Bernie Sanders hat in einem Interview übrigens beiläufig erwähnt, dass er im November für Hillary stimmen werde. Seine Kandidatur wird er aber noch nicht zurückziehen, um weiterhin Druck auf die Gestaltung des demokratischen Programms ausüben zu können.
Auch wenn ich Trump für einen Dinosaurier halte, so scheint er die vermutlich bessere Wahl für uns Europäer zu sein. TTIP und CETA dürften unter Trump keinerlei Priorität genießen und eher auf Ablehnung stoßen, auch wenn die Chance, beide Abkommen zu verhindern, inzwischen verschwindend gering geworden ist. Auch außenpolitisch würde eine Trump-Präsidentschaft vermutlich einiges auf den Kopf stellen und eher isolationistische Wege einschlagen.
Ich halte Trump definitiv für die bessere Wahl als Hillary. Ja, Trump ist ein Geschäftsmann, er redet wie ein Geschäftsmann und er gibt sich wie ein Geschäftsmann. Er will sich an die Wähler verkaufen und deshalb lässt er auch viele populistische Parolen los. Aber Trump ist ja nicht der allererste Politiker, der mit Populismus von sich reden macht ("Blühende Landschaften", "Wir schaffen das", "Mehr Netto vom Brutto" lassen grüßen). Doch ich verspreche mir von Trump durchaus was "neues", einen gewissen Input von außen. Ich mag naiv sein, aber vielleicht wird er die Präsidentschaft nicht wie ein Politiker angehen, sondern wie ein Geschäftsmann. Vielleicht wirft er einen Blick auf Amerikas Probleme und löst sie dann wie ein Geschäftsmann: Schnell und entscheidend, anstatt sich durchzuwurschteln.
Ich stimme Trump nicht in allem zu, aber gerade in der Einwanderungspolitik (Qualifizierte, legale Einwanderer ja, unqualifizierte illegale nein) und der Außenpolitik (Pro-Israel und Konfrontation mit Nationen, die den Terrorismus unterstützen) sehe ich gute Ansätze. Es ist zwar bedauerlich, dass er eher gegen TTIP ist, da ich grundsätzlich freien Handel befürworte. Auf der anderen Seite: Trump will für Amerika in Handelsverhandlungen das beste herausholen. Vielleicht kann man TTIP durchbringen, aber für beide Seiten besser.
Zum Brexit: Nach ein paar Stunden sacken lassen, weiß ich nicht, was ich fühlen soll. Natürlich bin ich ein überzeugter Europäer, aber gleichzeitig mag ich das Vereinigte Königreich. Ich war 2010 in London und habe mich sehr wohl gefühlt, auch wenn die Stadt an sich sehr teuer ist

. Es ist ein wie bisschen wie der Kindheitsfreund, der auf einmal nicht mehr in der gleichen Straße wohnen will und wegzieht. Natürlich hätte ich mir einen anderen Ausgang des Referendums gewünscht und ich finde es sehr schade, dass die älteren Briten nur für ihren eigenen Vorteil gewählt haben und nicht die Weitsicht besaßen, die Auswirkungen auf ihre Kinder und Enkel zu beachten. Auf der anderen Seite haben wir nun klare Verhältnisse: Die Briten wollen raus, jetzt müssen wir halt verhandeln. Ich bin aber auf die Reaktionen der Briten gespannt, wenn die EU ihnen die Bedingungen zum Zugang in den EU-Binnenmarkt nennt

. Politisch kann es sich die EU normal nicht leisten, den Briten zu große Zugeständnisse zu machen, aber wirtschaftliche KÖNNTE es die beste Alternative sein. Vielleicht machen unsere Politiker einmal das wirtschaftlich richtige, anstatt das politisch richtige zu tun. Mir ist bewusst, dass dies den Zerfall der EU bedeuten könnte. Aber vielleicht ist es besser, einen Schritt zurück zu machen und dann später zwei Schritte nach vorne machen zu können. Vielleicht ist das auch die Chance, zum "Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten" zu kommen. Dann bilden die Südeuropäer eine Union, die Osteuropäer eine Union und Deutschland, die BeNeLux-Staaten, Österreich und evtl. Frankreich sowie die skandinavischen Staaten eine eigene Union. Solche Unionen wären aus meiner Sicht wirtschaftlich vernünftiger und könnten auch die politischen Verhältnisse in Europa "beruhigen".