Das glaube ich nicht. Die Sachbearbeiterin hat heute ausgesagt, dass das Best-Case-Scenario (aus Sicht von Hoeneß) 27,2mio€ beträgt. Dabei soll sie aber nur Rechenszenarien angewendet haben auf der Basis von Daten, die ihr das Hoeneß Lager vor 2 Wochen zukommen lassen hat, die sich aber schon seit über einem Jahr in Hoeneß' Besitz befinden sollen. Das hat zumindest die EDV-Abteilung der Steuerbehörde herausgefunden und dazu wird morgen noch ein Zeuge verhört.
Der Prozess wird nach der morgigen Zeugenanhörung aller Voraussicht nach vertagt werden. Bis 2016 bestimmt nicht, so lange wird es nicht dauern, die 70.000 Seiten nachzuvollziehen. Ich rechne mit 1-2 Monaten, in dieser Zeit wird noch genauer gerechnet, wobei der Wert wahrscheinlich noch steigen wird.
Problematisch ist, dass Hoeneß seine gesamte juristische Glaubwürdigkeit völlig zerstört hat (von seiner anderen Glaubwürdigkeit ganz zu schweigen). Er hat eben gestern nicht reinen Tisch gemacht, sondern auf die 18,5mio€ sind nochmal 10mio€ dazugekommen. Ist mir völlig schleierhaft, warum die Anwälte da nicht gleich eine Phantasiezahl in Mondhöhe genommen haben. 2 Dinge sprechen nach Stand heute massiv gegen Hoeneß:
1. Gestern räumt er noch reumütig 18,5mio€ ein, die Zahl ist heute schon wieder Kokolores. Das kommt natürlich gar nicht gut beim Gericht an.
2. Er war offenbar seit über einem Jahr unkooperativ, was seine Rückkehr zur Steuerehrlichkeit angeht. Das wird sich morgen aus der Aussage des EDV-Spezialisten klären lassen. Das Finanzamt behauptet nämlich, dass Hoeneß die Daten von seiner Bank schon im Januar 2013 erhalten hat, sie aber erst im Februar 2014 (2 Wochen vor Prozess, deshalb ging der Staatsanwalt auch von 3,5mio€ aus) weitergeleitet hat. Das ist Verdunkelung.
Die Gefahr, die ich hier sehe ist die, dass Hoeneß' Haftbefehl ab morgen wieder in Vollzug gesetzt wird. Es ist mir völlig schleierhaft, weshalb die 18,5 gestern nicht unter deutlichen Vorbehalt gestellt wurde, sondern noch als großes "Reinemachen" verkauft wurde. Es kann sein, dass der Abend heute in der Allianz-Arena der letzte Abend in Freiheit für Hoeneß sein wird, bis der Prozess weitergeht.
Bei über 27mio€ hinterzogener Steuern (da kommen wir langsam in Bereiche, in denen mir nichtmal viele Firmen einfallen, die das geschafft hätten) geht es meiner Meinung nach auch schon lange nicht mehr um die Frage, ob er ins Gefängnis muss. Also da muss jetzt ein Wunder her, von dem ich mir nichtmal vorstellen kann, wie das aussehen soll. Die Selbstanzeige ist völlig unbrauchbar, Beweise der tatsächlichen Steuerlast wurden vermutlich lange zurückgehalten (wieso eigentlich?). Also hier muss wirklich aufgepasst werden, dass die Haftzeit nicht im zweistelligen Jahresbereich liegt.
EDIT: Also ich will das mit der Gefängnisstrafe in Relation stellen. Niemand weiß, wie das Gericht die Selbstanzeige werten wird. Es gibt dazu schlicht keinen größeren Fall in der Fachliteratur, in der eine völlig fehlgegangene Selbstanzeige ausführlich behandelt wurde. Ich weiß auch nicht, ob das Gefängnis der Ort ist, an den Uli Hoeneß gehört. Auf der anderen Seite sind das völlig kranke Beträge, die dort an Steuern hinterzogen wurden. Was mich mittlerweile auch ärgert ist die Spendensumme von 5mio€, die gestern noch so verteidigend erwähnt wurde. Joah, wenn ich im Rahmen meiner Möglichkeiten ein paar Tausender Steuern hinterziehen würde, dann würden mir 500€ fürs Tierheim nebenan auch leicht von der Hüfte gehen.
Ich hoffe bloß, dass nicht irgendein Tölpel auf die Idee kommt, Hoeneß als modernen Robin Hood anzusehen, der das Geld, anstatt es Hartz4-Empfängern, Flughafenbauern, Politikern oder Bahnhofsarchitekten zu geben, eben viel besser selbst verwaltet.
Mich interessiert trotzdem immer mehr, was das für Kapital war, das dort eingesetzt wurde. Ich kann der Vermögen von Hoeneß nicht einschätzen und es geht mich auch nichts an, außerdem ist quesars Darstellung der Spekulationsfinanzierung schlüssig, aber der Mann hat ja auch in Deutschland mit Konten gezockt (dort aber legal Steuern bezahlt). Vielleicht dort nur mit Minimalbeträgen, aber sehr merkwürdig finde ich das schon. Dazu kommt, dass die 20mio€ von Dreyfus auch ein Geschmäckle hinterlassen.