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FDP ebenso (die in erstaunlich vielen Punkten auf der AFD-Linie ist).
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Finde ich gar nicht so erstaunlich, ehrlich gesagt. Was die Wirtschaftsthemen betrifft (gerade auch noch zu Lucke-Zeiten), fand ich die damals schon nicht so arg weit auseinander.
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- Arroganz und Gegenwind: Selbstverständlich. Nur der Ton macht die Musik. So wie mich aus der AFD das "Lügenpresse" durchaus nervt (weil es ein schlechter Stil ist), stört mich der unkonstruktive Ton auf der anderen Seite. Beides find ich unerwachsen.
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"Unerwachsen", fahrlässig und einfach nur armselig und hilflos finde ich vor allem, dass es die Etablierten nicht für nötig hielten, sich vor der Wahl mit der AfD bzw deren Vertretern zusammenzusetzen und sie in Grund und Boden zu diskutieren. Wenn Gabriel, Merkel etc. der Meinung sind, das Richtige zu tun, dann sollten sie es doch auch begründen können. Das scheint aber leider genau das Problem zu sein, denn Lösungsansätze sind offensichtlich rar.
Versteht mich nicht falsch: ich gehöre definitiv zum linken Spektrum und lehne Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ab, bin aber durchaus bereit, mir andere Meinungen anzuhören und mir Gedanken dazu zu machen. Mich wundern die Wahlergebnisse von gestern auch keineswegs, aber sie lassen in mir einmal mehr Alarmglocken schrillen und ich könnte kotzen, wenn Politiker jetzt sagen, man müsse "sich nun mit der AfD beschäftigen." Wieso denn jetzt? Nur weil die Wahlen das bestätigt haben, was vorher schon klar war? Diese Politik des Wegschauens ist einfach zum Kotzen und das ist das Ergebnis.
Ich bin schon der Meinung, dass die bisherige Flüchtlingspolitik Deutschlands (und da sind wir wieder auf Bundesebene, was ja eigentlich völlig fehl am Platz ist...) durchaus nachvollziehbar war, aber man muss da halt einem "Wir schaffen das" auch ein "und zwar so: ...." folgen lassen, weil es andernfalls die logische Konsequenz ist, dass Menschen unzufrieden und unruhig werden. Das heißt aber noch lange nicht, dass die deswegen Ausländer beleidigen, bedrohen oder attackieren müssen - aber das möchte ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen.
Ich will auch gar nicht auf Deutschland rumhacken, denn ich bin wahnsinnig froh, hier geboren und aufgewachsen zu sein, das deutsche Schulsystem durchlaufen zu haben und hier mit all den bestehenden Rechten und Pflichten leben zu dürfen. Andere hatten deutlich weniger Glück.
Beispiele? Gerne!
Wir haben Autobahnen, auf denen wir ohne Geschwindigkeitsbeschränkung fahren dürfen und zwar mit Autos, die wir selbst hergestestellt haben - woher die Kleinteile kommen, will keiner wissen.
Auf diesen Autobahnen fahren wir übrigens kostenlos.
Genauso kostenlos ist unsere Universitätsbildung. Wir haben eine halbwegs geregelte Rente - auch wenn ich zugebe, dass sie nicht mehr so hoch ist wie vor der Ansage, dass doch bitte jeder Bürger für sich selbst zusätzlich vorsogen sollte. Wir haben Kindergärten und soviele Ärzte, dass halb Arabien im Jahr zu uns fliegt, um sich operieren zu lassen. Wie haben einen Mindestlohn pro Stunde, der das Tagesbudget eines ecuadorianischen Bergarbeiters bei weitem übersteigt und wir haben einen Hartz IV-Regelsatz, der das 10fache des Monatslohns eines Kambodschaners darstellt.
Wir sagen, wir brauchen das. Wir brauchen das, z. B. um uns Nutella, Adidas und BMW leisten zu können. Wir sagen, das darf sich kein anderer leisten, weil wir es uns erarbeitet haben.
Bitte nicht falsch verstehen: Niemand erwartet, die Welt komplett verstehen zu können. Es geht nicht. Die Welt ist nicht schwarz und weiß. Die Welt ist schön bunt und sie will angesehen werden.
Ich will nur, dass wir allesamt etwas Verständnis aufbringen. Es geht nicht jedem so gut wie uns. Und ob wir wollen oder nicht, wir (damit meine ich nicht nur Deutschland als Land, sondern auch jeden Einzelnen von uns) sind leider daran nicht unschuldig. Ich weiß, dass sich die Lebensgewohnheiten nicht ändern können und werden und schließe mich da auch gerne mit ein. Ich weiß, dass ich nicht an Nutella (Stichwort "Palmöl") oder Adidas (Stichworte "Kinderarbeit" und "Ausbeutung") rütteln kann. Darum gehts mir nicht.
Mir gehts darum:
Wenn ich in Peru bin und ich mich mit Einheimischen darüber unterhalte, dass der Hauptwahlkampfpunkt nun die Einführung von Rente für Leute über 65 oder alternativ die Todesstrafe für Drogenschmuggel ist, dann bin ich ziemlich froh darüber, dass ich mich in Deutschland nicht mehr grundsätzlich über die Rente unterhalten muss.
Wenn ich in Indien bin und in den Großstädten sehe, wie Armut, Verschmutzung und Krankheiten einhergehen mit der fehlenden Infrastruktur, dann bin ich froh darüber wenn ich in Deutschland eine vernünftigte Trinkwasserversorung haben, eine vernünftige Abwasserentsorung, Medizinversorung und verschiedene Grundleistungen.
Wenn ich in Myanmar bin und mich Kinder darum anbetteln, sie würden gerne Englisch lernen, wissen, wo Deutschland liegt und warum Amerika nicht Hauptstadt von Frankreich ist (kein Witz), dann bin ich froh um unser ausgewogenes Bildungssystem.
Und dann freue ich mich, wenn ich zurück nach Deutschland komme. In das Land, das alles hat und alles kann! Und dann kommen irgendwelche Wichser daher und erklären mir: "Die Regierung hat versagt"
Und nein - sie hat nicht versagt! Sie tut das, was sie kann! Und zwar nicht nur für uns, sondern auch für Euorpa und den Rest der Welt. Dazu ist sie verpflichtet! Sie macht es leider nicht transparent und agiert mitunter rhetorisch unglücklich, aber sie hat nicht versagt!
Nennt mich von mir aus "linken Gutmenschen", einen "Blinden" oder "Ignoranten" - das kann ich ab. Ich selber sehe mich nicht so und viele andere auch nicht. Was ich will ist, dass jeder Mensch das Leben führen darf, das er verdient.