht eine abgestufe SA eingereicht hat? Da würde es mWn ausreichen, einen Betrag anzugeben, der auf keinen Fall überschritten wurde. Alles weitere kann dann - das genaue Vorgehen kenne ich nicht - nachgereicht werden.
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Konni

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #96 am: 12.März 2014, 18:26:23 »

Eine Selbstanzeige kann nicht einen Betrag von x bis y "abdecken" so nach dem Motto: "Ich habe zwischen 2 und 200mio€ hinterzogen, rechnet ihr das mal für mich aus, ich schicke euch die Unterlagen und überweise dann das Geld". Da Selbstanzeigen in der Regel unter Zeitdruck erfolgen (manchmal wurde ja auch nur aus Versehen eine Versteuerung von ausländischen Depots vergessen, passiert bei Firmen öfter) kann ein gewisser Schätzwert angegeben werden (gestufte Selbstanzeige). Dieser Schätzwert muss aber "sitzen", er darf auf keinen Fall zu niedrig angesetzt werden und gegebenfalls müssten Sicherheitsabschläge in Kauf genommen werden. Das bedeutet die einzige Möglichkeit, wie die Selbstanzeige von Hoeneß 70mio€ "abdecken" kann ist, dass er 70mio€ als Schätzsumme angegeben hat. Dann hätte er im Voraus allerdings auch 70mio€ zahlen müssen (plus 6% Zinsen), gezahlt hat er meines Wissens nach aber nur 10mio€. Wenn diese Selbstanzeige irgendwie durchkommt, verliere ich das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Zitat
Es ist ja außerdem üblich, dass man Personen gegen die die Steuerfahnung ermitteln soll vorwarnt, um denen eine Selbstanzeige zu ermöglichen. War es schon immer.

Genau das soll nicht passieren. §371 II b AO (Abgabenordnung) ist da sehr deutlich:

[Straffreiheit tritt nicht ein, wenn] dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist. Wenn also eine Behörde jmd sagt, dass ein Ermittlungsverfahren im Gange ist, wirkt eine Selbstanzeige nicht mehr strafbefreiend.

Zitat
Demnach wurden in der SA Gewinne in Höhe von 130 Mio.€ deklariert. Bei einem Einkommensteuersatz plus Solidaritätszuschlag von knapp 50 Prozent seien so bis zu 70 Millionen Euro abgedeckt.

Auch hier vorsichtig sein. Zur Einkommenssteuer gehören Lohnsteuer und Kapitalertragssteuer (und Bauabzugssteuer und noch eine, die mir gerade nicht einfällt). Die Lohnsteuer wird in Deutschland mit einem Spitzensteuersatz von 45% beziffert, die Kapitalertragssteuer beträgt aber nur 25%. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Einkünfte aus Termin- und Wertpapiergeschäften unter die Kapitalertragssteuer fallen und somit mit 25% besteuert werden. Fremddevisengeschäfte fallen nicht unter die Kapitalertragssteuer, soweit ich weiß. Wie die genau besteuert werden, weiß ich nicht, da ich damit noch nicht zu tun hatte, aber bestimmt auch nicht mit Lohnsteuerspitzensatz.

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White

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #97 am: 12.März 2014, 18:35:01 »



Zitat
Es ist ja außerdem üblich, dass man Personen gegen die die Steuerfahnung ermitteln soll vorwarnt, um denen eine Selbstanzeige zu ermöglichen. War es schon immer.

Genau das soll nicht passieren. §371 II b AO (Abgabenordnung) ist da sehr deutlich:

[Straffreiheit tritt nicht ein, wenn] dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist. Wenn also eine Behörde jmd sagt, dass ein Ermittlungsverfahren im Gange ist, wirkt eine Selbstanzeige nicht mehr strafbefreiend.



Nunja, ich hab ja unter anderem auch 3 Semester Wirtschaftsrecht studiert, mein Prof meinte damals, dass es zwar nciht so vorgesehen ist, aber trotzde3m gängige Praxis sei.
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maturin

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #98 am: 12.März 2014, 18:40:37 »

Laut Zeit gibt es eine Kapitalertrags und eine Spekulationssteuer, wie hoch die sind weis ich aber nicht. Wenn man den folgenden Beitrag liest, dann kann man zumindest Hoeness Argumentation ein wenig nachvollziehen, von wegen den Überblick verloren:

http://www.zeit.de/wirtschaft/2014-03/hoeness-steuerschuld-herkunft

Entschuldigend kann das aber nicht wirken. Wer so hohe Geldbeträge bewegt muss sich im klaren sein, dass es da nicht mit grobem Schätzen und Glauben bei einer STeuererklärung getan ist.

Ich habe das mal hier im Büro erzählt, da öfter mal über Korruption und ähnliches gesprochen wird. Sollte Hoeness keine Gefängnisstrafe bekommen sehe ich mich gezwungen den deutschen Rechtstaat auf ein Niveau mit dem Argentinischen zu setzen, ich kann mir bei der Sachlage, die mir bekannt ist da einfach nichts anderes mehr vorstellen.
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Tony Cottee

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Re: Steuerprozess Ulrich H.
« Antwort #99 am: 12.März 2014, 18:41:45 »

Ich versuche mal mit meinem juristischen Halbwissen, meinem Bankfachwissen und einem einigermaßen emotionslosen Herangehen an die Sache eine neutrale Betrachtungsweise ohne Verschwörungstheorien und greife dabei ein paar der genannten Punkte auf:

1.) Die Selbstanzeige und deren Wirksamkeit

Nach meiner Kenntnis ist eine Selbstanzeige umfassend und vollständig auch mit der Höhe der Steuerschuld abzugeben. So wie ich es verstanden habe, hat Hoeneß seine Gewinne aus den entsprechenden Jahren vollständig und korrekt angegeben, jedoch keine Angaben zur Höhe der Steuerschuld gemacht. Offensichtlich war Hoeneß unter Zeitdruck, da die Ermittlungen unmittelbar bevor standen und hat es schlicht nicht hinbekommen, seine ca. 50.000 Transaktionen und die daraus folgende Steuerlast sauber auszurechnen. Dazu unter b) und c) mehr. Nehmen wir an, dass die Selbstanzeige jedoch die korrekten Einnahmen bzw. Gewinne enthalten hat. Das lässt sich relativ banal an den Geldflüssen auf den entsprechenden Konten nachrechnen und dürfte auch unter Zeitdruck ziemlich genau zu machen sein.

Jetzt stellt sich die Frage: Ist die Selbstanzeige daher wirkungslos, weil sie die Höhe der Steuerschuld (noch) offen lässt? Wenn man der Meinung ist: "Ja!" bedeutet dies, dass eine Einstellung des Verfahrens nicht möglich ist. Die Anschlussfrage muss dann lauten: Handelt es sich nur um einen "Formfehler" bzw. welchen Einfluss soll diese Unvollständigkeit auf das Strafmaß haben.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass aktuell weder die Seite Hoeneß, noch die Finanzämter, noch die Staatsanwaltschaft genau weiß, wie hoch die Steuerschuld tatsächlich ist. Dazu unter c) mehr.




2.) Die Erstellung von Daten im Zeitalter der Digitalisierung (für den Zeitraum 2003-2011)

Aus eigener Erfahrung (auch mit Schweizer Banken) weiß ich, dass es keineswegs einfach und schnell machbar ist, Transaktionsdaten (inkl. den dazugehörigen steuerrelevanten Daten) für einen Zeitraum, der so lange zurück liegt, aufzubereiten. Die Abrechnungen sind in der Regel bei vielen Banken erst seit einigen Jahren auch auf Dokumentenservern abgelegt. Einige Banken haben diese bis heute nicht. Ich gehe davon aus, dass eine schweizer Bank kein gesteigertes Interesse an einer lückenlosen rückwirkenden Dokumentation der einzelnen Kundentransaktionen für länger zurück liegende Jahre hat und sich Investitionen in diesem Bereich eher gespart hat. In keinem Fall wird eine schweizer Bank diese Daten nach deutschem Steuerrecht (also z.B. Berücksichtigung der FiFo-Methode, Berücksichtigung von Spekulationsfristen oder z.B. Berücksichtigungen von steuerrechtlichen Spezialitäten bei Dividenden, Kapitalmaßnahmen etc.) aufbereitet vorliegen haben - nicht einmal die Daten aus dem laufenden Jahr.

Deutsche Banken unterliegen auch hier stärkeren (bzw. häufigeren) regulatorischen Anforderungen, die es nötig machen, solche Daten (auch von vor Einführung Abgeltungsteuer 01.01.2009) vorzulegen. Deutsche Banken werden daher eher in die entsprechende Infrastruktur investiert haben, da es irgendwann einen Business Case ergibt, wenn die Alternative ist, dass ein oder mehrere Mitarbeiter wochenlang in Archiven und Mikrofilmen abtauchen und (halb-)manuell Zweitschriften erstellen.

Das heißt: Die Schweizer Bank wird mit recht hohem (Zeit-)Aufwand maximal Zweitschriften der einzelnen Transaktionsabrechnungen und Kontoauszüge zur Verfügung stellen können. Anhand derer ist der Steuerschuldner aber kein Stück schlauer, was die tatsächliche Steuerschuld betrifft.

Ich halte es daher für plausibel, dass es a) lange gedauert hat, bis die Daten aus der Schweiz vorlagen und b) dass es danach nochmal sehr lange dauert (und möglicherweise auch noch gar nicht abgeschlossen ist), bis man daraus die echte Steuerschuld errechnen kann. Gerade wenn viele Jahre und enorm viele Transaktionen betroffen sind und alle Abrechnungen in einem System erfolgten, dem das deutsche Steuerrecht ja gerade total egal war.



3.) Verrechnung von Gewinnen und Verlusten (und ob der "Ort" der Erzielung dabei eine Rolle spielt) - und damit auch Ermittlung der tatsächlichen Steuerschuld

Der Steuerschuldner Uli Hoeneß kann bzw. muss sogar natürlich (wenn man seine echte Steuerschuld berechnen will) sämtliche Gewinne und Verluste - und zwar völlig unabhängig davon, ob er diese in Deutschland, in der Schweiz oder auf Barbados erzielt hat - "zusammenwerfen", um seine echte Steuerschuld zu berechnen. Das heißt mal in einem sehr einfachen Beispiel:

Hoeneß macht in 2009 in Deutschland Verluste aus Aktiengeschäften iHv 1.000.000 Mio EUR und Gewinne mit Termingeschäften iHv 2.000.000 EUR. Dann zahlt er nur darauf erstmal Steuern (da in 2009, 25% KESt + Soli) auf eine Summe von 2 Mio EUR, da er seine Aktienverluste nicht mit Sonstigen Gewinnen verrechnen darf.

In der Schweiz hat er nun im gleichen Zeitraum 1.500.000 EUR Gewinne mit Aktiengeschäften und ebenfalls 2.000.000 EUR EUR Gewinn mit Termingeschäften gemacht.

Jetzt müsste man in der Gesamtschau hingehen und sagen: Aktiengewinne +500.000 EUR ; Sonstige Gewinne: 4.000.000 EUR; Bemessungsgrundlage für seine Steuerschuld also 4,5 Mio (obwohl zu seiner Bemessungsgrundlage in Deutschland von 2 Mio EUR nun 3,5 Mio EUR Gewinne hinzukamen,steigt die Bemessungsgrundlage gesamt "nur" um 2,5 Mio EUR).

Das ist sehr, sehr vereinfacht dargestellt, da anhand der Unterlagen aus der Schweiz ja gar nicht ad hoc ersichtlich wird: Wie sind die (steuerlichen) Gewinne/Verluste der einzelnen Transaktionen.

Hinzu kommen erschwerend folgende Fakten:

a) Für die Jahre bis inkl. 2008 gilt der persönliche Steuersatz von Hoeneß, danach 25% KESt (Einführung Abgeltungsteuer)
b) Mit Einführung der Abgeltungsteuer haben sich neben dem Steuersatz (mit teilweise abstrusen zeitlichen und inhaltlichen Fristen) die Spekulationsfristen und Verrechnungsmöglichkeiten von Gewinn- und Verlustarten verändert
c) Die Verrechnung von Quellensteuern (die in der Schweiz bei relevanten Erträgen sehr wahrscheinlich eine Rolle gespielt haben), muss ebenfalls berücksichtigt werden
d) Die Berechnung der "deutschen" Steuerabrechnung muss nicht nur um die "Schweizer Erträge" ergänzt werden, sondern auch die Verlustvor- (und ggf. früher noch möglichen) Verlustrück-träge müssen nach Saldierung aller Erträge korrigiert werden.

In diesem Zusammenhang ist es zumindest für mich nachvollziehbar, warum man zwischen 18,5 Mio und 27,2 Mio EUR schwanken kann (bei überschlägigen Rechnungen). Wie die Staatsanwaltschaft zunächst auf 3,5 Mio EUR kam ist für mich allerdings weiter rätselhaft (bzw. die Summen der einzelnen Jahre, die die Staatsanwaltschaft ja explizit in der Anklageschrift genannt hat).



Fazit und eigene Einschätzung:

Die Selbstanzeige war wohl nicht vollständig und kann daher nicht strafbefreiend wirken. Da dennoch die Unschuldsvermutung gilt, muss man zur Bemessung des Strafrahmens folgende Frage beantworten:

Liegen Fakten vor, die belegen, dass Uli Hoeneß trotz des offensichtlichen formellen Mangels (fehlende Höhe der Steuerschuld) die Tat nicht vollständig aufklären will und wollte?

a) Die möglicherweise Verschleppung (Stichwort Erstellungsdatum der PDFs) konnte nicht bewiesen werden (Zeuge von heute).
b) Es gibt keinen Beweis oder Anhaltspunkt, dass Hoeneß nicht sämtliche Daten vorgelegt hat.
c) Hoeneß hat am ersten Verhandlungstag die ihm vorgeworfene Steuerschuld - aus eigenem Antrieb, ohne dass diese Summe angeklagt gewesen wäre - quasi verfünffacht. Aus meiner Sicht ist dies eher ein Indiz dafür, dass seine Einlassung, er wolle "reinen Tisch" machen, glaubwürdig erscheint. Es gibt aus meiner Sicht jedenfalls keine Fakten, die dagegen sprechen.

Am Ende muss das Gericht dann bewerten, ob die unfassbare Höhe der Steuerschuld schwerwiegender ist, als die vorgenannten Punkte und deshalb die formell unvollständige Selbstanzeige also nicht nur nicht strafbefreiend, sondern sogar auch nicht "haftbefreiend" wirken kann.
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