Ach komm, das ist doch total überzeichnet, ich schreibe ja auch nicht: die Linkspartei will alle enteignen, aus der EU austreten und den Kommunismus ausrufen.
Die Formulierungen sind evtl. etwas überspitzt, aber die Programmatik sehe ich tatsächlich so. Die FDP dagegen hat diese Punkte bewusst m Wahlkampf nicht so hochgekocht, damit sie in Milieus punkten kann, wo sie sonst eigetlich keine/kaum Stimmen bekommt.
Dein Beispiel mit der Linkspartei greift nicht, die sind zwar mindestens EU-kritisch (was alleine aus deutscher Exportsicht völlig gaga ist), aber die haben ja von Anfang an gesagt, dass sie nicht mit-regieren wollen. Da kann man natürlich alles fordern und seiner Fantasie freien Lauf lassen. Bei der FDP nehme ich das ernster.
Die FDP will vor allem Mittelständler + Familien entlasten, die Lockerung des Kündigungsschutzes wäre für kleinere Betriebe ein Segen und sicher auch positiv für die Dauerarbeitslosigkeit, und ja, ich bin für weniger Staat, weniger Bürokratie und damit sicher auch für mehr Eigenverantwortung und - beteiligung, aber auch mehr Entscheidungsfreihet bei Rente + Gesundheit.
Da habe ich schon verrückte Thesen gehört, z.B. dass vorallem durch Entlastung des Mittelstandes Jobs enstehen!
Arbeitsplätze entstehen vorallem durch erhöhte Nachfrage, die lässt sich auf verschiedenen Wegen erreichen. Dass die Lockerung des Kündigungsschutzes positiv auf die Arbeitslosenquote wirkt, ist umstritten, ausser der FDP will das niemand. Weniger Bürokratie finde ich auch gut, das haben aber schon viele versprochen und nie gehalten.
Ich glaube nicht, daß wir es uns auf Dauer noch leisten können, ein ineffizientes, überteuertes Sozialsystem zu finanzieren, daß jedes Lebensrisiko und jede Lebensweise, sei sie noch so ungesund oder unverantwortlich, auf Kosten der Gemeinschaft versucht zu decken. Die Agenda 2010 war hier nur ein Schritt und ich sehe ausser der FDP eigentlich keine Partei die im Moment bereit ist weitere zu gehen.
Was meinst du mit Lebensrisiko
(sorry, ich will keine Endlosdiskussion, aber das interessiert mich schon)
Das ist ein schwieriger Spagat zwischen Bestrafung ungesunder Lebensweisen und absoluter Ungerechheit. Ich finde das Modell der "Pigouvian taxes" recht interessant, mal sehen, ob die Amerikaner das wirklich bzgl. ungesundem Essen durchziehen.
Bei der FDP sehe ich aber ein noch beschleunigtes Auseinanderdriften der Gesellschaft. Weniger Sozialstaat, Bildung wird noch teurer, Steuerentlastungen für die Reichen... [Achtung -> Überspitzung:] Hört sich für mich wie in den USA an, der obere Teil der Gesellschaft sitzt in schönen Vorstädten, kann sich elite-Unis leisten und der verlorene Teil der Gesellschaft sammelt sich im urbanen Teil.
Die FDP spricht ja von gefährlicher "Gleichmacherei" im Bildungsssystem, die OECD bemängelt das Gegenteil, in keinem anderen Land entscheidet die Herkunft so stark über Schulerfolg, wie in Deutschland.
Mit einem besseren Bildungssystem könnte man viele der größten Probleme lösen, gute Bildung aber noch teuerer zu machen...
Und es kann auf Dauer keine Lösung sein, Banken+Betriebe zu verstaatlichen. Effiziente Kontrollsysteme ja (die hat übrigens RotGrün abgeschafft), Verstaatlichung nein.
Absolut d'accord. Wir sind uns vermutlich auch in der Causa Opel einig.
Der FDP traue ich aber kein effizientes Kontrollsystem zu, das traue ich sowieso keiner Partei zu (weil man das global lösen müssste), aber die FDP würde das vermutlich nicht mal wollen, wenn es möglich wäre.